Die Luna-Chroniken 2: Wie Blut so rot (eBook)
432 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-92587-6 (ISBN)
Marissa Meyer liebt Fantasy, Grimms Märchen und Jane Austen. Sie hat Kreatives Schreiben mit dem Schwerpunkt Kinderliteratur studiert und arbeitete viele Jahre als Lektorin. Mit ihrem Debüt »Die Luna-Chroniken« legte sie sofort eine NYT-Bestseller-Serie vor. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Seattle. Mehr unter www.marissameyer.com.
Marissa Meyer liebt Fantasy, Grimms Märchen und Jane Austen. Sie hat Kreatives Schreiben mit dem Schwerpunkt Kinderliteratur studiert und arbeitete viele Jahre als Lektorin. Mit ihrem Debüt »Die Luna-Chroniken« legte sie sofort eine NYT-Bestseller-Serie vor. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Seattle. Mehr unter www.marissameyer.com. Astrid Becker studierte Amerikanistik und Komparatistik an der FU Berlin und in den USA. Nach unterschiedlichen Aufgaben in der Verlagsbranche arbeitet sie seit 1998 als Literaturübersetzerin und Freie Lektorin.
1
Scarlet steuerte gerade die Gasse hinter dem Gasthaus Rieux an, als ihr Portscreen auf dem Beifahrersitz summte und eine Computerstimme meldete: »Tele für Mademoiselle Scarlet Benoit von der Dienststelle für Vermisste Personen.«
Ihr Herz machte einen Satz. Kurz bevor das Raumschiff gegen die Steinmauer knallte, riss sie das Steuer zur Seite, machte eine Vollbremsung und kam abrupt zum Stehen. Dann stellte sie den Motor ab und angelte sich den Portscreen. Das Display warf blassblaues Licht auf die Armaturen im Cockpit.
Sie hatten etwas gefunden.
Die Polizei in Toulouse war auf eine Spur gestoßen.
»Tele annehmen!«, schrie sie, wobei sie den Port fast zerquetschte.
Sie hatte auf einen Vidlink von dem Kommissar gehofft, der den Fall ihrer Großmutter Michelle bearbeitete, erhielt aber nur einen Einstellungsbescheid.
28. Aug. 126 D.Z.
Re: Aktenzeichen Nr. AIG00155819 vom 11.08.126 D.E.
Hiermit informieren wir Scarlet Benoit, wohnhaft in Rieux, Europäische Föderation, dass die Ermittlungen im Fall der vermissten Person/en Michelle Benoit aus Rieux, Europäische Föderation, auf Grund der unzureichenden Beweislage hinsichtlich des Vorliegens einer Gewalttat bzw. einer anderen ungeklärten Gesetzesübertretung mit Wirkung zum 28.08.126, 15:42 Uhr, eingestellt worden sind. Es wird davon ausgegangen, dass die Person/en ihre/n Wohnort/e aus freiem Willen und/oder infolge eines Suizides verlassen hat/haben.
Der Fall gilt hiermit als abgeschlossen.
Wir danken Ihnen für das Vertrauen in unsere Ermittlungsleistungen.
Der Tele folgte eine Belehrung für die Piloten von Lieferschiffen mit dem Hinweis, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und die Gurte erst zu lösen, wenn die Maschine ausgestellt war.
Scarlet starrte auf den Schirm, bis ihr die Buchstaben vor den Augen verschwammen und der Boden des Schiffs zu schwanken schien. Sie hielt den Portscreen so fest, dass die Plastikabdeckung knirschte.
»Ihr Idioten«, fauchte sie in das leere Lieferschiff.
Der Fall gilt hiermit als abgeschlossen.
Die Worte blickten ihr schadenfroh entgegen.
Sie stieß einen heiseren Schrei aus und donnerte den Port gegen das Armaturenbrett. Sollte er doch in seine Einzelteile zerschmettert durchs Schiff fliegen. Aber nach drei kräftigen Schlägen flackerte der Screen nicht einmal. »Was für Hohlköpfe!« Sie schmiss den Port in den Fußraum, ließ sich zurückfallen und drehte eine lockige Haarsträhne um den Finger.
Plötzlich schnitt ihr der Gurt in die Brust, sie bekam kaum noch Luft. Sie öffnete ihn, trat von innen gegen die Fahrertür und wäre fast in die dunkle Gasse gefallen. Aus dem Wirtshaus drang der Geruch von ranzigem Fett und Whiskey. Der Gestank und ihre Wut verschlugen ihr fast den Atem.
Sie würde zur Polizei gehen. Jetzt war es dafür zu spät – dann also morgen früh. Ganz früh. Sie würde ruhig bleiben, ihre Argumente vorbringen und ihnen erklären, warum sie sich irrten. Sie würde sie dazu bringen, den Fall wieder aufzunehmen.
Scarlet zog ihr Handgelenk über den Scanner neben der Frachtluke des Schiffs und stemmte sie gegen den hydraulischen Widerstand auf.
Sie würde dem Kommissar klarmachen, dass er weitersuchen musste. Sie würde ihn zwingen, ihr zuzuhören. Dann würde er verstehen, dass ihre Großmutter weder aus freien Stücken gegangen war noch sich das Leben genommen hatte.
Ein paar Plastikkisten mit Gartengemüse stapelten sich hinten im Schiff, aber Scarlet nahm sie kaum wahr. Sie war weit weg, in Toulouse, und legte sich zurecht, was sie morgen sagen würde. Nahm all ihre Überredungskraft, all ihre Argumentationskünste zusammen.
Irgendetwas war ihrer Grand-mère zugestoßen, irgendetwas Schlimmes, und wenn die Polizei nicht weitersuchte, musste Scarlet die Sache gerichtlich klären lassen, damit keiner dieser schwachsinnigen Kommissare je wieder ermitteln durfte und …
Sie schnappte sich zwei Tomaten, drehte sich auf dem Absatz um und klatschte sie mit voller Wucht gegen die Mauer. Die Tomaten platzten auf, Saft und Kerne spritzten auf ein paar Mülltüten.
Das tat gut. Scarlet nahm noch eine und stellte sich vor, wie die Tomate im selbstgefälligen Gesicht des Beamten zerplatzte, der zu bezweifeln wagte, dass ihre Großmutter nie und nimmer so einfach verschwinden …
Eine Tür schwang auf, als die vierte Tomate dran glauben musste. Scarlet wollte sich gerade die nächste schnappen und erstarrte mitten in der Bewegung – der Gastwirt hatte sich in der Tür aufgebaut. Gilles’ schmales Gesicht glänzte, als er sich die rote Soße ansah, die an seiner Hauswand heruntertropfte.
»Wehe, wenn das meine Tomaten sind!«
Sie wischte die verschmierten Hände an ihrer dreckigen Hose ab. Ihr Gesicht brannte, ihr Puls raste.
Gilles strich sich über den verschwitzten, fast kahlen Kopf und starrte sie an, als habe sie ein Verbrechen begangen. »Und?«
»Das waren nicht deine«, murmelte sie. Das stimmte auch, denn genau genommen gehörten sie so lange ihr, bis er sie bezahlt hatte.
Er grunzte. »Dann ziehe ich dir nur drei Univs ab, denn irgendwer muss diese Sauerei ja sauber machen. Und wenn du hier fertig bist, bringst du den Kram rein. Ich kann seit Tagen keinen frischen Salat servieren.«
Er verschwand im Restaurant, ließ die Tür aber geöffnet. Geschirrgeklapper und Gelächter drangen in die Gasse und hörten sich eigentümlich normal an.
Scarlets Welt war zusammengebrochen und niemandem fiel es auf. Ihre Großmutter Michelle war verschwunden und niemanden kümmerte es.
Sie griff nach der Tomatenkiste und wartete darauf, dass sich ihr Herzschlag beruhigte. Die Tele hatte sie völlig aus der Bahn geworfen, doch nachdem sie die erste Wut an den Tomaten ausgelassen hatte, wurden ihre Gedanken langsam klarer.
Als sie wieder, ohne zu keuchen, atmen konnte, stellte sie die Tomatenkiste auf die mit den rostbraunen Kartoffeln und hievte beide aus dem Schiff.
Die Hilfsköche nahmen keine Notiz von Scarlet, als sie auf dem Weg zum Kühlraum den Fettspritzern ihrer Bratpfannen auswich. Sie schob die Kisten in die Regale, deren Beschriftung über die Jahre ein ums andere Mal durchgestrichen und überschrieben worden war.
»Bonjour, Scarling!«
Scarlet drehte sich um und strich sich die Haare aus dem feuchten Nacken.
Emilie stand strahlend in der Tür. Ihre Augen funkelten geheimnistuerisch, offensichtlich lag ihr etwas auf der Zunge, aber als sie Scarlets Gesichtsausdruck sah, hielt sie an sich. »Was …«
»Ich möchte nicht darüber sprechen.« Scarlet drängte sich an der Kellnerin vorbei, um durch die Küche zurück zum Raumschiff zu gehen. Emilie schnalzte mit der Zunge und trottete hinter ihr her.
»Dann eben nicht. Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte sie und hakte sich bei Scarlet unter, als sie die dunkle Gasse betraten. »Er ist nämlich wieder da.« Emilies engelsblonde Locken umrahmten ihr eher teuflisches Grinsen.
Scarlet nahm eine Kiste mit Pastinaken aus dem Laderaum und hielt sie der Kellnerin hin. Sie antwortete nicht, sie war unfähig, sich Gedanken darüber zu machen, wer er sein sollte und warum sie so betonte, dass er wieder da war. »Großartig«, sagte sie und lud Emilie einen Korb mit roten Zwiebeln auf.
»Erinnerst du dich wirklich nicht an ihn? Komm schon, Scar, der Straßenkämpfer, von dem ich dir vor ein paar … oder war das Sophia?«
»Ein Straßenkämpfer?« Scarlet kniff die Augen zusammen. Sie hatte pochende Kopfschmerzen. »Ach wirklich, Em?«
»Sei doch nicht so blöd. Er ist wirklich süß. In dieser Woche war er fast jeden Tag da, und er setzt sich immer an einen meiner Tische. Das hat doch sicher was zu bedeuten, oder?« Als Scarlet nichts sagte, stellte die Kellnerin die Kisten ab und fischte eine Packung Kaugummi aus ihrer Schürzentasche. »Er ist nicht laut wie Roland und seine Kumpel. Ich glaube, er ist schüchtern … und einsam.« Sie steckte sich ein Kaugummi in den Mund und bot Scarlet eins an.
»Ein schüchterner Straßenkämpfer?« Scarlet winkte ab, Kaugummi half ihr jetzt auch nicht. »Was faselst du denn da?«
»Du musst ihn selbst sehen. Sonst kannst du’s nicht verstehen. Seine Augen sind einfach so …« Emilie fächerte sich Luft zu.
»Emilie!« Wieder erschien Gilles in der Tür. »Hör auf zu quatschen und mach, dass du reinkommst. Tisch vier ruft nach dir.« Er warf Scarlet einen wütenden Blick zu – eine stumme Warnung, dass er ihr noch ein paar Univs abziehen würde, wenn sie nicht aufhörte, seine Angestellten von der Arbeit abzuhalten. Er verzog sich, ohne ihre Reaktion abzuwarten. Emilie streckte ihm die Zunge raus.
Scarlet setzte sich einen Korb Zwiebeln auf die Hüfte, schlug die Frachtluke zu und schob sich an der Kellnerin vorbei. »Ist er Tisch vier?«
»Nein, er sitzt immer an Tisch neun«, murrte Emilie und hob das Gemüse hoch. Als sie durch die dampfige Küche gingen, rief Emilie plötzlich hinter ihr: »O Mann, bin ich bescheuert! Ich wollte dir doch schon die ganze Woche eine Tele wegen deiner Großmutter schicken. Gibt’s was Neues wegen Michelle?«
Scarlet biss die Kiefer aufeinander. Der Fall gilt hiermit als abgeschlossen. Die Wörter der Tele schwirrten ihr wie Hornissen durch den Kopf.
»Nichts«, sagte sie und versuchte gar nicht erst, die Rufe der Köche zu übertönen.
Emilie folgte ihr in den Lagerraum und setzte die Pastinaken ab. Scarlet beschäftigte sich mit den Kisten, damit die Kellnerin nicht versuchte, sie aufzuheitern, doch Emilie hatte schnell Trost parat:...
Erscheint lt. Verlag | 24.1.2014 |
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Reihe/Serie | Die Luna-Chroniken | Die Luna-Chroniken |
Übersetzer | Astrid Becker |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | Armentrout • Aschenputtel • Aveyard • bittersüß • Bittersweet • Cinder • Cinderella • Cress • Die dreizehnte Fee • Die Schöne und das Biest • Fantasy • Fantasy für Jugendliche • FROZEN • Grimm • Grimms Märchen • Impress • Jugendbuch • Liebe • Liebesgeschichte • Märchen • Märchenadaption • Märchenfantasy • Marissa Meyer • Moderne märchen neu erzählt • Obsidian • Once Upon a Time • Red Queen • Roman • Romance • Romantasy • Romantik • Romantische Bücher • Romantische Fantasy • rote königin • Rotkäppchen • Rotkäppchen für Jugendliche neu interpretiert • Scarlet • Science Fiction • Science Fiction & Fantasy • Science-Fiction & Fantasy für Jugendliche • Science Fiction für Frauen • Science Fiction für Jugendliche • Science-Fiction-Romane • SciFi • SciFi Romance Buch • Seelen • Spannung • starke Heldin • Starke Mädchen • steampunk bücher • Winter • Wolf • YA Romantasy ab 14 • Zukunft |
ISBN-10 | 3-646-92587-6 / 3646925876 |
ISBN-13 | 978-3-646-92587-6 / 9783646925876 |
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