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Der Thron von Melengar (eBook)

Riyria 1
eBook Download: EPUB
2014 | 6. Auflage
381 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-10694-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Thron von Melengar -  Michael J. Sullivan
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Der König - getötet. Der Mord - zwei Dieben in die Schuhe geschoben. Die Drahtzieher - unbekannt. So beginnt die atemberaubende Geschichte der beiden Gauner Hadrian und Royce, die alles zu bieten hat, was Fantasyleser lieben: Abenteuer und Verrat, Schwertkämpfe und Liebestränen, Magie und Mythen. Royce, ein gewiefter Dieb, und sein fast ehrenhafter Partner Hadrian betreiben ein einträgliches Geschäft mit Aufträgen des korrupten Adels. Ihr Diebesbund trägt den Namen »Riyria« und sie leben ziemlich gut dabei. Bis eines Tages ein Unbekannter die beiden anheuert, ein berühmtes Schwert zu stehlen. Was zunächst nach einem ganz gewöhnlichen Job aussieht, stellt sich jedoch als Falle heraus. Sie werden noch in derselben Nacht als Mörder des Königs verhaftet und in den Kerker geworfen. Als sie mit Hilfe der Prinzessin entkommen können, entdecken Royce und Hadrian eine Verschwörung, bei der es um noch viel mehr als nur um den Thron des recht kleinen Königreichs »Melengar« geht.

Michael J. Sullivan, geboren 1961 in Detroit, begann zunächst eine Laufbahn als Illustrator und Künstler und gründete eine eigene Anzeigenagentur. 2005 beschloss er, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit den Fantasyepen um die Diebesbande Riyria wurde er weltweit berühmt. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Fairfax in der Nähe von Washington, D. C.

Michael J. Sullivan, geboren 1961 in Detroit, begann zunächst eine Laufbahn als Illustrator und Künstler und gründete eine eigene Anzeigenagentur. 2005 beschloss er, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mit den Fantasyepen um die Diebesbande Riyria wurde er weltweit berühmt. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Fairfax in der Nähe von Washington, D. C.

1
Gestohlene Briefe


Sehen konnte Hadrian in der Dunkelheit wenig, aber er hörte sie – Zweige knackten, Laub knirschte, Gras streifte über Stoff. Es waren mehrere, mehr als drei, und sie kamen immer näher.

»Keine Bewegung, alle beide«, befahl eine rauhe Stimme aus dem Schattenschwarz. »Unsere Pfeile zielen genau auf eure Rücken und wir schießen euch aus dem Sattel, wenn ihr zu fliehen versucht.« Der, dem die Stimme gehörte, befand sich noch im Schutz der Bäume, war nur eine diffuse Bewegung im Unterholz. »Wir wollen euch nur ein bisschen was von eurer Last abnehmen. Keinem muss was passieren. Tut, was ich sage, dann lassen wir euch am Leben. Wenn ihr’s nicht tut, nehmen wir euch auch das.«

Zerknirscht dachte Hadrian: Ich bin schuld. Er blickte zu Royce hinüber, der neben ihm auf seiner dreckbespritzten grauen Stute saß, die Kapuze hochgeschlagen. Der Freund schüttelte leise den gesenkten Kopf. Hadrian brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um zu wissen, was es ausdrückte.

»Tut mir leid«, entschuldigte er sich.

Royce sagte nichts, schüttelte nur weiter den Kopf.

Vor ihnen versperrte eine Barrikade aus frischgeschnittenem Gestrüpp den Weg. Dahinter lag die mondbeschienene Straße wie ein langer, leerer Korridor. In den Senken und Gräben hing Nebel, und irgendwo plätscherte ein unsichtbarer Bach über Steine. Sie waren tief im Wald auf der alten Straße nach Süden, in einem endlosen Tunnel aus Eichen und Eschen, deren kahle Äste über die Straße hingen und im kalten Herbstwind wackelten und klackten. Fast einen Tagesritt von jedweder Ortschaft, seit Stunden schon hatte Hadrian nicht mal mehr ein einzelnes Bauernhaus gesehen. Sie waren allein mitten im Nichts – in der Art Gegend, wo Leichen nie gefunden wurden.

Das Knirschen zertretener Blätter wurde lauter, bis die Räuber schließlich in den schmalen Mondlichtstreifen hinaustraten. Hadrian zählte vier Männer mit unrasiertem Gesicht und gezogenem Schwert. Sie trugen grobe Kleider, Leder und Wolle, fleckig, schmuddelig und verschlissen. Bei ihnen war ein Mädchen, das einen Bogen mit angelegtem Pfeil hielt. Auch sie trug Hosen und Stiefel, und ihr Haar war wirr und fettig. Allen fünfen schien der Dreck so tief in den Poren zu sitzen, als kämen sie direkt aus einem Erdloch.

»Die sehen nicht aus, als ob sie viel Geld hätten«, sagte ein plattnasiger Mann. Ein, zwei Zoll größer als Hadrian, war er der Kräftigste der Bande, ein bulliger, stiernackiger Kerl mit mächtigen Pranken. Derjenige, der ihm die Nase gebrochen hatte, schien ihm auch gleich noch die Unterlippe gespalten zu haben.

»Aber sie haben jede Menge Gepäck«, sagte das Mädchen mit einer Stimme, die ihn überraschte. Das junge Ding war trotz des Drecks auf eine fast kindliche Art niedlich, hatte aber einen aggressiven, ja boshaften Ton. »Schaut doch, was sie alles mit sich rumschleppen. Was soll das viele Seil?«

Hadrian war sich unsicher, ob die Frage an ihn gerichtet war oder an ihre Kumpane. Beantworten würde er sie ohnehin nicht. Er erwog, einen Scherz zu machen, aber sie wirkte nicht wie die Sorte Mädchen, bei der sein Charme verfangen würde. Außerdem zielte sie auf ihn, und es sah aus, als müsste ihr Arm allmählich erlahmen.

»Ich will das große Schwert, das der da auf dem Rücken hat«, sagte Plattnase. »Scheint ungefähr meine Größe.«

»Ich nehm die anderen beiden, die er umhängen hat.« Das kam von einem Kerl mit einer Narbe, die sich schräg über sein Gesicht zog und die Nasenwurzel gerade so kreuzte, dass ihm das Auge erhalten geblieben war.

Das Mädchen zielte jetzt auf Royce. »Ich will den Mantel von dem Kleinen. So eine feine schwarze Kapuze steht mir bestimmt gut.«

Der, der am nächsten bei Hadrian stand, ein Mann mit tief liegenden Augen und sonnenverbrannter Haut, schien der Älteste. Er trat einen Schritt näher und packte Hadrians Pferd an der Trense. »Macht jetzt bloß keinen Fehler. Wir haben an dieser Straße schon eine Menge Leute getötet. Dumme Leute, die nicht auf uns gehört haben. So dumm seid ihr doch nicht, oder?«

Hadrian schüttelte den Kopf.

»Gut, also lasst jetzt die Waffen fallen«, sagte der Räuber. »Und dann steigt ab.«

»Was meinst du, Royce?«, fragte Hadrian. »Wir geben ihnen ein bisschen Geld, damit keinem was passiert.«

Royce drehte den Kopf. Zwei Augen warfen einen vernichtenden Blick unter der Kapuze hervor.

»Ich sage ja nur, wir wollen doch keinen Ärger, oder?«

»Meine Meinung interessiert dich doch sowieso nicht«, sagte Royce.

»Dann willst du also stur bleiben?«

Schweigen.

Hadrian schüttelte seufzend den Kopf. »Warum musst du alles so kompliziert machen? Sie sind wahrscheinlich gar keine schlechten Menschen – nur arm, verstehst du? Sie nehmen sich nur, was sie brauchen, um einen Laib Brot für ihre Familie zu kaufen. Kannst du’s ihnen verdenken? Der Winter kommt, und es sind schwere Zeiten.« Er nickte den Räubern zu. »Stimmt’s?«

»Ich hab keine Familie«, entgegnete Plattnase. »Ich geb das meiste, was ich hab, für Schnaps aus.«

»Ihr macht es nicht gerade leichter«, sagte Hadrian.

»Will ich auch gar nicht. Entweder ihr zwei tut jetzt, was ich sage, oder wir schlitzen euch auf der Stelle den Bauch auf.« Zur Unterstreichung seiner Worte zog er einen langen Dolch aus dem Gürtel und wetzte ihn geräuschvoll an der Klinge seines Schwerts.

Kalter Wind heulte durch die Bäume und rüttelte an den Ästen. Rote und goldene Blätter wirbelten durch die Luft, Spielzeug der Böen, die die schmale Straße entlangfegten. Irgendwo im Dunkeln schrie eine Eule.

»Hört zu, wie wär’s, wenn wir euch die Hälfte unseres Gelds geben? Meine Hälfte. Dann geht ihr immerhin nicht ganz leer aus.«

»Wir reden von keiner Hälfte«, sagte der Mann, der Hadrians Pferd festhielt. »Wir wollen alles, auch die Pferde hier.«

»Moment mal. Unsere Pferde? Ein bisschen Geld abzukassieren, ist ja in Ordnung, aber Pferdediebstahl? Wenn sie euch erwischen, hängen sie euch. Und euch ist doch klar, dass wir das melden, sobald wir in eine Ortschaft kommen.«

»Ihr seid aus dem Norden, was?«

»Ja, gestern in Medford losgeritten.«

Der Mann, der das Pferd hielt, nickte, und Hadrian bemerkte eine kleine rote Tätowierung in seinem Nacken. »Seht ihr, das ist euer Problem.« Sein Gesicht wurde jetzt weicher, geradezu mitleidig, was allerdings noch bedrohlicher wirkte, weil die Distanz wegfiel. »Ihr seid vermutlich auf dem Weg nach Colnera – nette Stadt. Jede Menge Läden. Jede Menge reiche Leute. Da unten wird jede Menge Handel getrieben, und hier auf dieser Straße kommen jede Menge Reisende durch, die alle möglichen Sachen runterbringen, um sie den reichen Leuten zu verkaufen. Aber ich nehm mal an, ihr wart noch nie hier im Süden, stimmt’s? Droben in Melengar macht König Amrath sich die Mühe, Soldaten auf den Landstraßen patrouillieren zu lassen. Aber hier in Warric geht’s ein bisschen anders zu.«

Plattnase kam näher und leckte sich die gespaltene Lippe, während er das Langschwert auf Hadrians Rücken musterte.

»Soll das heißen, Räuberei ist hier erlaubt?«

»Na-ah, aber König Ethelred sitzt in Aquesta, und das ist ganz schön weit von hier.«

»Und der Graf von Chadwick? Verwaltet er nicht diese Ländereien hier im Namen des Königs?«

»Archie Ballentyne?« Die Nennung dieses Namens löste unter den Räubern enorme Heiterkeit aus. »Archie kümmert es einen Dreck, was im gemeinen Volk vor sich geht. Der hat viel zu viel damit zu tun, sich zu überlegen, was er anziehen soll.« Der Mann grinste und entblößte eine Reihe schiefstehender gelber Zähne. »Also, los jetzt, Schwerter fallen lassen und absteigen. Ihr könnt ja dann zu Fuß zum Schloss Ballentyne gehen, beim alten Archie anklopfen und schauen, was er unternimmt.« Erneutes Gelächter. »Wenn ihr nicht findet, dass das hier der ideale Ort zum Sterben ist, dann tut jetzt, was ich sage.«

»Du hattest recht, Royce«, sagte Hadrian resigniert. Er öffnete die Schließe seines Mantels und legte ihn hinter sich über den Sattel. »Wir hätten nicht die Straße nehmen sollen, aber mal ehrlich – wir sind doch hier mitten im Nichts. Wie groß war da schon das Risiko?«

»Angesichts der Tatsache, dass wir gerade ausgeraubt werden – ziemlich groß, würde ich sagen.«

»Das entbehrt wirklich nicht der Ironie – Riyria wird ausgeraubt. Hat fast schon eine gewisse Komik.«

»Es ist überhaupt nicht komisch.«

»Habt ihr ›Riyria‹ gesagt?«, fragte der Mann, der Hadrians Pferd hielt.

Hadrian nickte, zog seine Handschuhe aus und steckte sie unter seinen Gürtel.

Der Mann ließ das Pferd los und trat einen Schritt zurück.

»Was ist los, Will?«, fragte das Mädchen. »Was ist Riyria

»Es gibt zwei Männer in Melengar, die sich so nennen.« Er sah die anderen an und senkte die Stimme. »Ihr wisst doch, ich hab Verbindungen dort oben. Die sagen, zwei Männer, die sich Riyria nennen, operieren von Medford aus, und wenn die mir je über den Weg laufen, soll ich bloß Abstand halten.«

»Und was denkst du jetzt, Will?«, fragte Narbengesicht.

»Ich denke, wir sollten das Gestrüpp da wegräumen und sie durchlassen.«

»Was? Warum? Wir sind zu fünft und sie nur zu zweit«, wandte Plattnase ein.

»Aber sie sind Riyria.«

»Und?«

»Und meine Geschäftsfreunde im Norden sind nicht blöd. Und sie haben allen gesagt, dass sie bloß die Finger von den beiden hier lassen sollen. Und meine Geschäftsfreunde sind auch nicht grad zimperlich. Wenn die sagen, wir sollen denen hier aus dem...

Erscheint lt. Verlag 3.3.2014
Reihe/Serie Riyria
Riyria
Übersetzer Cornelia Holfelder-von der Tann
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Fantasy • High Fantasy • Intrige • Reihe • Roman • Thronstreit
ISBN-10 3-608-10694-4 / 3608106944
ISBN-13 978-3-608-10694-7 / 9783608106947
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