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Wüstenblume (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
355 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41896-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wüstenblume -  Waris Dirie
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Vom Nomadenleben in der somalischen Wüste auf die teuersten Designer-Laufstege der Welt - ein Traum. Und ein Alptraum, denn Waris Dirie wurde im Alter von fünf Jahren Opfer eines grausamen Rituals: Sie wurde beschnitten. In »Wüstenblume« bricht sie ihr jahrelanges Schweigen und erzählt ihre Geschichte. Ihr Schicksal bewegte die Leser weltweit und wurde ein internationaler Bestseller - die Kino-Verfilmung begeisterte ein Millionenpublikum. Heute kämpft Waris Dirie als UNO-Sonderbotschafterin gegen die Genitalverstümmelung, die täglich 6000 Mädchen weltweit erleiden müssen. »Ich weiß, dass ?Wüstenblume? eine wichtige Botschaft hat, die von allen Menschen geteilt wird: die Achtung vor der menschlichen Würde.« Waris Dirie

Als somalisches Nomadenkind geboren, durchlitt Waris Dirie im Alter von fünf Jahren die unmenschliche Prozedur einer genitalen Verstümmelung. Mit 13 Jahren flüchtete sie alleine durch die Wüste nach London. Im Alter von 18 Jahren wurde sie vom englischen Star-Fotografen Terence Donovan als Model entdeckt. Ihr gelang der Durchbruch zu internationaler Berühmtheit.In einem Interview für das Magazin 'Marie Claire' in New York erzählte Waris Dirie über ihr Schicksal und das grausame Ritual der Genitalverstümmelung an Frauen und löste damit weltweit eine Welle von Mitgefühl und Protesten aus. UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannte sie zur UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung.Als Menschenrechtsaktivistin, Bestsellerautorin und Künstlerin inspiriert Waris Dirie heute weltweit Millionen von Frauen und schenkt ihnen Hoffnung. Mit der von ihr gegründeten Desert Flower Foundation kämpft sie weltweit gegen weibliche Genitalverstümmelung und setzt sich für die Rechte afrikanischer Frauen ein. Gemeinsam mit ihren zwei Söhnen lebt Waris Dirie heute in Polen und Österreich.

Als somalisches Nomadenkind geboren, durchlitt Waris Dirie im Alter von fünf Jahren die unmenschliche Prozedur einer genitalen Verstümmelung. Mit 13 Jahren flüchtete sie alleine durch die Wüste nach London. Im Alter von 18 Jahren wurde sie vom englischen Star-Fotografen Terence Donovan als Model entdeckt. Ihr gelang der Durchbruch zu internationaler Berühmtheit. In einem Interview für das Magazin "Marie Claire" in New York erzählte Waris Dirie über ihr Schicksal und das grausame Ritual der Genitalverstümmelung an Frauen und löste damit weltweit eine Welle von Mitgefühl und Protesten aus. UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannte sie zur UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Als Menschenrechtsaktivistin, Bestsellerautorin und Künstlerin inspiriert Waris Dirie heute weltweit Millionen von Frauen und schenkt ihnen Hoffnung. Mit der von ihr gegründeten Desert Flower Foundation kämpft sie weltweit gegen weibliche Genitalverstümmelung und setzt sich für die Rechte afrikanischer Frauen ein. Gemeinsam mit ihren zwei Söhnen lebt Waris Dirie heute in Polen und Österreich.

1. Die Ausreißerin


Ein leises Geräusch weckte mich. Ich öffnete die Augen und starrte direkt in das Gesicht eines Löwen. Sofort war ich hellwach. Ich riß meine Augen so weit auf, als ob das Tier vor mir darin Platz finden müßte. Da ich seit Tagen nichts gegessen hatte, war ich viel zu schwach, um aufzustehen, und meine Beine gaben schon bei dem Versuch zitternd unter mir nach. Matt ließ ich mich an den Baum zurücksinken, in dessen Schatten ich, geschützt vor der gnadenlosen Sonne der afrikanischen Wüste, Rast gemacht hatte. Ich legte ruhig den Kopf an den Stamm, schloß die Augen und spürte die rauhe Baumrinde an meinem Schädel. Der Löwe war so nahe, daß ich in der sengenden Hitze seinen fauligen Atem roch. Und so sprach ich zu Allah: »Nun ist es vorbei, Herr. Nimm mich zu dir.«

Meine lange Reise durch die Wüste war zu Ende. Ich hatte weder einen Schutz noch eine Waffe und erst recht nicht die Kraft, fortzulaufen. Doch selbst im günstigsten Fall hätte ich gegen den Löwen nicht ankommen können, auch nicht durch die Flucht auf den Baum. Denn wie alle Katzen sind Löwen ausgezeichnete Kletterer und mit ihren langen Krallen weit schneller als ein Mensch. Bevor ich den Baum auch nur zur Hälfte hinaufgestiegen wäre, hätte er mich schon mit einem Prankenhieb erledigt. Tapfer schlug ich die Augen auf. »Komm und hol mich«, sagte ich zu dem Löwen. »Ich bin bereit.«

Es war ein prächtiges Männchen mit einer goldenen Mähne und einem langen Schwanz, mit dem er hin und her schlug, um die Fliegen zu verscheuchen. Er war etwa fünf oder sechs Jahre alt, jung und gesund. Und ich wußte, er konnte mich mit einem Schlag töten; nicht umsonst hieß er der König der Wüste. Im Laufe meines Lebens hatte ich oft genug beobachtet, wie er Weißschwanzgnus und Zebras schlug, die Hunderte von Pfund schwerer waren als ich.

Der Löwe starrte mich an. Langsam blinzelten seine honiggelben Augen. Ich starrte regungslos zurück. Der Löwe wandte den Blick wieder ab. »Mach schon. Komm und hol mich.« Er blickte mich erneut an und sah wieder fort. Schließlich leckte er sich das Maul und setzte sich auf seine Hinterbacken, stand aber gleich wieder auf und stolzierte mit aufreizend geschmeidigen Schritten vor mir auf und ab. Völlig überraschend drehte er sich plötzlich um und trabte davon. Wahrscheinlich war er zu dem Ergebnis gekommen, daß ich zu wenig Fleisch auf den Rippen hatte und es sich nicht lohnte, mich zu verspeisen. Ich sah ihm nach, bis sein gelbbraunes Fell mit dem Wüstensand eins geworden war.

Als mir klarwurde, daß der Löwe mich nicht reißen würde, atmete ich keineswegs erleichtert auf. Ich hatte mich nicht gefürchtet, ich war zum Sterben bereit gewesen. Doch offensichtlich hatte Allah, der immer mein bester Freund gewesen war, für mich etwas anderes im Sinn, hatte er einen Grund, mich am Leben zu lassen. »Was wird das sein?« fragte ich mich. Und ich bat: »Nimm mich, und führe mich.« Dann rappelte ich mich hoch.

 

Auf dieser alptraumhaften Reise befand ich mich deshalb, weil ich vor meinem Vater davongelaufen war. Ich war etwa dreizehn und hatte mit meiner Familie, einem Nomadenstamm, in der Wüste Somalias gelebt, als mein Vater eines Tages verkündete, meine Heirat mit einem alten Mann sei beschlossene Sache. Mir war klar, daß ich rasch handeln mußte, denn sonst würde plötzlich mein künftiger Mann vor mir stehen, um mich abzuholen. Also erklärte ich Mama, daß ich fortlaufen würde; ich wollte zu meiner Tante, der Schwester meiner Mutter, die in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias, wohnte. Natürlich war ich nie zuvor in Mogadischu gewesen – und auch sonst in keiner Stadt. Ich hatte auch meine Tante noch nie gesehen. Doch mit der Zuversicht eines Kindes ging ich davon aus, daß sich wie durch ein Wunder alles zum Besten wenden würde.

Mein Vater und der Rest der Familie schliefen, als meine Mutter mich weckte. »Geh jetzt«, sagte sie. Ich sah mich um, ob es irgend etwas gab, was ich mitnehmen konnte, doch da war nichts – keine Wasserflasche, kein Krug Milch, kein Korb mit Essen. Barfuß und nur in einen Schal gehüllt rannte ich in die schwarze Wüstennacht.

Ich hatte keine Ahnung, wo Mogadischu lag, und so lief ich einfach drauflos. Zunächst kam ich wegen der Dunkelheit nur langsam voran; immer wieder stolperte ich über Wurzeln und Steine. Schließlich beschloß ich, mich einfach erst einmal hinzusetzen. Denn überall in Afrika gibt es Schlangen, und vor Schlangen hatte ich schreckliche Angst. Bei jeder Wurzel, an die ich stieß, bildete ich mir ein, es sei eine Gift verspritzende Kobra. Ich setzte mich hin und sah zu, wie der Himmel allmählich heller wurde. Aber noch ehe die Sonne aufging, huschte ich davon wie eine Gazelle. Ich rannte und rannte und rannte, Stunde um Stunde.

Gegen Mittag war ich weit in die rote Wüste vorgedrungen und mit meinen Gedanken noch viel weiter geeilt. Wohin lief ich verdammt noch mal überhaupt? Ich hatte keine Ahnung, an welchen Ort mich die eingeschlagene Richtung bringen würde. Unermeßlich weit erstreckte sich das Land vor mir, nur hin und wieder unterbrachen eine Akazie oder ein Dornbusch die Leere. Meilen über Meilen nichts als Sand. Meine Schritte wurden allmählich langsamer, bis ich hungrig, durstig und müde nur mehr dahintrottete. Dumpf und ratlos fragte ich mich, was mich in meinem neuen Leben erwartete. Wie würde es weitergehen?

Während ich noch über diese Frage nachsann, glaubte ich plötzlich, die Stimme meines Vaters zu hören. »Waris! Waris!« rief er. Ich wirbelte herum, blickte suchend umher, konnte jedoch niemanden entdecken. »Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet«, dachte ich. »Waris! Waris!« tönte es von überallher. Die Stimme klang flehend, ich hatte aber trotzdem Angst. Wenn er mich fand, würde er mich zurückbringen und zwingen, diesen Mann zu heiraten, mich außerdem vielleicht noch schlagen. Nein, es war keine Einbildung, da war mein Vater, und er kam immer näher. Jetzt lief ich wirklich, so schnell ich konnte. Trotz meines Vorsprungs von mehreren Stunden hatte Papa mich eingeholt. Wie mir später klarwurde, war er einfach meinen Fußspuren im Sand gefolgt.

Dabei hatte ich gemeint, mein Vater sei zu alt, um mich einzuholen, denn ich war jung und schnell und er in meiner kindlichen Vorstellung fast schon ein Greis. Heute muß ich lachen, wenn ich daran denke, denn zu dieser Zeit kann er nicht älter als Mitte dreißig gewesen sein. Wir waren alle ausgesprochen gut trainiert: Da wir weder über Autos noch über öffentliche Verkehrsmittel verfügten, legten wir alle Strecken zu Fuß zurück. Und ich war schnell, ob ich nun entlaufene Tiere einfing, eine Wasserstelle suchte oder mich bei Einbruch der Dämmerung beeilte, um noch bei Tageslicht zum Lagerplatz zurückzukehren.

Nach einer Weile war von meinem Vater nichts mehr zu hören, und so verfiel ich in einen normalen Laufschritt. Wenn ich immer weiterrenne, wird Papa irgendwann müde und kehrt zu den anderen zurück, überlegte ich. Doch als ich mich umdrehte, sah ich ihn hinter mir einen Hügel hinunterkommen. Er hatte mich gleichfalls entdeckt. Voller Angst rannte ich schneller. Und noch schneller. Ich stürmte die Sanddünen hoch und glitt an ihnen herunter. So ging es stundenlang, bis mir irgendwann klarwurde, daß ich ihn seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatte. Und ich hörte ihn auch nicht mehr rufen.

Mit klopfendem Herzen kauerte ich mich schließlich hinter einen Busch und sah mich um. Nichts. Ich lauschte aufmerksam. Niemand zu hören. Als ich an eine Felsplatte kam, hielt ich an, um mich auszuruhen. Doch ich hatte aus meinem Fehler der letzten Nacht gelernt, und als ich meinen Weg fortsetzte, blieb ich auf dem harten Boden am Rand der Felsen, bevor ich eine neue Richtung einschlug, damit mein Vater keine Fußspuren mehr entdeckte, denen er folgen konnte.

Papa, so überlegte ich, befand sich jetzt wohl auf dem Rückweg zu den anderen, denn mittlerweile ging die Sonne unter. Allerdings würde er sie bei Tageslicht nicht mehr erreichen. Er mußte durch die Dunkelheit laufen, sich seinen Weg anhand der abendlichen Geräusche unserer Familie suchen, sich nach den Stimmen lachender, schreiender Kinder und dem Muhen und Mähen der Tiere richten. In der Wüste wird der Klang vom Wind weit getragen, und wenn wir uns nachts verlaufen hatten, dienten uns die Geräusche als Wegweiser.

Nachdem ich eine Weile an den Felsen entlanggelaufen war, schlug ich eine neue Richtung ein. Welche, spielte keine Rolle, denn ich wußte ja ohnehin nicht, wo Mogadischu lag. Ich rannte weiter bis Sonnenuntergang, bis die Dunkelheit anbrach und die Nacht so schwarz war, daß ich nichts mehr sehen konnte. Ich hatte mittlerweile so großen Hunger, daß ich an nichts anderes mehr denken konnte als an Essen. Meine Füße bluteten. Ich setzte mich unter einen Baum und schlief ein.

Am Morgen weckte mich die brennende Sonne.

Als ich die Augen öffnete, sah ich über mir die Blätter eines prächtigen Eukalyptusbaums, der in den Himmel ragte. Nach und nach wurde mir klar, was geschehen war. O Allah, ich bin ganz allein. Was soll ich nur tun?

Ich stand auf und lief weiter. Dies hielt ich über Tage hinweg durch; wie viele es waren, weiß ich nicht. Ich weiß lediglich, daß es Zeit für mich nicht mehr gab, es gab nur noch Hunger, Durst, Angst und Schmerzen. Wenn ich abends in der Dunkelheit nichts mehr sehen konnte, setzte ich mich hin und ruhte mich aus. Und mittags, wenn die Sonne am höchsten stand, hockte ich mich unter einen Baum und machte Rast.

 

In einer dieser Mittagspausen weckte mich der Löwe aus meinem Schlummer. Mittlerweile war mir meine Freiheit egal; ich wollte nur noch zurück zu Mama. Nach meiner Mutter sehnte ich...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2012
Co-Autor Cathleen Miller
Übersetzer Bernhard Jendricke, Christa Prummer-Lehmair, Gerlinde Schermer-Rauwolf, Barbara Steckhan
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Afrika • Afrikanerin Buch • Afrikanerin wahre Geschichte • Autobiographie • Autobiographisch • berühmte Afrikanerin • Beschneidung • Bestseller • Desert Flower • Desert Flower Foundation • Erfahrungen und Schicksale • Erfahrungsberichte • FGM • Film • Filmbuch • Flucht • Flucht Afrika • Flucht vor Zwangsverheiratung • Frauenrechte • Frauenschicksal • Frauenunterhaltung • Genitalverstümmelung • Kampf • Lebensgeschichte • Lebensgeschichte Frauen • London • Mannequin • Menschenrechtskämpferin • Model • Model Buch • Mogadischu • Mutmachbuch • Nomadentochter • Pirelli-Kalender • Schwarze Frau • Schwarze Frau, weißes Land • Senegal • Somalia • Supermodel Buch • Terence Donovan • UN-Sonderbotschafterin • UN-Sonderbotschafterin Buch • Unterdrückung • Ünterdrückung • verfilmt • Verstümmelung • Wahre GEschichte • wahre Geschichte Frauen • Waris Dirie • weißes Land • Wüste • Zwangsverheiratung
ISBN-10 3-426-41896-7 / 3426418967
ISBN-13 978-3-426-41896-3 / 9783426418963
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