Kein Wort zu Papa (eBook)
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-41337-4 (ISBN)
Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, hat sich mit ihren Romanen und Krimis auf die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und in die Herzen von Millionen von Leserinnen und Lesern geschrieben. Wie kaum eine andere Autorin in Deutschland kennt sie den Buchmarkt von allen Seiten: Die gelernte Buchhändlerin war über 30 Jahre lang Verlagsvertreterin für einen großen Publikumsverlag. Neben humorvollen Familien- und Frauenromanen (u.a. >Urlaub mit Papa<, >Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt< oder >Drei Frauen am See<, >Drei Frauen, vier Leben<) begeistert sie ihr Publikum mit lustig-skurrilen Sylt-Krimis, Erzählungen und Kolumnen. Die Liebe zu ihrer norddeutschen Heimat ebenso wie die zu den Menschen dort fängt Dora Heldt auf unnachahmliche Weise in all ihren Büchern ein.
Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, hat sich mit ihren Romanen und Krimis auf die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und in die Herzen von Millionen von Leserinnen und Lesern geschrieben. Wie kaum eine andere Autorin in Deutschland kennt sie den Buchmarkt von allen Seiten: Die gelernte Buchhändlerin war über 30 Jahre lang Verlagsvertreterin für einen großen Publikumsverlag. Neben humorvollen Familien- und Frauenromanen (u.a. ›Urlaub mit Papa‹, ›Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt‹ oder ›Drei Frauen am See‹, ›Drei Frauen, vier Leben‹) begeistert sie ihr Publikum mit lustig-skurrilen Sylt-Krimis, Erzählungen und Kolumnen. Die Liebe zu ihrer norddeutschen Heimat ebenso wie die zu den Menschen dort fängt Dora Heldt auf unnachahmliche Weise in all ihren Büchern ein.
Am nächsten Mittag stand ich zum dritten Mal im Bad, um irgendetwas zu holen, und hatte schon wieder vergessen, was es eigentlich war. Ich hatte ein ganz warmes Ohr vom stundenlangen Telefonieren und war vollkommen neben der Spur. Nachdem ich mein Spiegelbild erschrocken gemustert hatte, beschloss ich, mir einen Kaffee zu kochen, mich damit auf den Balkon zu setzen und eine Liste zu schreiben, um das Durcheinander in meinem Kopf einigermaßen zu sortieren. Ich schrieb in Krisensituationen immer Listen. Meine Schwester fand das albern, sie meinte, in der Zeit, die ich darauf verwendete, alles aufzulisten, hätte sie die gesamte Problematik schon zweimal gelöst. Ich hielt das für Unsinn.
Mit einem Blick auf den Kirchturm vor meinem Haus und einem kleinen Stoßgebet in dieselbe Richtung strich ich das Blatt Papier glatt und begann:
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Meine langjährige und beste Freundin Marleen hat eine Reise nach Dubai gebucht, zusammen mit ihrem neuen Freund Björn, von dem außer mir noch niemand weiß. Von dieser Reise sollte sie eigentlich diese Woche zurückkehren, das tut sie aber nicht.
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Stattdessen sitzt sie jetzt aus Gründen, die mir völlig schleierhaft sind, dort fest.
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Rechtsanwalt Kühlke aus Oldenburg blieb ganz locker, als ich ihn heute Morgen anrief, und hat sofort etwas unternommen.
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Die deutsche Botschaft wurde eingeschaltet, die wiederum einen Anwalt aus Dubai mit deutschen Sprachkenntnissen beauftragt hat, sich um den Fall zu kümmern. Der wiederum hat Marleen geraten, sich auch einen deutschen Anwalt zu nehmen, das haben wir ja nun schon erledigt. Es muss ein riesiges Missverständnis sein.
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Am Samstag ist Bettenwechsel und die Pension »Haus Theda« fast ausgebucht. Marleen wollte am Freitag wieder zurück sein. Das ist morgen, und daraus wird nun nichts.
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Deshalb fahren meine Schwester und ich heute Nachmittag nach Norderney. Gesa gibt uns den Schlüssel, bis dahin müssen wir uns noch eine unglaublich gute Geschichte ausdenken, die auf charmante Weise Marleens Fernbleiben erklärt. In dieser Geschichte dürfen drei Wörter keinesfalls vorkommen: »Dubai«, »Björn« und »Schwierigkeiten«.
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Ines und ich haben noch nie eine Pension geführt.
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Johann ist den ganzen Tag nicht zu erreichen gewesen und hat deswegen keine Ahnung, zu welchem Abenteuer ich gleich aufbrechen werde.
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Niemand, wirklich niemand, darf erfahren, was mit Marleen los ist, Anwalt Kühlke hat es strikt angeordnet. Aus diplomatischen und was weiß ich noch für Gründen.
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Die Idee mit Dänemark war eigentlich gar nicht so schlecht.
Ich las mir alles noch mal in Ruhe durch und kam zu dem Schluss, dass die Situation geschrieben noch schlimmer war als gedacht. Gut, ich hatte jetzt die Dinge in die Wege geleitet, die Marleen mir in diesem überraschenden Telefonat aufgetragen hatte. Aber wie ich das alles ernsthaft bewerkstelligen sollte, war mir im Moment noch ein Rätsel. Wobei ich auch niemanden kannte, der mit so etwas Erfahrung gehabt hätte. Niemand, den man anrufen konnte, um die lockeren Fragen zu stellen: »Sag mal, als deine Freundin in den Arabischen Emiraten verschollen war, wie lange hat das eigentlich gedauert? Das war doch nicht dramatisch, oder? Und die Pension hast du mit links geschmissen? Alles halb so wild?« Geschweige denn, die Antworten zu hören: »Du, das war nicht lange, ein, zwei Tage. Das hat ihr gut gefallen, sie hat dort ganz nette Leute kennengelernt. So eine Pension ist ein Kinderspiel, nach einer Stunde hast du das Gefühl, du hättest nie etwas anderes gemacht. Da musst du dich überhaupt nicht verrückt machen, das kriegst du alles hin. Und wenn deine Schwester mitkommt, wird das sein, als hättet ihr Ferien.«
Leider konnte mir hierbei niemand helfen. Also würde ich das allein hinkriegen müssen. Nein, nicht ganz allein, schließlich hatte ich eine kleine Schwester.
Als ich gerade mit geballter Kraft versuchte, den Reißverschluss meiner Tasche zu schließen, rief meine Mutter an. Ich bekam eine Hitzewelle. Ines und ich hatten uns noch nicht auf eine offizielle Geschichte geeinigt, jetzt würde ich improvisieren müssen.
»Hallo, Mama.«
»Na, Kind? Was machst du gerade?«
Ich zerrte weiter am Reißverschluss und klemmte mir den Finger ein. »Aua, ach, nichts weiter. Ich räume hier so ein bisschen herum.«
»Was räumst du denn? Ich denke, du willst sowieso bald umziehen.«
»Ja, sicher. Was wolltest du denn wirklich?«
»Ich wollte nur mal hören, was du so machst. Hast du schon was von deiner Bewerbung bei diesem Zeitungsverlag gehört?«
Ehrlich gesagt hatte ich die sogar schon ganz vergessen.
»Nein. Aber ich glaube, die Bewerbungsfrist läuft auch noch vier Wochen.«
»Was heißt, du glaubst? Christine, du musst dich doch mal kümmern.«
»Mama, bitte. Ich bin erwachsen.«
Meine Mutter klang jetzt schnippisch. »Ich meine es nur gut. Und? Wie geht es Johann? Wann kommt er denn mal wieder?«
Aus dem Schnippischen war jetzt etwas Lauerndes geworden. Aber das kannte ich ja. Meine Antwort war sehr freundlich.
»Übernächste Woche. Dann auch für ein paar Tage.«
Es folgte ein schweres, fast schon theatralisches Atmen. »Das ist doch auch komisch. Am Anfang hieß es, er kommt jedes Wochenende nach Hause, aber je länger dieser Job dauert, desto seltener bekommst du diesen Mann zu sehen.«
»Mama! Er hat viel zu tun!«
Jetzt wurde ich giftig. Ich durfte mich über Johann aufregen und schlecht über ihn denken, meine Mutter nicht. Das konnte ich nicht leiden.
Sie trat den Rückzug an. »Das ist auch eine anstrengende Arbeit, die er macht. Na ja, wird bestimmt alles klappen. Sag mal, hast du schon mit Ines gesprochen?«
Jetzt wurde es gefährlich.
»Worüber?«
»Dass ihr beide zusammen ein paar Tage nach Dänemark fahrt. Ines hat doch so ein Pech mit ihrem geplanten Urlaub und du ja auch, wegen Johann und so, da hatte Papa diese tolle Idee gehabt, ihr beiden Schwestern mal ganz alleine. Das ist doch nett von ihm. Er will euch das unbedingt schenken.«
Wegen Johann und so. Es ging eigentlich niemanden außer mir etwas an. Warum wurde bloß alles immer gleich ein Familiendrama?
»Ich fahre aber nicht nach Dänemark. Auch wenn Papa das will. Und es sogar bezahlt.«
»Jetzt sei doch nicht so stur. Er macht sich Sorgen. Du hast ja nicht die beste deiner Lebensphasen.«
»Mama, bitte! Ich bin alt genug, um das selbst zu entscheiden. Und wenn Papa anfängt, sich Sorgen zu machen, geht sowieso wieder alles schief.« Ich hielt inne, wenn ich weiter ausholen würde, käme gleich der Satz, dass sie nicht wüsste, von wem ich das hätte, und außerdem würde ich was Falsches sagen. Also zählte ich bis drei und fuhr betont ruhig fort: »Und im Übrigen haben Ines und ich gestern Abend beschlossen, ein paar Tage nach … Norderney zu fahren.«
Am anderen Ende blieb es einen Moment ruhig. Nur einen Moment. Dann kam die erstaunte Frage: »Zu Marleen?«
Ich hätte es mir denken können, trotzdem zuckte ich zusammen.
»Nein, nicht zu Marleen. Sie hat uns ein ganz tolles Hotel empfohlen, den ›Seesteg‹, ganz schön, mit Wellness, super Küche, schönen Zimmern und allem Drum und Dran. Und wir haben gedacht, wenn Papa so spendabel ist, dann können wir es uns dort auch nett machen. Und deshalb haben wir sofort gebucht, gestern Abend noch, die hatten nämlich gerade eine Absage, und deshalb klappte das. Toll, oder? Und wir freuen uns ja so.«
Ich biss mir auf die Unterlippe, wieso faselte ich eigentlich so viel Blödsinn? Weil ich einfach nicht gut lügen konnte. Hoffentlich nahm meine Mutter mir diese Rede ab.
Sie tat es. »Das ist eine gute Idee. Und ihr könnt Marleen ja besuchen, wenn ihr schon nicht bei ihr wohnt. Ach, und dann guckt doch auch bei Hanna und Kalli vorbei. Sie sind unsere ältesten Freunde und freuen sich, wenn ihr mal zum Essen kommt.«
Erleichtert antwortete ich: »Ja, mal sehen. Erst mal machen wir keine Pläne, sondern Urlaub. Und wir melden uns auch nicht. Wir wollen eigentlich unsere Ruhe haben.«
»Natürlich.« Die Stimme meiner Mutter klang sehr weich, sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen. »Aber Papa will sowieso nachher noch Kalli anrufen, er kann euch ja schon mal ankündigen. Für irgendwann.«
»Nein, Mama, bitte nicht. Du kennst doch Kalli. Wir gehen da einfach mal vorbei. Du, ich muss jetzt auch Schluss machen.«
»Ja, klar. Also dann, viel Spaß. Ach so, wie lange bleibt ihr denn im ›Seesteg‹?«
Ich schluckte trocken. »Ines hat ja zwei Wochen Urlaub. Ich komme dann mit ihr zurück.«
Hoffentlich, dachte ich inbrünstig und klopfte dreimal auf meinen Holztisch.
Nachdem ich ein letztes Mal erfolglos versucht hatte, Johann zu erreichen, packte ich mein Auto und machte mich auf den Weg zu meiner Schwester.
»Ist es schon so spät?« Erschrocken sah Ines auf die Uhr, als ich ihre Wohnung betrat. »Tatsächlich. Ich bin noch gar nicht ganz fertig.«
Das war nichts Neues, das hatte sogar eine beruhigende Tradition. Die Welt ging unter, aber meine Schwester kam trotzdem zu spät. Als sie noch zur Schule ging, fuhr meine Mutter das Kind durchschnittlich dreimal in der Woche mit dem Auto zum Unterricht, so oft verpasste Ines nämlich den Bus. Meine Mutter trug bei diesen Fahrten immer einen verschossenen gelben Bademantel, der ihr etwas zu klein war. Erst nach einer sehr peinlichen Polizeikontrolle wurden diese Privatfahrten eingeschränkt und Ines morgens auch schon mal angebrüllt. Geholfen hatte es...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2012 |
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Reihe/Serie | Das kommt in den besten Familien vor |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Buch für den Urlaub • Christine Schmidt • eBook • Familie • Familienroman • Ferienpension • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Lambert Hamel • Liebes- • Norderney • Nordsee • Papa Heinz • Roman Urlaub • Schwestern • Strandkorblektüre • Sylt • Unterhaltung • Unterhaltungsliteratur • Urlaubslektüre • Urlaubsroman • Verfilmte Bücher |
ISBN-10 | 3-423-41337-9 / 3423413379 |
ISBN-13 | 978-3-423-41337-4 / 9783423413374 |
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