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Bob Dylan (eBook)

Ein Leben
eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
224 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01021-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
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Anfang der Sechziger stieg Bob Dylan in weniger als drei Jahren zum Herold des neuen Amerika auf. Seine Songs begleiteten die Jugendbewegung bald in der ganzen Welt. Die Beatles sogen begierig jedes seiner Worte auf, die Byrds machten sie zum Gemeingut. James Dean gab das Tempo der neuen Zeit vor, und nie war es schöner, jung zu sterben. Alle folgten diesem Muster: Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Brian Jones - Bob Dylan hat es überlebt. Er fing mit Elvis an, mit Little Richard und mit Buddy Holly - und spielt noch immer. «There is no success like failure», singt er seit jetzt 50 Jahren, und ein besonderer Erfolg sei das ja nicht. Aber darf man dem Künstler trauen? Lügt er da nicht schamlos? Keiner ist so erfolgreich gescheitert wie Bob Dylan. Deshalb macht er auch weiter. Dafür hat er überlebt. Und wer überlebt hat, der geht querfeldein. Die Tournee darf niemals aufhören. 2016 wurde Bob Dylan der Nobelpreis für Literatur zuerkannt. Willi Winklers launig-subjektives Buch ist ein gelungener Entschlüsselungsversuch dieses rätselhaften, ewig hakenschlagenden, keinen Erwartungshaltungen entsprechenden Charakters.

 Willi Winkler, geboren 1957, war Redakteur der «Zeit», Kulturchef beim «Spiegel» und schreibt seit vielen Jahren für die «Süddeutsche Zeitung». Er ist Autor zahlreicher hochgelobter Bücher. Über «Deutschland, eine Winterreise» sagte Sonia Mikich: «Solch unverbrauchte Gedanken in schöner Sprachmacht sind selten geworden.» Zuletzt erschien «Kissinger & Unseld. Die Freundschaft zweier Überlebender», über das die «Welt» schrieb: «Ein brillant erzähltes Doppelporträt zweier der interessantesten Denker und Macher des 20. Jahrhunderts.» Willi Winkler wurde mehrfach für sein Schreiben ausgezeichnet, unter anderem mit dem Ben-Witter-Preis, dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus und dem Michael-Althen-Preis.  

 Willi Winkler, geboren 1957, war Redakteur der «Zeit», Kulturchef beim «Spiegel» und schreibt seit vielen Jahren für die «Süddeutsche Zeitung». Er ist Autor zahlreicher hochgelobter Bücher. Über «Deutschland, eine Winterreise» sagte Sonia Mikich: «Solch unverbrauchte Gedanken in schöner Sprachmacht sind selten geworden.» Zuletzt erschien «Kissinger & Unseld. Die Freundschaft zweier Überlebender», über das die «Welt» schrieb: «Ein brillant erzähltes Doppelporträt zweier der interessantesten Denker und Macher des 20. Jahrhunderts.» Willi Winkler wurde mehrfach für sein Schreiben ausgezeichnet, unter anderem mit dem Ben-Witter-Preis, dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus und dem Michael-Althen-Preis.  

Die Legende vom heiligen Hobo

BOY FROM THE NORTH COUNTRY


Als Erzählung leidet das Leben Jesu unter dem Mangel, dass praktisch nichts über seine Kindheit und Jugend bekannt ist. Er wurde unter nicht ganz eindeutigen Umständen geboren, zur vorgeschriebenen Zeit beschnitten und im Tempel dargestellt. Dort, er war wohl zwölf, verlor ihn seine Mutter aus den Augen und fand ihn wieder, wie er im Kreis der Schriftgelehrten hermeneutische Probleme der Bibellektüre diskutierte. Da kündigte sich Großes an. Zwölf erst, und schon ein richtiger Gelehrter! Aber sonst? Legenden mussten helfen, die Aussparung zu überbrücken. Jene zum Beispiel vom Jesusknaben, der nach Kinderart mit Lehm bazelte und dabei Vogelähnliches formte. Er klatschte in die Hände, der Kleine, und schon verwandelte sich die irdische Schwere in reine, überirdische Leichtigkeit, und die Vögel – vo-la-re! – erhoben sich in die Luft. Oder die Dornenkrone, die der unschuldige Knabe in der Werkstube seines Vaters, des übrigens sauber düpierten Zimmermanns Josef, zusammenflicht, worüber seine Mutter auch gleich in Tränen ausbricht: Jessasmaria!

Nach dieser schönen und gewiss heiligmäßigen Art und Weise der Präfiguration wird noch fast jede Künstlerlegende gestrickt. Denn irgendwoher, so haben wir es in der Schule und von der Milieutheorie gelernt, irgendwoher muss der Bub es doch haben. Die Geburt als gestiefelter und gespornter Erwachsener ist seit der göttlichen Athene leider etwas aus der Mode gekommen. Und da man eher nichts weiß, Aufzeichnungen selten sind, Augenzeugen vergessen und noch lieber verdrehen, und der biographische Gegenstand erst recht der Legende den Vorzug vor der Wahrheit gibt, setzt der Bildungsroman spätestens im Mutterleib ein.

Oder hier.

Bob Dylan kam als Robert Allen Zimmerman am 24. Mai 1941 in der nordamerikanischen Stadt Duluth zur Welt.1 Seine Mutter Beattie fühlte die Wehen nahen und sagte zu ihrem Mann Abraham: «Oh, Mercy!»

Könnte jedenfalls sein.

Was man weiß, hilft auch nicht weiter: Haushaltsgeräte verkaufte der Vater, die Mutter war eine Frohnatur, insgesamt ein liberales jüdisches Elternhaus in katholischer Umgebung, aber ohne viel religiöses Brim und Borium – musste er deshalb später den Fundamentalismus nachholen? Die fehlende Prägung, rachsüchtig meldete sie sich siebenmal siebenfach: Robert Graves; bisschen Hindu- und Buddhismus; Bibelstudien im altväterlichsten Geiste; dann wieder die Vineyard Foundation; die Lubavitcher; und dass außer ihm sowieso alle verdammt seien?

Könnte doch sein.

Was man weiß, ist nichts. Behilft man sich also mit jesusmäßigen Geschichten. Der Vater, Abe, streng, aber zum Glück wohlhabend, wurde Zeuge, wie sich bei seinem Erstgeborenen schon früh das kommende Talent zeigte. Trällerte er denn nicht bereits als Kleinkind ins väterliche Bürodiktaphon? Und bei Geburtstagen, gaben sie ihm nicht sogar Geld dafür, dass er sang? Und er war doch erst drei oder vier Jahre alt. Der Musikkritiker Robert Shelton bezieht diese Anekdoten direkt von der Familie, wenn sie ihm nicht der erwachsene Mythenfabrikant Bob Dylan gleich selber soufflierte. Die Legende wird gedruckt, das weiß jeder Western-Regisseur, und nicht etwa die Wahrheit. 1964, als sich Bob Dylan, im konspirativen Verein mit Manager Albert Grossman, schon ziemlich gut auf sein öffentliches Image verstand, unterlief den beiden der Kunstfehler, dass aus einer als PR geplanten Story im Nachrichtenmagazin «Newsweek» eine Enthüllungsgeschichte wurde: Dylan heißt in Wirklichkeit Zimmerman, verriet die Reporterin; er war gar nicht jahrelang auf der Landstraße; und seine Liedtexte sind sowieso banal. Außerdem, der bekannteste davon, der von «Blowin’ In The Wind», sei überhaupt nicht von Dylan, sondern den habe er einem Oberschüler abgekauft – sagen wir mal so: Der Wahrheitsfindung diente die Geschichte vielleicht nicht, aber sie mehrte den Ruhm des vermeintlich Entlarvten ganz ungemein.

In Hibbing wuchs Bob Dylan auf, siebzig Meilen von Duluth entfernt. Also noch kleiner, noch metropolenferner, noch näher an der kanadischen Grenze. In Hibbing wurde Eisenerz gefördert, eins der größten Vorkommen in den Vereinigten Staaten. Dafür hatte man die Häuser zuweilen sogar umgesetzt, die Straßenführung geändert und die ganze Stadt unterhöhlt. Nun war das Metallvorkommen ziemlich erschöpft, die Grundstückspreise verfielen, die Leute wurden arbeitslos. Hibbing in der Nachkriegszeit hätte sich gut als Schauplatz für ein B-Picture geeignet; eine sterbende Stadt, Existentialismus nach außen gestülpt. «Used to play in the cemetery/​Dance and sing and run when I was a child», singt Dylan 1974 in dem Lied «Nobody, ’Cept You». Tod, Vergänglichkeit, Verlustgefühle sind große Themen schon in den Songs, die er auf seiner ersten Platte, «Bob Dylan», vorträgt; Pose natürlich, denn was hat ein junger Mann von zwanzig Jahren mit dem Tod zu schaffen? Ja, was? Er aber hatte das Sterben seiner Heimatstadt gesehen. Auch kein reiner Spaß.

Wer nichts weiß von Dylan, weiß doch, dass er seinen Namen geändert hat, und zwar, weiß jeder weiter, aus Verehrung für den walisischen Dichter Dylan Thomas, der 1960 unter klassischen Umständen sein Leben im New Yorker Chelsea Hotel versoff und gottgefällig verschied. In seinen Texten gibt Dylan nicht den geringsten Hinweis auf Dylan Thomas, zu finden ist nur ein Robert Milkwood Thomas, eines seiner vielen Pseudonyme als Sessionmusiker bei Freunden, das sich notfalls auf Thomas’ Hörspiel «Under Milk Wood» (1954) beziehen könnte. Wahrscheinlicher als Taufpate ist der Seriendarsteller Matt Dillon, ewiger Sheriff in den «Rauchenden Colts». Die Form mit dem y sieht natürlich um vieles edler, auch keltischer und britisch-protestantischer aus, so weit wie möglich entfernt also von einer jüdischen Herkunft. Der Antisemitismus war in den Fünfzigern und Sechzigern gewaltig in den USA.

Für einen halbwegs intelligenten Teenager gab es nichts zu lernen in Hibbing außer Rock ’n’ Roll. Der kam aus dem Radio, der ließ sich kaufen, und wie sonst hätte man sich gegen die Zumutungen der Schule und der Eltern wehren können? Die Eltern wollten natürlich nur sein Bestes, und dazu gehörten regelmäßiger Schulbesuch, Zimmer aufräumen, nett und früh zu Hause sein. «Thought I’d shaken the wonder and the phantoms of my youth/​Rainy days on the Great Lakes, walkin’ the hills of old Duluth.» Bloß weg da.

Bob Dylan musste fort von zu Hause. Sein Vater wies ihn zurecht, wenn er nur wagte, die Stimme zu erheben, und zerriss einmal sogar ein Bild von James Dean. Die bekannten Leiden eines Knaben. Längst vorgeschrieben im Buch der Bücher, in der ersten Künstlerlegende. Auch Jesus verließ Vater und Mutter und seine Heimatstadt, weil er nicht so ganz von dieser Welt war. Die Diskussion mit den Schriftgelehrten hatte es doch bestimmt: Bethlehem oder später Nazareth war einfach zu klein für einen, der so lebhaft träumte; er musste weiter. Auf Vorhaltungen seiner Mutter wollte er dann nichts mehr wissen von ihr. «Das sind meine Mutter und meine Brüder», sagte er und wies auf seine Jünger. Kann man ja verstehen. Auch begreiflich, dass später immer wieder jemand Dylan an seine provinzielle Herkunft erinnern musste und damit alles zu erklären meinte. Beim großen Vorläufer lautete der Vorwurf nicht weniger kleinlich (Mt 13,54 f.): «Woher hat dieser Mann seine Weisheit, woher die Kraft, diese Werke zu tun? Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns?» Gute Frage.

Der Reporter Larry Sloman hat im Herbst 1975 Beattie Zimmerman eine Bestätigung dafür entlockt: «Dylan ist Dylan, und ich bin Zimmerman. Was mein Sohn geschafft hat, hat er ohne seinen Vater und mich geschafft. Er wurde uns geboren, aber dann ging er fort und machte alles ganz allein.»

Er nahm den Highway 61 und suchte das Weite. Oder: «Hibbing ’s a good ol’ town/​I ran away from it when I was 10, 12, 13, 15, 15 ½, 17 an’ 18/​I been caught an’ brought back all but once.»

Gelogen, alles.

Izzy Young vom Folklore Center in Greenwich Village, in dem er anfangs Tag für Tag rumstand und sich an den Instrumenten bediente, hat Dylan noch ein paar weitere Bausteine für den Künstlerroman geliefert. In Minnesota geboren, ja, aber schon als Kind sei er nach Gallup in New Mexico (gelegen praktischerweise an der Route 66) umgezogen, ein blinder (oha!) Straßensänger in Chicago habe ihn den Blues gelehrt, in Kalifornien (wo er nie war) habe er Woody Guthrie kennengelernt, in Nashville sei er, logisch, auch...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2011
Zusatzinfo Zahlr. s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte A Hard Rain’s A-Gonna Fall • Civil Rights March • Folkmusik • Gitarrist • Hurricane • Knockin’ on Heaven’s Door • Politisches Engagement • Rockmusik • USA
ISBN-10 3-644-01021-8 / 3644010218
ISBN-13 978-3-644-01021-5 / 9783644010215
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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