Vlad
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52597-9 (ISBN)
- Titel ist leider vergriffen, Neuauflage unbestimmt
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Rumänien im Jahre 1431. In der eisigen Kälte des Winters wird dem Fürsten der Wallachei ein Sohn geboren und auf den Namen Vlad getauft. Noch viele weitere Namen werden dem jungen Fürsten verliehen, doch es sind zwei Titel, die ihn zur Legende machen: Dracul, Sohn des Drachen – und Vlad, der Pfähler …
Ein noch nie da gewesener Roman über den dunkelsten Mythos unserer Zeit …
Andreas Brandhorst, 1956 im norddeutschen Sielhorst geboren, schrieb bereits in jungen Jahren phantastische Erzählungen für deutsche Verlage. Andreas Brandhorst lebt als freier Autor und Übersetzer in Norditalien.
Im bitterkalten Winter des Jahres 1431 wurde in der Stadt Sighistoara dem Woiwoden (beziehungsweise Kriegsherrn) Vlad Dracul von Transsilvanien ein zweiter Sohn geboren. Man nannte ihn Vlad, und wie sein älterer Bruder bekam er den Beinamen Dracula, Sohn des Dracul. In der Limba romäna, dem Rumänischen, bedeutet Dracul "Drache". Oder "Teufel". Vlad Dracula war also der Sohn des Teufels. Im Laufe seines Lebens bekam er noch andere Titel. Woiwode von Ungarn-Walachei. Herr von Amlas und Fagaras. Bruder der geheimen "Fraternitas draconem", dem Orden des Drachen. Sein Volk nannte ihn Vlad Tepes. Seine türkischen Feinde gaben ihm den Namen Kaziklu Bey. Beide meinten: "der Pfähler". Das Land, das er gewann, verlor und regierte, war die Walachei, die zentrale Provinz des heutigen Rumänien. Gefangen zwischen dem expandierenden ungarischen Königreich und den alles erobernden Türken, zwischen Kreuz und Halbmond, erwartete man von walachischen Prinzen, dass sie gehorsame Vasallen der einen oder anderen Seite waren. Dracula hatte andere Ideen. Und er setzte sie auf seine eigene Art und Weise in die Tat um. Er starb 1476 auf dem Schlachtfeld, und das abgeschlagene Haupt schickte man seinem erbittertsten Feind: Mehmed, Sultan der Türken. Vor den Mauern von Konstantinopel wurde es auf einen Pfahl gesteckt, und dort verweste es. Einige beklagten ihn. Die meisten weinten ihm keine Träne nach. Ich fälle kein Urteil über ihn. Das überlasse ich jenen, die sein letztes Bekenntnis gehört haben - und natürlich Ihnen, den Lesern. "Ich bin ein Mensch. Nichts Menschliches ist mir fremd." Terenz (Publius Terentius Afer) BEICHTE "Hast du gesündigt? Dann gehe in die Kirche und büße deine Sünde. Denn hier ist der Heiler, nicht der Richter: Hier wird nicht gerichtet, sondern Sünde vergeben." Hl. Johannes Chrysostomos DER RUF Walachei, März 1481 Es war still im Wald. Die letzten Flocken des plötzlichen Schneesturms waren gerade gefallen. Alles hielt inne. Ein Mann saß in der Astgabel einer Blutbuche. Er hatte die Arme verschränkt und die behandschuhten Hände in den Schoß gelegt, die Rechte unter der Linken, auf der ein Habicht saß. Sie befanden sich schon seit einer ganzen Weile dort, so lange wie der Schneesturm gedauert hatte. Mensch und Vogel, Teil der Stille, Teil des Schweigens. Beide hatten die Augen geschlossen. Keiner von ihnen schlief. Sie warteten auf das erste Geräusch. Darauf, dass sich etwas anderes regte und sein Versteck verließ, bevor der nächste Schneesturm kam. Da. Eine Nase zuckte, ihr Rosarot die einzige Farbe in einer weißen Welt. Ein Schnüffeln - das erste Geräusch, gefolgt vom leisen Flüstern eines ganz leichten Winds, der aus dem Tal kam. Der Hase konnte nichts wittern, das sich hinter ihm befand. Es war kaum ein Geräusch, doch Mann und Habicht öffneten die Augen. Die des Vogels waren rot, feuerrot, denn er war alt, neun Jahre. Vor fünf Jahren, in der Blüte seines Lebens, hatte er an einem einzigen Tag zehn Hasen, ein halbes Dutzend Eichhörnchen und ein paar Hermeline schlagen können. Nicht um des Fleisches willen, denn so viel Nahrung brauchte er nicht. Auch nicht wegen der Felle, die den Mann kleideten, auf dessen Faust er saß. Allein wegen der Freude am Töten. Vier Augen blickten zum Schnee auf der Lichtung und suchten nach dem Ursprung des Geräuschs, das eigentlich niemand gehört haben konnte. Der Hase hob den ganzen Kopf über die Schneekruste. Als der Schneesturm begonnen hatte, war er zwischen einigen Ansammlungen von Buchen und Espen dabei gewesen, eine Wurzel auszugraben. Überrascht von dem plötzlichen weißen Wüten war der Hase erstarrt. Jetzt steckte er tief im neu gefallenen weichen Schnee, aber die Hinterläufe ruhten auf dem festen Boden darunter. Schutz war nur zwanzig Sprünge entfernt. Dort, zwischen den Bäumen, würde er sicher sein. Der Mann in der Blutbuche hob die Faust, und Schnee fiel von seinem Arm, ein Donnern in der Stille. Der Hase sprang. Er war jung und schnell und auf halbem Weg zum Sicherheit verheißenden Ziel, als der Mann den Arm streckte und der Vogel aus dem Baum fiel. Fünf Flügelschläge, und dann Gleitflug. Der Hase sauste dahin, so winterschlank, dass er bei der Baumgrenze, wo der Schnee weniger hoch lag, über das Weiß zu fliegen schien. Vor ihm bildete ein herabgefallener Ast einen Bogen, wie der Eingang einer Kathedrale. Der Habicht erreichte seine Beute und schlug scharfe Krallen in Fell und Fleisch. Der Hase drehte sich, riss sich von einem Krallentrio los, und Blut spritzte, wie eine rote Pfeilspitze, die auf Dunkelheit und den Schutz des Waldes zeigte. Dann hörte das Zucken auf, und es herrschte wieder Stille. Der Mann sprang aus dem Baum und ächzte, obwohl er auf Weiches fiel. Schnee rutschte von seinem Mantel, von den Streifen aus Hasen-, Eichhörnchen- und Wieselfell, von der Pyramide aus Wolfsfell auf seinem Kopf. Langsam stapfte er los und strich sich Eis vom schmutzigen weißen Bart, der dicht bis zu den Wangenknochen reichte. Er bückte sich, wölbte die Finger um den Rücken des Vogels und zog vorsichtig. Habicht und Hase glitten aus dem Schnee. Der Vogel ließ sofort los und richtete den Blick auf den Lederbeutel an der Taille des Mannes. Mit der freien Hand griff er hinein und zog ein Stück frisches Fleisch heraus. Der Habicht nahm es und krächzte leise. Der Hase sah auf, die großen Augen voller Entsetzen. Für einen Moment erwiderte der Mann den Blick. Dann bewegte er kurz den Daumen und brach dem Tier das Genick. Es war ein leises Geräusch, zu leise für das Knacken, das wie ein Echo folgte. Der Mann horchte ... und hörte kurz darauf Männer, die nicht gehört werden wollten. Wieder ein Knacken, diesmal aus dem Tal. Dort waren weitere Männer unterwegs, und ihre Präsenz bot ihm einen klaren Hinweis. Am Ende des Winters gab es auf diesem Hügel nur wenig Wild - die Männer hatten es auf ihn abgesehen. Es überraschte ihn, dass sie jetzt kamen, durch den neuen Schnee. Aber das Unwetter war ganz überraschend heraufgezogen, wie ein letztes Aufbäumen des Winters; vermutlich waren sie aufgebrochen, bevor der Schneesturm begonnen hatte.
Im bitterkalten Winter des Jahres 1431 wurde in der Stadt Sighistoara dem Woiwoden (beziehungsweise Kriegsherrn) Vlad Dracul von Transsilvanien ein zweiter Sohn geboren. Man nannte ihn Vlad, und wie sein älterer Bruder bekam er den Beinamen Dracula, Sohn des Dracul. In der Limba romäna, dem Rumänischen, bedeutet Dracul "Drache". Oder "Teufel". Vlad Dracula war also der Sohn des Teufels. Im Laufe seines Lebens bekam er noch andere Titel. Woiwode von Ungarn-Walachei. Herr von Amlas und Fagaras. Bruder der geheimen "Fraternitas draconem", dem Orden des Drachen. Sein Volk nannte ihn Vlad Tepes. Seine türkischen Feinde gaben ihm den Namen Kaziklu Bey. Beide meinten: "der Pfähler". Das Land, das er gewann, verlor und regierte, war die Walachei, die zentrale Provinz des heutigen Rumänien. Gefangen zwischen dem expandierenden ungarischen Königreich und den alles erobernden Türken, zwischen Kreuz und Halbmond, erwartete man von walachischen Prinzen, dass sie gehorsame Vasallen der einen oder anderen Seite waren. Dracula hatte andere Ideen. Und er setzte sie auf seine eigene Art und Weise in die Tat um. Er starb 1476 auf dem Schlachtfeld, und das abgeschlagene Haupt schickte man seinem erbittertsten Feind: Mehmed, Sultan der Türken. Vor den Mauern von Konstantinopel wurde es auf einen Pfahl gesteckt, und dort verweste es. Einige beklagten ihn. Die meisten weinten ihm keine Träne nach. Ich fälle kein Urteil über ihn. Das überlasse ich jenen, die sein letztes Bekenntnis gehört haben - und natürlich Ihnen, den Lesern. "Ich bin ein Mensch. Nichts Menschliches ist mir fremd." Terenz (Publius Terentius Afer) BEICHTE "Hast du gesündigt? Dann gehe in die Kirche und büße deine Sünde. Denn hier ist der Heiler, nicht der Richter: Hier wird nicht gerichtet, sondern Sünde vergeben." Hl. Johannes Chrysostomos DER RUF Walachei, März 1481 Es war still im Wald. Die letzten Flocken des plötzlichen Schneesturms waren gerade gefallen. Alles hielt inne. Ein Mann saß in der Astgabel einer Blutbuche. Er hatte die Arme verschränkt und die behandschuhten Hände in den Schoß gelegt, die Rechte unter der Linken, auf der ein Habicht saß. Sie befanden sich schon seit einer ganzen Weile dort, so lange wie der Schneesturm gedauert hatte. Mensch und Vogel, Teil der Stille, Teil des Schweigens. Beide hatten die Augen geschlossen. Keiner von ihnen schlief. Sie warteten auf das erste Geräusch. Darauf, dass sich etwas anderes regte und sein Versteck verließ, bevor der nächste Schneesturm kam. Da. Eine Nase zuckte, ihr Rosarot die einzige Farbe in einer weißen Welt. Ein Schnüffeln - das erste Geräusch, gefolgt vom leisen Flüstern eines ganz leichten Winds, der aus dem Tal kam. Der Hase konnte nichts wittern, das sich hinter ihm befand. Es war kaum ein Geräusch, doch Mann und Habicht öffneten die Augen. Die des Vogels waren rot, feuerrot, denn er war alt, neun Jahre. Vor fünf Jahren, in der Blüte seines Lebens, hatte er an einem einzigen Tag zehn Hasen, ein halbes Dutzend Eichhörnchen und ein paar Hermeline schlagen können. Nicht um des Fleisches willen, denn so viel Nahrung brauchte er nicht. Auch nicht wegen der Felle, die den Mann kleideten, auf dessen Faust er saß. Allein wegen der Freude am Töten. Vier Augen blickten zum Schnee auf der Lichtung und suchten nach dem Ursprung des Geräuschs, das eigentlich niemand gehört haben konnte. Der Hase hob den ganzen Kopf über die Schneekruste. Als der Schneesturm begonnen hatte, war er zwischen einigen Ansammlungen von Buchen und Espen dabei gewesen, eine Wurzel auszugraben. Überrascht von dem plötzlichen weißen Wüten war der Hase erstarrt. Jetzt steckte er tief im neu gefallenen weichen Schnee, aber die Hinterläufe ruhten auf dem festen Boden darunter. Schutz war nur zwanzig Sprünge entfernt. Dort, zwischen den Bäumen, würde er sicher sein. Der Mann in der Blutbuche hob die Faust, und Schnee fiel von seinem Arm, ein Donnern in der Stille. Der Hase sprang.
Erscheint lt. Verlag | 3.12.2009 |
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Reihe/Serie | Heyne Bücher |
Übersetzer | Andreas Brandhorst |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Vlad: The Last Confession |
Maße | 118 x 187 mm |
Gewicht | 504 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Fantasy |
ISBN-10 | 3-453-52597-3 / 3453525973 |
ISBN-13 | 978-3-453-52597-9 / 9783453525979 |
Zustand | Neuware |
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