Machiavelli
Knaus, A (Verlag)
978-3-8135-0348-7 (ISBN)
- Titel erscheint in neuer Auflage
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Niccolò Machiavelli liebte das Leben, machte sich wenig Illusionen über die Natur des Menschen und verfolgte konsequent die Interessen seiner Heimatstadt Florenz. Ross King entwirft ein differenziertes Bild dieses ersten Realpolitikers der europäischen Geschichte.
Machiavelli gilt als faszinierendster und einflussreichster Denker der italienischen Renaissance. Er steht im Ruf, ein besessener Machtmensch gewesen zu sein. Sein Hauptwerk »Il Principe« (Der Fürst) wird noch heute als Brevier der rücksichtslosen Machtpolitik gelesen. Doch wer war Machiavelli wirklich?
Ross King zeigt uns einen Menschen, der das Leben liebte und in vollen Zügen genoss, der egozentrisch war und gelegentlich herablassend selbst gegenüber seinen politischen Auftraggebern aus der Signoria von Florenz. Er hatte mächtige Widersacher, die jedoch seiner scharfen Intelligenz, seinem Selbstbewusstsein und seiner spitzen Zunge selten gewachsen waren. Sein Urteilsvermögen ließ sich nicht trügen, und er machte sich keine Illusionen über die Moral der Menschen.
Ross King führt den Leser hinein in das vibrierende Umfeld, aus dem Machiavellis Ideen erwuchsen. So wird die tiefe Humanität eines der brillantesten politischen Denker der europäischen Geistesgeschichte begreifbar.
Ross King wurde 1962 in Kanada geboren. Er studierte Literatur und Kunstgeschichte in London und Toronto. Er gehört zu jenen renommierten britischen Autoren, die es glänzend verstehen, auf der Basis exakter Recherchen anhand der Beschreibung zweier starker Persönlichkeiten den Umbruch einer ganzen Epoche sichtbar zu machen. Seine erfolgreichen historischen Romane »Die Masken des Domino« (1996) und »Das Labyrinth der Welt« (1999) wurden in sieben Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen bei Knaus sehr erfolgreich »Das Wunder von Florenz« und »Michelangelo und die Fresken des Papstes«. Der Autor lebt in England.
Im Sommer des Jahres 1498 tauchte in den Wiesen am Ufer des Arno in Florenz eine seltsame neue Insektenart auf. Diese in Schwärmen auftretenden goldfarbenen Raupen hatten ein menschliches Gesicht - man konnte Augen und eine Nase erkennen -, und auf dem Kopf sah man einen hellen, goldenen Ring und ein kleines Kreuz. Rasch wurden sie als "die Raupen des Bruders Girolamo" bekannt. "Bruder Girolamo" - das war Girolamo Savonarola, ein charismatischer, grünäugiger Dominikanermönch aus Ferrara, der mit seinen Predigten von Hölle und Verdammnis in den vorangegangenen sechs Jahren das geistige und politische Leben in Florenz beherrscht hatte. Im Jahr 1498 jedoch war sein hypnotischer Bann, der über der Stadt lag, endgültig gebrochen. Im Sommer 1497 wurde er von Papst Alexander VI. exkommuniziert, und am Morgen des 23. Mai 1498, weniger als ein Jahr danach, wurde er auf der zentralen Piazza der Stadt gehenkt. Dies war, den Worten eines Chronisten zufolge, die Strafe dafür, dass er "in Florenz Zwietracht gesät und eine Lehre verbreitet (hatte), die der katholischen Lehre nicht uneingeschränkt entsprach". Nachdem man ihn vom Galgen geschnitten hatte, wurde seine Leiche auf einem Scheiterhaufen verbrannt; die Asche wurde danach vom Ponte Vecchio in den Arno geworfen und flussabwärts an jenen Ort gespült, an dem wenige Wochen später auf geheimnisvolle Weise die Raupen auftauchten. Savonarola war nicht das einzige Opfer im Florenz des Mai 1498. An seiner Seite wurden zwei Dominikanerpriester gehenkt, und weitere Anhänger Savonarolas - die von ihren Gegnern Piagnoni (Greiner) genannt wurden - erlitten ähnlich unerfreuliche Schicksale. Francesco Valori, der mächtigste politische Verbündete des Mönchs, wurde mit einer Hippe erschlagen; und der Bolzen einer Armbrust tötete Valoris Frau. Über Dutzende anderer Piagnoni wurden Geldstrafen verhängt, man beraubte sie ihrer politischen Rechte, und einige Mönche des Klosters San Marco, dessen Prior Savonarola gewesen war, wurden in die Verbannung geschickt. Nicht einmal die Glocke von San Marco, die den Spitznamen La Piagnona trug, entging der Bestrafung: Sie wurde aus ihrem Turm geholt und öffentlich gezüchtigt, ehe auch sie aus Florenz verbannt wurde. Die Vergeltungsmaßnahmen reichten bis in die höchsten Regierungsränge, und in der Signoria - der obersten Regierungsbehörde von Florenz - wurde unverzüglich damit begonnen, die öffentlichen Ämter von Sympathisanten Savonarolas zu säubern. Alle zehn Mitglieder der Dieci di Libertà e Pace ("Zehn der Freiheit und des Friedens", im Folgenden "Rat der Zehn"), die sich mit der Außenpolitik befassten, wurden entlassen, ebenso wie die acht Männer, welche die Otto di Guardia ("Acht der Garde") bildeten, den für Straftaten zuständigen Ausschuss. Auch ein Kanzleibeamter namens Alessandro Braccesi verlor seinen Posten. Er wurde durch einen neunundzwanzigjährigen politischen Neuling ersetzt, der Niccolò Machiavelli hieß. Neunundzwanzig Jahre - das Alter, in dem man wahlberechtigt wurde - war bemerkenswert jung für einen Mann, um einen solch wichtigen Posten zu bekleiden. Die meisten jungen Florentiner blieben unter der Vormundschaft ihrer Väter, bis sie vierundzwanzig waren, und manche erlangten schrieb er sich selbst auf einem Steuerformular nur allzu wahrheitsgemäß als "nicht erwerbstätig". Doch er bewohnte ein großes Haus im florentinischen Viertel Santo Spirito in der Nähe des Ponte Vecchio, und außerhalb von Florenz besaß er ein Gut in Sant' Andrea in Percussina mit Weinbergen, Apfelhainen, Olivenbäumen und Vieh. Seine ländlichen Besitztümer umfassten ferner eine Taverne und eine Metzgerei. Bernardo Machiavelli hatte eine Rechtsausbildung absolviert und schlug dann, nicht gerade mit großem Eifer oder Erfolg, eine Laufbahn als Notar ein. Dennoch genoss er in Florenz offenbar einen Ruf als erstklassiger Rechtskundiger. Er schloss Freundschaft mit dem Leiter der Kanzlei von Florenz, dem hoch angesehenen Gelehrten Bartolomeo Scala, der ihn in einer Abhandlung aus dem Jahr 1483 mit dem Titel De legibus et iudiciis dialogus als Rechtsexperten besonders hervorhob. Bernardos bemerkenswerteste Eigenschaft jedoch war seine Leidenschaft für Bücher. Im Zuge seiner Ausbildung hatte er lateinische Grammatik studiert, seine Handschrift vervollkommnet und gelernt, wie man Testamente aufsetzt und Geschäfts- und Eheverträge beglaubigt. Doch in seinen Gedanken befasste er sich viel umfassender und gründlicher mit den Fragen des menschlichen Daseins, als solche Büroarbeiten vermuten ließen, und in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts beschäftigte er sich nebenher mit klassischer Literatur. Scala wurde ihm wohl durchaus gerecht, als er ihn in seinem Dialogus voller Sachkenntnis Schriftsteller wie Platon, Justinian, Cicero und Laktanz zitieren ließ. Man weiß, dass Bernardo zu mitunter nicht geringen Kosten Werke solcher Schriftsteller wie Livius und Macrobius für seine Privatbibliothek erwarb; und wenn er es sich nicht leisten konnte, sie zu kaufen, dann lieh er sich Bücher von Einrichtungen wie der Bibliothek des Klosters Santa Croce. Zu seinen kostbarsten Besitztümern zählte eine Ausgabe von Livius' Römische Geschichte, die er dafür erhalten hatte, dass er ein Register mit allen Ortsnamen für den florentinischen Verleger des Werkes erstellte. Elf Jahre später, im Jahr i486, ließ er die Ausgabe in Leder binden, wofür er den Buchbinder mit drei Flaschen Rotwein von seinem Landgut bezahlte. Mit seiner Verehrung für die klassische Literatur und die Geschichte stand Bernardo beileibe nicht allein da. Die intensive Beschäftigung mit der Kultur der Welt der Antike hatte Florenz an die Spitze einer neuen geistigen und künstlerischen Strömung gebracht - die später als "Humanismus" bekannt werden sollte -, die den Schwerpunkt des Denkens von der Theologie zu den eher weltlichen Lehren verlagerte, die einst die Grundlage der klassischen Literatur gebildet hatten. Ein Gelehrter namens Coluccio Salutati, der von 1375 bis 1406 der Kanzlei von Florenz vorgestanden hatte, erklärte, aus den klassischen Schriften könne man wichtige Lehren über zeitgenössische Moral und das politische Leben ziehen, die man in der Bibel nicht finden könne. Er und seine Anhänger gingen auf eine sehr pragmatische Weise an die Schriften der alten Griechen und Römer heran, die sie letztlich wie Handbücher, angefüllt mit praktischen Ratschlägen zu Alltag und Moral, behandelten. Sie glaubten, dass die Werke der alten Griechen und Römer unter anderem Anweisungen geben könnten, wie man seine Kinder am besten erzieht, eine Rede hält, ein guter Staatsbürger wird und einen Staat regiert - Taten und Bestrebungen, die einen Menschen (und eine Gesellschaft) glücklich und wohlhabend machen würden.
Im Sommer des Jahres 1498 tauchte in den Wiesen am Ufer des Arno in Florenz eine seltsame neue Insektenart auf. Diese in Schwärmen auftretenden goldfarbenen Raupen hatten ein menschliches Gesicht - man konnte Augen und eine Nase erkennen -, und auf dem Kopf sah man einen hellen, goldenen Ring und ein kleines Kreuz. Rasch wurden sie als "die Raupen des Bruders Girolamo" bekannt. "Bruder Girolamo" - das war Girolamo Savonarola, ein charismatischer, grünäugiger Dominikanermönch aus Ferrara, der mit seinen Predigten von Hölle und Verdammnis in den vorangegangenen sechs Jahren das geistige und politische Leben in Florenz beherrscht hatte. Im Jahr 1498 jedoch war sein hypnotischer Bann, der über der Stadt lag, endgültig gebrochen. Im Sommer 1497 wurde er von Papst Alexander VI. exkommuniziert, und am Morgen des 23. Mai 1498, weniger als ein Jahr danach, wurde er auf der zentralen Piazza der Stadt gehenkt. Dies war, den Worten eines Chronisten zufolge, die Strafe dafür, dass er "in Florenz Zwietracht gesät und eine Lehre verbreitet (hatte), die der katholischen Lehre nicht uneingeschränkt entsprach". Nachdem man ihn vom Galgen geschnitten hatte, wurde seine Leiche auf einem Scheiterhaufen verbrannt; die Asche wurde danach vom Ponte Vecchio in den Arno geworfen und flussabwärts an jenen Ort gespült, an dem wenige Wochen später auf geheimnisvolle Weise die Raupen auftauchten. Savonarola war nicht das einzige Opfer im Florenz des Mai 1498. An seiner Seite wurden zwei Dominikanerpriester gehenkt, und weitere Anhänger Savonarolas - die von ihren Gegnern Piagnoni (Greiner) genannt wurden - erlitten ähnlich unerfreuliche Schicksale. Francesco Valori, der mächtigste politische Verbündete des Mönchs, wurde mit einer Hippe erschlagen; und der Bolzen einer Armbrust tötete Valoris Frau. Über Dutzende anderer Piagnoni wurden Geldstrafen verhängt, man beraubte sie ihrer politischen Rechte, und einige Mönche des Klosters San Marco, dessen Prior Savonarola gewesen war, wurden in die Verbannung geschickt. Nicht einmal die Glocke von San Marco, die den Spitznamen La Piagnona trug, entging der Bestrafung: Sie wurde aus ihrem Turm geholt und öffentlich gezüchtigt, ehe auch sie aus Florenz verbannt wurde. Die Vergeltungsmaßnahmen reichten bis in die höchsten Regierungsränge, und in der Signoria - der obersten Regierungsbehörde von Florenz - wurde unverzüglich damit begonnen, die öffentlichen Ämter von Sympathisanten Savonarolas zu säubern. Alle zehn Mitglieder der Dieci di Libertà e Pace ("Zehn der Freiheit und des Friedens", im Folgenden "Rat der Zehn"), die sich mit der Außenpolitik befassten, wurden entlassen, ebenso wie die acht Männer, welche die Otto di Guardia ("Acht der Garde") bildeten, den für Straftaten zuständigen Ausschuss. Auch ein Kanzleibeamter namens Alessandro Braccesi verlor seinen Posten. Er wurde durch einen neunundzwanzigjährigen politischen Neuling ersetzt, der Niccolò Machiavelli hieß. Neunundzwanzig Jahre - das Alter, in dem man wahlberechtigt wurde - war bemerkenswert jung für einen Mann, um einen solch wichtigen Posten zu bekleiden. Die meisten jungen Florentiner blieben unter der Vormundschaft ihrer Väter, bis sie vierundzwanzig waren, und manche erlangten schrieb er sich selbst auf einem Steuerformular nur allzu wahrheitsgemäß als "nicht erwerbstätig". Doch er bewohnte ein großes Haus im florentinischen Viertel Santo Spirito in der Nähe des Ponte Vecchio, und außerhalb von Florenz besaß er ein Gut in Sant' Andrea in Percussina mit Weinbergen, Apfelhainen, Olivenbäumen und Vieh. Seine ländlichen Besitztümer umfassten ferner eine Taverne und eine Metzgerei. Bernardo Machiavelli hatte eine Rechtsausbildung absolviert und schlug dann, nicht gerade mit großem Eifer oder Erfolg, eine Laufbahn als Notar ein. Dennoch genoss er in Florenz offenbar einen Ruf als erstklassiger Rechtskundiger. Er schloss Freundschaft mit dem Leiter der Kanzlei von Florenz, dem hoch angesehenen Gel
Erscheint lt. Verlag | 9.10.2009 |
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Übersetzer | Stefanie Kremer |
Zusatzinfo | mit s/w-Abb. im Text |
Sprache | deutsch |
Maße | 125 x 200 mm |
Gewicht | 410 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Machiavelli, Niccolo • Politiker |
ISBN-10 | 3-8135-0348-8 / 3813503488 |
ISBN-13 | 978-3-8135-0348-7 / 9783813503487 |
Zustand | Neuware |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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