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flügelverleih für nachtschwärmer

Maria Hubinger (Künstler)

Buch | Hardcover
72 Seiten
2024
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99126-056-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

flügelverleih für nachtschwärmer -
CHF 39,20 inkl. MwSt
SCHMETTERLINGSLEUCHTEN

Langsam versinkt die Landschaft im Dunkel der Nacht. Die Vögel und Insekten verstummen, Stille kehrt ein. Nur das leise Plätschern des Flusses begleitet mich aus weiter Ferne. Im Zwielicht der Abenddämmerung wird der "Leuchtturm", eine rundum begehbare Leuchtwand aus weißem Netzstoff, installiert und die batteriebetriebene UV-Lampe im Inneren des Zylinders befestigt. Ausgerüstet mit Taschenlampe, Fotoapparat und Schutzbrille warte ich gespannt auf das Eintreffen der Falter. Jedes Rascheln und Knacken, das die Stille durchbricht, lässt mich unwillkürlich aufhorchen. Es ist aufregend, diesen ungewohnten Geräuschen in der Finsternis zu lauschen. Meine Neugierde auf Nachtfalter, die etwa 90 Prozent der heimischen Schmetterlinge ausmachen und die mir vor kurzem praktisch noch völlig unbekannt waren, ist grenzenlos. Ich möchte diese Terra incognita erforschen und mit eigenen Augen sehen, was im Dunkeln und Verborgenen lebt. Jede Nacht ist anders. Jahreszeit, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, und die An- oder Abwesenheit des Mondes wirken sich auf das Flugverhalten der nächtlichen Besucher aus. Die besten Nächte zum Leuchten sind jene windstillen, stockdunklen Tropennächte bei Neumond, in denen der Leuchtschirm vor Insekten wimmelt. Auch die Uhrzeit spielt eine Rolle. Während manche Falter eher früh in der Nacht ans Licht kommen, erscheinen andere erst nach Mitternacht. Ein Schwärmer umfliegt mich lange mit lautem, hektischem Schnarren, bevor er sich auf dem Leuchtschirm niederlässt. Die meisten Falter landen allerdings still und leise und sind zunächst nur als dunkle Silhouetten erkennbar. Die Vielfalt ihrer Formen und Größen ist beeindruckend. Erst im Lichtstrahl der Taschenlampe werden die wunderbaren Farben und Muster der auf den ersten Blick unscheinbaren Wesen sichtbar: leuchtender Farbenstaub auf den Flügeln, in deren zarter Schönheit sich die Flüchtigkeit aller Dinge manifestiert.

Die in diesem Buch abgebildeten Malereien von Nachtfaltern sind Teil des Projektes WITNESS TO CHANGE, an dem ich, gemeinsam mit dem Landschaftsökologen Thomas Zuna-Kratky, seit 2015 arbeite. Wir erforschen aus künstlerischer und naturwissenschaftlicher Perspektive den Wandel der Landschaft im unteren Kamptal (Niederösterreich) durch den anthropogenen Fortschritt im Zeitraum der letzten hundert Jahre und zeigen dessen Einfluss auf die Biodiversität am Beispiel der Veränderung des Artenspektrums der Schmetterlinge. Diese Insektengruppe spielt eine essentielle Rolle im Ökosystem und ist ein wichtiger Bioindikator für die Erfassung ökologischer Zustände eines Gebietes. Leben und Fortpflanzung dieser Tiergruppe sind nicht nur an bestimmte klimatische Bedingungen und Landschaftstypen, sondern in vielen Fällen an das Vorkommen einzelner Pflanzenarten gebunden. Wir leuchten jährlich von März bis November mehrmals pro Woche an geeigneten Landschaftspunkten die ganze Nacht hindurch. Die durch das UV-Licht angelockten Falter werden fotografisch festgehalten und bestimmt.

Während der Fokus in der Naturwissenschaft auf der lückenlosen systematischen Erfassung und Bestimmung jedes noch so kleinen Falters liegt, ist mein Zugang emotionaler und sinnlicher Natur. Die vergrößerten Darstellungen besonders ausdrucksstarker Nachtfalter illustrieren die Diversität der weitgehend unbekannten und unbemerkten Spezies in all ihren Details. Schicht für Schicht wird die samtige Gouache-Farbe in dünnen Lasuren auf das Holz aufgetragen. Die Strukturen der von Wind und Wetter gezeichneten alten Dachschindeln einer abgedeckten Almhütte verschmelzen mit den gemalten Texturen der Falter zu einer Einheit, die für mich die Verwobenheit der Lebewesen mit ihrem Lebensraum widerspiegelt.

Meine Malereien inspirierten Astrid*Walenta zu ihren lyrisch-assoziativen Miniaturtexten, als Hommage an den jeweiligen Falter.

In Zeiten von Biodiversitätsverlust und fortschreiten

Maria Hubinger: 1966 geboren in Kirchdorf/Krems, OÖ; 1984–1993 Studium an der Universität Wien und an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Abschluss mit Diplom; 1987–2002 Mehrmonatige Arbeitsaufenthalte in Mittelamerika (Mexiko, Guatemala, Belize), Marokko, Türkei, Israel, Nepal sowie Spanien; 1989–1998 Unterrichtstätigkeit in NÖ und Wien. Seit 1996 Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland. 2005 Arbeitsstipendium für Buchillustration; 2006 Illustration Kinderbuch „Der Affe Ferdinand“ und „Die Fische fliegen wieder“ (Bibliothek der Provinz); 2007 Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien. Lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Wien.

astrid*walenta ist Autorin, Sängerin, Performerin und Clownin. Sie wurde 1964 in Wien geboren und wuchs im Burgenland auf, war einige Jahre in der Wirtschaft tätig, entschied sich 1994 als freischaffende Künstlerin zu arbeiten und realisiert vor allem eigene, meist interdisziplinäre Projekte. Seit 1995 betreut sie Kinder und Erwachsene in Spitälern als CliniClownin.

Erscheinungsdatum
Co-Autor Astrid* Walenta
Zusatzinfo zahlr. vierfärbig gedr. Abb.
Verlagsort Weitra
Sprache deutsch
Maße 275 x 275 mm
Gewicht 750 g
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte Lebensraum • Malerei • Nachtfalter • Schmetterling • Schönheit • Tiere in der Kunst • Verwobenheit • Zartheit • Zerbrechlichkeit
ISBN-10 3-99126-056-5 / 3991260565
ISBN-13 978-3-99126-056-1 / 9783991260561
Zustand Neuware
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