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Auf ebner Bahn oder So weit die Wolken gehen - Norbert Abels

Auf ebner Bahn oder So weit die Wolken gehen

Ludwig van Beethovens Lieder nach Gedichten von Christian Fürchtegott Gellert, Op. 48 – eine weltliche Annäherung

(Autor)

Buch | Softcover
64 Seiten
2024
Dielmann, Axel (Verlag)
978-3-86638-430-9 (ISBN)
CHF 25,20 inkl. MwSt
Zwischen 1798 und 1802, in einer von schweren Sorgen und Todesgedanken geprägten Lebenszeit, komponierte Ludwig van Beethoven 6 Lieder für Singstimme und Klavier.Norbert Abels geht der Entstehung von Beethovens Sechs Liedern für Singstimme und Klavier nach Gedichten von Christian Fürchtegott Gellert nach. Angeregt wurde der bereits von der Schwerhörigkeit geplagte Komponist durch die vielgelesene geistliche Lyrik des aufklärerischen Poeten und Moralphilosophen, der 1769, zwölf Monate vor Beethovens Geburt, gestorben war. Abels lässt uns aus der Auswahl der vertonten Strophen, aus der besonderen religiösen Haltung des Dichters Gellert sowie aus den Details der musikalischen Anverwandlung Beethovens zwei große Persönlichkeiten vor dem Horizont ihrer Epochen neu betrachten.

Norbert Abels ist Kulturwissen­schaftler, Dramaturg, Publizist, Dozent, Mu­siker. Seit 1985 Gastdramaturg an zahlreichen inter­nationalen Bühnen u.a. von 2003 bis 2011 bei den Bayreuther Festspielen. Von 1997 bis 2020 Chef­dramaturg der Oper Frankfurt; ­verschie­dene Zu­sammenarbeiten, so mit dem Kabuki-­Theater Tokio. Als Professor unter­rich­tet er an der Folkwang Universität der Künste, als Dozent für Weltliteratur am mediacampus frankfurt sowie Kultur- und Theatergeschichte an der Hochschule für Musik und Dar­stellende Kunst Frankfurt am Main sowie an der Goethe-Universität Frankfurt. Zahlreiche Bücher zur Kultur-, Literatur-, Schauspiel- und Musik­theatergeschichte. Seit 2006 ist Norbert Abels Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.

Säkularisierung als ein im Aufklärungszeitalter dynamisierter Prozess der weltzugewandten, bisweilen auch profanierenden Transformation religiöser und sakraler Gehalte ging einher mit der sukzessiven Erosion von Daseinsgeborgenheit. Kants Himmel, notierte rund 200 Jahre nach ihm Georg Lukács, glänzte nur mehr noch „in der dunklen Nacht der reinen Erkenntnis“. Nicht länger mehr in der unmittelbaren Existenz. Solchem Auseinanderfallen der Totalität, solcher „Dissonanz im vollendeten rhythmischen System der Welt“ (Georg Lukács, Die Theorie des Romans, Neuwied/Berlin 1971, S. 28/29) galt es zu begegnen. Vor der mit Hölderlin und Schleiermacher einsetzenden, die Romantik einleitenden Umbesetzung der Transzendenzzuständigkeit durch das Projekt einer erneut Totalität schaffenden, musikalisch in Richard Wagners Spätwerk kulminierenden Kunstreligion, vollzog sich die Kompensation des metaphysischen Sinnverlusts u.a. in den so beliebten Sentimental Journeys, ­Tagebüchern, Konfessionen, den Briefen und Briefromanen und überhaupt all den Herzensergießungen von „schönen Seelen“ der Empfindsamkeitsepoche. Allesamt Erkundungen, die den Sitz der Seele nicht in der kognitiven Fähigkeit des Menschen, sondern in dessen sensibilité und empathischem Vermögen fanden. Ganz gemäß der Hume’schen Lehre eines immediate feeling and finer internal sense wurde hier gegen einen absolutistische Züge adaptierenden Vernunftbegriff Kategorien wie Mitleid und Rührung aufgeboten. Kein Wunder, dass in der Tonkunst gefühlsüberschwängliches, oft seufzermelodisches Liedwesen und nicht minder affektgeladenes Melodram zur Konjunktur gelangten. Ebenso wenig überraschend, wenn tönende Empfindungen sich mit Äolsharfe, Flötenspiel und Glasharmonika unmittelbar am Naturklang ausrichten sollten. Und kaum zufällig auch, dass der später von Beet­hoven so bewunderte Philipp Emmanuel Bach es unternahm, das nahezu gesamte geistliche und ebenso empfindsame geistige Lied-­Œuvre des wahrscheinlich meistgelesenen deutschen Poeten der Epoche in Töne zu setzen. Eines Poeten und Philosophieprofessors, in dessen vollbesetzte Leipziger Vorlesungen auch der junge Goethe saß, der später, in Dichtung und Wahrheit, die Morallehre des Christian Fürchtegott Gellert als „Fundament der deutschen sittlichen Kultur“ auswies. Noch nicht einmal ein Jahr nach dem Erscheinen von Gellerts sogleich zu Bestellern avancierenden Geistlichen Oden und Lieder im Frühjahr 1757 hatte Bach die Komposition von allen 54 Liedern (sic) abgeschlossen. „Ich für mein Theil“ ...

Säkularisierung als ein im Aufklärungszeitalter dynamisierter Prozess der weltzugewandten, bisweilen auch profanierenden Transformation religiöser und sakraler Gehalte ging einher mit der sukzessiven Erosion von Daseinsgeborgenheit. Kants Himmel, notierte rund 200 Jahre nach ihm Georg Lukács, glänzte nur mehr noch "in der dunklen Nacht der reinen Erkenntnis". Nicht länger mehr in der unmittelbaren Existenz. Solchem Auseinanderfallen der Totalität, solcher "Dissonanz im vollendeten rhythmischen System der Welt" (Georg Lukács, Die Theorie des Romans, Neuwied/Berlin 1971, S. 28/29) galt es zu begegnen. Vor der mit Hölderlin und Schleiermacher einsetzenden, die Romantik einleitenden Umbesetzung der Transzendenzzuständigkeit durch das Projekt einer erneut Totalität schaffenden, musikalisch in Richard Wagners Spätwerk kulminierenden Kunstreligion, vollzog sich die Kompensation des metaphysischen Sinnverlusts u.a. in den so beliebten Sentimental Journeys, Tagebüchern, Konfessionen, den Briefen und Briefromanen und überhaupt all den Herzensergießungen von "schönen Seelen" der Empfindsamkeitsepoche. Allesamt Erkundungen, die den Sitz der Seele nicht in der kognitiven Fähigkeit des Menschen, sondern in dessen sensibilité und empathischem Vermögen fanden. Ganz gemäß der Hume'schen Lehre eines immediate feeling and finer internal sense wurde hier gegen einen absolutistische Züge adaptierenden Vernunftbegriff Kategorien wie Mitleid und Rührung aufgeboten.Kein Wunder, dass in der Tonkunst gefühlsüberschwängliches, oft seufzermelodisches Liedwesen und nicht minder affektgeladenes Melodram zur Konjunktur gelangten. Ebenso wenig überraschend, wenn tönende Empfindungen sich mit Äolsharfe, Flötenspiel und Glasharmonika unmittelbar am Naturklang ausrichten sollten. Und kaum zufällig auch, dass der später von Beethoven so bewunderte Philipp Emmanuel Bach es unternahm, das nahezu gesamte geistliche und ebenso empfindsame geistige Lied- uvre des wahrscheinlich meistgelesenen deutschen Poeten der Epoche in Töne zu setzen. Eines Poeten und Philosophieprofessors, in dessen vollbesetzte Leipziger Vorlesungen auch der junge Goethe saß, der später, in Dichtung und Wahrheit, die Morallehre des Christian Fürchtegott Gellert als "Fundament der deutschen sittlichen Kultur" auswies.Noch nicht einmal ein Jahr nach dem Erscheinen von Gellerts sogleich zu Bestellern avancierenden Geistlichen Oden und Lieder im Frühjahr 1757 hatte Bach die Komposition von allen 54 Liedern (sic) abgeschlossen."Ich für mein Theil" ...

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo Noten-Schrift zu Beethovens Liedern für Klavier und Singstimme
Verlagsort Frankfurt am Main - Niederrad
Sprache deutsch
Maße 135 x 220 mm
Gewicht 150 g
Themenwelt Literatur Essays / Feuilleton
Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Schlagworte Beethoven • Christian Fürchtegott Gellert • Dichtung und Wahrheit • Eduard Hanslick • Friedrich II. • Geistliche Lyrik • Georg Lukács • Kirchenlieder • Komponist • Kunstreligion • Liedvertonung • Mälzel • moralphilosoph • Notenblätter • Opus 48 • Philipp Emmanuel Bach • Richard Wagner • Säkularisierung • Schwerhörigkeit • Singstimme und Klavier • Todesgedanken • Vertonung
ISBN-10 3-86638-430-0 / 3866384300
ISBN-13 978-3-86638-430-9 / 9783866384309
Zustand Neuware
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