Friends, Lovers and the Big Terrible Thing (eBook)
272 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-2885-0 (ISBN)
Durch sein Mitwirken in der US-Kultserie FRIENDS erreichte der Schauspieler Matthew Perry Weltruhm. Erstmals erzählt er nun seine eigene außergewöhnliche Geschichte und spricht offen über private Suchtkämpfe und darüber, was sich tatsächlich hinter den Kulissen der erfolgreichsten Sitcom aller Zeiten abspielte. Der TV-Star gewährt tiefe Einblicke in seine langjährige Erkrankung und reflektiert gewohnt humorvoll und selbstkritisch, was die Süchte eines Mannes befeuert hat, dem es an nichts zu mangeln schien. Unerschrocken ehrlich, zutiefst bewegend und urkomisch.
Matthew Perry wurde 1969 in Williamstown, Massachusetts, geboren. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er im kanadischen Ottawa bei seiner Mutter. Im Teenageralter zog es ihn nach Los Angeles, wo er früh als Schauspieler Fuß fasste. Sein internationaler Durchbruch glückte durch die Rolle als Chandler Bing in der erfolgreichen Fernsehserie Friends.
Matthew Perry wurde 1969 in Williamstown, Massachusetts, geboren. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er im kanadischen Ottawa bei seiner Mutter. Im Teenageralter zog es ihn nach Los Angeles, wo er früh als Schauspieler Fuß fasste. Sein internationaler Durchbruch glückte durch die Rolle als Chandler Bing in der erfolgreichen Fernsehserie Friends.
Prolog
Hi, ich heiße Matthew, aber Sie kennen mich vielleicht unter einem anderen Namen. Meine Freunde nennen mich Matty.
Und ich müsste längst tot sein.
Wenn Sie so wollen, betrachten Sie das, was Sie jetzt lesen, als eine Botschaft aus dem Jenseits. Meinem Jenseits.
Es war Tag Sieben der Schmerzen. Und mit Schmerzen meine ich keinen verstauchten Zeh oder Keine halben Sachen 2 – Jetzt erst recht. Ich betone Schmerzen, weil es die schlimmsten Schmerzen waren, die ich jemals hatte – sie waren Platons Idee von Schmerzen, das Paradebeispiel. Manche Menschen behaupten, die schlimmsten Schmerzen verursache eine Geburt: Tja, ich hatte die schlimmstmöglichen Schmerzen, aber ohne das Glück, hinterher ein Neugeborenes in den Armen zu halten.
Und es war nicht nur Tag Sieben der Schmerzen, sondern auch Tag Zehn ohne Bewegung. Wenn Sie verstehen, was ich meine. Seit zehn Tagen war ich verstopft – jetzt verstehen Sie es. Irgendetwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Es war kein dumpfer, pochender Schmerz wie Kopfschmerzen, es war auch kein greller, stechender Schmerz wie die Bauchspeicheldrüsenentzündung, die ich mit dreißig hatte. Es war eine andere Art von Schmerzen. Als ob mein Körper kurz davor stand zu platzen. Als ob meine Eingeweide nach draußen drängten. Es waren erbarmungslose Schmerzen.
Und die Laute. Oh Gott, die Laute. Normalerweise bin ich ein ruhiger, zurückhaltender Typ. Aber an diesem Abend brüllte ich aus voller Kehle. In manchen Nächten, wenn der Wind günstig steht und nicht viel Verkehr ist, kann man hören, wie Kojoten in den Hollywood Hills irgendein heulendes Tier reißen. Am Anfang klingt es wie ein weit, weit entferntes Kinderlachen, bis einem klar wird, dass es etwas anderes ist – die Vorboten des Todes. Aber am schlimmsten ist es, wenn das Heulen verstummt, denn dann weiß man: Das, was da angegriffen wurde, ist tot. Es ist die Hölle.
Und ja, es gibt eine Hölle. Lassen Sie sich nichts anderes einreden. Ich war dort, es gibt sie, Ende der Durchsage.
In dieser Nacht war ich das Tier. Noch schrie ich, kämpfte mit Klauen und Zähnen ums Überleben. Stille bedeutete Tod. Ich hatte keine Ahnung, wie nah ich dem Ende war.
Zu der Zeit lebte ich in einem sober living house, einer privaten Nachsorgeeinrichtung in Südkalifornien. Das ist keine Überraschung, ich habe mein halbes Leben in irgendwelchen Suchtkliniken oder Einrichtungen verbracht. Mit 24 ist das in Ordnung, mit 42 nicht mehr so sehr. Ich war inzwischen 49 und kämpfte immer noch gegen meine Abhängigkeit.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich mehr über Drogensucht und Alkoholismus als sämtliche Therapeuten und die meisten Ärzte, die ich in diesen Einrichtungen kennengelernt hatte. Leider ist Selbsterkenntnis nicht alles. Würde der Weg zu einem suchtfreien Leben über harte Arbeit und Wissenserwerb führen, wäre diese Bestie nichts weiter als eine schwache unangenehme Erinnerung. Um einfach zu überleben, war ich hauptberuflich Patient geworden. Ich will nichts schönreden: Mit 49 Jahren hatte ich immer noch Angst davor, allein zu sein. Sobald ich allein wäre, würde mein verrücktes Hirn (übrigens nur in diesem Bereich verrückt) irgendeine Ausrede für das Undenkbare finden: Alkohol und Drogen. Nachdem ich mein Leben jahrzehntelang damit ruinierte, habe ich Angst davor, es wieder zu tun. Ich habe kein Problem damit, vor zwanzigtausend Menschen zu sprechen, aber lasst mich einen Abend auf der Couch vor dem Fernseher allein, und ich bekomme Angst. Angst vor mir selbst, vor meinen Gedanken, davor, dass mein Kopf mich dazu drängt, Drogen zu nehmen, wie schon so oft. Mein Kopf will mich umbringen, das weiß ich. Ständig erfüllt mich eine lauernde Einsamkeit, eine Sehnsucht, die Hoffnung darauf, dass irgendetwas von außen mich rettet. Aber ich hatte schon alles, was die Außenwelt zu bieten hat.
Meine Freundin ist Julia Roberts. Scheißegal, du musst was trinken.
Ich habe gerade mein Traumhaus gekauft – mit Ausblick über die ganze Stadt. Kann ich ohne Drogendealer nicht genießen.
Ich verdiene eine Million Dollar die Woche – Jackpot, oder? Willst du was trinken? Aber ja doch, vielen Dank.
Ich hatte alles. Aber es war nur eine Illusion. Nichts davon konnte mich retten. Es sollte noch Jahre dauern, bis ich auch nur in die Nähe einer Lösung kam. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Das alles – Julia und das Traumhaus und eine Million Dollar die Woche – war wunderbar, und ich werde dafür ewig dankbar sein. Ich bin der größte Glückspilz auf Erden. Und Junge, hatte ich Spaß!
Es war bloß nicht die Antwort. Wenn ich noch einmal von vorn anfangen könnte, würde ich dann wieder für Friends vorsprechen? Aber sicher doch. Würde ich wieder trinken? Aber sicher doch. Ohne den Alkohol, der meine Nerven beruhigte und mir half, Spaß zu haben, wäre ich wahrscheinlich mit Mitte zwanzig von einem hohen Hausdach gesprungen. Mein Großvater, der wunderbare Alton L. Perry, war mit einem alkoholsüchtigen Vater aufgewachsen und hat deswegen in all seinen 96 wunderbaren Lebensjahren niemals einen Drink auch nur angerührt.
Nun, ich bin nicht mein Großvater.
Ich schreibe das alles nicht, damit man mich bemitleidet. Ich schreibe es, weil es wahr ist. Ich schreibe es, weil vielleicht auch andere verwirrt sind. Sie wissen, sie sollten mit dem Trinken aufhören – genau wie ich haben sie alle Informationen und verstehen die Konsequenzen – und können trotzdem nicht aufhören. Meine Brüder und Schwestern, ihr seid nicht allein. (Neben dem Lexikoneintrag von »süchtig« könnte ein Foto von mir stehen, wie ich verwirrt aus der Wäsche schaue.)
In der Nachsorgeeinrichtung in Südkalifornien hatte ich einen herrlichen Ausblick über West-L. A. und zwei Queensize-Betten. Im einen Bett lag ich, im anderen schlief Erin, meine Assistentin und lesbische beste Freundin. Sie ist mir wichtig, denn mit ihr genieße ich weibliche Gesellschaft, ohne all die romantischen Spannungen, die meine Freundschaften mit heterosexuellen Frauen ruiniert haben (und außerdem kann ich mit ihr über heiße Frauen reden). Zwei Jahre vorher hatte ich sie in einer anderen Entzugsklinik kennengelernt, wo sie damals arbeitete. Nüchtern wurde ich damals nicht, aber ich sah, wie wunderbar sie auf jede erdenkliche Weise war, warb sie ab und machte sie zu meiner Assistentin. Sie wurde meine beste Freundin. Auch sie kannte sich mit Abhängigkeit aus und verstand meinen Kampf besser als jeder Arzt, bei dem ich in Behandlung war.
Trotz der Beruhigung, die Erin in die Situation brachte, verbrachte ich viele schlaflose Nächte in Südkalifornien. Schlaf ist ein echtes Problem für mich, vor allem in so einer Einrichtung. Aber davon abgesehen habe ich vermutlich in meinem ganzen Leben nie länger als vier Stunden am Stück geschlafen. Dass wir eine Gefängnisdoku nach der anderen schauten, machte es nicht besser: All das Xanax, das ich genommen hatte, hatte mein Hirn so weichgekocht, dass ich überzeugt war, ich sei selbst ein Insasse und die Einrichtung ein Knast. Das Mantra eines meiner Therapeuten lautet: »Die Wirklichkeit ist ein erworbener Geschmack.« Tja, zu diesem Zeitpunkt hatte ich sowohl den Geschmacks- als auch den Geruchssinn für die Wirklichkeit verloren, ich litt an Covid des Verstandes, ich war komplett wahnhaft.
An den Schmerzen hingegen war nichts wahnhaft. Es tat so weh, dass ich sogar aufgehört hatte zu rauchen, und wenn man bedenkt, wie viel ich vorher geraucht hatte, war das ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass etwas im Argen lag. Eine Mitarbeiterin, auf deren Namensschildchen auch gut »Schwester Arschgesicht« hätte stehen können, schlug vor, ich solle ein heißes Bad gegen das »Unwohlsein« nehmen. Zu einem Verkehrsunfall nimmt man doch auch kein Pflaster mit, und man steckt niemanden mit solchen Schmerzen in die Wanne und lässt ihn im eigenen Saft schmoren. Aber die Wirklichkeit ist ein erworbener Geschmack, Sie erinnern sich, also nahm ich das Bad.
Da saß ich also nackt, elend und heulte wie ein Hund, der von Kojoten zerfetzt wird. Erin hörte mich – Scheiße, wahrscheinlich hörte man mich sogar noch in San Diego. Sie tauchte in der Badezimmertür auf, musterte meine traurige, nackte Gestalt von oben bis unten, während ich mich vor Schmerzen krümmte, und sagte bloß: »Willst du ins Krankenhaus?«
Wenn Erin fand, es sei so schlimm, dass ich ins Krankenhaus müsse, dann war es so schlimm, dass ich ins Krankenhaus musste. Außerdem hatte sie schon bemerkt, dass ich nicht mehr rauchte.
»Das hört sich nach einer verdammt guten Idee an«, sagte ich heulend.
Irgendwie half Erin mir aus der Wanne und trocknete mich ab. Während ich mich wieder anzog, erschien eine Therapeutin – vermutlich angelockt von dem Hundemassaker in der Einrichtung.
»Ich bringe ihn ins Krankenhaus«, sagte Erin.
Catherine, die Therapeutin, war eine hübsche blonde Frau, der ich bei meiner Ankunft einen Heiratsantrag gemacht hatte, also war sie nicht gerade mein größter Fan. (Kein Witz, als ich angekommen war, hatte ich so neben mir gestanden, dass ich sie fragte, ob sie mich heiraten wolle, und war dann prompt die Treppe hinuntergefallen.)
»Das ist bloß eine Masche, um an Drogen zu kommen«, sagte Catherine zu Erin, während ich mich weiter anzog. »Im Krankenhaus wird er um Medikamente bitten.«
Tja, die Hochzeit ist vom Tisch, dachte ich.
Inzwischen hatte das Heulen andere gewarnt, dass...
Erscheint lt. Verlag | 1.11.2022 |
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Übersetzer | Nina Restemeier, Wiebke Pilz, Thomas Gilbert |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Kunst / Musik / Theater ► Malerei / Plastik | |
Schlagworte | Abhängigkeit • Alkoholismus • Autobiografie • Bing • Biografie • Chandler Bing • Clique • Comedy • Comedyserie • Drama • Drogensucht • Freundschaft • Friends • friends reunion • Friends-Star • Hollywood • Humor • ironisch • Joey Tribbiani • LA • Lebensbeichte • Los Angeles • Memoir • Netflix • New York • Old Spice • sarkastisch • Schauspieler • Serie • Sitcom • Star • Sucht • tellall • USA • US Star |
ISBN-10 | 3-7517-2885-6 / 3751728856 |
ISBN-13 | 978-3-7517-2885-0 / 9783751728850 |
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