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The Story of Art Without Men (eBook)

Große Künstlerinnen und ihre Werke

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
512 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60213-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

The Story of Art Without Men -  KATY HESSEL
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Ein Buch das zeigt, wie sehr Frauen die Kunst prägen Wie viele Künstlerinnen kennen Sie? Wer schreibt letztendlich Kunstgeschichte? Haben Frauen vor dem 20. Jahrhundert überhaupt als Künstlerinnen gearbeitet? Bis in unsere Gegenwart hinein wirkt die Kunst, die über Jahrhunderte hinweg von Männern für Männer gemacht wurde - dieses Buch beweist, wie einseitig dieses Bild ist. Katy Hessel nimmt uns mit auf eine Reise durch die Epochen und zeigt, welch tiefgreifenden Einfluss Künstlerinnen über die Zeit hinweg hatten, welche Pionier­arbeit sie häufig leisteten und wie sie verschiedene Stile, Techniken und Strömungen prägten. Entdecken Sie mit ihr viele Kunstformen, die oft übersehen oder abgetan werden, und zahlreiche aufregende Werke, die an der »Geschichte der Kunst« eben­falls erheblichen Anteil hatten. So gibt die Autorin unbekannten, ver­gessenen oder bislang unsichtbaren Künstlerinnen aus aller Welt die Bühne, die sie verdienen. In diesem Buch entdecken Sie die schillernde Sofonisba Anguissola der Renaissance, die bedeutendste italienische Malerin des Barock Artemisia Gentileschi, das radikale Werk von Harriet Powers in den USA des 19. Jahrhunderts und viele weitere außergewöhnliche Frauen, die bis auf wenige Ausnahmen wie Frida Kahlo oder Paula Modersohn-Becker bislang wenig beachtet wurden. Von der Küste Cornwalls bis Manhattan, von Nigeria bis Japan - dies ist die eine zeitgemäße Geschichte der Kunst. Eine Geschichte, bei der Frauen im Mittelpunkt stehen.

Katy Hessel, Jahrgang 1994, studierte Kunstgeschichte am University College in London. Sie arbeitet als Kuratorin u. a. für die Tate Modern und erlangte große Bekanntheit durch ihren Instagram-Kanal @thegreatwomenartists, auf dem sie Künstlerinnen aus der ganzen Welt porträtiert. In ihrem gleichnamigen Podcast spricht Hessel wöchentlich mit bekannten Persönlichkeiten aus der Kunstszene. Sie schreibt außerdem für die Sunday Times, den Evening Standard und die BBC. Vielbeachtete Vorträge zum Thema hielt sie u. a. an der Cambridge University und der National Gallery in London.

Katy Hessel, Jahrgang 1994, studierte Kunstgeschichte am University College in London. Sie arbeitet als Kuratorin u. a. für die Tate Modern und erlangte große Bekanntheit durch ihren Instagram-Kanal @thegreatwomenartists, auf dem sie Künstlerinnen aus der ganzen Welt porträtiert. In ihrem gleichnamigen Podcast spricht Hessel wöchentlich mit bekannten Persönlichkeiten aus der Kunstszene. Sie schreibt außerdem für die Sunday Times, den Evening Standard und die BBC. Vielbeachtete Vorträge zum Thema hielt sie u. a. an der Cambridge University und der National Gallery in London.

Die Renaissance


Bevor wir uns den radikalen Italienerinnen des späten 16. und des 17. Jahrhunderts zuwenden, möchte ich zwei Künstlerinnen aus der Zeit davor herausgreifen: Katharina von Vigri (1413–1463), die spätere heilige ­Katharina von Bologna, eine Schriftstellerin, Nonne und versierte Manuskriptillustratorin, sowie Properzia de’ Rossi (1490–1530), eine für ihr ­ungestümes Wesen bekannte Bildhauerin. De’ Rossi wurde für ihre akribischen, winzigen Arbeiten mit Holz, Marmor und Kirschsteinen gefeiert (siehe das Familienwappen der Grassi, 1510–1530). Sie erhielt Aufträge, wie sie keine Frau je zuvor ausgeführt hatte, so etwa ihr lebendiges Marmorrelief Joseph und die Frau des Potiphar, um 1525–1526, das sie für die Fassade der Basilica di San Petronio in Bologna schuf. Beide Frauen konnten sich als Künstlerinnen betätigen, da sie das Glück hatten, in Bologna zur Welt zu kommen, wo man Frauen gegenüber sehr fortschrittlich eingestellt war.

Zu der Zeit war Bologna eine Vorreiterin in Sachen Berufstätigkeit von Frauen. Als Heimat von Europas ältester Universität, die seit dem 13. Jahrhundert weibliche Studierende förderte, sah die Stadt ihre Künstlerinnen als wesentlich für ihre Entwicklung an. Von Gelehrten gelobt, von Biografen beschrieben und von der Bevölkerung verehrt, konnten die Frauen auch auf die Unterstützung von Gönnern aus allen Schichten zählen. (In Florenz und Neapel war die Auftragsvergabe dagegen ausgewählten Adelsfamilien vorbehalten.) Frauen wurden auch ermutigt, ihre Arbeiten zu signieren und sich mit Selbstporträts – nicht zuletzt der Nachwelt – bekannt zu machen. Kein Wunder also, dass Historiker zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert in der Stadt sage und schreibe 68 Künstlerinnen ermittelt haben.

Diese bemerkenswerten Ausnahmen bekräftigen, dass Frauen immer schon durchaus für die Kunst geeignet waren. Doch trotz der günstigen Voraussetzungen zu jener Zeit waren Künstlerinnen in der Realität eine absolute Seltenheit und dienten eher als »Symbole« denn als ­»Pionierinnen«. (Nach de’ Rossis Tod ist 200 Jahre lang keine Bildhauerin mehr in den Annalen der Stadt verzeichnet.) Und wir wissen nur sehr wenig über die, die während der Renaissance tätig waren. Das meiste ist uns durch männliche Gelehrte oder Rechtsurkunden überliefert und kaum von den Frauen selbst.

Der Beginn der Renaissance wird allgemein um die Mitte des 14. Jahrhunderts angesetzt, etwa ein, zwei Jahrhunderte bevor Künstlerinnen überhaupt erst verzeichnet sind. Dieses Kapitel setzt indes im Italien der 1550er-Jahre ein, als nach gängiger Auffassung der Glanz der Hochrenaissance schon erheblich verblasst war.

1550 veröffentlichte der Florentiner Kunsthistoriker Giorgio Vasari mit seinen Le Vite die ersten Künstlerbiografien (mit nur ganz wenigen Frauen). Auf ihn geht auch der Begriff »Renaissance« (»Wiedergeburt«) zurück. Er kennzeichnet eine Zeit der wirtschaftlichen Blüte und eine neue Ära allgemeiner Gelehrsamkeit und der Hinwendung zur Natur. In Italien entdeckten bildende Künstler und Gelehrte die klassische Antike und ihre Literatur für sich. An Inspiration mangelte es nicht angesichts der antiken Ruinen, auf denen viele der italienischen Staaten im wahrsten Sinne des Wortes ruhten. Zu den antiken Einflüssen zählen die Linearperspektive, eine Technik, die mittels mathematischer Prinzipien eine Illusion von Raum und Tiefe schuf, Naturalismus im Sinne einer anatomischen Genauigkeit sowie weltliche Themen, die zur Förderung von Humanismus und Individualismus beitrugen.

Durch ihre Lage an den wichtigsten Handelsrouten und als Tore zum konsumfreudigen Westen waren die italienischen Staaten zu enormem Reichtum gelangt, der vielfach in die Förderung der Künste floss. Kunsthauptstädte waren Rom, Sitz der mächtigen katholischen Kirche, die zur Verbreitung der göttlichen Botschaft Kunstwerke in Auftrag gab, und ­Florenz, deren Bankendynastien mithilfe der Kunstförderung Bildung, Finanzkraft und Verbundenheit mit der Kirche demonstrierten. Mit wachsendem Wohlstand setzte unter den adligen Mäzenen ein regelrechter Wettstreit um die gefeiertsten Künstler der Zeit ein. Kunst in immer größerem Stil heizte Fortschritte in den Techniken an, und schnell wurden die Städte Magnete für internationale Besucher.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts bildete sich die nördliche Renaissance heraus, eine kulturelle Revolution außerhalb Italiens, die die Leitgedanken der Renaissance in Europa verbreitete und eine Flut von künstlerischen Auftragsarbeiten in den Niederlanden, England, Frankreich und Spanien auslöste. Künstler standen allerorten hoch im Kurs – aber es waren fast ausnahmslos Männer.

Unbeeindruckt von all jenen, die sie als das »passive Geschlecht« abqualifizierten, setzten sich die Frauen jedoch zur Wehr. Sie entwickelten innovative Maltechniken und lehrten jüngere Künstlerinnengenerationen, Männer zu meiden, die ihre Kreativität zu unterdrücken versuchten. Eine von diesen Frauen war Plautilla Nelli (1524–1588), eine Dominikanerin, die in ihrem Kloster eine rein weibliche Werkstatt einrichtete. Nelli, die erste bekannte Florentiner Renaissancekünstlerin, war eine von nur vier Frauen unter den Hunderten von Männern, die Vasari in seinen Le Vite verewigte.

Mit 14 ging Nelli ins Kloster, bildete sich autodidaktisch zur Miniaturmalerin aus und arbeitete sich rasch weiter vor zu großformatigen Altarbildern, eine absolute Seltenheit für eine Frau ihrer Zeit. Heute ist sie vor allem für ihr jüngst restauriertes Letztes Abendmahl, um 1560, bekannt, ein Juwel auf Leinwand und die erste bekannte Darstellung des Themas von einer Frau. Seit 2019 ist es – nach 450 Jahren erstmals öffentlich – im Refektorium von Santa Maria Novella in Florenz ausgestellt.

Als Frau hätte Nelli eigentlich keine großformatigen religiösen Gemälde in Angriff nehmen dürfen, tat es aber trotzdem. Ihre farbenfrohe sieben mal zwei Meter große Darstellung Jesu und seiner zwölf Apostel besticht durch ihre anatomische Genauigkeit und feinfühlige Interpretation, was sich etwa in den angespannten Sehnen an den Hälsen der Apostel und den ­liebevollen Gesten zwischen Jesus und Johannes ausdrückt. Die erkennbar auf Naturalismus bedachte Nelli zeichnet Johannes sehr feminin (mit weichen Zügen und geröteten Wangen), was zwar nicht unüblich war, aber vielleicht auch an mangelnden männlichen Modellen lag.

Woher aber hatte Nelli das Wissen und die Fertigkeiten, die ihr eine solche Arbeit ermöglichten? Wir wissen, dass sie peinlich genau die Bilder des Künstlers Fra Bartolommeo studierte und kopierte, und Vasari befand, »dass sie wunderbare Dinge vollbracht hätte, wenn sie den Männern gleich Gelegenheit gehabt hätte, zu studieren, sich dem Zeichnen zu widmen und lebende und natürliche Dinge abzubilden«.

Eine Malerin, die das Glück hatte, eine solide künstlerische Ausbildung zu erhalten, war Sofonisba Anguissola (1532–1625), Tochter eines hochrangigen, wiewohl finanziell angeschlagenen Adligen aus Cremona. Bestrebt, auch seinen Töchtern eine gute Bildung zuteilwerden zu lassen, schickte der Vater seine beiden Ältesten zu einem örtlichen Maler in die Lehre (vielleicht auch, weil erst sein siebtes Kind ein Junge war). So konnte es Anguissola an den gesellschaftlichen Normen vorbei zu ihren Lebzeiten zu großem Erfolg und Ansehen bringen. In Spanien bekleidete sie die prestigeträchtige Stellung einer Hofmalerin, wurde von Michelangelo bewundert und von Vasari gepriesen (der ihre Porträts für »so lebensecht« hielt, »dass ihnen nur die Sprache fehlt«).

Anguissolas stille, intime Selbstbildnisse bringen ihre souveräne Art und funkelnden Augen zur Geltung. Oft malte sie sich beim Musizieren oder bei der Arbeit an der Staffelei, Pinsel und Farben griffbereit neben sich. Anguissola war der Inbegriff dessen, was eine gebildete Frau im 16. Jahrhundert erreichen konnte. Ihr nachhaltiger Erfolg ermutigte adlige Familien in ganz Europa dazu, auch in ihren Töchtern professionellen Ehrgeiz zu wecken. Berühmt ist Anguissolas Darstellung ihrer Schwestern beim munteren Schachspiel, eins von mehreren Porträts von Frauen bei intellektuellen Betätigungen.

Obwohl überwiegend auf Porträts beschränkt, bewies Anguissola großes Geschick in der Komposition ihrer Bilder, von der bergigen grünen Landschaft hinter den lebhaften Figuren im Schachspiel von 1555 bis hin zur komplexen Madonna-mit-Kind-Szene im Selbstbildnis an der Staffelei, um 1556.

Für mich ist ihr bestes Porträt Bernardino Campi malt Sofonisba Anguis­sola von 1550. Dieses geistreiche Werk unterläuft wunderbar die Geschlechterkonventionen. Auf den ersten Blick sehen wir Campi (einen Lehrer Anguissolas), der uns über die Schulter anschaut, während er das Bild der jungen Künstlerin gestaltet. Aber bei näherem Hinsehen bestimmt nicht er ihr Erscheinungsbild, sondern sie das seine. Sie nimmt nicht nur fast zweimal so viel Raum ein wie ihr Lehrer und lässt ihn die Verzierungen auf ihrer Jacke malen (für gewöhnlich die Aufgabe eines Lehrlings), 1996 vorübergehend freigelegte Pentimenti offenbaren auch, dass ursprünglich ihr Handgelenk das seine umfasste – als würde sie seine Hand über die Leinwand lenken.

Anguissola war außerordentlich begabt und noch im hohen Alter gewitzt wie eh und je. Mit Anfang 90 wurde sie 1624 von dem sehr viel jüngeren Anthonis van Dyck gemalt. Von ihrem Verstand fasziniert,...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2022
Übersetzer Dr. Maria Zettner, Marlene Fleißig
Zusatzinfo Mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
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