INHALTDie Oper spielt zwischen den Jahren 1608 und 1630 an verschiedenen Orten und beleuchtet schlaglichtartig - zum Teil simultan - Szenen aus dem Leben des Astronomen Johannes Kepler (1571-1630), nach dessen theoretischem Werk "Harmonices mundi" die Oper benannt ist. Basierend auf ausführlichen historischen Studien zeichnet Hindemith Personen aus dem Umkreis Keplers, die sein wissenschaftliches Streben mit unterschiedlichen Ambitionen begleiten: Der Feldherr Wallenstein sucht Keplers Fähigkeiten als Astrologe zu nutzen, um seine Machtansprüche zu realisieren. Keplers Assistent Ulrich trachtet nach wissenschaftlichem Ruhm und Anerkennung, Keplers Mutter bedrängt ihren Sohn, seine wissenschaftlichen Fähigkeiten in Diensten ihrer schwarzen Magie zu stellen; und der lutheranische Pfarrer Hizler verweigert dem Astronomen die Kommunion, weil dieser die lutheranische Abendmahlslehre in Frage stellt und Verständnis für die calvinistische Lehre zeigt. Die wenigen positiven Figuren sind Keplers Ehefrau Susanna, die ihren Mann in seinem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis unterstützt, sowie die kleine Susanna, die in ihrer kindlichen Naivität den Stimmen der Natur, hier denen des Mondes, lauscht und somit offenbarende Erkenntnis gewinnt. Am Ende seines Lebens hält Kepler Rückschau, verfällt in Resignation und bilanziert, dass der Tod die große Harmonie sei. In seine Agonie erklingt Sphärenmusik; die Gestirne treten allegorisch als Personen der Oper auf und widersprechen Keplers negativem Resümee: Über allem vom Menschen Erforschbaren liege ein Reich der letzten Majestät, dem die Macht gegeben ist, "uns aufgehn zu lassen in seiner großen Harmonie der Welt.KOMMENTARDie Oper ist das Resultat von Hindemiths langjähriger Beschäftigung mit Prinzipien des tönenden Kosmos. Basierend auf Studien antiker und mittelalterlicher Musiktheoretiker, sucht er die Ordnung hinter den einem Wandel unterzogenen vielfältigen Erscheinungen zu erkennen. Für ihn basiert das sich Verändernde auf einem zu erkennenden Urgrund, der von der zahlhaft geordneten Musik versinnbildlicht wird. Diese zahlhafte Grundordnung alles Seienden ist für Hindemith naturgegeben und entzieht sich somit jeglicher Veränderung oder Entwicklung. Im Astronomen Kepler erkennt Hindemith einen ihm Wesensverwandten. Das Verhältnis der Klänge der Oper unterliegt einer tonalen Ordnung, wie sie Hindemith in seiner Unterweisung im Tonsatz erläutert: Als Gegenspielerin des Sohnes erhält Keplers Mutter in der Gerichtsszene im dritten Aufzug den im Tritonus zur Haupttonart E stehenden B-Klang. Um dieses Zentrum sind die übrigen Akte klanglich symmetrisch gruppiert: Zweiter und vierter Aufzug enden auf einem A-Klang, erste und vorletzte Szene auf Fis. Das Vorspiel und die große Allegorieszene zum Finale enden auf E, dem Klang, dem Hindemith im Vorwort zur Neufassung von Das Marienleben eine bevorzugte Position einräumt. Deklamationsartige Passagen wechseln mit kantablen Abschnitten symphonisch-konzertanten Charakters. Das schwierige Verstehen des Textes und Gehalts ist auf die Komplexität der Ideen und deren konzentrierte Präsentation zurückzuführen. Beeindruckend ist die souveräne und stilsichere Beherrschung verschiedener Kompositionsmittel und Ausdrucksmöglichkeiten. Nach der Uraufführung bemühten sich nur wenige Bühnen um dieses monumentale Opus. Von Hindemith autorisierte Kürzungen fanden in Wien (1960) und nach seinem Tod in Gelsenkirchen (1966) statt. (H.-J. W.)ZUR GESAMTAUSGABEDie Harmonie der Welt erscheint innnerhalb der Hindemith-Gesamtausgabe in drei Teilbänden. Teil C enthält den Vierten und Fünften Aufzug, den kritischen Bericht zur gesamten Oper sowie ausgewählte Faksimiles von Skizzen und der autografen Partitur.
„Schöpferische Kraft lässt sich nicht anerziehen, aber die Bereitschaft zum Empfang der göttlichen Gabe in Gestalt eines stets willigen und zu höchsten Leistungen fähigen Handwerks lässt sich erwerben.“ 1921 gehörte er zu den Mitbegründern der Donaueschinger Musiktage, 1927 war er bereits Professor für Komposition an der Berliner Hochschule für Musik: Paul Hindemith (1895–1963). Der einst als Bürgerschreck Verschriene fand in den 20er Jahren zur Neuen Sachlichkeit und gelangte schließlich zur Skepsis gegenüber einem als hemmungslos empfundenen Fortschrittsdenken der jungen Komponistengeneration. Sein spätes Ideal eines vorwiegend tonal gebundenen Satzes stieß seinerseits auf Ablehnung der musikalischen Avantgardebewegung. Ihr Theoretiker Theodor W. Adorno brandmarkte diese Entwicklung als „fatale Wendung zum Offiziellen“ und gab damit das Signal zu einer Jahrzehnte dauernden Isolation Hindemiths und seiner Musik. Ein veränderter Blick auf die Musikgeschichte lässt Hindemith heute den Rang eines führenden Komponisten des 20. Jahrhunderts, eines herausragenden Dirigenten, Pädagogen und Musikphilosophen einnehmen und eines der meistgespielten Komponisten des 20. Jahrhunderts.
Erscheint lt. Verlag |
28.4.2022
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Reihe/Serie |
Paul Hindemith - Sämtliche Werke ; Teil C
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Sprache |
englisch; deutsch |
Maße |
271 x 375 mm |
Gewicht |
2192 g |
Themenwelt
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Kunst / Musik / Theater ► Musik ► Klassik / Oper / Musical |
Kunst / Musik / Theater ► Musik ► Musikalien |
Schlagworte |
Édition intégrale • Gesamtausgabe • Gesamtwerk • Komplette Edition • œuvres complètes • Oper • Partition • Partitur • Paul Hindemith |
ISBN-10 |
3-7957-1849-X / 379571849X |
ISBN-13 |
978-3-7957-1849-7 / 9783795718497 |
Zustand |
Neuware |