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Hieronymus Bosch (eBook)

(Autor)

eBook Download: PDF | EPUB
2020 | 2. Auflage
128 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-74156-2 (ISBN)
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Hieronymus Bosch (um 1450/55 - 1516) war schon zu Lebzeiten für seine phantastischen Bilderfindungen berühmt. Heute ist sein Name zum Synonym für Spuk- und Höllenbilder geworden. Nils Büttner zeichnet in diesem Buch die Karriere des Malers nach, der für die höchsten adeligen und höllschen Kreise arbeitete, und erläutert dessen Werke vor dem Hintergrund der damaligen Kultur und Lebenswirklichkeit. Auf diese Weise gibt er den oft rätselhaft erscheinenden Bildern ihre ursprüngliche Bedeutung zurück.

Nils Büttner ist Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.

3. Geistliche Stiftungen


Nach allem, was sich aus den Quellen schließen lässt, pflegte Hieronymus Bosch eine innige Verbindung zu den Institutionen der katholischen Kirche. Darauf deuten auch die urkundlich dokumentierten Aufträge hin, die Bosch ausführte. So bemalte er 1487 für das «Geefhuis» (Gabenhaus), wo die der christlichen Armenfürsorge gewidmete «Heiliggeist-Tafel» ihren Sitz hatte, einen leinenen Wandbehang. Außerdem fasste er für das «Geefhuis» einen aus Hirschgeweihen hergestellten Kronleuchter neu, den sein Großvater Jan van Aken knapp 50 Jahre zuvor bemalt hatte. 1488 bezahlte die Liebfrauenbruderschaft einen Tischler für die Anfertigung zweier Altarflügel, die für das von Adriaen van Wesel geschnitzte Retabel bestimmt waren und ausweislich einer späteren Rechnung von «Meister Jheronimus» bemalt wurden. Auch in den folgenden Jahren führte Bosch diverse kleinere Aufträge für die Bruderschaft aus. 1491/92 fertigte er zum Beispiel eine Tafel, auf der die Namen der geschworenen Brüder verzeichnet waren. Zwei Jahre darauf wurde bei dem Glasmaler Willem Lombart für die neue Kapelle der Liebfrauenbruderschaft ein Glasfenster beauftragt, dessen Entwurf «Joen der Maler» anfertigen sollte, also Hieronymus Bosch. Er sollte Willem Lombart unterstützen und dessen Arbeit überwachen. Für ein paar alte Bettlaken, «auf die Joen der Maler den Entwurf machen sollte», wurden 20 Stuiver gewährt. 1503/04 ist eine Zahlung an die Werkstattmitarbeiter Boschs dokumentiert für das Bemalen dreier Wappenschilde für den Ritter Jan Backx und zwei weitere Mitglieder der Bruderschaft. 1508/09 sprachen deren Vertreter mit «Meister Jheronimus» und dem Baumeister Jan Heyns wegen der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgten Vergoldung und farbigen Fassung eines Altarretabels. Vermutlich ging es dabei wieder um den Marienaltar von Adriaen van Wesel. Offensichtlich nahm man von diesem äußerst kostspieligen Unternehmen irgendwann Abstand. 1511/12 wurde Bosch dann dafür entlohnt, dass er den Entwurf «von dem Kreuz gemacht habe». Leider ist nicht überliefert, um was für ein Kreuz es sich handelte. Vielleicht ging es, wie manche Forscher vermuten, um die Stickvorlage für einen Chormantel. Außer der Aktennotiz ließ sich «von dem Kreuz» keine Spur mehr finden, genauso wenig wie von dem Messingkronleuchter, für dessen Entwurf man Bosch 1512/13 bezahlen wollte, «soweit er dies begehren sollte».

Noch lange nach Boschs Tod waren an verschiedenen Orten in seiner Heimatstadt Bilder von ihm zu sehen, so in der Kapelle der Liebfrauenbruderschaft und auf diversen Altären von Sint-Jans. Ausweislich einer 1610 von Jean-Baptiste Gramaye publizierten Beschreibung war diese Kirche mit 50 Altären geschmückt,

die den Skulpturen des Praxiteles und den Bildern des Appeles in nichts nachstehen. Davon am kostbarsten ist der des Hochchores, der Sakramentsaltar, der der hl.Jungfrau, der hl.Katharina und der hl.Barbara geweiht ist. Vom Altar des Hochchores und dem größeren Marienaltar [in der Kapelle der Liebfrauenbruderschaft] sind noch die Tafeln vorhanden, die Hieronymus Bosch mit einzigartiger Kunstfertigkeit bemalt hat. Sie zeigen das Sechstagewerk der Erschaffung der Welt, desgleichen die Geschichte von Abigail, wie sie demütig, Geschenke und Waren überreichend, vor David Abbitte leistet für eine ihm zugefügte Schmach, und wie Salomo von seiner Mutter Batseba Ehre erwiesen wird. Auf dem kleinen Marienaltar ist vom selben Künstler die Übergabe der Geschenke durch die Heiligen Drei Könige dargestellt. Auf dem Altar des Erzengels Michael ist die Belagerung von Bethulia zu sehen, die Tötung des Holofernes, Flucht und Untergang des assyrischen Heeres, der von Judith errungene Sieg, außerdem der Triumph des Mordechai und der Esther sowie der Triumph des befreiten jüdischen Volkes.

Ein Teil dieser Bilder Boschs stieß nur wenige Jahre nach der Abfassung des Textes bei einer Visitation im Dezember 1615 auf kirchliche Kritik. Vor allem die nackten Figuren auf dem Bild mit der Erschaffung der Welt und auf einem Jüngsten Gericht erregten Missfallen. In den Stadtrechnungen findet sich unter dem 4. Januar 1671 noch eine Zahlung an den Küster von Sint-Jans, der 75 Gulden für die Flügel des Hochaltars erhielt. Danach verliert sich ihre Spur. Zumindest mag der Ankauf durch den Magistrat der Stadt als Hinweis darauf gedeutet werden, dass man Boschs Werken, die schon die Bilderstürme des 16. Jahrhunderts unbeschadet überstanden hatten, einen von der religiösen Funktion unabhängigen Kunstwert zusprach. Noch im 17. Jahrhundert war auch der Hochaltar des Brüsseler Dominikanerklosters mit einem Altarwerk Boschs geschmückt, an dem einmal im Jahr eine Messe für das Seelenheil des Malers gelesen wurde. Dokumentiert ist, dass der Dominikaner Michael Ophovius sich vergeblich bemühte, dieses Werk für 100 Gulden zu kaufen, nachdem er am 22. Juni 1626 zum ersten Bischof von Den Bosch ernannt worden war. Nur wenige Jahre später verliert sich die Spur auch dieses Werkes.

In jüngerer Zeit hat man vermutet, dass die von Gramaye erwähnten Tafeln vom Marienaltar der Bruderschaftskapelle mit zwei erhaltenen Tafeln von Bosch zu identifizieren sind. Die eine zeigt Johannes den Täufer in der als Waldeinsamkeit aufgefassten Wüste (Abb. 2), die andere den Evangelisten Johannes, der zu Boschs Zeit auch als Verfasser der Apokalypse galt (Abb. 3). Die Vermutung, es habe sich bei letzterer Tafel einst um einen Altarflügel gehandelt, ist naheliegend, weil auch die Rückseite bemalt ist (Abb. 1). Vermutlich war diese in Grau- und Brauntönen, als sogenannte Grisaille, ausgeführte Darstellung einst die Alltags- oder Außenseite eines Altarflügels, der einen geschnitzten Schrein verschloss.

Im Zentrum dieses Bildes steht ein Pelikan. Um ihn herum sind in einem kreisförmigen Bildfeld, das eine so weite wie düstere Landschaft imaginiert, Szenen aus der Passion Christi angeordnet. Dessen Leiden für die Menschheit findet in dem im Mittelalter weitverbreiteten Bild des Pelikans einen sinnbildlichen Ausdruck. Das Bild geht auf den «Physiologus» zurück, ein frühchristliches Kompendium der Tiersymbolik, in dem das natürliche Verhalten des Pelikans missdeutet und im Sinne einer christlichen Botschaft interpretiert wurde. Der Vogel, so die Auffassung, töte im Zorn seine Brut. Nach drei Tagen aber reiße er sich aus Reue mit dem Schnabel die Brust auf, um durch das Opfer seines Blutes seine Jungen wiederzubeleben, so wie Christus der Menschheit durch sein Opfer das ewige Leben geschenkt habe. Der Tondo mit den Passionsszenen und dem Pelikan hebt sich von einem dunklen Grund ab, der bei genauem Hinsehen von schemenhaft düsteren Monstern belebt wird.

Die Innenseite des Flügels zeigt den hl.Johannes, der auf die Insel Patmos verbannt wurde (Off.1,9). Dort hatte er die apokalyptischen Visionen, bei deren Niederschrift Bosch den Heiligen zeigt. Eine dieser «Offenbarungen» war «ein Weib mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone mit zwölf goldenen Sternen» (Off.12,1). Entsprechend der zu Boschs Zeit verbindlichen theologischen Interpretation dieser Vision zeigt die Tafel am Himmel in einer Aureole aus Licht eine Marienerscheinung. Ein ätherisch anmutender Engel weist Johannes darauf hin, der deshalb sein Schreiben unterbricht. Den Blick erhoben, nimmt er die Szene nicht zur Kenntnis, die sich zu seinen Füßen abspielt: Links hat der Adler, das Symboltier des Evangelisten Johannes, den Blick starr auf ein dämonisches Mischwesen gerichtet, das ihm gegenüber am rechten Bildrand gezeigt ist. Dieses Wesen hat die stummelartigen Hände erhoben, denen ein Fleischhaken entglitten ist, mit dem es anscheinend das am Boden liegende Schreibzeug des Evangelisten stehlen wollte.

1  Passion Christi, Außenseite des Johannes auf Patmos (Abb.3), um 1505, Öl auf Holz, 63 x 43,3 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie

Zahlreiche niederländische Bilder des Evangelisten Johannes zeigen dämonische Wesen bei solchem schändlichen Treiben. Boschs theologisch fundierte Bilderzählung hat zahlreiche Parallelen in Malerei und Graphik der Zeit, und zu Recht wurde darauf hingewiesen, dass die Figur des schreibenden Evangelisten in einem um 1480 entstandenen Kupferstich Martin Schongauers vorgebildet ist. Die vergleichsweise konventionelle Ikonographie soll aber nicht über das ganz Eigene von Boschs Darstellung hinwegtäuschen. Denn es bedürfte der so auffällig unten rechts angebrachten Signatur nicht, um dieses Gemälde als ein Werk Boschs auszuweisen: Da ist zuerst einmal der kleine Dämon. Bosch entwirft ...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2020
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Historische Romane
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte 15. Jahrhundert • 16. Jahrhundert • Hieronymus Bosch • Hölle • Kultur • Kunst • Maler • Niederlande • Renaissance
ISBN-10 3-406-74156-8 / 3406741568
ISBN-13 978-3-406-74156-2 / 9783406741562
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