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Mex Ploro (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
100 Seiten
TULIPAN VERLAG
978-3-641-32923-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mex Ploro -  Angela Bernhardt
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Mex, zwölf Jahre alt und die größte Frostbeule des Universums, kennt nur ein Ziel: Polarforscher werden. Als sein Onkel Ignus Feuerwehrmann auf der antarktischen Forschungsstation Tutum wird, wittert Mex die Chance seines Lebens. Und Tatsache: Er darf ihn für ein paar Wochen begleiten - als Nachwuchsforscher, das ist ja wohl klar! Doch Stationschefin Clarissa hat andere Pläne. Mex soll sich mit ihren beiden Kindern anfreunden. Waaas? Statt mit den Forschern auf Bohrexpedition zu gehen, soll er Öko-Zoe und Panik-Aron bespaßen? Lieber organisiert er seine eigene Expedition! Offiziell zu einem jungen Pinguin an der Wetterstation, in Wahrheit Richtung Bohrcamp. Der Bully-Ausflug mit Aron, Zoe und Onkel Ignus wird gefährlicher als Mex ahnt, doch überraschend gewinnt er dabei neue Freunde. Ob dadurch auch sein großer Forschertraum endlich wahr wird? • Locker-lustiges Freundschaftsabenteuer ab 9 • Der große Traum vom Forschersein • Auf den Spuren von Amundsen, Scott und Shackleton • Mit kleinem Lexikon zu Fachbegriffen wie Whiteout, Sastrugi, Orca und vielem mehr

Angela Bernhardt lernte an der Uni so einiges über Theater und Publizistik und später als Filmdramaturgin noch viel mehr übers Geschichtenerzählen. Sie lebt in Berlin, schreibt Audiodeskriptionen und vor allem Kinderbücher.

Sie brauchen mich!

Ich ließ mein Skidoo mit Höchstgeschwindigkeit über die scharfe Kante sliden und warf einen kurzen Blick über die Schulter. Lonny verfolgte mich mit seinem Sportwagen, kam mir immer näher ... gleich würde er mich einholen. Metall schrammte auf Stein und ließ mein Trommelfell erzittern. Mein Puls gab Vollgas. Ich nahm mein Herz in beide Hände und hob mit einem gewagten Sprung ab.

Lonny grinste. »In echt funktioniert das nicht.«

»Wirst schon sehen! Irgendwann fahre ich so ein Ding und probiere es aus.«

Wir ließen unsere Spielzeug-Mobile auf der Tischtennisplatte unserer Reihenhaussiedlung landen und setzten uns wie so oft mit gekreuzten Beinen dazu. Der letzte Schultag vor den Sommerferien war geschafft. Sechs lange Wochen lagen vor uns und wir hatten keinen Plan.

Immerhin gab es eine Neuigkeit von Weltrang, die ich unbedingt loswerden musste.

»Stell dir vor«, platzte es aus mir raus, »in den letzten Bohrkernen vom Wostoksee haben sie diesmal wirklich Mikroben gefunden. Das heißt, es gibt . Meter unter dem antarktischen Eisschild Leben. Eine wissenschaftliche Sensa…«

»Mex, du übertreibst es echt mit deinem Polartick!« Mein bester Freund Lonny pfiff durch die Nase.

»Aber überleg doch mal«, beharrte ich, »vielleicht gibts da unten noch komplett unbekannte Arten. Tintenfische mit drei Köpfen, Robben in allen Regenbogenfarben, Seesterne so groß wie ein Fußballfeld oder …« Meine Südpolvisionen gingen in einem krassen Schluckauf unter. Vor unserem Reihenhaus bremste mit quietschenden Reifen ein feuerroter Kleinbus.

Lonny schüttelte seine Dreadlocks und bohrte seine dunklen Augen in meine blassblauen. »Brennts bei euch?«

»Noch nicht«, quetschte ich zwischen zwei Hicksern raus, aber die Frage war mehr als berechtigt. Der Bus gehörte meinem Onkel Ignus, und wo er auftauchte, brannte es praktisch immer. Es war nur eine Frage der Zeit. Wer Onkel Ignus ist? Tja, wie soll ich ihn beschreiben? Am besten, man stellt sich einen Ball vor. Keinen prallen, nigelnagelneuen Fußball. Mehr so ’ne alte Gurke von Ball, die schon ordentlich Luft gelassen hat. Daran hängen locker verteilt vier Schläuche. Und oben auf dem Ball ist eine Art Hydrant befestigt. Nicht so lang und dünn wie ein echter Hydrant, aber genauso knallrot. Das ist mein Onkel Ignus, Feuerwehrmann aus der City.

Als er über Ostern bei uns zu Besuch war, hat Mam beim Kochen die Bratpfanne mit der Wäscheschüssel verwechselt. Wenn ihr heiß geliebter Bruder auftaucht, ist sie meist ein bisschen neben der Spur. Ich denke, jeder kann sich vorstellen, wie geschmortes Plastik stinkt. Yep! Und zu Weihnachten haben meine Eltern, Tatsache, echte Kerzen auf den Baum gesteckt, weil ja angeblich nichts passieren kann, wenn ein Feuerwehrmann in der Nähe ist. Dann ist mein Onkel über sein Geschenk gestolpert. Und da hatten wir den Salat! Oder die angekokelte Nordmanntanne.

Damit da kein Missverständnis aufkommt: Ich mag Onkel Ignus. Er ist der einzige Erwachsene in meinem Leben, der nicht darauf aus ist, total erwachsen rüberzukommen. Außerdem ist Langeweile in seiner Gegenwart ein Fremdwort. Warum ich ihn so ausgiebig vorstelle? Na ja, mein Leben ist gewissermaßen an seinem festgeeist. Vorher war es ungefähr so spannend wie das eines Seelöwen im Aquarium. Sicher, ich hatte Spaß mit Lonny, der nebenan wohnt, aber ich wusste auch, dass die wirklich aufregenden Dinge ganz woanders passierten, und ich wartete sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich genau dort sein würde. Denn wozu sollte so ein Leben gut sein, wenn es wie kalter Kaffee an einem vorbeifloss? Aber jeder weiß, wie das ist: Man wartet und wartet und nichts tut sich. Und auf einmal, wenn man gar nicht mehr damit rechnet, passiert es.

Es passierte in diesem Moment. Aus dem Kleinbus plumpste mein Onkel, stieß unser Gartentor auf und marschierte über die handtuchgroße Vorgartenwiese.

»Wir sehen uns!«, rief ich Lonny noch zu, bevor ich Onkel Ignus hinterherdüste. Diesen Tag konnte ich aus der Liste öder Reihenhaus-Vorstadt-Sommerwochen schon mal streichen!

Als ich die Tür aufschloss, schwebte Mam in ihrem blauen Sommerkleid mit einer anderthalb Liter Wasserflasche unterm Arm strahlend aus der Küche. »Liebling, da bist du ja endlich. Zufrieden mit dem Zeugnis?«

»Hmm …« Bitte keine Nachfragen! Instinktiv schnüffelte ich, ob es bei uns schon irgendwo was zu löschen gab, aber noch roch es absolut unverdächtig. Ich entdeckte drei Gläser in Mams Hand. »Wo ist Onkel Ignus?«

Sie zeigte Richtung Wohnzimmer.

»Mex, mein Junge«, begrüßte er mich von unserem riesigen Ohrensessel aus, über dem Paps’ selbst geschossene Segelfotos aus aller Welt hängen. Vor ihm auf dem Couchtisch standen drei Dosen Erdnüsse, die erste war bereits leer.

Mein Blick wanderte von seinen quietschgelben Badelatschen über die geblümten Bermudashorts hinauf zu seinem Bauch, den ein ungewöhnlicher Gürtel zusammenhielt. Wenn man genau hinsah, erkannte man, dass es ein flach gepresster Feuerwehrschlauch in ausgeblichenem Rot war. Über dem Schlauch folgte ein hautenges grünes T-Shirt, aus dem sein kurzer, kräftiger Hals ragte. Der trug den knallroten Kopf, umrahmt von einem Kranz aus gekräuselten hellroten Haaren.

»Hi, Onkel Ignus«, grüßte ich zurück.

Als ich nahe genug war, boxte er mich direkt in die Magengrube. Das ist normal schon nicht witzig und erst recht nicht, wenn man so ein dünnes Hemd ist wie ich, aber ich biss die Zähne zusammen und grinste.

»Na, sechste Klasse überstanden?«, brummte er. »Wie sieht dein Giftblatt aus? Ich hoffe, gut. Für einen guten Schüler habe ich nämlich eine Wahnsinnsüberraschung im Gepäck.«

»Was denn für eine Überraschung, Igni?«, wollte Mam sofort wissen. Sie stellte die Gläser auf den Couchtisch und wählte das größte für ihn aus.

Nachdem ich mich aus den Augenwinkeln davon überzeugt hatte, dass in keiner Ecke des Wohnzimmers ein Schwelbrand vor sich hin kokelte, fragte ich mich das auch.

Mein Onkel wischte sich mit einem Stofftaschentuch, das mindestens aus dem Mittelalter stammte, den Schweiß von der Stirn und zeigte auf die Couch. »Na, dann platzt euch mal hin!«

Ich ließ den Schulrucksack fallen, schlüpfte aus meinen ausgelatschten Lieblingsturnschuhen und warf mich in die Polster.

Onkel Ignus machte ein Gesicht, als ob er uns gleich das achte Weltwunder präsentieren würde. »Wisst ihr eigentlich, dass ich dieser Tage mein -jähriges Dienstjubiläum bei der Feuerwehr feiere?«

»?«, staunte Mam. »Kein Mensch sieht dir das an, Igni!«

Fette Lüge!

Trotzdem nickte er geschmeichelt. »Es wird also höchste Zeit für eine Veränderung. Mein Hausarzt hat mir dazu geraten.«

Was hatte sein Hausarzt mit seinem Jubiläum zu tun? Und was mit der Überraschung? Ich hoffte inständig, dass er auf den Punkt kam.

»Wegen meiner Knie«, erklärte er, als wäre der Zusammenhang damit sonnenklar.

Mam schenkte ihm Wasser ein. »Igni, ich verstehe nicht ganz …«

»Kälte kann bei Arthrose Wunder wirken.«

»Tatsächlich? Und ich dachte immer, Wärme.«

»Nicht bei entzündeten Gelenken. Da muss man kühlen.«

O je, Gesundheitsgespräche konnten sich in diesem Haus endlos hinziehen und wirkten auf mich schwer narkotisch. Wenn seine Überraschung damit zusammenhing, dann konnte ich gut darauf verzichten. Ich beschloss, mich bei nächstbester Gelegenheit zu verdrücken.

Doch da sagte Onkel Ignus: »Und wo ist es wohl kälter als am Südpol?«

Bei dem Wort Südpol verdoppelte sich meine Pulsfrequenz. »Nirgends!«, entfuhr es mir und plötzlich war ich wieder hellwach. Nichts auf der Welt elektrisiert mich so wie die Antarktis. Albatrosse, Seelöwen, Kaiserpinguine, endlose Schneewüsten und das königliche Weißblau der Tafeleisberge. Meine Mitschüler träumten davon, X-Men, Iron Man oder Captain America zu sein. Ich träumte von den berühmten Polarforschern Shackleton, Amundsen und Scott.

Mam zog die Nase kraus. »Was genau willst du damit sagen, Igni?«

»Na, dass ich meinen Arbeitsplatz wechsle. Mein Chef hat sich für mich ins Zeug gelegt. Mitte November ziehe ich als Feuerwehrmann in die Antarktis.«

»Du liebe Güte!« Sie schlug eine Hand vor den Mund. »Aber wo soll es denn da brennen?«

»Es kann praktisch überall brennen, wo Menschen sind«, erklärte er im Tonfall eines Erste-Klasse-Lehrers. »Außerdem ist die Antarktis eine Wüste, also eine Eiswüste. In der extrem trockenen Luft kann sich Feuer blitzschnell ausbreiten. Ist noch gar nicht so lange her, da hat es eine brasilianische Forschungsstation erwischt. Totalschaden.« Er seufzte. »Allerdings gehe ich natürlich davon aus, dass es NICHT brennt, wenn ich erst mal da bin.«

Nach meinen Erfahrungen mit ihm war dieser Glaube zwar so unrealistisch wie ein Eisbär am Südpol, aber im Augenblick beschäftigte mich eine ganz andere Frage. »Hast du nicht was von ’ner Überraschung für ’nen guten Schüler gesagt?«

»Richtig, Mex. Stell dir vor, auf meiner Forschungsstation brauchen sie einen zwölfjährigen Jungen.«

Moment, Moment! Hörte ich da vierblättrige Kleeblätter wachsen? Zwölf Jahre – genauso alt war ich. Wollte er damit andeuten … Wollte er wirklich sagen, sie brauchten … »Mich!«, schrie ich. »Ich rufe Paps an! Er muss es auch erfahren!« O Mann, ich, Mex Ploro, im Geiste Polarforscher seit meiner Geburt, würde den Südpol erobern! Ich sprang auf und startete einen wilden Freudentanz.

»Mex? …...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Illustrationen Stephan Pricken
Zusatzinfo schwarz-weiss-Illustrationen
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte 2024 • ab 8 • Antarktis • Arktis • eBooks • Expedition • Forscher • Forschungsstation • Neuerscheinung • Wetterstation
ISBN-10 3-641-32923-X / 364132923X
ISBN-13 978-3-641-32923-5 / 9783641329235
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