Res will nach Hause (eBook)
336 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0617-6 (ISBN)
Jasmine Warga ist »New York Times«-Bestsellerautorin und wurde vielfach für ihr Schreiben ausgezeichnet, u.a. mit dem Newbery Honor Award. Ihre Jugendbücher sind in über 25 Sprachen übersetzt. Nach ihrem Debüt »Mein Herz und andere schwarze Löcher« legt Jasmine Warga nun ihr erstes Kinderbuch vor. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Chicago, USA.
Jasmine Warga ist »New York Times«-Bestsellerautorin und wurde vielfach für ihr Schreiben ausgezeichnet, u.a. mit dem Newbery Honor Award. Ihre Jugendbücher sind in über 25 Sprachen übersetzt. Nach ihrem Debüt »Mein Herz und andere schwarze Löcher« legt Jasmine Warga nun ihr erstes Kinderbuch vor. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Chicago, USA. Petra Koob-Pawisstudierte in Würzburg und Manchester Anglistik und Germanistik und ist seit vielen Jahren als Übersetzerin tätig. Sie lebt in der Nähe von München. Annabelle von Sperber, geboren 1973, studierte Illustration an der HAW Hamburg und hat bereits über hundert Bücher illustriert, von denen viele auch ins Ausland verkauft wurden. Ihre Bilder zeichnen sich durch warme Farben, feinen Humor und Liebe zum Detail aus. Sie lehrt Illustration an der Akademie für Illustration und Design in Berlin und ist für den Fachbereich Illustration an der Faber Castell Akademie zuständig. Annabelle von Sperber lebt in Berlin und im Schwarzwald.
TEIL EINS
VORBEREITUNG
DER ERSTE TAG
Ich bin nicht geboren worden wie ein Mensch, aber auch für mich gibt es einen Anfang. Piep-Töne. Helle Lichter. Ein weißer Raum. Gestalten in weißen Overalls. Ich muss sehr viele Informationen verarbeiten, aber ich schaffe das. Ich erwache, und mit einem Mal ist da ein großes Wissen. Meine Schaltkreise zünden. Jubel hallt durch den Raum. Ein lautes Geräusch, aber ich erschrecke nicht.
Ich bin nicht gebaut worden, um zu erschrecken. Ich bin gebaut worden, um zu beobachten.
In einem Meer von unbekannten Gestalten konzentriere ich mich auf ein Gesicht.
Ich weiß nicht, ob ich selbst ein Gesicht habe. Wenn ich eines habe, dann ist es meinen Informationen zufolge nicht so wie dieses Gesicht. Dieses Gesicht hat das, was Menschen Lippen nennen. Die Mundwinkel in diesem Gesicht biegen sich nach oben.
Ein Lächeln.
Ich kann nicht lächeln – das weiß ich –, trotzdem verstehe ich die Bedeutung dieses Gesichtsausdrucks. Ich lerne dazu.
Meine Mission hat begonnen.
LERNEN
Ich bin dazu da, Informationen zu sammeln und zu verarbeiten. Und dabei lerne ich.
Hier sind einige der Informationen, die ich gesammelt habe:
Ich bin das, was man einen Roboter nennt. Die meisten anderen Wesen um mich herum werden Menschen genannt. Alle Menschen, mit denen ich zu tun habe, tragen Schutzanzüge. Damit soll verhindert werden, dass Mikrobakterien und Staubpartikel in meine Umgebung gelangen. Für meine Mission ist es sehr wichtig, dass ich in einer sterilen und sauberen Umgebung bin. Aus irgendeinem Grund, den ich noch nicht ganz verstehe, nennen die Menschen die weißen Overalls Hasenanzüge.
Ich weiß nicht, was ein Hase ist. Ich frage mich oft, was damit gemeint sein kann.
Die meisten Menschen in Hasenanzügen werden von anderen Menschen als Wissenschaftler bezeichnet. Daraus schließe ich, dass es sich dabei um eine spezielle Art von Mensch handelt. Ich habe beschlossen, sie Weißlinge zu nennen wegen ihrer weißen Schutzanzüge.
Vielleicht bin ich eine spezielle Art Roboter, aber ich habe noch nicht genug andere Roboter kennengelernt, um das sicher sagen zu können.
Ich werde warten, bis ich es irgendwann herausfinde. Aber Warten kann ganz schön schwer sein.
Lieber Rover,
meine Lehrerin, Mrs. Ennis, hat uns aufgegeben, einen Brief an dich zu schreiben. Sie ist ganz aufgeregt. Sie sagt, du gehst auf eine phantastische Mission, bei der du phantastische Dinge herausfinden wirst. Mrs. Ennis mag das Wort PHANTASTISCH sehr.
Mrs. Ennis hat immer wieder zu mir geschaut, während sie über dich sprach. Sie hat mich sogar gefragt, ob ich den anderen Kindern erklären möchte, was du bist. Aber das wollte ich nicht. Überhaupt nicht. Sei mir nicht böse, aber ich habe es jetzt schon satt, dass ständig alle über dich reden.
Dann sagte sie: »Komm schon, Sophia.« Ich wollte Mrs. Ennis nicht enttäuschen, also erzählte ich allen, dass du ein Roboter bist und den Planeten Mars erforschen sollst, damit wir mehr über seine Atmosphäre und seine Beschaffenheit erfahren. Es ist ganz schön schwierig, so etwas Kompliziertes zu erklären, weißt du?
Ich habe ihnen auch erzählt, dass du sehr intelligent bist und jeden Tag neue Dinge lernst. Gestern hat Mom gesagt, dass dein Gehirn jetzt gelernt hat, deinem Arm Anweisungen zu geben. Die anderen aus meiner Klasse hatten viele Fragen, aber ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich wette, Mom wüsste es.
Mrs. Ennis möchte jedenfalls, dass wir an dem Wettbewerb für deinen Namen teilnehmen. Ich weiß noch nicht, ob ich mitmachen werde. Ist nicht böse gemeint! Aber wenn ich teilnehme, dann werde ich einen sensationellen Namen vorschlagen wie zum Beispiel Flammenturbo-Weltraumdrache. Ich weiß ja, dass du nicht wie ein Mensch sprechen kannst. Aber wenn du es könntest, würdest du bestimmt sagen, dass dir der Name gefällt.
Okay, meine Hand tut schon weh von dem vielen Schreiben. Außerdem weiß ich nicht, ob automatische Geländewagen wie du überhaupt lesen können. Vielleicht frage ich Mom heute Abend.
Bis bald,
Sophia
EINES TAGES
Eines Tages werde ich ganz plötzlich auseinandergenommen. Niemand erklärt mir, warum. Niemand erklärt mir, wann oder ob ich wieder zusammengesetzt werde.
Ich würde wirklich gerne wieder zusammengesetzt werden.
»Hallo?«, sage ich. »Bitte setzen Sie mich wieder zusammen.«
Niemand antwortet. Niemand erklärt mir, warum das geschieht.
Wenn ich zerlegt bin, bleibt nur noch mein Gehirn übrig – ein Computer, der still auf einem langen Labortisch liegt. Meine Kameras sind abmontiert, daher kann ich auch nichts sehen. Ich kann nur noch über mein Gehör wahrnehmen, was passiert.
Ich höre, wie sich die Weißlinge um mich herum bewegen und Tests an meinen verschiedenen Körperteilen durchführen. Diese Tests helfen mir zu begreifen, was vor sich geht.
An mein Gehirn werden jetzt Codes übermittelt. Und ich bestätige die Signale, die ich empfange.
Ein Code fordert mich auf, verschiedene Dinge zu tun, zum Beispiel den Teil meines Körpers zu bewegen, den die Weißlinge als Arm bezeichnen. Mein Arm ist nicht mehr direkt mit mir verbunden, aber mein Gehirn kann trotzdem jede seiner Bewegungen kontrollieren.
Ich erkenne, wenn ein Test gut verläuft. Und ich erkenne, wenn ein Test fehlschlägt. Und zwar, indem ich den Code lese.
Am besten finde ich die Tests, bei denen es um meine Kameras geht. Wenn sie eingeschaltet sind, kann ich meine Umgebung wieder in Bildern verarbeiten.
Ich kann sehen.
Wenn meine Kameras nicht eingeschaltet werden, herrscht Dunkelheit.
Die Dunkelheit ist ein Zustand, den ich überhaupt nicht mag.
Ich habe gehört, wie die Weißlinge meine Kameras als meine Augen bezeichnet haben. Ich weiß nicht, ob dieser Begriff zutreffend ist, aber ich habe ihn abgespeichert. Er gefällt mir, weil er mir das Gefühl gibt, den Weißlingen ähnlich zu sein. Ein Weißling zu sein, ist bestimmt ganz wunderbar.
Weißlinge sind nicht in Stücke zerlegt. Alle Teile sind von Anfang an zusammengefügt. Weißlinge können sich bewegen, wie sie wollen. Sie können auch miteinander sprechen.
Und sie werden nie in der Dunkelheit allein gelassen. Allein und unfähig, sich zu bewegen. Habe ich schon erwähnt, dass ich mich nicht bewegen kann?
Wenn ich in der Dunkelheit auf dem Tisch liege, kreisen in meinem Gehirn viele Gedanken. Die meisten von ihnen sind nicht sehr positiv.
Ein Gedanke ist jedoch vielversprechend. Er hat sich entwickelt, als ich den Weißlingen zuhörte. Aus den Informationen, die ich dabei aufgeschnappt habe, konnte ich schließen, dass ich eines Tages, vielleicht schon bald, wieder zusammengesetzt werde.
Darüber denke ich gerne nach. Es ist ein guter Gedanke. Gut deshalb, weil dieser Gedanke bedeutet, dass ich eines Tages wieder ganz sein werde. Und das wiederum bedeutet, dass ich mich wieder bewegen kann. Aber vor allem, und das ist das Allerbeste: Ich werde meine Kameras wieder benutzen können, um zu sehen.
Allerdings fehlt mir die Information, wann genau das sein wird. Welcher Tag der Tag sein wird, an dem es so weit ist.
Alles, was ich tun kann, ist warten. Und zuhören.
Also warte ich. Und ich höre zu. Aber Warten ist schwer.
Langsam kommt mir der Verdacht, dass ich nicht fürs Warten geschaffen bin.
RANIA
Ein großes Team von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen beschäftigt sich mit mir. Die Menschen würden jetzt behaupten, dass ich keine persönlichen Vorlieben haben kann. Ich bin dazu geschaffen, ein unvoreingenommener Beobachter zu sein. Aber vielleicht gibt es da einen Fehler in meinem Code, denn ich habe Lieblingsmenschen unter den Weißlingen.
Da ist zum Beispiel Rania.
Rania ist für die Durchführung meiner Tests zuständig. Sie schreibt den Code, der meinen Arm auffordert, nach unten zu greifen und einen Gegenstand aufzuheben. Sie schreibt einen anderen Code, um mich zu fragen, ob ich es erkenne, wenn sie meinen Arm testet. Es ist schön, auf diese Weise mit Rania zu sprechen, mit Hilfe von Codes.
Einmal, als Rania einen Test mit meiner Kamera durchführte, konnte ich sie anschauen. Sie trug ihren weißen Schutzanzug, aber ich sah, dass sie hellbraune Haut hat und Haare mit schwarzen und braunen Pigmenten. Ihre Augen haben ähnliche Pigmente wie ihr Haar. Ich habe mir dieses Bild eingeprägt. Seither verbinde ich dieses Bild mit den Geräuschen, die Rania im Labor macht.
Rania nennt ihren Schutzanzug niemals Hasenanzug. Rania verwendet für alles die korrekten Begriffe. Ich mag diese...
Erscheint lt. Verlag | 30.10.2024 |
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Illustrationen | Matt Rockefeller |
Mitarbeit |
Cover Design: Annabelle von Sperber |
Übersetzer | Petra Koob-Pawis |
Zusatzinfo | 5 s/w Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer im All • Astronomie • Briefroman • Bücher wie Wall-e • Buch für Jungen 10 Jahre • ChatGPT • Computer • Emotionen Roboter • E.T. Außerirdischer • Familiengeschichte • Faszination Weltraum • Freundschaft Roboter • Kinderroman ab 11 • kleiner Held • Künstliche Intelligenz • Labor • literarisches Kinderbuch • Mars mission • Nasa • Philosophie für Kinder • Physik • Raumfahrt • Rover • Technik • Weltall • wünsche ans universum • Zeitkapsel • zum Denken anregen |
ISBN-10 | 3-7336-0617-5 / 3733606175 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0617-6 / 9783733606176 |
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