Liliane Susewind - Eine Eule steckt den Kopf nicht in den Sand (eBook)
256 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0780-7 (ISBN)
Tanya Stewner wurde 1974 im Bergischen Land geboren und begann bereits mit zehn Jahren, Geschichten zu schreiben. Sie studierte Literaturübersetzen, Englisch und Literaturwissenschaften in Düsseldorf, Wuppertal und London und widmet sich inzwischen ganz der Schriftstellerei. Ihre Trilogie über die Elfe »Hummelbi« hat unzählige Fans, und ihre Kinderbuchserie »Liliane Susewind« ist ein Welterfolg, der fürs Kino verfilmt wurde. Die Autorin lebt mit ihrer Familie am Rhein.
Tanya Stewner wurde 1974 im Bergischen Land geboren und begann bereits mit zehn Jahren, Geschichten zu schreiben. Sie studierte Literaturübersetzen, Englisch und Literaturwissenschaften in Düsseldorf, Wuppertal und London und widmet sich inzwischen ganz der Schriftstellerei. Ihre Trilogie über die Elfe »Hummelbi« hat unzählige Fans, und ihre Kinderbuchserie »Liliane Susewind« ist ein Welterfolg, der fürs Kino verfilmt wurde. Die Autorin lebt mit ihrer Familie am Rhein. Eva Schöffmann-Davidov, Jahrgang 1973, ist eine der renommiertesten Kinder- und Jugendbuchillustratorinnen Deutschlands. Nach ihrem Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg machte sie sich in der Kinder- und Jugendliteratur schnell einen Namen und gewann im Lauf ihrer Karriere zahlreiche Preise für ihre Gestaltungen. Als Fachhochschuldozentin gab sie ihr Wissen und ihre Erfahrung auch an junge Künstler*innen weiter. Heute illustriert sie Kinderbuchserien und Jugendbücher unter anderem von Bestsellerautor*innen wie Kerstin Gier oder Tanya Stewner. Die Illustratorin lebt mit ihrer Familie in Augsburg.
Frühling
»Ich fühle mich wohl!«, sagte die orange getigerte Katze und seufzte tief. »Außerordentlich wohl!«
Liliane Susewind, genannt Lilli, drehte überrascht eine ihrer rostroten Locken um den Zeigefinger. »Das ist schön«, antwortete sie der Katze. Für sie war es das Normalste von der Welt, dass sie verstehen konnte, was die kleine Samtpfotendame miaute, denn Lilli verstand die Sprache der Tiere. Gerade fragte sie sich jedoch, ob sie richtig gehört hatte. »Sie fühlen sich also wirklich wohl?«
»Ja, und wie!«, rief die Katze, die den Namen Frau von Schmidt trug und gesiezt werden musste. »Alles ist so zauberhaft!«
Lilli sah die Katze verdutzt an. So lieb sie die kleine Lady auch hatte – gute Laune war nicht unbedingt Frau von Schmidts Spezialgebiet. »Was ist denn so zauberhaft?«
»Das Leben! Das ganze Drumherum! Ich!«, gurrte die Katze. »Ich bin einfach zauberhaft, und alles andere fast genauso. Sehen Sie nur, dort drüben wackeln die Blüten am Baum, als wollten sie uns zuwinken. Und gleich daneben – ein Mülleimer. Das ist geradezu atemberaubend!«
Lilli sah aus dem Fenster in die angegebene Richtung und nickte, als würde sie begreifen, was die Katze meinte, dabei verstand sie gar nichts. Frau von Schmidt war offenbar … fröhlich, und das war einfach seltsam.
»Ich möchte die ganze Welt umarmen!«, schnurrte die Katze nun und tänzelte auf der Fensterbank herum. »Die Welt und ihre glorreiche Einzigartigkeit!«
Lilli kratzte sich am Kopf und machte sich langsam Sorgen.
»Oh, geht’s wieder los?«, hörte Lilli eine Stimme hinter sich. Sie drehte sich um. Jesahja Sturmwagner kam gerade zur Esszimmertür herein. Er trug sein schwarzes, lockiges Haar inzwischen etwas länger als sonst und sah damit wieder einmal unverschämt gut aus. Mit seinem verschmitzten Lächeln war er der umschwärmteste Junge der Schule, außerdem war er Lillis bester Freund. Momentan wohnte er sogar wieder bei den Susewinds, da seine Eltern für längere Zeit geschäftlich in Brasilien waren.
Lilli blickte ihn fragend an. »Was geht wieder los?«
»Schmidti hat Frühlingsgefühle«, erklärte Jesahja und betrachtete grinsend die Katze, die sich gerade versonnen an einem Blumentopf rieb und dabei »Hinreißender Topf!« miezte.
»Ach so!« Lilli schlug sich gegen den Kopf. Es war Anfang März, und der Frühling war in vollem Gange. Im Garten der Susewinds blühten die Bäume und Sträucher in den leuchtendsten Farben. »Frühlingsgefühle …«
»Letztes Jahr hat sie sich auch so aufgeführt, als die Blätter wiederkamen«, sagte Jesahja. »Sie hat damals ununterbrochen miaut, als würde sie vor Begeisterung den Verstand verlieren.« Frau von Schmidt gehörte Jesahjas Familie, und vor einem Jahr hatte Lilli sie noch gar nicht gekannt. Innerhalb der vergangenen Monate war allerdings so viel geschehen, und sie hatten gemeinsam so viele Abenteuer überstanden, dass Lilli sich gar nicht mehr vorstellen konnte, wie ihr Leben ohne Jesahja und Frau von Schmidt gewesen war.
In genau diesem Moment begann die Katze zu quäken – oder vielmehr zu singen. »O wunderschöner Früüühling, willkommen zurüüück …« Ihr Gesang war schrecklich schräg. Lilli hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten.
Jesahja lachte jedoch. »Das ist der Song vom letzten Jahr!«
Da kam ein kleiner weißer Hund ins Zimmer geflitzt. »Was ist hier los?«, kläffte er, tippelte zur Fensterbank und hopste hinauf. »Warum schreist du so, Schmidti? Ist dir jemand auf den Schwanz getreten?« Hundisch und Katzisch waren völlig unterschiedliche Sprachen, deswegen konnte Frau von Schmidt den Hund nicht verstehen, aber Lilli wollte sein Bellen lieber nicht übersetzen. »Tut dir was weh?«
Die Katze kugelte sich inzwischen auf dem Rücken und sang dabei unbeirrt weiter. »Früüühlingszauber wunderbar, Früühlingszauber alles klar …«
Der winzige Mischling, der Bonsai hieß, begann das Brustfell der Katze abzulecken. »Arme Schmidti. Irgendwas Schlimmes muss passiert sein.«
»Sie hat Frühling«, erklärte Lilli dem Hund.
Bonsai erstarrte. »Auweia! Kann sie da überhaupt laufen?«
»Ich könnte mir vorstellen, dass sie in ihrem Zustand eher fliegt …«, erwiderte Lilli grinsend, und Jesahja lachte.
Bonsai hingegen war tief beeindruckt. »Schmidti kann fliegen?«
»Herr von Bonsai«, rief die Katze und sprang auf. »Ich fühle mich wohl!« Bevor Lilli übersetzen konnte, fuhr sie schon fort. »Ich habe gerade beschlossen, dem Schabernack mehr Platz in meinem Leben einzuräumen. Und ich habe Sie dazu auserkoren, diesen Schabernack mit mir auszuhecken.« Sie strich ihren Kopf an Lillis Hüfte entlang. »Bitte tragen Sie ihm mein Gesuch vor, Madame.«
Lilli übersetzte gehorsam für den Hund.
»Schaber… was?«, bellte Bonsai verwirrt. »Schnack?«
»Frau von Schmidt möchte –«
»Muss ich dafür gebürstet werden?«, unterbrach der Hund. »Das wär nämlich nix. Ich find Schmidti voll supi und so, aber Bürsten ist nicht!«
»Nein, Bonsai, Schabernack ist etwas Lustiges, was Spaß macht.«
»Also was zum Verbuddeln?«
»Nein, eher so etwas wie Unsinn anstellen.« Lilli überlegte. »Etwas, das man zusammen macht, um sich freuen zu können.«
»Ach so, Stuhlbeine mümmeln?!«
Lilli seufzte. Frau von Schmidt und Bonsai hatten am Tag zuvor gemeinsam die Stuhlbeine im Esszimmer angeknabbert.
Die Katze kam zu dem Hund. »Herr von Bonsai, folgen Sie mir einfach. Ich bin beseelt von der Kraft der wiedererweckten Welt. Der Schabernack liegt in der Luft und muss nur erhascht werden!« Mit einem zärtlichen Schubser forderte sie den Hund auf, ihr zu folgen, und hüpfte von der Fensterbank. Bonsai schloss sich ihr sofort an.
»Ich mach mal mit«, wuffte er. »Vielleicht rollt sie ja irgendwas durch die Gegend, das ich erwischen kann. Das wär töfte. Oder wir fliegen …«
Lilli schaute den beiden nach und wusste nicht, ob sie lachen oder besorgt sein sollte. Zumindest waren die Tiere nun erst einmal beschäftigt und würden nicht bemerken, dass sie –
»Wie weit seid ihr?«, wurde Lillis Gedankengang von ihrer Oma unterbrochen, die gerade den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Habt ihr schon fertig gepackt?«
»Fast«, versicherte Jesahja und schenkte Oma Susewind sein strahlendstes Lächeln.
»Also habt ihr noch nicht mal angefangen?«, erwiderte Oma unbeeindruckt und scheuchte Lilli und Jesahja aus dem Zimmer. »In einer Dreiviertelstunde müsst ihr los!«
»Wer zuerst fertig ist!« Jesahja rannte die Treppe hinauf und verschwand in seinem Zimmer. Lilli beeilte sich, ebenfalls in ihr Zimmer zu kommen und weiterzupacken. Heute fuhren Jesahja und sie gemeinsam auf Klassenfahrt, und Lilli wollte nicht zu spät zum Bus kommen – oder langsamer packen als ihr bester Freund. Deswegen warf sie alles in die große Reisetasche, was ihr in die Finger kam, und erst, als sie einen Kauknochen von Bonsai dazustopfen wollte, hielt sie inne. Bonsai und Frau von Schmidt würden sie auf dieser Reise nicht begleiten. Haustiere waren auf Klassenfahrt nicht erlaubt, und Lilli wollte sich gegen diese Regel auch nicht auflehnen, schließlich durften ihre Klassenkameraden auch keine Tiere mitnehmen. Lilli wusste, dass sie den Hund und die Katze schrecklich vermissen würde, aber sie mochte es nicht, wenn für sie Ausnahmen gemacht wurden. In den vergangenen Monaten hatte sie durch ihre besonderen Fähigkeiten enorm viel Aufsehen erregt, so viel, dass noch immer ein paar Reporter vor ihrem Haus standen und darauf warteten, dass das »Wundermädchen« endlich einmal zu ihnen sprach. Doch Lilli wollte keinen neuen Wirbel um ihre Person, und auch für die Klassenfahrt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als fünf Tage lang ein Mädchen unter vielen anderen Schülern sein zu können und in keiner Weise aufzufallen. Wenn Frau von Schmidt und Bonsai dabei waren, würde das sowieso nicht klappen, und deswegen hatte sich Lilli damit abgefunden, dass die Tiere nicht mitkommen durften. Seufzend legte sie den Kauknochen zur Seite.
Da hörte sie leise Geräusche vor ihrer Tür. Es klang wie aufgeregtes Flüstern oder vielmehr wie unterdrücktes Wuffen.
Lilli öffnete die Zimmertür und stolperte beinahe über Bonsai.
»Lilli! Weißt du, was? Wir haben was total Krasses gemacht!«, quietschte der Winzling und sprang an ihr hoch. »Weißt du, das war krass! Wir haben was total Krasses –«
»Langsam, Bonsai!« Lilli tätschelte dem kleinen Hund beruhigend den Kopf. »Ich kann dich gar nicht richtig verstehen.«
»Nein, nein, nein!«, protestierte Frau von Schmidt, die mit aufgebrachter Miene hinter einer Kommode hervorkam. »Verraten Sie etwa alles, Herr von Bonsai?« Sie baute sich neben dem Hund auf. »So geht das nicht! Der Schabernack ist doch noch gar nicht vollzogen! Sie dürfen erst darüber bellen, wenn es vorüber ist!«
Bonsai verstand natürlich kein Wort, und Lilli übersetzte auch nicht.
»Lilli!«, kläffte der Hund aufgeregt an ihrem Bein weiter. »Wir haben deine Schuhe mit rausgenommen! Schmidti den einen und ich den anderen. Wir sind durch die Katzenklappe raus.«
Lilli hörte Bonsai erstaunt zu.
»Draußen haben wir deine Schuhe in die Pfütze hinter dem Haus getunkt, so dass sie richtig schön nass geworden sind. Dann haben wir sie wieder reingeschleift und sie da drüben hingestellt.« Er blickte zum Treppenabsatz und Lilli sah, dass dort ihre Turnschuhe standen. Klitschnass und voll Matsch.
»Wenn du die anziehst, ist das bestimmt voll witzig!«, bellte Bonsai aufgeregt weiter. »Weil sie ja nass sind!«
Frau von Schmidt...
Erscheint lt. Verlag | 2.6.2024 |
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Reihe/Serie | Liliane Susewind ab 8 | Liliane Susewind ab 8 |
Illustrationen | Eva Schöffmann-Davidov |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer • Bonsai • Doktor Doolittle • Erstleser • Eule • Familie • Fantasy • Freundschaft • Hund • Jesahja • Katze • Kinderbuch • Klassenfahrt • Magie • Maulwurf • Phantasie • Phantasie und Fantasy • Tierdolmetscherin • Tier-Dolmetscherin • Tiere • Tierflüsterin • Tierpark • Tierschutz • Uhu |
ISBN-10 | 3-7336-0780-5 / 3733607805 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0780-7 / 9783733607807 |
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