Emily Windsnap - Die Reise (eBook)
320 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-4385-0 (ISBN)
Als Liz Kessler im Alter von neun Jahren ihr erstes Gedicht veröffentlichte, hatte sie sich nicht träumen lassen, dass sie einmal eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt werden würde. Ihre Kinderbücher über das Meermädchen ?Emily Windsnap? und die Feenfreundin ?Philippa? sind internationale Bestseller und haben sich weit über sechs Millionen Mal verkauft. Für ihren Roman ?Als die Welt uns gehörte? wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet.
Als Liz Kessler im Alter von neun Jahren ihr erstes Gedicht veröffentlichte, hatte sie sich nicht träumen lassen, dass sie einmal eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt werden würde. Ihre Kinderbücher über das Meermädchen ›Emily Windsnap‹ und die Feenfreundin ›Philippa‹ sind internationale Bestseller und haben sich weit über sechs Millionen Mal verkauft. Für ihren Roman ›Als die Welt uns gehörte‹ wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet. Eva Riekert ist nach längerer Verlagstätigkeit als freischaffende Übersetzerin und Lektorin, vor allem in den Bereichen Kinder- und Jugendliteratur und Junge Erwachsene, tätig. Sie lebt in der Nähe von Husum. Für ihre Übersetzung von »Als die Welt uns gehörte« von Liz Kessler wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2023 (Jugendjury) ausgezeichnet.
Kapitel 1
»Wir unterbrechen unser Programm wegen einer dringenden Unwetterwarnung. Am Morgen werden in vielen Küstenregionen wieder kurz aufbrandende Unwetter erwartet. Die Wetterämter raten den Bewohnern dieser Gegenden, nur in dringenden Fällen die Wohnungen zu verlassen. Küstenstraßen, die von den gestrigen Wolkenbrüchen noch überflutet sind, bleiben bis auf weiteres gesperrt.«
Mum stellte den Fernseher ab und stand auf, um den Wasserkessel aufzusetzen. »Diese Unwetter sind doch allmählich absurd«, sagte sie. »Es ist schließlich mitten im Sommer! Wir sollten im Freien sein und sonnenbaden, nicht drinsitzen oder in Regenmänteln und mit Schirmen rumrennen müssen.«
Mums beste Freundin Millie nickte in Richtung des zerfetzten, umgestülpten Regenschirms, der kopfüber im Abfalleimer steckte. »Der dritte, den ich in einer Woche ruiniert habe«, sagte sie. »Es wäre nicht so schlimm, wenn es nur der Regen wäre. Es ist der tosende Sturm, den ich nicht ausstehen kann. Ich träume schon ganz schlecht. Und die Wellen, die über die Kaimauer krachen, tragen nicht gerade dazu bei, eine ruhige Atmosphäre für meine Meditation-und-Erkenntnis-Gruppe zu schaffen.«
Meditation und Erkenntnis war der neue Kurs, den Millie auf der King abhielt, dem Schiff im Hafen von Brightport, in dem sie ganz in unserer Nähe lebte. Die King war früher unser Schiff gewesen, bevor wir ein neues bezogen, nachdem meine Mutter und mein Vater wieder zusammengefunden hatten. Mum ist eine Menschenfrau und Dad ein Meermann, und unser Boot, die Fortuna, ist so konstruiert, dass man unter Wasser und darüber wohnen kann. Ich bin halbe-halbe – menschlich an Land, Meermädchen im Wasser –, ich kann also sowohl über dem Wasser als auch unter Wasser leben.
Millies Gruppe Meditation und Erkenntnis gab es jetzt bereits seit drei Wochen. Den Kurs hatte sie ins Leben gerufen, nachdem sie ›einen Moment der Erleuchtung und Synchronizität‹ gehabt hatte, wie sie das nannte.
So etwas wie ›Momente der Erleuchtung und Synchronizität‹ hat Millie andauernd. Es beunruhigt sie nicht sonderlich, dass niemand weiß, was diese ›Momente‹ eigentlich sein sollen.
»Ich weiß nicht, warum ihr euch so aufregt«, sagte ich. »Die Unwetter sind doch immer nach einer halben Stunde vorbei, ansonsten war das Wetter ja die ganze Zeit schön.« Ich warf einen Blick aus dem Fenster. »Seht mal, es klart schon wieder auf.«
Mum und Millie wechselten einen vielsagenden Blick.
»Was ist?«, fragte ich.
Mum holte zwei Becher und ließ in einen davon einen Teebeutel fallen. »Na ja, es überrascht mich nicht, dass du alles positiv siehst«, sagte sie, und der Hauch eines Lächelns umspielte ihre Mundwinkel.
»Was willst du damit sagen?«
»Sie meint, wie komisch es doch ist, dass diejenigen unter uns alles rosiger sehen, die einen Freund haben«, sagte Millie. Dann prustete sie los und erhob sich vom Sofa. »Ich nehm dich doch nur auf den Arm, Schätzchen, kümmer dich nicht drum«, fuhr sie fort und kniff mir im Vorbeigehen in die Wange. »Earl Grey für mich, Mary P.«, fügte sie hinzu und trat zu Mum an die Küchenzeile.
»Blödsinn«, sagte ich und wandte mich von beiden ab, damit sie nicht sahen, wie mir die Röte in die Wangen stieg – oder das Lächeln bemerkten, das ich nur mit Mühe unterdrücken konnte.
Dabei hatten sie ja recht. Es fiel mir zur Zeit schwer, irgendwas nicht positiv zu sehen. Was machte es schon, wenn es ein bisschen regnete? Wen störte das? Soweit es mich betraf – meine Welt war voller Sonnenschein.
Und es stimmte, es lag tatsächlich an Aaron. Meinem Freund.
Es fühlte sich immer noch ein bisschen seltsam an, ihn so zu bezeichnen, und ich hatte das Wort auch noch nicht laut ausgesprochen – vor allem nicht in seiner Gegenwart! Aber insgeheim benutzte ich es schon – andauernd. Und es gefiel mir.
Tock-tocke-tocke-tock! Das Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ich erkannte den Rhythmus, und wie aufs Stichwort fingen meine Wangen wieder zu brennen an.
Mum war knapp vor mir an der Tür. »Hallo, Aaron«, sagte sie mit einem breiten Lächeln. »Wir haben gerade von dir geredet.«
Aaron sah an Mum vorbei und versuchte, Blickkontakt mit mir aufzunehmen. »Echt?«, fragte er schüchtern.
Ich drängte mich an Mum vorbei. »Bis später«, sagte ich und gab ihr einen flüchtigen Kuss.
»Passt aber auf da draußen«, sagte sie warnend.
»Keine Sorge. Schau doch mal raus – das Unwetter ist schon wieder abgezogen. Ich hab doch gesagt, dass es nicht lange anhält.« Aaron und ich liefen bereits den Anleger entlang.
»Viel Spaß mit deinem Freu-heund!«, trällerte Millie aus dem Schiffsinneren hinter uns her.
Ich sah Aaron verstohlen an. »Tut mir leid«, murmelte ich.
Er lächelte. »Das stört mich doch nicht«, sagte er, »wenn es dich nicht stört?«
Ich war so verlegen, dass ich zu Boden starrte. »Nee, eigentlich stört’s mich auch nicht«, sagte ich zu den Holzplanken des Anlegers.
Ohne ein weiteres Wort streckte Aaron den Arm nach mir aus, und beim Weitergehen nahm ich seine Hand. Dabei spürte ich ein Kribbeln, das mir durch den ganzen Körper lief, und mir wurde warm. So ein Gefühl wie das, wenn Aaron meine Hand hielt, hatte ich früher noch nie verspürt. Es war jedes Mal wie ein kleiner Stromschlag, und ich wäre am liebsten auf und ab gehüpft und in Jubelrufe ausgebrochen.
Wir hatten uns erst im Lauf dieses Jahres kennengelernt. Aaron hatte mit seiner Mutter in einem Schloss draußen auf einer Felseninsel im Meer gelebt, aber vor kurzem waren sie zu uns nach Brightport gezogen. Es war noch nicht lange her, da hatten wir ein unglaubliches Konzert veranstaltet, und seit jenem Abend – an dem er mich geküsst hatte – kamen diese Gefühle immer wieder.
Das sagte ich ihm natürlich nicht. Die einzige Person, der ich etwas davon erzählte, war meine beste Freundin Shona.
»Du bist ja verliebt!«, hatte sie begeistert losgequietscht, als ich es ihr erzählt hatte. Shona ist ein total typisches rührseliges Meermädchen, so, wie man es sich vorstellt. Nichts liebt sie mehr als eine richtige Schnulze.
»Mach dich nicht lächerlich!«, hatte ich geantwortet. »Ich bin zu jung, um mich zu verlieben. Ich weiß ja nicht mal, was das bedeutet.« Wie sie war ich knapp dreizehn – viel zu jung, um über Sachen wie Verliebtsein nachzudenken.
Trotzdem ließ mich das Wort nicht mehr los. Und ich musste eingestehen, dass es tatsächlich nichts gab, was mir lieber war, als mit Aaron zusammen zu sein. Das bedeutete natürlich auch, dass ich in den letzten Wochen nicht mehr so viel Zeit mit Shona verbrachte wie früher, das war mir klar. Und ich hatte das Gefühl, dass diese Tatsache allmählich zu einem wunden Punkt wurde.
Ich wusste nicht genau, ob es sie langweilte, das fünfte Rad am Wagen zu sein, oder ob sie die Nase voll davon hatte, dass ich von ihm sprach, oder ob sie vielleicht sogar ein winziges bisschen eifersüchtig war. Wie auch immer, sie hatte aufgehört, mich nach Aaron auszufragen. Und wenn ich von ihm anfing, wechselte sie das Thema oder schwamm davon, um was anderes zu machen.
Ich konnte es ihr ja auch nicht verübeln. Mein Gerede über Aaron musste mit der Zeit ziemlich langweilig für sie sein. Und um ehrlich zu sein, mir fehlte es auch, dass ich nicht mehr so oft mit ihr zusammen war. Das Blöde war nur, dass ich noch lieber mit Aaron zusammen sein wollte.
»Auf was hast du Lust?«, fragte Aaron jetzt, während wir den Anleger entlanggingen.
Was ich am liebsten wollte, war, auf den Rummelplatz der Rushtons zu gehen und mit ihm Geisterbahn zu fahren, damit wir im Dunkeln nah beieinandersitzen und Händchen halten könnten. Das hatten wir kürzlich mal gemacht, und obwohl es eine ziemlich langweilige Geisterbahn war, hatte ich so getan, als würde ich mich gruseln, damit Aaron den Arm um mich legen würde. Das fühlte sich so schön an, dass ich wünschte, die Fahrt würde nie enden. Leider tat sie das aber, und seither hatte ich keine Ausrede mehr gefunden, ein bisschen mit ihm zu kuscheln.
Aber Shona hatte ich seit Anfang der Woche nicht mehr gesehen, und heute war Freitag.
»Sollen wir nach Schiffriff?«, schlug ich vor. Schiffriff war die Unterwasserstadt der Meerleute, in der Shona wohnte.
»Gerne!«, willigte Aaron ein, und wir gingen über den Strand ans Ufer.
Aaron watete ins Wasser. Ich sah mich nervös um.
»Keine Sorge«, sagte er. »Komm nur.« Dann wandte er sich ab und rannte spritzend mit großen Sprüngen ins Wasser.
Ich hatte mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass wir nicht mehr geheim halten mussten, was für Wesen wir waren. Erst vor einem Jahr hatte ich überhaupt entdeckt, dass ich zum Meermädchen wurde, wenn ich ins Wasser stieg – und fast die ganze Zeit über war es ein Geheimnis gewesen. Neptun, der Herrscher der Meere, war da absolut eisern gewesen. Über viele Jahre hatte er die Welt der Meerleute und die der Menschen streng voneinander getrennt gehalten. Mit einer Droge hatte er erreicht, dass die Menschen es vergaßen, wenn sie mal eine Nixe gesehen hatten. Er hatte sogar Gesetze erlassen, die bestimmten, dass Menschen und Meerleute keinen Kontakt haben durften. Mein Vater war gefangen gehalten worden, weil er Mum geheiratet hatte!
Aber seit kurzem war alles anders geworden. Neptun hatte angeordnet, dass es für die Menschen und die Meerleute Pflicht sei, miteinander auszukommen. Und er hatte die Gedächtnisdroge abgeschafft – zumindest in Brightport. Daher wussten...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2024 |
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Reihe/Serie | Emily Windsnap | Emily Windsnap |
Übersetzer | Eva Riekert |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Aaron • Abenteuer • Alea Aquarius • Buch für Mädchen • Eisberg • Emily • Familie • Fantasy • Fischschwanz • Fjord • Freundschaft • Gletscher • H2O • Jugendbücher ab 10 • Kinderbuch • Liebe • Liz Kessler • Mädchenbücher ab 10 • Mädchengeschichten • Magische Geschichten • Meer • Meeresabenteuer • Meerjungfrau • meerjungfrauen geschenke • Meerjungfrauen Geschichten • Meermädchen • Mitternachtssonne • Neptun • Nixe • Nordlicht • Nordsee • Phantasie • Plötzlich Meerjungfrau • Serie • Streit • Tanya Stewner • Verwandlung • Windsnap |
ISBN-10 | 3-7336-4385-2 / 3733643852 |
ISBN-13 | 978-3-7336-4385-0 / 9783733643850 |
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