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Wozu sind eigentlich Gefühle da? (eBook)

Spannende Antworten auf Fragen zu Emotionen ab 5 Jahren
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
128 Seiten
Ellermann im Dressler Verlag
978-3-98643-019-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wozu sind eigentlich Gefühle da? -  Andrea Schütze
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Kleine Geschichten über große Gefühle Glück, Wut, Stolz und Angst - Kinder können ihre Gefühle nicht immer benennen, empfinden sie aber umso stärker. Dieses Vorlesebuch für Kinder ab 5 Jahren erzählt, wie unterschiedlich Gefühle sein können. Es enthält 15 unterhaltsame Geschichten aus der turbulenten Welt der Gefühle mit altersgerechten Sachinformationen - einfühlsam erzählt und fröhlich illustriert. Ein wunderbares Bilderbuch, das Kindern hilft, ihre Gefühle zu verstehen und richtig mit ihnen umzugehen. Wozu sind eigentlich Gefühle da? - Eine Reise durch die Welt der Emotionen - Die Vielfalt unserer Gefühle: Ein Vorlesebuch über Mut, Wut, Freude, Angst & Co. - Wichtiges Thema im Kinderalltag: 15 Vorlesegeschichten, die Kindern ab 5 Jahren ihre Gefühle erklären. - Einfühlsam erzählt: Kindnahe Geschichten aus der turbulenten Welt der Gefühle von Andrea Schütze. - Emotionen bei Kindern: Mit altersgerechten Sachinfos und fröhlichen Illustrationen. Die lebensnahen Geschichten zum Vorlesen vermitteln auf liebevolle Weise, wie unterschiedlich Gefühle sein können. Ob wütend, mutig oder ängstlich - Gefühle kann man nicht sehen, sie sind aber ein wichtiger Teil von uns. Ein unterhaltsames Gefühle-Kinderbuch mit 15 Vorlesegeschichten - perfekt für Familien mit Kindern ab 5 Jahren.

Andrea Schütze probierte viele Hobbys, ehe sie beim Lesen und Schreiben blieb. Sie hat einen Gesellenbrief als Damenschneiderin, ein Diplom als Psychologin und lebt in Süddeutschland.

Andrea Schütze probierte viele Hobbys, ehe sie beim Lesen und Schreiben blieb. Sie hat einen Gesellenbrief als Damenschneiderin, ein Diplom als Psychologin und lebt in Süddeutschland.

Madame Vera Veritatis


Tati hat Bauchschmerzen. Schon seit gestern Abend. Sie werden einfach nicht besser. Die ganze Nacht schon grummelt, zwickt und drückt es in ihrem Magen. Tati hat deswegen kaum geschlafen.

Draußen zwitschern bereits die Vögel, da fallen ihr erst die Augen zu. Doch als Mama ihr sanft über den Arm streichelt und einen Kuss auf ihre Stirn drückt, kommt es Tati so vor, als seien grade mal fünf Minuten vergangen.

»Hallöchen, meine Süße! Der Morgen ist aufgewacht, die Sonne durchs Fenster lacht, verschwunden ist die finst’re Nacht«, flötet Mama fröhlich dichtend vor sich hin und öffnet schwungvoll die bunten Vorhänge. Ein feiner, frecher Sonnenstrahl findet seinen Weg durch die kleinen Fenster des Wohnwagens und kitzelt Tati an der Nase. Sie muss niesen.

»Hoppla, bist du erkältet?«, fragt Mama besorgt. »Wäre gar nicht gut, heute, am ersten Schultag.«

»Ja!!!«, ruft Tati erleichtert. Der Nieser kam ihr gerade recht. »Ich bin sogar sehr erkältet. Und Bauchschmerzen habe ich auch. Schon die ganze Nacht.« Zumindest Letzteres entspricht der Wahrheit, und deswegen fühlt sich Tati beim Schwindeln auch nicht ganz so unwohl.

»Oh, du Arme«, meint Mama und fühlt Tatis Stirn. »Nö, nicht heiß«, stellt sie fest. »Hast du gestern Abend zu viele Süßigkeiten gemampft? Ich mache dir einen warmen Kakao, da verschwindet das Bauchweh ruck, zuck.« Mama klopft Tati aufmunternd auf den Rücken. Dabei klimpern ihre vielen Armreife gegeneinander.

Tati seufzt.

Natürlich ist sie nicht erkältet. Und das Bauchweh kommt auch nicht von den Süßigkeiten.

Nein, Mama ist schuld dran.

Tati kriegt vor Entsetzen einen Schluckauf. Hat sie das jetzt wirklich gedacht? Erschrocken schüttelt sie den Kopf.

»Was ist los?«, fragt Mama und nimmt den Topf mit der Milch von der kleinen Kochplatte.

»Nix«, murmelt Tati und zieht die Tür zu dem winzigen Bad hinter sich zu. Dabei macht sie sich ganz schmal.

Tati liebt ihren Wohnwagen, es ist nämlich so gemütlich da drin, und man fühlt sich immer wie in einer warmen, kuscheligen Höhle. Aber wenn der Zirkus weiterzieht, muss Tati wieder mal die Schule wechseln, und dann wünscht sie sich manchmal, sie würde wie jedes andere Kind auch in einer ganz normalen Wohnung leben, mit einem Treppenhaus und einem kleinen Balkon. Oder vielleicht in einem Haus mit Garten, in dem Tomaten wachsen und Sonnenblumen. Doch es ist nicht das Zirkusleben, das ständige Wechseln der Schule und die immer neuen Freundschaften. Nein! Tati ist schließlich ein echtes Zirkuskind, sie findet ratzfatz neue Freundinnen, auch wenn sie hin und wieder gerne mit ihnen tauschen würde.

»Schatz, die Karten meinen es heute gut mit dir«, sagt Mama, als Tati sich in die kleine Essnische schiebt, wo ein großer Becher Kakao vor sich hin dampft.

Und das ist genau das Problem. Nein, nicht der Kakao. Auch nicht die neue Schule oder die Karten, sondern, wie gesagt Mama.

Tati findet, sie hat die peinlichste Mutter der Welt. Reicht es nicht schon, dass sie bei jeder Zirkusvorstellung die gruseligste Wahrsagernummer vorführt, die man sich nur denken kann? Mit einer schaurig beleuchteten Kristallkugel, jeder Menge waberndem Rauch und geheimnisvollen Karten, die sich wie von Zauberhand aufblättern? Und natürlich hat Mama auch einen Künstlernamen. Sie nennt sich Madame Vera Veritatis und liest jedem Zuschauer, der sich traut, die Zukunft aus der Hand. Außerdem kann Mama natürlich auch Gedanken lesen und weiß immer genau, was sich in den Handtaschen der Frauen in der ersten Reihe befindet. Doch muss Mama denn auch noch genauso aussehen wie Madame Vera? Also den ganzen Tag? Nicht nur bei ihrem Auftritt?

Hoch aufgetürmte schwarze Haare, die mit mindestens drei bunten Tüchern geschmückt sind. Eine Wallebluse mit einem Muster, dass einem vom Hingucken ganz schwindlig wird, und ein glitzernder Rock, der beim Gehen auf dem Boden schleift und den sich Mama, damit sie nicht andauernd drüber stolpert, ständig an einer Seite in den Bund ihrer Unterhose steckt. Was sie natürlich regelmäßig vergisst und oft auch so nach draußen geht, wenn Tati sie mal nicht dran erinnert. Dazu trägt Mama so viel schwarzen Schminkstift um die Augen, dass Tati manchmal denkt, sie habe eine dunkle Sonnenbrille auf. Dazu wählt Mama meistens kirschroten Lippenstift, der einen an Marmelade erinnert, oder den babyrosafarbensten, den man sich nur vorstellen kann. An den Ohrläppchen baumeln Federn, und die Finger sind mit unzähligen Ringen geschmückt. Sogar die Daumen! Mama sieht aus wie ein falscher Weihnachtsbaum, findet jedenfalls Tati.

Doch das Schlimmste an der ganzen Sache ist: Ganz genau so wird Mama ihre Tochter auch heute in die Schule bringen. In Tatis Bauch zwickt es erneut. Sie kann alles schon ganz genau vor sich sehen. Es läuft bei jeder neuen Schule ähnlich ab. Mama, die große Auftritte gewöhnt ist, wird mit großen Gesten und rauchiger Madame-Vera-Stimme von Tati und ihren Erfolgen in der letzten Klasse erzählen, um die Klassenlehrerin davon zu überzeugen, welch eine große Bereicherung ihre Tochter sein wird. Die Lehrerin wird verzweifelt so tun, als wäre es nun wirklich nichts Außergewöhnliches, dass die neue Schülerin von einer waschechten Zirkushexe zum Unterricht gebracht wird, während die Mitschüler Tati und ihre Mutter anstarren, umringen, miteinander tuscheln, lachen, kichern und hunderttausend Fragen stellen werden. Und leider sind die nicht immer nur neugierig und freundlich. Kaum ist Mama weg, geht es nämlich erst richtig los.

»Wenn meine Mutter so peinlich wäre wie deine«, hat einmal ein Mädchen zu Tati gesagt, »würde ich nirgendwo mit ihr hingehen.« Wie oft hat sich Tati in dieser Situation schon geschworen, endlich mit Mama zu reden und sie zu bitten, sie beim nächsten Mal einfach nur vor der Schule abzusetzen.

Doch bis jetzt hat sie sich um diese Aussprache immer gedrückt. Denn sie will Mama ja nicht wehtun. Außerdem fühlt es sich überhaupt nicht gut an, wenn man sich für die eigene Mutter schämt, und das würde man ja mit einem solchen Gespräch zugeben. Und Tati liebt ihre Mama doch. Ob sie nun peinlich ist oder nicht. Tati schluckt die aufkommenden Tränen hinunter.

»Auf geht’s, Maus«, sagt Mama in diesem Moment und greift nach ihrer blau-grün verspiegelten Sonnenbrille. Auch das noch. Wie obermegapeinlich. Obermegamaxipeinlich! Damit sieht Mama aus wie eine kunterbunte Überraschungsei-Figur.

»Mama!!!«, japst Tati. »Kannst du nicht wenigstens …«

»Beeilung!« Mama steht schon in der geöffneten Wohnwagentür und winkt mit dem Schulranzen.

Und plötzlich ist in Tatis Magen nichts als Wut. Aber wenn sie jetzt anfängt, mit Mama zu diskutieren, muss sie bestimmt weinen. Und mit verquollenen Heulaugen in der neuen Klasse zu erscheinen, ist fast noch schrecklicher als alles andere.

Also schlängelt sich Tati zwischen den Möbeln hindurch und schleicht bedrückt die Stufen hinunter. Draußen nieselt es. Auch das noch. Bis sie bei den Autos sind, die am Rand der Wiese auf dem Parkplatz stehen, sind ihre neuen Schuhe bestimmt total durchweicht.

»Ups, ich hab was vergessen«, sagt Mama und reicht ihrer Tochter den Autoschlüssel. »Geh schon mal vor.«

»Mann, Mama!«, erwidert Tati missmutig. Mamas Stiefel mit den goldenen Klimpertalerketten übertönen sogar die Regengeräusche. Schlecht gelaunt stapft Tati los und versucht, möglichst nicht auf besonders nasse Stellen zu treten. Dann setzt sie sich ins Auto, steckt den Schlüssel ins Zündschloss und dreht ihn bis zur Eins. Jetzt kann sie den Scheibenwischer anmachen und ein wenig Radio hören.

Langsam hört der Regen auf. Tati summt ein Lied mit und reibt an ihren Schuhen herum. Wo bleibt Mama denn nur? Tati sieht auf die Uhr. Sie will nicht auch noch zu spät kommen. Das wäre sozusagen die alleroberste Kirchturmspitze der extremsten Superpeinlichkeit, die sich Tati vorstellen kann.

Gerade als Tati beschließt, einmal kräftig auf die Hupe zu drücken, eilt eine fremde Frau aufs Auto zu. Ihr langer Pferdeschwanz wippt beim Laufen hin und her, und sie strahlt übers ganze Gesicht. Sie trägt ein weißes T-Shirt und eine Jeans. Irgendwie kommt sie Tati bekannt vor.

»Äh, Moment«, protestiert Tati, als die Frau plötzlich die Autotür aufreißt und sich japsend hinter das Steuer klemmt.

»Jetzt aber flottikarotti«, sagt Mama und legt den Rückwärtsgang ein. »Sich als Stinknormali zu verkleiden, macht fast noch mehr Arbeit, als sich in Madame Vera zu verwandeln.«

»Äh«, sagt Tati wieder und weiß gar nicht, wohin sie zuerst schauen soll. Die Frau ist ihre Mutter! Mama sieht aus wie nagelneu! Tati hatte schon ganz vergessen, wie Mama unter all der Farbe und den seltsamen Klamotten aussieht. Wunderhübsch nämlich.

»Mama, du siehst total schön aus«, sagt Tati endlich.

»Findste?«, fragt Mama und zieht zweifelnd die Augenbrauen hoch. »Nicht zu langweilig? Spießig? Bieder? Brav? Ich komme mir voll farblos vor. Fast nackt, ehrlich. Es ist bestimmt fünfzehn Jahre her, dass ich eine Jeans anhatte, du lieber Himmel. Ich hatte ganz vergessen, wie die Dinger zwicken.« Mama öffnet schnaufend den obersten Hosenknopf. »Ich ersticke sonst.«

Tati lacht. Mit einem Mal ist in ihrem Bauch kein Grimmen und kein Zwicken mehr. Als hätte sich ein großer Steinbrocken aufgelöst, der sich jetzt anfühlt wie eine kugelrunde, schillernde Seifenblase.

»Danke«, flüstert Tati.

»Ach …«, winkt Mama ab und fährt grinsend auf den Schulparkplatz.

 

Doch das Seltsamste kommt ja erst noch.

Als Tati mit Mama vor dem Klassenzimmer auf die neue Lehrerin wartet, nimmt nämlich kaum jemand von...

Erscheint lt. Verlag 5.1.2024
Reihe/Serie Vorlesegeschichten mit Aha!-Effekt
Vorlesegeschichten mit Aha!-Effekt
Illustrationen Dagmar Henze
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Vorlesebücher / Märchen
Schlagworte ab 5 • Antworten • bindungsorientierte Erziehung • Gefühle erklären • Humor • Kinderalltag • Kinderfragen • Kurzgeschichten • lustig • Vorlesegeschichten über Gefühle • Wissen
ISBN-10 3-98643-019-9 / 3986430199
ISBN-13 978-3-98643-019-1 / 9783986430191
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