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Noah und der verlassene Leuchtturm -  Stefanie Kloft

Noah und der verlassene Leuchtturm (eBook)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
201 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-788-0 (ISBN)
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Dass sein Dad bei der Kriminalpolizei arbeitet, kam Noah nie besonders riskant vor - bis jetzt. Dunkle Gestalten verfolgen sie, sie erhalten anonyme Anrufe und sogar einen Drohbrief! Kurzerhand schickt sein Vater Noah übers Wochenende an die Nordsee - in Sicherheit. Zusammen mit seinen Freunden Hannes und Ella versucht Noah, die Tage am Meer zu genießen. Doch die finsteren Typen aus Berlin sind ihnen auf den Fersen, und als die drei Freunde feststellen, in welcher Gefahr sie schweben, ist es bereits zu spät ...

Stefanie Kloft arbeitet nach einem sozialwissenschaftlichen Studium und einer Weiterbildung zur Kreativitätspädagogin seit 2011 im soziokulturellen Zentrum des christlichen Vereins Lebendige Steine e.V. in Stendal (Sachsen-Anhalt). Sie ist glücklich verheiratet mit Samuel. Das kreative Schreiben ist Teil ihres Lebens, seit sie als Kind die Buchstaben auf der Schreibmaschine ihrer Eltern lernte. www.stefaniekloft.de Instagram: stefanie_kloft Facebook: Stefanie Kloft

Im Visier

Noah nahm die Kopfhörer ab und lauschte. Hatte dieses merkwürdige Geräusch eben tatsächlich zur Musik gehört? Aus der Wohnung über ihm drang das monotone Brummen von Frau Lennarts Staubsauger herunter und es rumpelte hin und wieder, wenn sie damit an die Möbel stieß. Aber sonst war alles still. Mit einem Schulterzucken streifte er sich die Kopfhörer wieder über die Ohren und widmete sich seinem Video-Schnitt-Programm.

Konzentrier dich!

Er war spät dran. Nächste Woche schon musste er das Kunstprojekt zum Thema »Bewegung« abgeben. Sie hatten wählen können zwischen bildender und digitaler Kunst. Jetzt saß er vor einem Stop-Motion-Film und versuchte, Hunderte von Bildern zu einem Videoclip zusammenzusetzen. Dass der so viel Arbeit machen würde, hätte er nicht gedacht. Hoffentlich nahm das bald Gestalt an, sonst …

Da war es wieder! Noah riss sich die Kopfhörer herunter. Diesmal hatte er es sich ganz sicher nicht eingebildet. Frau Lennarts Staubsauger war inzwischen verstummt, auf der Straße rauschte der Feierabendverkehr. Und dann ertönte irgendwo in der Wohnung ein Klingeln wie von einem Telefon. Noah stand auf und öffnete die Tür zum Flur. Diesen Klingelton kannte er gar nicht. Hatte Dad ein neues Handy? Woher kam diese eintönige Melodie, die klang wie aus der Telekom-Werbung? Konnte eigentlich nur das Festnetztelefon sein, allerdings hatte Dad für die wenigen Anrufer, die diese Nummer kannten, eigene Klingeltöne installiert und dieser Ton war keiner davon.

Es stand nicht an der Ladestation. Noah hastete durch den Flur. Vielleicht in der Küche?
Hier müssen wir auch mal wieder aufräumen, dachte Noah, während er die Ablage durchforstete. Schließlich zog er das Telefon unter einem Stapel Werbezeitschriften hervor.

»Hallo?«, nahm er den Anruf entgegen.

Niemand meldete sich.

»Hallo?«, fragte Noah erneut.

Keine Antwort, nur ein kurzes Knacken in der Leitung. Atmete da jemand? Dann ertönte das Besetztzeichen. Aufgelegt. Irritiert ließ Noah das Telefon sinken. Das rote Blinklicht zeigte ihm an, dass der Anrufer es wohl schon einmal versucht hatte. Noah checkte die Anruferliste. Drei Anrufe in Abwesenheit innerhalb der letzten vierzig Minuten, doch statt einer Telefonnummer stand dort nur »Nummer unbekannt«.

Noah schüttelte den Kopf. Da unterdrückte jemand seine Nummer. Sollte das ein schlechter Witz sein?

Er brachte das Telefon zur Ladestation und setzte sich wieder an den Computer. Unschlüssig drehte er sich mit dem Schreibtischstuhl hin und her. Das bisschen Konzentration, das er sich abgerungen hatte, war jetzt auch noch verflogen. Er stieß mit dem Knie gegen den Tisch. Schmerzerfüllt zuckte er zusammen. Gestern war er in der U-Bahn-Station die letzten Stufen der Rolltreppe hinuntergefallen, weil sich zwei Typen von hinten so aggressiv vorbeigedrängelt hatten, dass er nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Fast hatte er gedacht, es sei Absicht gewesen, weil einer der beiden ihn im Vorbeigehen so dreckig angegrinst hatte. Aber andererseits … War halt Berlin. Da gab es eigenartige Menschen an jeder Ecke.
Er rieb sich das schmerzende Knie und lauschte. Über ihm schlurfte Frau Lennart durch die Wohnung. Draußen leerte ein Müllfahrzeug die Tonnen vom Imbiss nebenan. Alles normal.

»Reiß dich zusammen«, brummte er und schlug sich gegen die Schläfe. Noch eine, höchstens zwei Stunden und das Video wäre fertig geschnitten, dann hätte er am Wochenende frei. Er starrte den Bildschirm an. Ein Glas Wasser wäre jetzt gut.

Die Sprudelflasche in der Küche war leer. Noah öffnete die Tür zur Vorratskammer und betätigte den Lichtschalter. Nichts passierte. Ach ja, die Glühbirne wollte er ja schon längst mal gewechselt haben. Hatten sie denn überhaupt noch eine im Haus? Er durchforstete den Schrank mit Putzmitteln im Flur. Hier waren keine. Wo würde er denn Glühbirnen aufbewahren, wenn er welche gekauft hätte? Vielleicht bei den Batterien? In der Kramschublade im Küchenschrank waren davon zwar viele und dazu jede Menge Kugelschreiber, aber keine Glühbirnen. Ob diese Kulis noch alle funktionierten? Noah griff sich einen und kritzelte probehalber auf einer Werbezeitschrift herum.

»Was machst du denn hier?«, schimpfte er mit sich selbst und pfefferte den Stift in die Schublade zurück. »Du willst doch den blöden Film fertig kriegen!« Er nahm sich ein Glas Leitungswasser und schlurfte zurück Richtung Schreibtisch. Gerade als er seine Zimmertür ins Schloss drücken wollte, klingelte im Flur das Telefon. Wieder die fremde Melodie, fünf Töne, Pause, fünf Töne.
Genervt riss Noah den Hörer aus der Ladestation. »Hallo?«

Keine Antwort, dann ein kurzes Knistern. Die Stimme am anderen Ende klang verzerrt: »Du hast Post.«

»Wer ist …?«

Tut, tut, tut. Aufgelegt. Langsam ließ Noah den Hörer sinken. Merkwürdig. Er warf einen Blick zur Wohnungstür. Auf dem Fußabtreter lag ein einzelner weißer Briefumschlag.

Das Geräusch von vorhin war wohl das Klappern des Briefschlitzes gewesen. Noah hob den Umschlag auf. Er war nicht zugeklebt und nichts stand darauf, weder eine Adresse noch ein Absender. Noah zog ein gefaltetes DIN-A4-Blatt heraus. Es war ein Foto, anscheinend aus einem parkenden Auto heraus aufgenommen. Darauf zu sehen war sein Dad, wie er das Gebäude der Kriminalpolizei verließ. Anscheinend hatte er den Fotografen nicht bemerkt. Er trug die Aktentasche unter den Arm geklemmt, in einer Hand hielt er einen Kaffeebecher, in der anderen sein Handy.

Und über seine Brust, auf Höhe des Herzens, war das Fadenkreuz eines Gewehrs gezeichnet.
Noah ließ den Brief sinken und schluckte. Sein Hals fühlte sich auf einmal ganz trocken an, er schluckte erneut. Dann hastete er zur Tür und schloss von innen ab. Er warf einen weiteren Blick auf das Foto, bevor er es mit zitternden Fingern zurück in den Umschlag steckte. Hatte da wirklich jemand seinem Vater eine Morddrohung nach Hause geschickt?

* * *

»Du bist spät.« Mit verschränkten Armen lehnte Noah an der Arbeitsplatte.

Sein Vater antwortete nicht, warf nur seine Aktentasche auf den Tisch und öffnete den Kühlschrank. »Ich dachte, du bist unterwegs. Ist doch Freitagabend«, entgegnete er und schob sich zwei Scheiben Salami in den Mund.

Noah hob die Augenbrauen. »Seit wann bin ich denn Freitagabend unterwegs?«

»Weiß nicht.« Dad zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus der Milchpackung. »Bist doch jetzt vierzehn.« Er schloss die Kühlschranktür.

Noah musterte ihn schweigend. Er wirkte müde, aber nicht müde wie nach einem langen Arbeitstag, sondern ausgelaugt müde. Erledigt, völlig durch. Sein kurzes, krauses Haar wurde an der Stirn immer lichter und färbte sich an den Schläfen grau. Wie lange war das schon so?

»Alles okay bei dir?«

»Jaja!« Dad winkte ab. »Hatte nur kein Abendessen.«

»Wo warst du so lange?«, bohrte Noah nach. Es war 22:34 Uhr. Normalerweise hatte sein Vater während seiner Spätschichten Dienstschluss um acht Uhr abends. Sollte er ihm sagen, dass er sich Sorgen gemacht hatte? Dass er sich zwei Stunden lang gefragt hatte, wann er bei der Kripo anrufen sollte, um nachzuhören, ob sein Vater schon unterwegs nach Hause war? Ob es eigenartige Vorkommnisse gegeben hatte in letzter Zeit?

»Ich bin müde, ich geh ins Bett.« Ohne eine weitere Erklärung machte Dad auf dem Absatz kehrt und schlurfte aus der Küche.

Noah löste seine verschränkten Arme und griff nach dem Briefumschlag, der neben ihm auf der Arbeitsplatte lag. Unschlüssig drehte er ihn in den Händen hin und her. Im Flur schloss sein Vater die Wohnungstür ab, einmal, zweimal. Er hängte die leise klirrende Sicherungskette ein. Das machte er sonst nie. Noah fröstelte. Er schob den Brief unter den Stapel Werbezeitschriften. Vielleicht wollte er gar nicht wissen, was er zu bedeuten hatte. Vielleicht wollte er einfach nur ins Bett gehen und am nächsten Morgen feststellen, dass alles nur ein böser Traum gewesen war.

* * *

Das kalte Neonlicht erhellte nur notdürftig den Fahrweg zwischen den parkenden Autos. Es roch nach Abgasen und Urin, unheimlich tanzte Noahs Schatten über die dreckigen Wände. Er war allein hier unten. Den Blick starr auf das grüne Notausgangschild geheftet, hastete er an den abgestellten Wagen vorbei Richtung Tür, die Kennzeichen verschwammen in seinen Augenwinkeln. Noah griff nach der Klinke und rüttelte daran. Abgeschlossen! Der Weg ins Treppenhaus war versperrt. Suchend schaute er sich um. Gab es einen zweiten Ausgang? Ja, dort ganz hinten, am anderen Ende der Parkfläche, leuchtete ein weiteres grünes Schild. Er setzte sich wieder in Bewegung, quer durch die halbdunkle Tiefgarage. Seine Schritte hallten von der niedrigen Decke wider. Nur seine Schritte? War er wirklich allein hier unten? Das Schild schien endlos weit weg, es kam überhaupt nicht näher. Ein mulmiges Gefühl kroch Noah den Rücken herauf, er begann, schneller zu laufen. Plötzlich lösten sich dunkle Gestalten aus den Schatten zwischen den Autos und versperrten ihm den Weg. Eine hielt ein Blatt Papier in der Hand, darauf war ein riesengroßes Fadenkreuz gedruckt. Entsetzt wich Noah zurück. Sie folgten ihm, sprachen kein Wort und kamen nur bedrohlich immer näher. Noah tastete sich rückwärts zwischen den parkenden Autos hindurch, bis er die dunkle Außenwand im...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-96362-788-3 / 3963627883
ISBN-13 978-3-96362-788-0 / 9783963627880
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