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Rappel im Karton (eBook)

eine Geschichte über Freundschaft und Zusammenhalt ? besonderes Kinderbuch für Mädchen und Jungen ab 10 Jahre (schönes Geschenk unter Freundinnen)
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
256 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0556-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rappel im Karton -  Mandy Schlundt
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So verschieden können beste Freundinnen sein!  Zahra ist neu in Berlin und mit ihrer Ma auf Wohnungssuche. Doch die Schlangen bei den Besichtigungsterminen sind endlos, die Mieten unbezahlbar und überhaupt sind Zahra und ihre Mutter für Vermieter nicht gerade die erste Wahl. Da trifft Zahra Nike - und obwohl die beiden Mädchen komplett gegensätzlich sind, ist es wahre Freundschaft auf den ersten Blick! Nike will Zahra unbedingt helfen, und wie durch Zauberei flattert plötzlich eine Zusage für eine Wohnung herein ... Total unterschiedlich und trotzdem Freundinnen - wie das geht, beweisen Zahra und Nike! 

Mandy Schlundt, geb. 1983, hat Kommunikationsdesign studiert und arbeitet als Designerin und Illustratorin . 2006 wurde sie mit dem Preis »Schönste Deutsche Bücher« der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Mit »Rappel im Karton« feiert sie ihr Debüt als Autorin. Mandy lebt mit ihrer Partnerin, ihren drei Kindern, Hunden, Ziegen und Meerschweinchen in Portugal.

Mandy Schlundt, geb. 1983, hat Kommunikationsdesign studiert und arbeitet als Designerin und Illustratorin . 2006 wurde sie mit dem Preis »Schönste Deutsche Bücher« der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Mit »Rappel im Karton« feiert sie ihr Debüt als Autorin. Mandy lebt mit ihrer Partnerin, ihren drei Kindern, Hunden, Ziegen und Meerschweinchen in Portugal. Mandy Schlundt, geb. 1983, hat Kommunikationsdesign studiert und arbeitet als Designerin und Illustratorin . 2006 wurde sie mit dem Preis »Schönste Deutsche Bücher« der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Mit »Rappel im Karton« feiert sie ihr Debüt als Autorin. Mandy lebt mit ihrer Partnerin, ihren drei Kindern, Hunden, Ziegen und Meerschweinchen in Portugal.

KAPITEL 3 Das schaffen wir!


Zahra starrte auf ihre Füße. Sie fühlten sich wund an. Links von ihnen prangte ein alter Kaugummi an einem der Rädchen ihres Rollkoffers. Rechts von ihnen scharrten Ayens Stoffschuhe auf den Bodenplatten des Bahnsteigs. Die Nachmittagssonne ließ endlich nach und trieb einem nicht länger den Schweiß aus den Poren. In ihrer Rocktasche hatte Zahra das Zugticket, und sie knetete eine der Ecken mit den Fingern. Sie war jetzt schon so kaputt, aber dann erst diese Zugfahrt: Sie würden mehrfach umsteigen und nach Mitternacht noch ein Taxi ordern müssen. Hoffentlich konnte sie dazwischen ein bisschen schlafen.

Genauso gut hätten sie und ihre Ma sich zwei Wochen lang Berlin anschauen und die Zeit genießen können … Das Ergebnis wäre erfreulicher gewesen. Mit Wehmut dachte Zahra an das Mädchen aus der Pizzeria. Schnell scheuchte sie es wieder aus ihrem Kopf. Die Wohnungssuche war beendet, und es hatte nichts als Absagen gehagelt. Eigentlich war der Plan, dass Ayen ab September im »Midiri« als Köchin arbeitete, einem superangesagten äthiopischen Restaurant; das sollte ihre Basis sein. Und währenddessen wollte sie die Prüfungen durchziehen, damit sie endlich wieder in ihrem richtigen Beruf arbeiten konnte: Sie hatte da diesen Kontakt in der Uniklinik von früher. Und obwohl das ganze Vorhaben mangels Wohnung bereits den Bach runtergeschippert war, brachte Ayen es nicht über sich, Ermias anzurufen, den Chef des Restaurants, und den Job abzusagen. Warum tat sie es nicht endlich? Sie konnten ja schlecht aus dem kleinen schrumpeligen Haus in der Pfalz ausziehen und ihre Sachen dann einfach irgendwo hier in der Hauptstadt auf die Straße stellen.

Kurz stellte sich Zahra vor, wie das wäre: Wenn sie morgens aus dem Bett kroch und direkt auf dem Gehweg stand. Und sich in irgendeinem der dreckigen Fenster spiegelte, während ihr der Zahnputzschaum vorm Mund hing. Wie sie einen Hund verscheuchte, der an ihrem Bücherregal das Bein hob. Wie sie auf dem gemütlichen Sessel saß und las und, weil es anfing zu nieseln, den großen Sonnenschirm über sich aufspannte.

Ach Moment … der Sessel war schon weg. Überhaupt war fast alles weg. Ayen wollte keinen so riesigen Umzug stemmen und hatte das meiste an Bekannte verschenkt oder gemeinnützig gespendet. In das nun beinahe leere Häuschen, das sie all die Jahre bewohnt hatten, konnten sie noch mal für ein paar Wochen zurückkehren. Dann lief der Mietvertrag aus. Jetzt mussten sie dort nach Wohnungen suchen. Sie dachte an weitere Vermieter, die kopfschüttelnd Ayens Bewerbung überflogen. Ihr wurde ganz schwindelig. Müde schwenkte sie den Blick zu ihrer Ma.

Die tippte auf dem Handy herum. Ayens Gesicht sah aus, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen. Noch mehr Absagen. Jede Wette.

Dong-ding, ging die Ansage an ihrem Bahnsteig. »Meine Damen und Herren, an Gleis dreizehn fährt ein: ICE von …«

»Waaas?!«

Verwundert blickte Zahra zu ihrer Ma, die entgeistert auf den Handybildschirm stierte. Es war unmöglich zu verstehen, was Ayen jetzt vor sich hin stammelte. Die Ansage sagte den einfahrenden Zug an, der sie in wenigen Minuten aus dieser Stadt befördern würde. Sie standen genau unter dem Lautsprecher. Die Fetzen »Was soll das heißen?« und »Was machen wir denn jetzt?« drangen an Zahras Ohr, während die englische Ansage alles wiederkäute. »Please take care while the train is approaching.«

Ayen hielt Zahra ihr Handy hin. Zahra verstand erst nicht. Eine E-Mail. Betreff Wohnung irgendwas. Irritiert überflog sie den Text. An dem Wort Glückwunsch blieb sie hängen. Dann ein Termin. Der war morgen.

Ihr Zug fuhr ein. Bewegung kam in die Menge, Menschen griffen nach ihren Taschen.

Zahra las ein zweites Mal, und die Information sickerte langsam bei ihr durch. Ihr klappte die Kinnlade runter. Das war eine Zusage! Sie hatten eine Wohnung! Und die Adresse ließ auch was bei ihr klingeln. »Ist das nicht die Wohnung …«

»… bei der du unten in der Pizzeria geblieben bist, ja!«, brachte Ayen hervor.

»Die du zu schick und zu teuer fandest …?«

Ayen nickte und murmelte: »Die ich viel zu teuer fand!«

Der Zug hielt. Türen glitten auf. Menschen strömten in allen Richtungen an ihnen vorbei. Mutter und Tochter schauten sich nur an und bekamen kein Wort mehr raus.

Während die Ansage eine endlose Liste an Anschlusszügen herunterleierte, fiel Zahra ein zu fragen: »Was … was ist denn jetzt mit unserem Zug?«, wohinein die Ansage dröhnte: »Meine Damen und Herren an Gleis dreizehn, bitte steigen Sie ein. Vorsicht an den Türen und bei der Abfahrt des Zuges.«

Die englischsprachige Ansage übertönte weitere zäh dahinfließende Sekunden lang Zahras verhedderte Gedanken. Wenn sie jetzt in den Zug stiegen, konnten sie morgen keinen Mietvertrag unterzeichnen. Aber mit ihrem Köchinnenjob würde ihre Ma die horrend hohe Miete nicht zahlen können.

Auch in Ayen arbeitete es sichtlich. Kurzerhand nahm sie Zahra an der Hand und zog sie mit sich; Zahra angelte gerade noch ihren Rollkoffer. Die Zugtüren piepsten und schlossen sich, der ICE fuhr an und rollte aus dem Bahnhof. Mit klopfendem Herzen sah ihm Zahra nach und wusste nicht, ob das eine gute Entscheidung war.

Sie blieben.

Fahrig zerknüllte sie das Zugticket in ihrer Rocktasche.

Ayen hob die Augenbrauen, legte Zahra ihre warmen Hände auf die Schultern und sagte im Ton inbrünstiger Überzeugung: »Das schaffen wir!«

 

Am folgenden Tag starrte Zahra auf ihr Spiegelbild im Fenster der Pizzeria. Rundherum strahlten die Spiegelungen der weißen Hausfassaden. Hinter der Scheibe konnte sie genau den Stuhl erkennen, auf dem sie gesessen hatte – während Ayen über ihr, sie wusste nicht, wie, diese Wohnung ergattert hatte. Wäre Zahra neulich, als sie dadrin kalte Pizza verzehrt hatte, schon klar gewesen, dass sie tatsächlich hier einziehen würden … Hätte sie darauf beharrt, mit Nike Nummern auszutauschen, bevor Ayen sie zum nächsten Haus geschleift hatte? Wie sollte man sich in dieser riesenhaften Stadt mit Millionen von Menschen je wiederfinden?

»Frau Badri, ich grüße Sie!«

Zahra taumelte aus ihren Gedanken und blickte sich nach der Stimme um.

»Hellmann.«

Ein blonder Mann in piekfeinem Anzug und mit Krawatte schüttelte die Hand ihrer Ma. Der Vermieter.

Für Zahra hatte er ein Kopfnicken übrig.

Sie grüßte ihn flüchtig und war froh, dass er sich wieder Ayen zuwandte. An deren zerstreuten Handbewegungen konnte Zahra ablesen, wie nervös sie war.

Sie folgten ihm die drei Schritte zum Hauseingang. Er schloss auf, sie traten ein, und die schwere Eingangstür verschluckte mit einem Happs alle Hektik der Stadt.

Zahra war, als hätte sie eine andere Welt betreten. Auf dem spiegelglatten Fliesenboden rankten pastellfarbene Blumen. Der Hausflur war mit einem roten Teppich belegt, an dessen Ende das Treppenhaus nach oben führte. Blüten und Ornamente durchzogen das hölzerne Geländer. Der Vermieter ging mit Ayen voran nach oben. Zahra wandelte hinterher, über Stufen und vorbei an Wänden, die mit farbigen Lichtflecken besprenkelt waren, verursacht von bunten Fensterscheiben. Auf dem Treppenabsatz schaute sie nach draußen. Dort blitzte ihr die Sonne durch das Laub eines sehr dicken und hohen Baumes entgegen.

Die Tür zur Wohnung war mit Paneelen aus Holz mit kleinen Fensterchen und mehr geschnitzten Blättern und Ranken versehen – wie bei den Elben, dachte Zahra. Der Vermieter, der ununterbrochen geredet hatte, schloss auf. Drinnen spiegelte nagelneues Parkett das Licht der großen hohen Fenster. Der ganze Rest, Wände, Decken, Türen und Fenster, waren weiß.

Auf einem Fensterbrett breitete der Mann die Vertragspapiere aus, über die sich Ayen beugte. Zahra entfernte sich von den Erwachsenen und streifte durch die wenigen Räume. Das hier musste ihr Zimmer sein. Es war leicht zu erkennen: das einzige mit rot getünchten Wänden.

Die Vorhänge waren zu. Das Erste, was Zahra in diesem Haus berührte. Sonnenlicht flutete den Raum, als sie sie aufzog. Dort, inmitten eines grün bewachsenen Hinterhofes, stand der beeindruckende Baum, den sie unten vom Treppenhaus aus gesehen hatte. Sie konnte direkt in seine Krone gucken. Eine Schar Spatzen sprang durch die Zweige.

Zahra seufzte. Hier sollten sie wohnen? Glück und Bedrückung lieferten sich einen Kampf in ihrem Bauch. Das hier war zu schön, um wahr zu sein, so unglaublich schick und edel und … Mein Gott, wie sollten sie das je bezahlen?! Das konnte nicht gutgehen.

 

Trotzdem rollte Zahra zwei Wochen später ihre Isomatte auf dem tadellosen Parkettboden aus. Während sie sich darauf hockte, schleppte Ayen sich an ihrer offenen Tür vorbei in die Küche und wuchtete die letzte Kiste in eine Ecke.

Ihre Siebensachen hatten gerade so in den Transporter der Mitfahrgelegenheit gepasst. Fast. Ein Schränkchen hatten sie dort lassen müssen – sonst hätte der Motorroller nicht mitgekonnt. Jetzt hatten sie praktisch gar keine Möbel mehr. Ein kleiner Tisch und zwei Klappstühle. Eine Kommode. Ein Regal. Obwohl die Zweiraumwohnung ziemlich klein war, wirkte sie mit den wenigen Kisten und auseinandergebauten Möbeln viel zu groß.

Kurz saß Zahra da und starrte ihre Umzugskartons an. Aus einem holte sie behutsam einen winzigen Kaktus und platzierte...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2023
Illustrationen Mandy Schlundt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Alltagsrassismus • Armut • Berlin • BIPOC • BPOC • Diversität • Empowerment • Freundschaft • Freundschaftsgeschichten • Gentrifizierung • Helfersyndrom • Kinderbuch ab 10 • Klassismus • Leben in der Großstadt • Ratte • Stadtgeschichten • umziehen mit Kindern • Vielfalt • Wohnungsnot
ISBN-10 3-7336-0556-X / 373360556X
ISBN-13 978-3-7336-0556-8 / 9783733605568
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