Aru gegen die Götter, Band 3: Das Geheimnis des Wunschbaums (Rick Riordan Presents) (eBook)
448 Seiten
Ravensburger Buchverlag
978-3-473-51172-3 (ISBN)
Aru Shah ist nicht Spider-Man
Aru Shah hatte einen riesengroßen Donnerkeil. Und sie hätte ihn nur zu gern eingesetzt.
„Tu’s nicht, Shah!“, sagte ihr Freund Aiden eindringlich. „Wenn du die Zielpersonen mit einem Stromschlag aus Vajra umbringst, können wir unsere neue Pandava-Mission vergessen!“
„Reg dich ab.“ Aru gab sich Mühe, cool zu klingen. „Mein Vater ist der Gott des Gewitters. Da werde ich ja wohl mit Elektrizität umgehen können.“
„Gestern hast du mit einer Gabel im Toaster rumgestochert“, hielt Aiden dagegen.
„Aber nur ganz kurz. Außerdem hatte das blöde Ding mein Frühstück gekidnappt.“
Ein Windstoß traf Arus Hinterkopf und sie drehte sich um. Ein großer Adler mit saphirblauem Gefieder kam angeflogen. Als der Vogel landete, verwandelte er sich mit blauem Aufleuchten in Brynne, die Tochter des Windgottes und Arus Seelenschwester.
„Keine Sichtung der Zielpersonen“, meldete Brynne. „Und ich schließe mich Aiden an. Was Elektrizität betrifft, traue ich dir nicht.“
„Mit dir habe ich überhaupt nicht geredet!“, konterte Aru ärgerlich.
„Aber ich habe alles gehört. Ich sage nur: Adlerohren.“
Mini, die Tochter des Todesgottes, stand neben Aiden. Sie drückte ihren Todes-Danda (den sie liebevoll ToDa nannte) an sich und schaute sich immer wieder nervös um. „Bei deinem Gestocher mit der Gabel hättest du dir selber einen Stromschlag holen können“, wandte sie sich vorwurfsvoll an Aru. „Und dann wärst du –“
„Gestorben?“, sagten Aiden, Aru und Brynne wie aus einem Mund.
Mini verschränkte trotzig die Arme. „Eigentlich wollte ich sagen: vielleicht ins Koma gefallen. Oder du hättest einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder Verbrennungen erlitten. Und ja, gestorben wärst du möglicherweise auch.“
Brynne verdrehte die Augen. „Der Toaster ist doch jetzt egal. Wir müssen uns überlegen, wie wir die Zielpersonen befreien können. Es eilt.“
Die drei Pandavas und Aiden standen vor dem hell erleuchteten Riesenrad im Stadtzentrum von Atlanta. Ringsum ragten die Wolkenkratzer der Skyline auf. Autos schoben sich hupend durch den Feierabendverkehr. Niemand achtete auf die vier Kinder mit ihren magisch leuchtenden Waffen.
Ihr affenköpfiger Lehrer Hanuman und Buh, ihr Mentor in Taubengestalt, hatten ihnen eröffnet, dass in einer der Riesenrad-Gondeln zwei Personen saßen, die Hilfe brauchten. Wie sie aussahen, wussten die Pandavas nicht, aber eine davon hatte seherische Fähigkeiten.
Seit Jahrhunderten wartete die Anderwelt auf die Verkündung einer wichtigen Prophezeiung, die angeblich darüber entschied, wer im Krieg der Devas, der Götter, gegen die Asuras siegen würde. Der aktuelle Anführer der Asuras war der Schläfer. Wobei Prophezeiungen laut Buh so eine Sache waren. Sie offenbarten sich ausschließlich in Anwesenheit bestimmter Personen, meistens jener, auf die sie sich bezogen. Buh war felsenfest überzeugt, dass nur entweder die Pandavas oder aber die Komplizen des Schläfers diese spezielle Prophezeiung hören konnten. Und dass es darauf ankam, dass die gegnerische Seite sie nicht zu hören bekam.
Der Winter ging dem Ende zu. Seit der letzten Mission der Freunde, die sie auf den Grund des Milchozeans geführt hatte, war viel passiert. Inzwischen war Aru vierzehn. Sie war ein Stück gewachsen, so wie auch ihre Haare, die ihr jetzt über die Schultern reichten. Seit Neuestem passten ihr sogar die Schuhe ihrer Mutter (auch wenn sie weiterhin am liebsten barfuß lief). Im schwindenden Abendlicht schimmerten die Blüten der Hartriegelbäume, als hätten sich Sterne an den Ästen verfangen. Die Kirschbäume am Straßenrand warfen schon ihre rosafarbenen Blütenblätter ab und der feuchte Pollenstaub auf dem Boden sah wie Blattgold aus.
„Ich bin alle Gondeln abgeflogen, aber manche sind nicht erleuchtet und verschlossen“, sagte Brynne. „Wieso versteckt sich jemand, der in die Zukunft blicken kann, ausgerechnet auf einem Riesenrad?“
„Und dann noch auf einem, das momentan nicht in Betrieb ist“, ergänzte Aiden.
„Vielleicht, weil er oder sie einen noch besseren Blick haben will?“, entgegnete Mini.
„Egal. Wir müssen das Ding in Gang setzen, damit wir an die verschlossenen Gondeln rankommen“, sagte Brynne. „Wenn ich das Riesenrad mit einem Sturm anschiebe –“
„Dann kippt es womöglich um!“, fiel ihr Aru ins Wort.
„Und wenn du Vajra einsetzt, werden die Insassen womöglich gegrillt!“, konterte Brynne.
„Es muss noch eine andere Lösung geben“, sagte Mini beschwichtigend.
Aiden nickte. „Wenn Brynne das Riesenrad mit ihrer Keule langsam in Bewegung setzt, könnte ich eine Gondel nach der anderen überprüfen und –“
„Für langsam haben wir keine Zeit!“, unterbrach ihn Aru.
„Und wenn wir beide hochklettern und ich die Gondeln mit ToDa checke?“, schlug Mini vor.
„Vergiss es“, erwiderte Aru. „Sehe ich etwa aus wie Spider-Man?“
„Na ja, dein Schlafanzug …“
Brynne schnaubte verächtlich.
„Welcher Schlafanzug?“, wollte Aiden wissen.
„Themawechsel!“, hätte Aru am liebsten gerufen, sagte aber stattdessen rasch: „Meinetwegen versuchen wir’s.“
Brynne grinste breit und hob ihre Windkeule. Gleißend blaues Licht schoss aus der göttlichen Waffe. Metall quietschte und knarrte und das Riesenrad fing gemächlich an sich zu drehen.
„Los!“, kommandierte Brynne.
Das Riesenrad war mindestens sechzig Meter hoch, die Gondeln drehten sich zusätzlich um sich selbst. Als Aru die Stufen zum Podest erklomm, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Sie zog sich an der untersten inneren Speiche hoch. Weil es vorhin geregnet hatte, waren die Metallstreben glitschig. Unter normalen Umständen hätte Aru niemals in eine derart waghalsige Kletterpartie eingewilligt. Doch ihr Training kam ihr zugute und außerdem waren an den Sohlen ihrer magischen Pandava-Schuhe Saugnäpfe erschienen, die einen Absturz verhinderten.
Die drei Pandavas hatten sich die ganze Woche über auf diesen Einsatz vorbereitet. Ihnen war bewusst, was auf dem Spiel stand. Die Dämonenvorfälle in der Menschenwelt häuften sich zunehmend. Doch derjenige, der hinter dem Ganzen steckte, der Schläfer, war untergetaucht. Er war Arus Vater und sie hätte ihn gern nur als das Monster gesehen, das er eindeutig war. Doch sie musste immer wieder daran denken, wie er sie als Neugeborenes liebevoll im Arm gehalten hatte – auch wenn es vielleicht nur eine Stunde lang gewesen war.
Ihre Konzentration ließ nach, ihre Hand rutschte ab. Als sie nach unten schaute, schlug ihr kalter Wind ins Gesicht. Die Straßenlaternen glichen Lichterketten aus kleinen Sternen, die Baumkronen erinnerten an zerkochten Brokkoli.
„Alles in Ordnung?“, rief Mini. Sie stand auf der Speiche unter Aru.
Ganz ruhig, Shah.
Sie hatten das alles gründlich geübt.
Es war zu schaffen.
„Klar.“ Aru zwang sich zu lächeln und kletterte weiter.
Der nächste kalte Windstoß wehte ihr das Haar in die Augen.
Du kletterst gerade an einem echt hohen Riesenrad hoch, redete sie sich gut zu. So was können nur SUPERHELDEN. Und Ryan Gosling in Wie ein einziger Tag. Aber vor allem Superhelden.
„Superheldinnen!“, korrigierte sie sich halblaut und griff nach der nächsten Metallstrebe.
Dann fing sie leise zu singen an. Die Hände taten ihr weh und sie klapperte mit den Zähnen. Als sie den Kopf wandte, stellte sie fest, dass sie mit den Wolkenkratzern auf Augenhöhe war.
„Singst du?“, fragte Mini verwundert.
Aru verstummte sofort. „Quatsch.“
„Es hat sich angehört wie: Spider-Man, Spider-Man … macht was immer ein Spider-Man macht. Aber so geht der Song gar nicht.“
„Du hast dich verhört, weil dir der Wind um die Ohren pfeift.“
Mini, die gelenkiger war als Aru und Brynne zusammen, überholte sie.
„Ich dachte, du hast Höhenangst“, sagte Aru.
„Hab ich ja auch. Ich habe vor vielem Angst, aber Konfrontationstherapie hilft. Vielleicht gehen wir ja alle zum Fallschirmspringen, wenn ich achtzehn werde.“
„Wir?!“
„Da! Das muss die erste verschlossene Gondel sein.“
Die gläserne Kabine war groß genug für zwei Personen. Anders als die meisten übrigen Gondeln war sie dunkel. Als Aru und Mini bis vor die rote Tür balanciert waren, stellten sie fest, dass sie sich nicht öffnen ließ. Um die Hände frei zu haben, hatte Aru ihren Donnerkeil in ein Armband verwandelt. Jetzt wurde das Armband zum elektrisch geladenen Blitzspeer. Der Strom ließ ihren ganzen Arm kribbeln.
Nicht zu doll, ermahnte sie sich.
Das Schicksal der gesamten Anderwelt hing von ihnen ab. Aru zielte und warf …
Klirr!
Als der Speer die Angeln traf, schwang die Gondeltür quietschend auf. Dahinter war … gähnende Leere. Mini zückte den in einen Taschenspiegel verwandelten ToDa. In dieser Form entlarvte er Trugbilder und Tarnungen.
„Fehlanzeige“, verkündete sie.
Arus Speer kehrte in ihre Hand zurück. „Dann weiter.“
Sie machten kehrt und balancierten zur Nabe des Riesenrads zurück. Dann zogen sie sich auf die Speiche vor der nächsten...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2023 |
---|---|
Reihe/Serie | Aru gegen die Götter |
Aru gegen die Götter | Aru gegen die Götter |
Mitarbeit |
Cover Design: Melanie Korte, Miriam Wasmus |
Übersetzer | Katharina Orgaß |
Verlagsort | Ravensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | action • Antolin • Buch • Bücher • Fantasy Bücher • für Jungs ab 10 • für Mädchen ab 10 • Geschenk • Geschenkidee • Humor • Kinder-Bücher • Lesen • Literatur • lustig • Mythologie Buch • Neuerscheinungen Bücher 2023 • ownvoices • Rick Riordan • Rick Riordan presents • Sikander gegen die Götter • Von Rick Riordan empfohlen • witzig • Zane gegen die Götter |
ISBN-10 | 3-473-51172-2 / 3473511722 |
ISBN-13 | 978-3-473-51172-3 / 9783473511723 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 8,7 MB
Kopierschutz: Adobe-DRM
Adobe-DRM ist ein Kopierschutz, der das eBook vor Mißbrauch schützen soll. Dabei wird das eBook bereits beim Download auf Ihre persönliche Adobe-ID autorisiert. Lesen können Sie das eBook dann nur auf den Geräten, welche ebenfalls auf Ihre Adobe-ID registriert sind.
Details zum Adobe-DRM
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen eine
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen eine
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich