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Elefantensommer (eBook)

Ein 2 ½ Tonnen schwerer Grund, morgens aufzustehen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
240 Seiten
Carl Hanser Verlag München
978-3-446-27702-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Elefantensommer -  Holly Goldberg Sloan
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Holly Goldberg Sloan über Glück und Kummer, Freude und Hoffnung - ein herzerwärmendes Sommermärchen
Eine Sommergeschichte voller Glück, in der ein Elefant und ein Mädchen die Hauptrolle spielen. Sila wartet seit Monaten auf ihre Mutter, die wegen eines Problems mit der Einwanderungsbehörde in ihre Heimat Türkei zurückkehren musste. Doch dann lernt sie Gio kennen, der sich mit seinem Lottogewinn eine Farm gekauft hat. Und der Veda rettet - die Elefantendame aus einem ehemaligen Zirkus darf auf Gios verwunschenem Anwesen leben und wird zum Glücksbringer in Silas Sommer. Sila findet ihre Lebenslust wieder, lockt mit Vedas Hilfe ihren Klassenkameraden Mateo aus seiner Schweigsamkeit und findet in ihm einen neuen Freund. Ein herzerwärmendes Sommermärchen mit Happy End über Freundschaft, Mut und Mitgefühl, übersprudelnd vor Hoffnung und Glück.

Holly Goldberg Sloan ist Regisseurin, Filmproduzentin und Drehbuchautorin. Als sie mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch verkaufte, war sie schon viel herumgekommen und hatte in den Niederlanden, in Istanbul, New York City, Washington D.C. und Oregon gelebt. Heute ist sie sesshaft geworden und lebt mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in Los Angeles. 2015 erschien ihr erstes Jugendbuch Glück ist eine Gleichung mit 7 bei Hanser, gefolgt von den Kinderbüchern Short (2018) und zuletzt An Nachteule von Sternhai (2019), für das sie mit Meg Wolitzer zusammenarbeitete. 2023 erscheint ihr Kinderbuch Elefantensommer.

1.


An jenem Nachmittag hatte sie ihr Lieblings-T-Shirt getragen, daran erinnerte sich Sila Tekin genau. Es war eigentlich nichts Besonderes, einfach ein rotes Shirt mit weißen Streifen und blauer Stickerei. Aber es saß perfekt, war nicht zu eng und nicht zu weit. Außerdem war es nicht nur sehr bequem, es war ihr Glücks-Shirt: Sie hatte es getragen, als sie eines Nachmittags auf dem Heimweg von der Schule einen 20-Dollar-Schein auf dem Bürgersteig fand. Und sie hatte in diesem T-Shirt im August beim Bowlen ihr bestes Ergebnis erzielt und sich bei einem richtig schwierigen Mathetest gut geschlagen. Ein andermal hatte sie es getragen, als sie hoch oben in einem Baum im Hendricks-Park einen sechzig Zentimeter großen Fleckenkauz entdeckte. So eine große Eule bei Tag zu sehen, war wirklich etwas ganz Besonderes.

Es gab also keinen Zweifel: Das T-Shirt brachte Glück.

Jedenfalls bis zu jenem Donnerstag, dem 6. September, als Sila durch die Wohnungstür trat und ihre Eltern in der Küche vorfand. Ihre Eltern waren sonst nie zu Hause, wenn sie aus der Schule kam; sie waren immer noch bei der Arbeit. Die Augen ihrer Mutter waren vom Weinen rot und geschwollen, und ihre Nase triefte wie ein undichter Wasserhahn.

»Was ist los?«, fragte Sila auf Türkisch — der Sprache, die sie zu Hause sprach.

Ihr Vater legte die Hände auf die Schultern seiner Tochter. Sie konnte seine Anspannung sogar in seinen Fingerspitzen spüren: »Wir haben schlechte Nachrichten.«

In Silas Ohren begann es zu rauschen. Ihre Großmutter oder ihr Großvater mussten gestorben sein. Mit zitternder Stimme fragte sie: »Was ist passiert? Bitte erzählt es mir!«

Silas Mutter Oya sah aus, als wollte sie etwas sagen, aber es kam nichts als ein langer, trockener Seufzer aus ihrem Mund, in den sich erstickte Schluchzer mischten. Schließlich brachte ihr Vater heraus: »Deine Mutter wird eine Reise machen. Aber sie wird bald wieder zurück sein. Ganz bestimmt.«

»Eine Reise? Wieso das denn?«

»Ach, Papierkram in Ordnung bringen. Rechtliche Dinge.«

Sila sah ihre Mutter an: »Wohin musst du denn?«

»In die Türkei.«

Sila blickte zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater hin und her. Sie waren nicht krank. Es war keiner gestorben. Es ging hier also nicht um die Gesundheit von irgendjemandem. Sila starrte ihre Eltern an und konnte genau sehen, wie sie versuchten, ruhig zu bleiben. Und dennoch wirkten sie, als ob sie gleich platzen würden.

»Ich versteh’s nicht. Und was sind jetzt die schlechten Nachrichten?«

Ihre Mutter putzte sich die Nase. »Die Einwanderungsbehörde, da gibt’s ein Problem.«

Und Silas Eltern begannen zu erklären, dass Oya in das Land zurückkehren müsse, das sie als Erwachsene verlassen hatte. Dort würde sie ein Dokument neu ausgehändigt bekommen, das wohl nie korrekt ausgestellt worden war. Ohne eine Klärung dieser Situation könne Oya vor Gericht gestellt und sogar abgeschoben werden. Sie müsse also eigentlich nur vor Ort einen Schreibfehler berichtigen. Sie hätten schon einen Plan.

Für Sila klang das nicht nach einem Riesending. Ihre Mutter hatte doch schon häufiger gesagt, sie sehne sich nach dem Ort, wo sie geboren war. Eine Reise in die Türkei konnte doch auch ihr Gutes haben? Oya sprach schließlich ständig darüber, dass sie Silas Großeltern wiedersehen wollte. Dass sie das Brot und den Käse und die Tomaten vermisste, mit denen sie aufgewachsen war.

Aber zu dieser Reise war sie gezwungen. Vielleicht, dachte Sila, war es wie mit so vielen anderen Dingen: Das, was andere einem auftragen, macht einfach nicht so viel Freude wie etwas, das man aus eigenem Antrieb tut.

Jeder will schließlich der Chef in seinem eigenen Leben sein.

Sila war in Oregon geboren. Sie war also amerikanische Staatsbürgerin. Ihre Eltern lebten seit fast fünfzehn Jahren in Eugene, der zweitgrößten Stadt im Bundesstaat Oregon, aber sie waren türkische Staatsbürger. Ihre Mutter hatte in Istanbul Bibliothekswesen studiert, aber als sie in den USA angekommen waren, hatte sie eine Arbeit als Zimmermädchen im teuersten Hotel auf der Main Street angenommen. Fünf Tage die Woche machte sie die Zimmer sauber, und wenn sie Glück hatte, bekam sie für einen sechsten Tag Überstundenzuschlag. Nach vierzehn Jahren war ihre Anstellung erst letzte Woche beendet worden. So vieles war durcheinandergeraten.

Der Plan war folgender: Silas Mutter würde für acht Tage verreist sein — zwei Sonntage, zwischen die sechs Tage geklemmt waren.

Vor ihrer Abreise kochte Oya die Lieblingsessen ihrer Tochter und ihres Mannes und packte Kühlschrank und Gefriertruhe randvoll mit Glasbehältern und Plastikboxen. Während ihre Mutter zwischen Ofen und Herd hin- und herwuselte, versuchte Sila, sich nützlich zu machen, und putzte die Wohnung. Nachdem sie fertig war, fing sie noch mal von vorn an. Sie hätte auch noch einen dritten Durchgang begonnen, aber ihre Mutter nahm sie mit, um Geschenke für Freunde und Verwandte in der Türkei zu besorgen.

Später am Abend saß Sila auf dem Bett ihrer Eltern und sah Oya zu, wie sie die hübsch verpackten Geschenke in einen großen Koffer stapelte. Als sie damit fertig war, passten noch genau drei Outfits, Unterwäsche für eine Woche und vier Paar Socken hinein. Das werde für die kurze Zeit ausreichen, die sie unterwegs wäre, beharrte ihre Mutter.

Das sah Sila anders, sagte aber nichts.

Ihre Eltern hoben Geld von ihrem Sparkonto ab und nutzten noch eine Kreditkarte, um die Reise zu finanzieren. Beim Abschied konnte Sila ihrer Mutter die Nervosität ansehen. Oya drückte ihrer Tochter eine Kette mit einem blauen Glasanhänger in Form eines Auges in die Hand, das den »bösen Blick« abwenden sollte und das sie zum Schutz immer bei sich tragen sollte. Sila war sich ziemlich sicher, dass ihre Mutter nicht an Abwehrzauber glaubte, aber sie schien es ziemlich ernst zu meinen. Aberglaube brachte eigentlich Unglück, das wusste Sila.

Sila legte sich trotzdem die goldene Halskette um. Sie wollte nicht weinen. Ihre Mutter flüsterte: »Du wirst sehen, acht Tage gehen ganz schnell vorüber.«

Aber aus den acht Tagen waren acht Monate geworden. Sila hatte sich in ihrem Zimmer einen Kalender aufgehängt und machte jeden Abend, bevor sie zu Bett ging, ein Kreuz in das entsprechende Viereck. Dann notierte sie, wie viele Tage ihre Mutter schon weg war. Sie war jetzt bei Tag 237.

Sila liebte ihren Vater sehr, aber die Trennung von ihrer Mutter war schlimmer als alles, was sie bisher erlebt hatte. Sie fehlte ihr so sehr, dass sich sogar ihre eigene Haut nicht richtig anfühlte. Die Luft lag schwerer auf ihren Armen, und beim Gehen schienen ihre Füße doppelt so groß zu sein wie vorher.

Anfangs aß Silas Vater Alp nicht viel. Er trug drei Tage lang das gleiche Hemd und rasierte sich nicht mehr jeden Morgen. Er sprach ständig mit seiner Frau und versuchte oft, es vor Sila geheim zu halten. Aber sie wusste es trotzdem. Sie konnte ihre Mutter weinen hören. Über Skype. Am Telefon. Alp blieb dann im Schlafzimmer, hinter geschlossener Tür, oder ging flüsternd ins Badezimmer. Als ob Sila taub wäre.

Es verging einige Zeit, bis sie sich an die Tatsache gewöhnten, dass sie es mit einer echten Krise zu tun hatten. Anfangs fühlte es sich scharf und kantig an, aber dann verwandelte die Zeit es in etwas Tieferes, Stumpfes und noch Schwereres. Es wurde ihre neue Wirklichkeit.

Mit das Schlimmste war, dass Sila ständig erwartete, ihre Mutter irgendwo zu sehen. Wenn sie in die Küche kam, dachte sie, sie stünde am Herd. Ihre Mom hätte auf dem Sofa liegen sollen. Vorne im Auto sitzen. Oder aus dem Badezimmer kommen. Ihre Mutter war fortwährend in Silas Kopf und Herz, aber nicht im Zimmer.

Und wer wusste schon, wann sie wiederkommen würde?

Also warteten sie.

Oya Tekin war in ein Land geflogen, von dem Sila bislang nur gehört hatte. Sie hatte es nie gesehen. Ihre Mutter war in die Türkei zurückgekehrt. Sie hatte in Warteschlangen gestanden. Sie hatte mit Beamten telefoniert. Sie hatte ihre Akte wieder und wieder und wieder vorgelegt, und man hatte ihr gesagt, es sei eben ein Prozess, der Zeit brauche. Jeden Tag wachten Sila und ihr Vater in der Hoffnung auf, dass die notwendigen Unterlagen in der Botschaft in Ankara eingetroffen waren. Aber auf ihre drängendste ...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2023
Übersetzer Katharina von Savigny
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Elephant in the Room
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Antolin • Autismus • Bären • Ein Mädchen namens Willow • Einsamkeit • Einwanderung • Elefant • Elefantenpflege • Familie • Ferien • Flamingos • Freunde finden • Freundschaft • Freundschaftsgeschichte • Garten • Glück • Glück ist eine Gleichung mit 7 • Heimat • Hoffnung • Immigration • Integration • Kinderbuch • Kinderroman • Liliane Susewind - Mit Elefanten spricht man nicht • Mein Freund Pax • Mutter • Schule • Sommergeschichte • Tiere • Tierfreundschaft • Tierliebe • Tierquälerei • Tierrettung • Trauer • Träume • Traurigkeit • Trennung • Türkei • Wilde Tiere • Wünsche • Zirkus • Zuhause
ISBN-10 3-446-27702-1 / 3446277021
ISBN-13 978-3-446-27702-1 / 9783446277021
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