Ein Fall für Katzendetektiv Ra - Die Suche nach Pharaos Sohn (eBook)
288 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-44654-9 (ISBN)
Amy Butler Greenfield studierte Geschichte in den USA und England und schreibt nun für Kinder und Jugendliche. Sie wurde mehrfach für ihre Bücher ausgezeichnet. Amy B. Greenfield lebt mit ihrer Familie am Rande der Cotswolds in England.
Amy Butler Greenfield studierte Geschichte in den USA und England und schreibt nun für Kinder und Jugendliche. Sie wurde mehrfach für ihre Bücher ausgezeichnet. Amy B. Greenfield lebt mit ihrer Familie am Rande der Cotswolds in England.
3
Gefahr ahoi!
Seid ihr schon mal auf dem Nil gesegelt? Falls nicht, dann gebe ich euch jetzt einen ganz heißen Tipp – am besten reist man mit einer königlichen Barke. Pharao hat gleich mehrere davon zur Verfügung. Sie sind aus dem kostbaren Holz der Libanonzedern gebaut und mit eleganten Privaträumen für die Familie ausgestattet (und natürlich für Pharaos Kater).
Pünktlich um zwölf Uhr Mittag legten wir ab, und ich bezog gleich meinen gewohnten Platz nahe dem Bug, wo man am besten die kühle Brise des Flusses genießen kann.
»Also wirklich«, sagte Khepri, der wieder oben auf meinem Kopf saß. »Was für eine Aussicht!«
Während wir uns langsam von Theben entfernten, leuchtete am Ufer der große Tempel in der Mittagssonne wie poliertes Elfenbein. Der leichte Wind ließ das Wasser funkeln wie Juwelen. Perfekte Bedingungen für ein Schläfchen.
Da kam Miu zu mir herüber. »Dedi redet gerade mit dem Kapitän, aber ich finde, du solltest Kija im Auge behalten, Ra. Sie erkundet jeden Winkel dieses Schiffs. Die Mannschaft ist nicht besonders glücklich darüber.«
»Ach, lass sie doch«, sagte ich leichthin. »Wenn die Mannschaft nicht glücklich darüber ist, ist das ihr Problem.«
Doch auch Miu schien nicht glücklich. »Aber …«
»Sieh doch!« Ich miaute vor Entzücken. »Da kommt mein Imbiss!«
Und tatsächlich, schon näherte sich der Koch. Er servierte mir das Essen auf einem großen Teller und eilte zurück in die Küche.
»Ochsenschwanz!« Ich leckte mir begeistert die Lippen. »Miu, das reicht für uns beide.«
»Dung ist anscheinend nicht dabei«, sagte Khepri traurig.
»An den Sandalen eines Matrosen klebte etwas, was ziemlich stark gestunken hat«, sagte Miu.
Khepris Miene leuchtete auf. »Danke!« Sofort krabbelte er glücklich los.
Normalerweise ist die Essenszeit meine Lieblingszeit am Tag. Das Beste ist, dass es davon so viele am Tag gibt. Doch während ich an meinem Ochsenschwanz kaute, sah ich, wie Kija an einer Gruppe von Matrosen vorbeischlich, um mich besser im Blick zu haben. Das machte mich nervös.
Nachdem ich den letzten Rest Soße aufgeleckt hatte, sagte ich zu Miu: »Weißt du was? Der Tag war schon ganz schön lang, ich könnte ein Nickerchen brauchen. Ich strecke mich mal ein Weilchen aus.«
»Nix da«, sagte Miu. »Du musst auf die Kinder aufpassen. Vor allem auf Kija.«
»Ich dachte, das könntest du übernehmen, Miu. Du kannst doch so gut mit Kindern.«
Sie rührte sich nicht von der Stelle. »Ra, das sind Pharaos Kinder, du bist Pharaos Kater. Es ist deine Pflicht, auf sie aufzupassen.«
»Aber denk doch mal, wie hübsch du mit Kopftuch aussehen würdest«, bettelte ich.
Ich bettelte noch immer, als Kija über mich herfiel. »Ra-Mausi! Zeit fürs Verkleiden! Los geht’s.« Sie zog ein Stück Stoff hervor und zerrte es mir über den Kopf. »Das ist eine Tunika. Und jetzt wirst du eingewickelt.«
Ich war zu überrascht, um auch nur zu jaulen, aber ich hörte ein winziges Kichern und schaute auf. Khepri beobachtete genau, was geschah, genauso wie Miu, die gleich hinter ihm saß, ein feines Katzengrinsen im Gesicht.
»Todschick siehst du aus«, schnurrte sie.
»Wie eine Mumie«, sagte Khepri. »Nur mit mehr Fell.«
Ich sah an mir herunter. Tatsächlich, wie eine Mumie sah ich aus. Ich drehte mich hin und her, um mich zu befreien, und als Kija mich in noch mehr Stoffbahnen wickelte, zeigte ich ihr die Zähne.
»Ra!« Miu klang wirklich schockiert. »Jetzt beruhige dich doch mal. Für ein Kind von sechs Jahren geht sie eigentlich sehr sanft mit dir um. Und es ist ja wohl nicht das Ende der Welt, einmal Verkleiden zu spielen.«
»Für uns jedenfalls nicht«, meldete sich Khepri. »Es macht Spaß, euch zuzuschauen.«
Miu zwinkerte ihm zu. »So ist es.«
»Ra-Mausi, du bist so niedlich.« Kija strich mir über den Kopf. »Und jetzt sei ein liebes Kätzchen und lass mich dir den Lendenschurz anziehen.«
Einen Lendenschurz?
»Jetzt reicht’s, ich bin weg!« Ich streckte meine kraftvollen Pfoten aus und machte mich frei. Pfeilschnell schoss ich an Dedi vorbei, der auf dem Weg zu Kija war, und kletterte schnurstracks den Mast hoch. Nach und nach warf ich alle Tücher ab.
»Ra-Mausi, komm zurück«, jammerte Kija.
»Niemals!«, schrie ich.
»Du musst auch kein Pharao sein, Ra-Mausi.« Kija hielt einen winzigen Schleier in den Wind und wedelte damit. »Du kannst auch eine Hohepriesterin sein.«
Ich würdigte diesen Vorschlag nicht einmal einer Antwort.
»Ich besorg dir auch einen Nachschlag vom Ochsenschwanz«, bettelte Kija. »Und du kriegst all mein Essen.« Eine Sekunde lang war ich in Versuchung, aber nicht länger. Manche Opfer sind einfach zu groß, selbst für die köstlichsten Speisen.
»Dann komm ich hoch zu dir!« Kija klammerte sich an den Mast. Ich kletterte noch ein bisschen höher, aber das war gar nicht nötig. Dedi kam und holte seine Schwester herunter. »Kija, hör jetzt auf. Wenn du willst, dass Ra dein Freund ist, dann bestimmt nicht so. Lass ihn eine Weile in Ruhe und komm mit. Wir können das Königliche Spiel von Ur spielen.«
Kija schmollte, doch die Aussicht auf ein Brettspiel mit ihrem Bruder war schließlich doch zu verlockend. Danach verlor ich jedes Zeitgefühl. Stundenlang hing ich oben in der Takelage, an ein aufgerolltes Segel gelehnt. Ich hörte die Rufe von Fischern, die sich beeilten, unserer Barke auszuweichen, und das Schnattern von Gänsen, die sich scharenweise aus dem Schilf am Ufer erhoben. Doch ansonsten war es weitgehend still. Eingelullt vom sanften Schaukeln des Schiffs, tauchte ich ein in einen seligen, ungestörten Frieden.
Erst nach langer Zeit hörte ich ein vertrautes Klicken an meinem Ohr.
»Ich fass es einfach nicht, dass du hier oben bist«, sagte Khepri, noch atemlos von dem hohen Aufstieg. »Du solltest doch auf Pharaos Kinder aufpassen.«
»Ich kann von hier oben auf sie aufpassen«, antwortete ich. »Das ist sogar der perfekte Ort dafür. Von hier oben habe ich alles im Blick.« Das stimmte. Von meinem luftigen Ausguck schaute ich hinunter auf Kija und Dedi und die gesamte Barke. Doch damit endete mein Blick noch nicht. Ich schaute zum Horizont und sah, wie der Nil sich durch die Wüste schlängelte: wie eine lange, aufgeblähte Schlange. Dank Pharaos gekonnt ausgeführten religiösen Riten hatten die Götter Ägypten in diesem Jahr mit dem besten Hochwasser seit Menschengedenken gesegnet. Fast von Stunde zu Stunde wurde der Fluss breiter.
»Siehst du die kleine Gestalt da unten, ganz vorn an Deck?«, fragte ich Khepri. »Die da auf und ab springt? Das ist Kija, die ihren Bruder ärgert. Lästig wie eine Schmeißfliege ist sie.«
»Warum gebrauchen Menschen immer Vergleiche mit Insekten, wenn sie etwas Schlechtes über jemanden sagen wollen?«, wollte Khepri wissen. »Dabei sind wir doch so nett.«
»Das ist nur so eine Redewendung«, sagte ich.
»Keine sehr gute«, sagte er, während er auf meine Pfote kletterte.
»Khepri, was ich sagen wollte: Wenn du hinunterschaust, dann siehst du …«
»Geht nicht.« Khepri schloss die Augen und schmiegte sich enger an mich.
»Was soll das heißen, geht nicht?«
»Ich hab Höhenangst«, gab Khepri zu. »Vor allem auf Schiffen. Ich werde leicht seekrank.«
»Was machst du dann hier oben?«, fragte ich.
»Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.«
Insekten sind tatsächlich nett. Zumindest Khepri. »Mir geht’s gut«, sagte ich. »Aber danke, dass du dir Sorgen gemacht hast, mein Freund. Möchtest du auf meinen Rücken hüpfen?«
»Ähm … Machst du auch bestimmt keine plötzlichen Bewegungen?«
»Ich bleib, wo ich bin, felsenfest«, versprach ich.
Nachdem Khepri sich auf meinem Kopf niedergelassen hatte, sagte er: »Außerdem frage ich mich die ganze Zeit, wieso Pharao wohl in Theben bleiben musste. Er hat nur gesagt, etwas sei ihm dazwischengekommen.«
»Ach, dem kommt ständig irgendwas dazwischen.« Ich gähnte. »Wahrscheinlich will mal wieder einer der Priester ihm die Ohren volldröhnen mit seinen Plänen für die Feierlichkeiten im nächsten Jahr. Oder einer der Wesire will einen seiner öden Berichte abliefern. Die Leute langweilen Pharao fast zu Tode.« Nicht zum ersten Mal dachte ich, wie viel besser es war, Pharaos Kater zu sein.
Doch Khepri ließ sich nicht beruhigen: »Merkwürdig, dass er nicht sagen wollte, was das Problem war.«
»Wer sagt, dass es ein Problem gibt?«
»Erinnerst du dich nicht? Pharao hat gesagt, dass Theben im Moment nicht der beste Ort für Kinder sei.«
»Vermutlich befürchtet er, sie würden ihn bei der Arbeit stören«, sagte ich.
»Oder vielleicht glaubt er, dass Theben im Moment nicht sicher ist«, schlug Khepri vor. »Jedenfalls schien er schrecklich besorgt, dass den Kindern etwas zustoßen könnte.«
Einen Moment lang machte mich der Gedanke etwas unruhig, aber ich ließ mich nicht darauf ein. »Du hast ein bisschen viel Fantasie, Khepri.«
»Große Detektive brauchen Fantasie«, gab Khepri zu bedenken. »So lösen wir geheimnisvolle Fälle. Wie diesen.«
»Es gibt keinen Fall«, widersprach ich. »Pharao geht es gut. Wenn heute...
Erscheint lt. Verlag | 16.11.2022 |
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Reihe/Serie | Katzendetektiv Ra-Reihe | Katzendetektiv Ra-Reihe |
Illustrationen | Felicitas Horstschäfer |
Übersetzer | Birgitt Kollmann |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Altes Ägypten • Altes Reich • Detektivgeschichte • geschenk katzenliebhaber • Hieroglyphen • Katze • Katzendetektiv • Katzenkrimi • Katzenkrimi für Kinder • Katzen Krimi Kinder • Kinderbuch ab 8 Jahre • Leben im alten Ägypten • lustige Krimis für Kinder • lustiger Kinderkrimi • Pharao • Skarabäus • Tier-Detektiv • Tiergeschichte • Tierkrimi |
ISBN-10 | 3-423-44654-4 / 3423446544 |
ISBN-13 | 978-3-423-44654-9 / 9783423446549 |
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