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Die Windvögel - Sturm über Berlin

*****

(Autor)

Buch | Hardcover
192 Seiten
2022 | 1. Auflage
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-269-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Windvögel - Sturm über Berlin - Stefanie Kloft
CHF 16,90 inkl. MwSt
Ella und ihre beste Freundin Kiki trainieren fleißig für die Tanzaufführung vor den Winterferien, während Hannes und sein Kumpel Noah jede freie Minute auf der BMX-Strecke verbringen. Doch ein aufziehender Sturm stürzt die Stadt ins Chaos. Ehe sie sich's versehen, stecken die Windvögel und ihre Freunde bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und dann ist da noch dieser unheimliche Mann im blau-weißen Trainingsanzug, der überall aufzutauchen scheint ...

Stefanie Kloft arbeitet nach einem sozialwissenschaftlichen Studium und einer Weiterbildung zur Kreativitätspädagogin seit 2011 im soziokulturellen Zentrum des christlichen Vereins Lebendige Steine e.V. in Stendal (Sachsen-Anhalt). Sie ist glücklich verheiratet mit Samuel. Das kreative Schreiben ist Teil ihres Lebens, seit sie als Kind die Buchstaben auf der Schreibmaschine ihrer Eltern kannte. Die Windvögel ist ihre Debütreihe.

Alles grau in grau Der kleine Fischschwarm zog an der Frontscheibe des Wohnzimmeraquariums vorbei. Von rechts nach links. Von links nach rechts. Immer die gleiche Strecke. Ella hockte vor dem Aquarium und spürte, wie ihr langsam die Beine taub wurden. Ein Schlüssel klapperte an der Wohnungstür. Es war ihr Bruder Hannes, sie konnte es daran erkennen, wie er in den Flur polterte. Krachend fiel hinter ihm die Tür ins Schloss. Sofort versteckten sich die kleinen Fische im Dickicht des frisch gepflanzten Unterwassergrüns. Hannes schlurfte in den Raum. »Na?«, fragte er grinsend. »Sind die neuen Familienmitglieder vollzählig?« Ella nickte. »Schlag doch die Tür nicht so heftig zu«, erwiderte sie. »Du hast sie erschreckt.« »Echt jetzt?« Hannes zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. »Das sind Fische, Ella. Die kommen klar.« Er ließ sich in den Sessel fallen und angelte seine Brotdose aus der Schultasche, um genüsslich das letzte, bereits angebissene Pausenbrot zu verspeisen. Ella rappelte sich auf. Sofort spürte sie ein unangenehmes Kribbeln in ihren Beinen. Ein Pieken wie von hundert Nadelstichen breitete sich bis unter ihre Fußsohlen aus. Sie schüttelte sich. »Was?«, fragte Hannes belustigt. »Meine Beine sind eingeschlafen.« »Na, zum Glück nur deine Beine, was?«, zog Hannes sie auf. »Haha.« Ella warf ihrem großen Bruder einen verärgerten Blick zu. »Du kannst lieber mal die Kiste mit der Weihnachtsdeko auf den Dachboden bringen, anstatt blöde Kommentare zu machen.« »Ja, Mama!«, antwortete Hannes und schälte sich aus dem Sessel. Dann hielt er inne. »Wieso ich?« »Weil … Mama es gesagt hat.« Hannes kniff die Augen zusammen. »Sie hat gesagt, einer von uns beiden soll die Kiste raufbringen, nicht wahr?« Ella biss sich auf die Lippe. Ihr Plan ging nicht auf, Hannes hatte sie sofort durchschaut. »Kannst du es bitte machen, Hannes?« Sie wechselte ihre Taktik. »Du weißt doch, ich mag den Dachboden nicht.« »Natürlich weiß ich das«, entgegnete Hannes großspurig. »Und deshalb werden wir jetzt gemeinsam raufgehen, damit du lernst, dass es da oben nichts gibt, wovor man Angst haben muss.« * * * Ella ging vor. Unter ihren Füßen knarzte die alte Holztreppe bei jedem Schritt. Hinter ihr trug Hannes die Kiste mit der Weihnachtsdekoration. Mit dem Ellenbogen betätigte er den Lichtschalter am unteren Ende der Treppe. Nichts geschah. »Siehst du, warum ich den Dachboden nicht mag?« Ella drehte sich von der obersten Stufe zu ihm um. Wie auf Kommando begann die Neonröhre jetzt zu flackern, als könnte sie sich nicht entscheiden, ob sie nun leuchten wollte oder nicht. Dazu summte sie wie ein Hornissenschwarm. Gelassen stieg Hannes die Stufen hinauf und drückte sich an Ella vorbei. »Das ist doch nur eine alte Lampe, die der Hausmeister mal reparieren muss«, meinte er und suchte im flackernden Halbdunkel nach ihrer Parzelle. Der Dachboden war in mehrere Bereiche unterteilt, zu jeder Wohnung im Haus gehörte ein Stück Speicher. Alle Bereiche waren mit einem hölzernen Türchen verschlossen und mit einem Schloss gesichert. Manche Parzellen waren leer, andere bis unter das Dach vollgestopft mit Kisten und Krempel. Ganz hinten spendete ein kleines rundes Fenster, knapp unter dem Giebel, ein bisschen trübes Tageslicht. Hannes stellte die Kiste ab und versuchte, im flackernden Licht der Neonröhre die Zahlen auf dem Vorhängeschloss ihres Dachbodenabteils zu entziffern. Windvogel stand in schwarzen Buchstaben auf das Türchen gekritzelt. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss schließlich auf. Hannes griff nach der Kiste. »Siehst du, alles halb so wild!«, rief er zu Ella hinüber, die immer noch am Treppenabsatz stand. Hannes stieg über ein auseinandergebautes Bettgestell, schob die Weihnachtskiste an ihren Platz im verstaubten Deko-Regal und wandte sich zum Gehen. In diesem Moment gab es einen dumpfen Knall, gefolgt von einem Zischen, und die alte Lampe erlosch. Sofort war es stockdunkel und Ella kreischte auf. »Alles gut!«, rief Hannes in die Dunkelheit und hastete vorwärts. Dabei stolperte er über die Bettteile am Boden und schlug der Länge nach auf dem rauen Holzfußboden auf. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den Handballen. »Alles gut«, keuchte er wieder und rappelte sich auf. »Nichts passiert, Ella … Ella?« Keine Antwort. Eilig schlug er die Tür zum Dachbodenabteil zu. Das Vorhängeschloss rutschte aus der Verankerung und fiel zu Boden. »Mist!« Er tastete danach. »Ella?«, rief er wieder. »Kannst du die Taschenlampe von deinem Handy anmachen? Ich hab das Schloss verloren.« Nichts. Nur ein bisschen fahles Licht fiel durch das runde Fenster unter dem Giebel. Langsam wurde auch Hannes mulmig zumute. Er sprang auf, dabei kickte sein Fuß gegen das heruntergefallene Schloss und es rutschte ins Abteil hinein. Egal! Hannes lief zur Treppe und polterte die Stufen hinunter. Erleichtert drückte er die Tür zum Flur hinter sich ins Schloss. Alles halb so wild, nur die blöde Lampe war kaputtgegangen. Tief atmete Hannes durch und entspannte seine Schultern. Dann warf er einen Blick auf seine Hand. Ein großer Holzsplitter hatte sich in den Ballen gebohrt. Schmerzhaft, aber nicht weiter tragisch. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr, verblüfft schaute er auf. Auf dem niedrigen Fensterbrett im Flur hockte Ella mit verschränkten Armen und sah ihn an, mit einer Mischung aus Ärger und schlechtem Gewissen. »Alles okay?«, fragte Hannes. Sie nickte. »Ich mag den Dachboden halt nicht«, erklärte sie trotzig. Hannes seufzte. »Ich auch nicht.« Er zwinkerte ihr zu. * * * Kiki sog an ihrem Strohhalm und die Sahnehaube auf der heißen Schokolade rutschte ein wenig tiefer ins Glas. Ella saß im Schneidersitz auf dem gepolsterten Fensterbrett des Cafés und rührte in ihrem Chai. Der würzige Duft von Zimt und Nelken stieg ihr in die Nase. »Wer trinkt denn Tee mit Milch?«, hatte Kiki kopfschüttelnd gefragt und trotzdem von Ellas Getränk probiert. Kiki, eigentlich Kristin, war schon seit der ersten Klasse Ellas beste Freundin. Sie saßen seit über fünf Jahren in der Schule nebeneinander. Jetzt stellte Kiki ihr Glas ab und angelte eine der kostenlosen Postkarten vom Tisch. »Pass auf, ich les dir was vor.« Ihre Freundin beugte sich zu Ella hinüber. »Ein Gedicht: Wenn du glaubst, das Leben hat dir einen Streich gespielt – schlag zurück! Lache, bis die Sterne vom Himmel fallen, und sing die Dunkelheit der Nacht fort. Vor allem aber: Gib niemals auf!« »Reimt sich doch gar nicht«, bemerkte Ella trocken. »Das ist Kunst«, sagte Kiki grinsend und tippte ihr mit der Postkarte gegen die Stirn. »Schon klar«, meinte Ella nur. »Hast du die Geschichte von den Zwillingen aus der Dritten und dem Typen vor der Schule gehört?«, wechselte sie das Thema. »Ja.« Kiki nickte. »Stell dir mal vor, da quatscht dich ein fremder Mann an und behauptet, dein Onkel zu sein, der dich abholen soll.« »Verrückt, oder? Und es hätte auch noch fast funktioniert!« »Ehrlich mal«, erwiderte Kiki. »Wenn Frau Vit- tozzi nicht zufällig vorbeigekommen wäre, wären die beiden wahrscheinlich eingestiegen. Also mal im Ernst: Mir würde so was nicht passieren!« Dann lehnte sie sich zurück, verschränkte die Finger hinter dem Kopf und wechselte das Thema erneut: »Meinst du, er kommt zur Aufführung vor den Winterferien?« Ella ließ gedankenverloren den Blick durch das Eck-Café streifen. Neben der Eingangstür stand ein ziemlich hässlicher, beleuchteter Schneemann aus Flechtwerk, der mit einer monotonen Bewegung seinen Hut vom Kopf nahm und wieder aufsetzte. Sie schmunzelte. Nicht schön, aber selten. »Meinst du, er kommt?«, fragte Kiki wieder. »Wer denn?« Ella wandte ihren Blick von dem Schneemann ab, der gerade wie eine Discokugel blinkte. »Na, er!« Kiki sah Ella durchdringend mit ihren großen blauen Augen an und griff nach ihrer heißen Schokolade. »Du weißt doch, wen ich meine.« Ella schüttelte den Kopf. »Nee, keine Ahnung.« Eigentlich wusste sie ganz genau, von wem ihre Freundin sprach, aber seit einigen Tagen ging ihr Kikis Schwärmerei gehörig auf die Nerven. »Ach Ella, er!« Kiki gestikulierte so wild, dass die Sahnehaube in ihrem Glas bedrohlich zu schwanken begann. Dann senkte sie die Stimme. »Noah! Der Kumpel von deinem Bruder«, zischte sie zwischen den Zähnen hervor. »Ach der!« Ella winkte ab. »Pscht!«, machte Kiki aufgeregt und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. »Was denn?« Ella zuckte belustigt mit den Schultern. »Er ist doch nicht hier.« »Na und? Muss doch auch sonst niemand wissen. Versprich mir, dass du es niemandem sagst!« »Das ich was niemandem sage? Dass du verknallt bist?« Ella kicherte. »Ella!« Kiki packte sie am Arm und Ella verschüttete ihren Chai auf die grün-grau gemusterten Sitzpolster. »Pass doch auf!«, schimpfte sie. »Pass du doch auf!«, gab Kiki ärgerlich zurück. »Warum musst du auch so laut reden?« »Was hast du denn für ein Problem? Wieso regst du dich gleich so auf, wenn ich mal einen Spaß mache?« »Weil …« Kikis Unterlippe zitterte. »Weil ich dachte, ich kann mit meiner besten Freundin über so was reden. Für mich ist das kein Spaß!« Sie knallte ihr halb volles Glas auf den Tisch, stand auf und stapfte zur Tür. Ihr langer pinkblonder Pferdeschwanz tanzte bei jedem Schritt auf und ab. »Hey, Kiki!« Ella beugte sich vor. »Das war nicht so gemeint. Komm zurück! Ich wollte nicht ... Es … es tut mir leid!« Doch Kiki war bereits zur Tür hinaus, rauschte ohne einen weiteren Blick am Fenster vorbei und verschwand in der Berliner Dämmerung. Geknickt stellte Ella ihre noch halb volle Tasse neben Kikis Glas und zog sich ihre Jacke über. Ihr Blick fiel auf die Postkarte mit dem reimlosen Gedicht. Kurzerhand steckte sie sie ein. Das trübe Wetter draußen passte zu ihrer getrübten Stimmung. Sie hasste es, mit Kiki zu streiten. Irgendwie schien ihre Freundin in letzter Zeit empfindlicher zu sein. Oder war sie selber vielleicht unachtsamer als sonst und genervt von Kiki? Unschlüssig schaute sie vor der Cafétür nach rechts und links. Sollte sie versuchen, ihre Freundin einzuholen, oder nach Hause gehen? Aus dem leichten Nieselregen wurde rasch ein kräftiger Schauer. Das Wetter nahm ihr die Entscheidung ab und sie machte sich auf den Heimweg. Obwohl Ella glücklicherweise einen Regenschirm dabeihatte, blieb sie nicht lange trocken. Der kalte Januarwind zerrte an Schirm und Jacke und die Nässe kroch ihre Hosenbeine herauf. Irgendwo im rechten Schuh musste eine undichte Stelle sein, denn Ella spürte, wie ihre Socke nass und immer nasser wurde. Sie lief schneller, um nicht völlig aufgeweicht zu Hause anzukommen. Der Regen kam jetzt fast waagerecht von vorn und bald klebte ihr die Jeans an den Oberschenkeln. Gleich war sie da. Mit der Schulter stieß sie die Eingangstür zum Durchgang auf, überquerte den Hof und hastete die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf. Mit klammen Fingern schloss sie die Tür auf. Mama war schon zu Hause. »Na?«, rief sie aus dem Wohnzimmer. »Wie war dein Nachmittag? Bist du nass geworden?« »Ja.« Ella schniefte und streifte ihre Schuhe von den Füßen. Mama kam in den Flur. »Alles okay?«, fragte sie. »War es schön mit Kiki?« »Nein!«, polterte Ella und schluckte die Tränen herunter. »Es war schrecklich!« Mama nahm ihr die nasse Jacke ab. »Was ist denn passiert?«, fragte sie mitfühlend. »Ich weiß auch nicht.« Ella zuckte mit den Schultern. »Irgendwie ist Kiki anders als sonst. So … so empfindlich. Wir haben gestritten.« »So?« Mama hob fragend die Augenbrauen. »Sie mag einen Jungen«, seufzte Ella. »Und du magst ihn auch?« »Nein. Also ja. Aber nicht so!« Sie wischte sich mit dem Ärmel die Regentropfen aus dem Gesicht. »Kiki redet nur noch von ihm. Die ganze Zeit geht es nur um …« Ella biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Lippe, um den Namen nicht auszusprechen. »Und worüber habt ihr gestritten?« Ella kniff die Augen zusammen. »Weil ich mich lustig gemacht habe. Dabei wollte ich das gar nicht. Ich wusste nur nicht, was ich sagen soll.« Mama legte Ella die Hände auf die Schultern und massierte mit den Daumen ihren Nacken. »Wie wäre es, wenn du ihr genau das sagst?« Ella nickte langsam. »Hm … Ja, wahrscheinlich wäre das gut. Ich muss unbedingt noch mal mit ihr reden.«

Alles grau in grauDer kleine Fischschwarm zog an der Frontscheibe des Wohnzimmeraquariums vorbei. Von rechts nach links. Von links nach rechts. Immer die gleiche Strecke.Ella hockte vor dem Aquarium und spürte, wie ihr langsam die Beine taub wurden. Ein Schlüssel klapperte an der Wohnungstür. Es war ihr Bruder Hannes, sie konnte es daran erkennen, wie er in den Flur polterte. Krachend fiel hinter ihm die Tür ins Schloss. Sofort versteckten sich die kleinen Fische im Dickicht des frisch gepflanzten Unterwassergrüns. Hannes schlurfte in den Raum.»Na?«, fragte er grinsend. »Sind die neuen Familienmitglieder vollzählig?« Ella nickte.»Schlag doch die Tür nicht so heftig zu«, erwiderte sie. »Du hast sie erschreckt.«»Echt jetzt?« Hannes zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. »Das sind Fische, Ella. Die kommen klar.« Er ließ sich in den Sessel fallen und angelte seine Brotdose aus der Schultasche, um genüsslich das letzte, bereits angebissene Pausenbrot zu verspeisen.Ella rappelte sich auf. Sofort spürte sie ein unangenehmes Kribbeln in ihren Beinen. Ein Pieken wie von hundert Nadelstichen breitete sich bis unter ihre Fußsohlen aus. Sie schüttelte sich.»Was?«, fragte Hannes belustigt.»Meine Beine sind eingeschlafen.«»Na, zum Glück nur deine Beine, was?«, zog Hannes sie auf.»Haha.« Ella warf ihrem großen Bruder einen verärgerten Blick zu. »Du kannst lieber mal die Kiste mit der Weihnachtsdeko auf den Dachboden bringen, anstatt blöde Kommentare zu machen.«»Ja, Mama!«, antwortete Hannes und schälte sich aus dem Sessel. Dann hielt er inne. »Wieso ich?«»Weil ... Mama es gesagt hat.«Hannes kniff die Augen zusammen. »Sie hat gesagt, einer von uns beiden soll die Kiste raufbringen, nicht wahr?«Ella biss sich auf die Lippe. Ihr Plan ging nicht auf, Hannes hatte sie sofort durchschaut. »Kannst du es bitte machen, Hannes?« Sie wechselte ihre Taktik. »Du weißt doch, ich mag den Dachboden nicht.«»Natürlich weiß ich das«, entgegnete Hannes großspurig. »Und deshalb werden wir jetzt gemeinsam raufgehen, damit du lernst, dass es da oben nichts gibt, wovor man Angst haben muss.«* * *Ella ging vor. Unter ihren Füßen knarzte die alte Holztreppe bei jedem Schritt. Hinter ihr trug Hannes die Kiste mit der Weihnachtsdekoration. Mit dem Ellenbogen betätigte er den Lichtschalter am unteren Ende der Treppe. Nichts geschah. »Siehst du, warum ich den Dachboden nicht mag?« Ella drehte sich von der obersten Stufe zu ihm um.Wie auf Kommando begann die Neonröhre jetzt zu flackern, als könnte sie sich nicht entscheiden, ob sie nun leuchten wollte oder nicht. Dazu summte sie wie ein Hornissenschwarm. Gelassen stieg Hannes die Stufen hinauf und drückte sich an Ella vorbei. »Das ist doch nur eine alte Lampe, die der Hausmeister mal reparieren muss«, meinte er und suchte im flackernden Halbdunkel nach ihrer Parzelle.Der Dachboden war in mehrere Bereiche unterteilt, zu jeder Wohnung im Haus gehörte ein Stück Speicher. Alle Bereiche waren mit einem hölzernen Türchen verschlossen und mit einem Schloss gesichert. Manche Parzellen waren leer, andere bis unter das Dach vollgestopft mit Kisten und Krempel. Ganz hinten spendete ein kleines rundes Fenster, knapp unter dem Giebel, ein bisschen trübes Tageslicht. Hannes stellte die Kiste ab und versuchte, im flackernden Licht der Neonröhre die Zahlen auf dem Vorhängeschloss ihres Dachbodenabteils zu entziffern. Windvogel stand in schwarzen Buchstaben auf das Türchen gekritzelt. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss schließlich auf. Hannes griff nach der Kiste.»Siehst du, alles halb so wild!«, rief er zu Ella hinüber, die immer noch am Treppenabsatz stand. Hannes stieg über ein auseinandergebautes Bettgestell, schob die Weihnachtskiste an ihren Platz im verstaubten Deko-Regal und wandte sich zum Gehen. In diesem Moment gab es einen dumpfen Knall, gefolgt von einem Zischen, und die alte Lampe erlosch. Sofort war es stockdunkel und Ella kreischte auf.»Alles gut!«, rief Hannes in die Dunkelhe

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 135 x 205 mm
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Kinder- / Jugendbuch Sachbücher Religion / Philosophie / Psychologie
Schlagworte Berliner Unterwelten • Blackout • BMX • Freundschaft • Geschwister • Glaube • Metropole • Rassismus • Stromausfall
ISBN-10 3-96362-269-5 / 3963622695
ISBN-13 978-3-96362-269-4 / 9783963622694
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