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Die Rebellen von Salento (eBook)

Spannender Abenteuerroman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
288 Seiten
Thienemann Verlag GmbH
978-3-522-61114-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Rebellen von Salento -  Davide Morosinotto
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Kinder an die Macht! Außergewöhnliches Kinderbuch über einen Sommer, der alles verändert. Von Bestsellerautor Davide Morosinotto. In einer geheimen Hütte mitten im Olivenhain schmieden Paolo und seine Freunde einen Plan: Sie wollen einen eigenen Staat gründen. Ein Reich, in dem kein Erwachsener bestimmen darf. Begeistert entwerfen sie Gesetze und schaffen ihre eigene Währung. Immer mehr Kinder schließen sich ihnen an. Doch im Ort gibt es einen Mann, dem das überhaupt nicht gefällt. Und dieser Mann könnte ihnen schon bald gefährlich werden ...

Davide Morosinotto wurde 1980 in Norditalien geboren. Bereits mit 17 Jahren schrieb er seine erste Kurzgeschichte. Seitdem hat er über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht. Sein Kinderbuch 'Die Mississippi-Bande' wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Für sein Jugendbuch 'Shi Yu' wurde er mit dem 'Premio Strega', dem wichtigsten Literaturpreis Italiens ausgezeichnet. Davide Morosinotto lebt als Autor, Journalist und Übersetzer in Bologna. 

Donnerstag, 3. Juni

An diesem Morgen wusste Paolo noch gar nicht, dass er König werden würde.

Woher hätte er das auch wissen sollen? Er war ja nur ein ganz normaler 13-jähriger Junge, nicht besonders groß, mit Haaren, die ständig verstrubbelt waren, und der schlechten Angewohnheit, an seinen Fingernägeln herumzukauen, wenn er angestrengt nachdachte.

Paolo stammte nicht aus einer adeligen Familie und dachte, dass es Könige und Königinnen nur im Märchen gab, oder aber in fernen Ländern wie zum Beispiel in England. Er dagegen lebte nicht in England, sondern in Süditalien: in einer Region ganz unten am Absatz des italienischen Stiefels, die Salento heißt und in der es sehr windig ist und überall nach Meer riecht, weil sie zwischen dem Adriatischen Meer und dem Ionischen Meer liegt.

Eine schöne Gegend, aber auch eine ganz normale Gegend, in der ganz normale Menschen leben. Und auch dieser Tag Anfang Juni schien zunächst ein Tag wie alle anderen zu sein.

In Paolos Zimmer war es so heiß wie in einem Backofen, die Sonnenstrahlen malten leuchtende Streifen auf die Wand. Es war eine Zumutung, an einem so schönen Tag zur Schule gehen zu müssen.

»Reiß dich zusammen«, sagte er zu sich selbst. »Nur noch eine Woche, dann sind Ferien.«

Dieser Gedanke machte ihm sofort gute Laune, und er sprang mit einem Satz aus dem Bett. Paolos Zimmer nahm den gesamten zweiten Stock des Gutshauses ein, in dem er mit seiner Familie wohnte. Es war ein sehr großes und ein sehr leeres Zimmer. Die einzigen Möbel darin waren ein kleiner Schreibtisch, das Bett und ein windschiefer Schrank. Seine besondere Atmosphäre verdankte dieses Zimmer allerdings nicht den Möbeln, sondern Paolos Schätzen: Hunderte von mehr oder weniger gelungenen Experimenten und viele andere Dinge, die in den Augen seiner Mutter nichts anderes als Müll waren.

Auf dem Fußboden lag zum Beispiel ein großer Patchworkteppich, den Paolo zusammen mit seinen Freunden genäht hatte. Irgendwann hatte er aufgehört zu zählen, wie oft er sich dabei mit der Nadel in die Finger gestochen hatte. Eigentlich war dieser Teppich auch gar nicht als Teppich gedacht gewesen, sondern als Prototyp eines Fesselballons. Paolo und seine Freunde Laerte, Antonio, Elena und Bea hatten vorgehabt, damit die Küstenlinie entlangzufliegen, um den großen Leuchtturm von Santa Maria di Leuca von oben zu bewundern.

Etwas weiter hinten lagen lange Latten aus Balsaholz, aus denen sie irgendwann mal ein Ultraleichtflugzeug hatten basteln wollen. Außerdem gab es ein Teleskop mit Flaschenböden als Linsen, verschiedene chemische Substanzen in verstaubten Schraubgläsern, ein Dinosaurierskelett aus Plastik, ein Indianerzelt aus Decken und Bambusstäben und noch ein paar andere Dinge, die Paolo in nächster Zeit vollenden wollte.

Dieses Vollenden war nämlich sein Hauptproblem, denn ständig kam ihm etwas dazwischen. Signora Annunziata mischte sich ein, um zu verhindern, dass ihrem Sohn Laerte bei der Durchführung eines seiner Vorhaben womöglich etwas ganz Schlimmes passierte, Bea konnte nicht mehr mitmachen, weil sie dringend nach Hause musste, oder etwas anderes in der Art.

Bald aber würde sich das ändern, denn sie hatten nur noch eine Woche Schule, und irgendwie roch die Luft schon nach Ferien. Vor Paolo lagen herrlich lange Tage, an denen er ins Meer springen, Rad fahren oder zu einem der vielen Feste gehen konnte, die in den Dörfern veranstaltet wurden und bei denen es immer leckere Sachen zu essen gab. Und natürlich würde er sich neue sensationelle Erfindungen ausdenken … und sie vielleicht sogar zu Ende bringen.

Barfuß lief Paolo zu den großen Fenstern, durch die er auf die Gemüsebeete und Olivenbäume rings um das Haus schauen konnte, auf staubige rote Erde und halbhohe Trockenmauern, auf die steinernen Kuppeln der Hirtenhütten und die Straße weiter hinten in der Ferne.

Genau unter den Fenstern arbeitete Paolos Großvater Blasio im Gemüsebeet. In seiner verstaubten Baseballcap und den verschlissenen Jeans mit den löcherigen Knien sah er wie ein in die Jahre gekommener Skater aus.

Als er Paolo über sich am Fenster bemerkte, lächelte der Großvater und winkte. »Bist du immer noch im Bett?«, rief er hinauf.

»Du kommst zu spät zur Schule!«

Verflixt, er hatte recht!

Laerte steckte ein Buch nach dem anderen in seinen Schulrucksack. Das Geschichtsbuch und das Geschichtsheft. Das Mathebuch und das Buch mit den Übungen. Zwei karierte Hefte. Drei Bücher für den Englischunterricht (zum Glück waren sie sehr dünn) und das große Collegeheft.

So viel Bildung in einem einzigen Schulrucksack! Die Bücher waren nicht das Problem, dachte Laerte, er kam in der Schule ziemlich gut zurecht. Aber der Anblick des vollgestopften Rucksacks konnte sich negativ auf die Laune seiner Mutter auswirken.

»Schätzchen, bist du so weit?«, rief sie aus dem Flur herüber.

»Augenblick noch!«

Laerte zog sich an: eine lange Hose, ein Wollunterhemd, ein Baumwollhemd, das er sich bis zum Hals zuknöpfte, Sneakers. Dann warf er einen Blick in den Spiegel. Was er darin sah, war ein hoch aufgeschossener, extrem dünner Junge mit blasser Haut und großen Augen. In den warmen Klamotten hatte er sofort zu schwitzen begonnen. Ach, wie er den Sommer hasste!

In einem geblümten Kleid wirbelte seine Mama Annunziata ins Zimmer und schnappte sich den Rucksack. Ohnmächtig musste Laerte zuschauen, wie sie damit auf die Waage stieg.

»Dieser Rucksack wiegt elf Kilo«, stellte seine Mutter fest. »Das kann doch gar nicht sein! Wollen deine Lehrer denn unbedingt, dass du einen Rückenschaden bekommst?«

»Aber, Mama …«

»Ich werde mal ein Wörtchen mit dem Direktor reden. Du nimmst heute wohl am besten den Trolley.« Und schon lief sie hinüber in die Küche, um den grauenhaften Einkaufstrolley zu holen, ein abgrundtief hässliches Ding mit zwei Rädern, einem Griff und einem Schottenkarobezug. Bevor Laerte auch nur protestieren konnte, hatte seine Mutter bereits all seine Bücher und Hefte hineingeschichtet.

Mit dem Trolley zur Schule zu gehen bedeutete, die Blicke aller auf sich zu ziehen und auch ihr mitleidiges Lächeln. Nichts, worauf man sich freuen konnte.

Als Signora Annunziata mit dem Umpacken fertig war, wandte sie sich ihrem Sohn zu. »Wollunterhemd?«

»Ja, habe ich an.«

»Sonnenhut?«

Laerte zeigte auf das Cap, das er sich zusammengefaltet in die hintere Hosentasche gesteckt hatte.

»Schal? Jacke?«

»Mama …«

»Nein, ich will nichts hören. Gerade in der Übergangszeit erkältet man sich schnell. Falls man sich nicht gar eine Allergie oder Rheuma holt. Wenn all deine Freunde mit Fieber im Bett liegen, wirst du mir dankbar sein, dass ich dich gezwungen habe, dich vernünftig anzuziehen.«

Wie eine Zauberkünstlerin zog seine Mutter von irgendwo ein buntes Tuch hervor und band es ihrem Sohn eng um den Hals. Danach zog sie ihm auch noch eine Jacke an.

»Sehr gut, mein Liebling«, meinte sie zufrieden. »Jetzt bist du ausgehfertig. Los, komm.«

Laerte hatte sich bis zu diesem Moment zurückgehalten, aber das ging nun wirklich zu weit. »Ich möchte lieber mit dem Rad zur Schule fahren«, widersprach er.

Er hatte es fest und entschlossen sagen wollen, doch seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren viel zu weinerlich.

»Und wie willst du den Trolley mitnehmen? Nein, ich fahre dich schnell hin. Komm schon, sonst bist du zu spät dran.«

Laerte folgte seiner Mutter nach draußen. Ein weiterer Schultag begann.

Paolos Zimmer hatte keine Tür und war auch nicht durch eine Treppe mit dem übrigen Gebäude verbunden. Das Zimmer war isoliert, ein perfekter Zufluchtsort, Paolos eigenes Revier.

Um nach unten zu gelangen, musste er durch die Fenstertür auf den geländerlosen Balkon gehen (den er bereits als Startrampe für das noch fertig zu bauende Ultraleichtflugzeug auserkoren hatte). Vom Balkon führte eine lange Außentreppe in den Garten, doch mithilfe seines Freundes Antonio und des Großvaters hatte Paolo an der Wand ein dickes Seil befestigt, und an diesem sauste er jetzt nach unten, vorbei am ersten Stock, der gerade zu Ferienwohnungen umgebaut wurde. Mit einem eleganten Sprung landete er im Garten. Die Eltern durften das nicht sehen, aber wenn er es eilig hatte, war dies der schnellste Weg.

Im Erdgeschoss befand sich das einzige funktionierende Bad des Gutshauses, ein roh gemauerter Anbau aus Ziegelsteinen mit Wellblechdach, den seine Mutter schon lange durch ein richtiges Badezimmer ersetzen wollte.

Paolo wusch sich das Gesicht und versuchte mit nassen Händen, sein Haar wenigstens einigermaßen glatt zu frisieren. Ein rebellisches Haarbüschel direkt über der Stirn stand trotz all seiner Bemühungen auch danach noch ab, aber eigentlich fand Paolo, dass ihm dieser Look ganz gut stand. Nun rannte er in die Küche, wo sein Vater Giovanni gerade Kaffee kochte.

»Ist Mama schon arbeiten gegangen?«, fragte Paolo zwischen zwei Keksbissen, die er mit Fruchtsaft hinunterspülte.

Der Vater nickte. »Ja, schon vor einer halben Stunde. Und du solltest dich auch beeilen, sonst kommst du zu spät zur Schule.«

»Könntest du mich nicht hinfahren?« Du hast ja sowieso nichts anderes zu tun, hätte Paolo beinahe hinzugefügt, doch er biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Lippen. Sein Vater wäre außer sich gewesen, wenn Paolo das ausgesprochen hätte.

»Ich muss auf der Baustelle weitermachen, ich habe keine Zeit. Nimm das Rad.«

Paolo sagte lieber nichts und griff zum nächsten Keks. Zwischen ihm und Pagliarano,...

Erscheint lt. Verlag 19.10.2021
Übersetzer Cornelia Panzacchi
Sprache deutsch
Original-Titel Il libero regno dei ragazzi
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer Bücher • Abenteuerroman • Anarchie Buch • Freundschaft • Geschenk Kinder • Geschenk Kindergeburtstag • geschenk nichte • Kinderbuch ab 10 Jahre • Kinderbuch Freundschaft • Revolution
ISBN-10 3-522-61114-4 / 3522611144
ISBN-13 978-3-522-61114-5 / 9783522611145
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