Ein Mädchen namens Willow 2: Waldgeflüster (eBook)
272 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65468-5 (ISBN)
Geboren wurde Sabine Bohlmann in München, der schönsten Stadt der Welt. Als Kind wollte sie immer Prinzessin werden. Stattdessen wurde sie Schauspielerin, Synchronsprecherin und Autorin und durfte so zumindest ab und zu mal eine Prinzessin spielen, sprechen oder über eine schreiben. Geschichten fliegen ihr zu wie Schmetterlinge. Überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten (dann eher wie Nachtfalter). Und das Erste, was sie tut, wenn ein neues Buch in der Post liegt: Sie steckt ihre Nase ganz tief hinein und genießt diesen wunderbaren Buchduft. Autorin steht für Lesungen zur Verfügung.
»Ich höre den Wind, der die Blätter bewegt. Ich höre das Summen im Hornissennest in der Eiche, das Nagen eines Eichhörnchens an einem Zapfen, und das Wuseln der Ameisen im Ameisenhügel nicht weit von hier. Ich höre das Klopfen des Spechtes in der Ulme. Nein, warte mal, Rufus. Das ist kein Specht. Das Klopfen hört sich anders an. Wie …«
In diesem Moment spürte Willow die Erde beben. Und es dauerte nicht lange, da erschien ein großer bunter Vogel zwischen den Bäumen. Und sofort waren die Ruhe und das Flüstern des Waldes vorbei. Denn der bunte Vogel war niemand anderes als Gretchen. In ihrer bunten Kleidung.
Sie war eine wahre Meisterin darin, die abgetragenen Kleidungsstücke ihrer fünf älteren Brüder zu zerschneiden und daraus neue Gretchen-Klamotten zu nähen. Auf dem Kopf trug sie eine Biberohrenmütze. Und mit Gretchen strömte ein Schwall von Wörtern über Willow hinweg. Dieser Wortschwall ließ der Waldstille keinen Raum mehr. Nicht den Hauch einer Chance, gehört zu werden. Ohne Punkt und Komma redete Gretchen drauflos.
»Da laus mir einer ein Huhn! Weißt du, was echt komisch war, Willow? Kehala hat sich heute, als ich in den Wald kam, so gut versteckt, dass ich zuerst einen Stein begrüßt habe. Ich hab also zu dem Stein ›Da bist du ja, meine Kleine!‹ gesagt und mich dann gewundert, dass meine Schildkröte so kalt war, und dann hat Kehala, die unbeweglich danebensaß, tatsächlich irgendwie gelacht. Vielleicht hat sie auch geniest, aber hol mich der Kuckuck, es hat sich echt nach Lachen angehört. Können Schildkröten lachen, was meinst du? Also ich glaube ja …«
»Gretchen, weißt du eigentlich, dass der Waldboden bebt, wenn du kommst? Ich meine, du bist gerade mal einen Meter dreißig groß. Und wenn man die Augen geschlossen hat, könnte man meinen, da trampelt ein dicker Riesenelefant.«
»Erstens bin ich einen Meter dreiunddreißig und zweitens, ich bin eben keine Fee. Flügel müssten mir erst noch wachsen. Und einen Besen erlaubst du uns ja nicht!«
»Was heißt da erlauben? Ich bin doch hier nicht die Oberhexe, die alles bestimmt!«, protestierte Willow.
Gretchen bekam kugelrunde Augen. »Du meinst also, du hättest gar nichts dagegen, wenn wir auf Besen fliegen würden?«, fragte sie aufgeregt.
»Ich meine, dass wir nicht diese Art von Hexen sind. Ich kann mich einfach nicht erinnern, meine Tante Alwina jemals auf einem Besen durch die Luft fliegen gesehen zu haben.«
Gretchen ließ die Schultern hängen. »Vielleicht sind unsere Großmütter und Tanten ja auch nur dann geflogen, wenn wir nicht da waren«, überlegte sie.
In diesem Moment segelte eine Eule auf die beiden Mädchen zu und nahm auf einem der Zweige über ihnen Platz.
»Hallo, Jolanda!«, riefen die beiden im Chor. Und es dauerte nicht lange, da erschienen zwischen den Zweigen zwei weitere Mädchen. Das eine hatte hellblonde Zöpfe und eine Fellweste an. Das andere war ein ganzes Stück kleiner mit schwarzen Locken. Es trug eine Latzhose, aus deren Brusttasche ein Eichhörnchen herausguckte.
Valentina und Lottika, genannt Lotti. Jetzt waren die vier Hexen, die vier Elemente, komplett. Denn jedes der Mädchen stand für ein Element. Willow für das Feuer, Valentina für die Luft, Gretchen für das Wasser und Lotti für die Erde. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte Grimmoor, das Hexenbuch, Willow die Aufgabe gegeben, nach den anderen drei Hexenmädchen zu suchen. Und so hatte sie nicht nur die drei Hexen, sondern auch drei wunderbare Freundinnen gefunden.
»Willow behauptet, ich gehe wie ein Elefant!«, beschwerte sich Gretchen.
»Hab ich gar nicht gesagt!«, verteidigte sich Willow.
»Hast du schon!«
»Ich habe gesagt wie ein dicker Riesenelefant. Das ist was ganz anderes.«
Gretchen verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.
»Ich liebe dicke Riesenelefanten!« Tröstend umarmte Lotti den kleinen dicken Riesenelefant Gretchen ganz fest. »Weißt du was, Gretchen? Ich leih dir mal ein Tutu von der Ballettschule meiner Mama. Mit einem Tutu kann man gar nicht anders, da muss man schweben«, schlug Lotti vor.
»Holla, die Waldfee, weißt du, dass ich mir schon immer so ein Tutu gewünscht habe? Leider hab ich von meinen fünf Brüdern kein abgelegtes Tutu zu erwarten. Ich wünschte, einer von ihnen würde ins Ballett gehen.« Bei diesem Gedanken lachte sie los.
»Selbst wenn einer deiner Brüder Tänzer wäre, hätte er doch trotzdem kein Tutu, aus dem er rauswachsen könnte!«, stellte Valentina fest.
»Ach nein? Und was ist mit der Gleichberechtigung los? Die ist doch nicht gleichberechtigt, wenn Tänzer keine Tutus tragen dürfen, wenn sie das vielleicht wollen!«
»Nein, Tänzer tragen Strumpfhosen und Trikots.«
»Verdammte Axt, dann komm ich nie zu einem eigenen Tutu.«
Die Mädchen kicherten.
»Ich hab Kräuterlimo gemacht. Habt ihr Lust?«, fragte Willow und holte, ohne die Antwort abzuwarten, ein Tablett mit vier Gläsern, gefüllt mit Limonade, aus dem Häuschen.
Es war ein warmer Tag und die Kräuterlimonade war genau das, was die Mädchen jetzt brauchten.
Lotti kramte aus einer Hosentasche eine Nuss, aus der anderen einen Nussknacker und öffnete sie. Dann hielt sie sie dem Eichhörnchen vor die Nase. Es dauerte keine Sekunde, da war die Nuss im Eichhörnchen verschwunden.
»Hat Krümel immer noch nicht gelernt, seine Nüsse allein zu knacken?«, fragte Willow.
Lotti schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Krümel würde ohne mich echt verhungern!«
»Und ich glaube, du verwöhnst ihn einfach. Ist doch klar, dass er es nicht selbst macht, wenn du es für ihn tust!«
»Aber ich kann ihn ja nicht hungern lassen!« Lotti sah besorgt zu dem kleinen Eichhörnchen hinüber, das gerade zu Rufus hüpfte, um ihn ein wenig zu ärgern.
Und kurze Zeit später rannten Gretchen, Lotti, Rufus und Krümel wild durcheinander. Bald wusste man nicht mehr, wer hier eigentlich wen fangen oder kitzeln wollte.
Willow lag auf dem Rücken und starrte in die Wipfel der Bäume.
»Du bist heute irgendwie ganz still, Willow!«, stellte Valentina fest und ließ sich neben ihrer Freundin nieder. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
Willow seufzte. »Im Grunde schon. Nur das mit Papa und dieser Gundula beschäftigt mich. Die pflanzt sich wie eine Schlingpflanze bei uns ein und schlingt und schlingt und schlingt. Vor allem umschlingt sie meinen Vater und der merkt es nicht mal!«
»Was macht sie denn?«, fragte Lotti, die ganz außer Puste war und sich nun ebenfalls wieder neben die anderen Mädchen ins Gras plumpsen ließ.
Willow holte tief Luft und begann zu erzählen. Dabei wurde sie immer aufgebrachter. »Vorletzten Montag hat sie uns selbst gebackenes Brot vorbeigebracht. Es war ein freeganer-ovo-lakto-veganes Rezept, oder so ähnlich. Und nicht nur das, es war auch noch total eklig – selbst Papa fand es nicht lecker. Wenn man es nur ansah, zerfiel es sofort in alle Einzelteile, und wir mussten es dann mit einem Löffel vom Teller essen. Bevor wir aber daran erstickt sind, haben wir die Reste den Nachbarhühnern über den Zaun geworfen. Doch auch die wollten es nicht. Am Dienstag hat sie uns einen Ableger ihres Chlorophytum comosum mitgebracht und eine halbe Stunde erklärt, wie man den pflegen muss. Dabei handelt es sich um die einfachste und unkomplizierteste Pflanze der Welt – eine Grünlilie. Die kann man weder kaputt gießen noch vertrocknen lassen. Am Mittwoch hat sie Papas Hemd mitgenommen, weil da eine Naht geplatzt war, und schon am Donnerstag wieder geflickt mitgebracht. Als ob ich das nicht hätte zuhexen können – aber ich hatte den Riss einfach noch nicht bemerkt. Am Freitag stand sie vor der Tür mit einer Flasche Wein, die sie irgendwie angeblich nicht aufbekam und die sie dann als Dank, weil mein Vater sie geöffnet hatte, direkt mit ihm bei uns trinken wollte.« Willow klatschte sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Die ist einfach so dumm!«
»Aber das ist doch eigentlich alles sehr nett«, sagte Valentina vorsichtig.
»Find ich auch!«, stimmte ihr Gretchen zu.
»Ja, bis zu diesem Punkt schon«, begann Willow erneut, »aber in der nächsten Woche stand sie am Montag vor unserer Tür und hat gefragt, ob wir ihr unseren Rasenmäher leihen würden, und das noch mit rasenmähendem Papa obendrauf, weil ihr immer...
Erscheint lt. Verlag | 24.8.2021 |
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Reihe/Serie | Ein Mädchen namens Willow | Ein Mädchen namens Willow |
Illustrationen | Simona Ceccarelli |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abenteuer • beste Freundinnen • Bestseller • Erste Liebe • Familie • Fantasie • Freunde • Freundschaft • Fuchs • Geschenk Mädchen • Glück • Hexe • Hütte • Kinderroman • Kindheit • Magie • magisch • Natur • rote haare • Schön • Tiere • Vorlesen • Wald • Zauberbuch • Zauberei |
ISBN-10 | 3-522-65468-4 / 3522654684 |
ISBN-13 | 978-3-522-65468-5 / 9783522654685 |
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