Der Kuss der Krähe: Alle Bände der magischen Fantasy-Dilogie in einer E-Box! (eBook)
908 Seiten
Impress (Verlag)
978-3-646-30205-9 (ISBN)
Als Kind hat Isabel Clivia den Duden gelesen, um so viele Wörter wie möglich zu kennen. Nach zwei Tagen und der Erkenntnis, dass Wörterbücher nicht ganz so spannend sind wie Romane, hat sie es jedoch aufgegeben. Was das Schreiben betrifft, ist ihre Ausdauer glücklicherweise etwas größer. Angeblich lassen sich ihre ersten Schreibversuche auf Fanfiction-Portalen finden, aber die Existenz solcher Geschichten wird sie für immer bestreiten.
Als Kind hat Isabel Clivia den Duden gelesen, um so viele Wörter wie möglich zu kennen. Nach zwei Tagen und der Erkenntnis, dass Wörterbücher nicht ganz so spannend sind wie Romane, hat sie es jedoch aufgegeben. Was das Schreiben betrifft, ist ihre Ausdauer glücklicherweise etwas größer. Angeblich lassen sich ihre ersten Schreibversuche auf Fanfiction-Portalen finden, aber die Existenz solcher Geschichten wird sie für immer bestreiten.
Kapitel 4
Vasilisa
Vasilisas Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, genauso wie Kazimir eben auf ihre Tür eingedroschen hatte. Sie zwang sich, ruhig zu atmen, es ihn nicht sehen zu lassen, ihm nicht zu zeigen, was sie fühlte.
Angst.
Ihr ständiger Begleiter, der ihr nicht von der Seite wich und keine Gelegenheit ausließ, seine eisigen Finger um ihren Hals zu schließen und kräftig zuzudrücken.
Damit Kazimir nicht hinter ihrem Rücken herschlich, wo sie ihn nicht sah, gewährte sie ihm den Vortritt. Eine der Lektionen, die ihr Vater ihr von klein auf beigebracht hatte, lautete: Ob Freund oder Feind, kehre nie jemandem den Rücken zu. Du kannst nicht wissen, wer hinter dir eine Klinge ziehen wird.
Eine Klinge war es gewesen, mit der man ihren Vater getötet hatte, eine Klinge in den Händen eines Schattens. In den letzten Wochen hatte sie sich ständig gefragt, ob Juran auch sie mit einer Waffe in den Händen aufsuchen würde, wenn man sie erst zur Zarin gekrönt hatte.
»Haben Sie schon gefrühstückt, Fräulein Jascharova?«, fragte Kazimir beiläufig.
»Ich wüsste nicht, was das zur Sache tut.«
»Sie könnten es vielleicht gleich bereuen.«
Vasilisa seufzte angestrengt. »Ich bereue wenige Dinge, Kazimir, aber manchmal bereue ich es wirklich, ein Gespräch mit Ihnen begonnen zu haben.«
Er lachte hohl. »Verzeihen Sie, es sollte nur eine Warnung sein.«
Sie wollte ihrem Berater gerade nahelegen, dass er seine Warnungen nächstes Mal für sich behalten sollte, doch dann bemerkte sie ein Dienstmädchen auf der Treppe, das sie nicht kannte. All ihre weiblichen Angestellten flochten ihr langes Haar zu Zöpfen. Diese junge Frau allerdings trug ihr kinnlanges schwarzes Haar offen. Als sie an Vasilisa vorbeiging, kreuzten sich ihre Blicke für eine Sekunde, bevor die Bedienstete rasch ihren Kopf senkte. Sofort blieb Vasilisa stehen und schaute ihr hinterher.
»Was ist los?«, wollte Kazimir wissen.
Sie wartete, bis das Mädchen um die Ecke gebogen und außer Hörweite war.
»Ich kenne diese Person nicht.«
Kazimir zuckte mit den Schultern. »Gehört wohl zum Personal. Vielleicht eine neue Frisur? Ich kann Ihnen versichern, dass wir so kurz vor der Krönung niemanden mehr einstellen würden. Das Risiko ist zu groß.«
Vasilisa kannte mittlerweile jeden Angestellten in diesem Palast. Einer der wenigen Vorteile, wenn man so paranoid war, dass man hinter jedem der blickdichten Stoffvorhänge einen Attentäter vermutete. Und an so ein ebenmäßiges Gesicht hätte sie sich erinnert.
Sie wandte sich Kazimir zu. »Sobald wir dieses Problem, von dem Sie sprachen, geklärt haben, verschaffen Sie mir bitte Informationen über diese Person. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr.«
»Natürlich.«
Er führte Vasilisa weiter die Stufen hinab, und je mehr sie davon hinter sich ließen, desto heftiger wand sich ihr Magen, genau wie Kazimir es angedeutet hatte. Eine leise Ahnung beschlich sie.
»Erzählen Sie mir nicht, dass dieses Problem im Kerker auf mich wartet.«
»Ich fürchte, das tut es«, sagte er. »Nur da unten sind die Sicherheitsmaßnahmen gut genug.«
»Maßnahmen wofür?«
»Es wurden einige beunruhigende Entdeckungen in der Stadt gemacht. Ich habe Eteri mit der Sache betraut und sie wollte die Einzelheiten persönlich mit Ihnen besprechen. Da die Krönung bevorsteht, wäre es unverantwortlich, Sie in die Heilanstalt rufen zu lassen, selbst mit Leibgarde. Wir können uns keine Fehler erlauben.«
Wenn Eteri hier war, bedeutete das wahrlich nichts Gutes. Sie verbrachte den Großteil ihrer Zeit in ihrer Anstalt auf dem Nazarberg, um Geisteskrankheiten zu erforschen und die Patienten dort zu behandeln. Obwohl sie seit einigen Jahren dem Bojarenrat angehörte, der den Regenten beriet, machte sie sich selten die Mühe, persönlich bei den monatlichen Zusammenkünften zu erscheinen. Dass sie heute hergekommen war, musste einer schwerwiegenden Ursache zugrunde liegen, und das gefiel Vasilisa nicht.
Als sie den Kerker betraten, kühlte die Luft schlagartig ab. Sie fühlte sich feucht an, fast greifbar, und es roch modrig. Diesen Teil ihres Zuhauses hatte Vasilisa immer gemieden.
In den Metallhalterungen an den Wänden brannten Fackeln, doch auch das Feuer machte diesen Ort nicht gemütlicher. An der Decke hingen Spinnweben und sie musste sich zwingen, nicht hinzuschauen, sonst entdeckte sie noch eins von diesen langbeinigen Viechern. Allein bei dem Gedanken daran bekam sie eine Gänsehaut.
Geräusche drangen in den halbdunklen Korridor, die sie nicht zuordnen konnte. Sie klangen wie das Lachen eines Mannes, jedoch viel unmenschlicher. Kazimir hatte hier unten schon Attentäter gefoltert, um etwas über ihre Auftraggeber zu erfahren, aber so hörten die sich bestimmt nicht an.
»Was waren das für Geräusche?«, wollte sie wissen, wobei ihre Stimme mehr zitterte, als sie beabsichtigte.
»Das Problem.«
Vasilisa erspähte zwei Männer am Ende des Korridors, die eine dicke Metalltür bewachten.
»Haben Sie die Gardisten hier unten angeordnet?«
Kazimir nickte. »Eine reine Vorsichtsmaßnahme.«
Sie vergrub ihre Fingernägel in den Handflächen und folgte ihrem Berater. Vor der Tür angekommen erkannte sie Anton unter den beiden Gardisten. Er schenkte ihr ein flüchtiges, schüchternes Lächeln, das ihr etwas Wärme spendete. In seinen braunen Augen verbarg sich bedingungslose Treue. Vasilisa erwiderte das Lächeln, senkte jedoch sofort ihren Kopf, weil Kazimir sich in diesem Moment zu ihr umdrehte.
»Gehen Sie einfach hinein«, sagte er. »Eteri wartet drinnen auf Sie.«
»Und was ist mit Ihnen? Kommen Sie nicht mit?«
»Es gibt Dinge, die muss man nicht zweimal am Tag aus nächster Nähe sehen.«
Das schließt Sie mit ein, schoss es ihr durch den Kopf. Sie unterdrückte einen Schauder. Wenn sogar jemand wie Kazimir so von einer Angelegenheit sprach, musste sie ziemlich ernst sein.
»Ich dachte immer, ein guter Berater lässt seine Herrscherin nicht mit Problemen allein.«
Der Blick seines intakten Auges wanderte zur Tür. »Keine Angst, wir lassen Sie damit nicht allein. Ich muss der Stadtwache allerdings dringend neue Anweisungen geben, was diese Sache betrifft.«
»Vergessen Sie nicht, meinen Auftrag bezüglich des Mädchens zu erledigen.«
Er richtete einen seiner Orden, der ein wenig verrutscht war. »Das werde ich nicht, Fräulein Jascharova.«
Sie hasste es, dass er sie so nannte. Fräulein Jascharova. Er sprach das immer wie eine Provokation aus, eine Beleidigung und eine Erinnerung an das, was sie war – eine ungekrönte Zarin. Dieser Mann würde ihr erst Respekt entgegenbringen, wenn der Patriarch sie geweiht hatte. Sie musste ihren Berater davon überzeugen, dass sie seine Wertschätzung verdiente. Kazimir hielt nichts von Schwäche und er würde seinen Respekt nicht an eine schwache Zarentochter verschwenden.
Vasilisa wandte sich von ihm ab und umschloss mit einer Hand den kühlen Türgriff. Sie hielt einen Augenblick inne und starrte Anton an, der ihr ermutigend zunickte. Tief einatmen, sagte sie sich. Und dann ganz langsam wieder aus. Das tat sie dreimal, dann ging sie hinein.
Was sie im Inneren vorfand, ließ sie so sehr erschaudern, dass ihre Beine ihr fast den Dienst versagten. Am liebsten wäre sie sofort aus dem kleinen Raum geflüchtet, der so sehr an ein Gefängnis erinnerte, nicht zuletzt wegen der Zelle aus Glas und Metallstäben, die den hinteren Teil einnahm.
Inmitten der Zelle stand ein Mann, der keiner mehr war, mit bleicher Haut und schlohweißem Haar, das aussah, als hätte irgendetwas ihm jegliche Farbe entzogen. Er presste beide Hände gegen die Glasscheibe. Seine Nägel waren lang und spitz wie Klauen, die man als Waffe nutzte. Auf seinen bleichen Lippen machte sich ein hämisches Lächeln breit.
Und diese Augen …
… leer.
Nichts in seinem Blick deutete darauf hin, dass er lebte, atmete, ein Gewissen oder irgendeinen klaren Gedanken hatte. Ein leises, verrücktes Kichern drang aus seiner Kehle, und nun realisierte sie, von wem die Geräusche stammten, die sie draußen gehört hatte. Er grinste und deutete eine Verbeugung an, als wäre ihm bewusst, wer gerade den Raum betreten hatte.
Also doch keine leere Hülle.
An seiner Nase klebte trockenes Blut. Es hätte Zufall sein können, aber daran glaubte sie nicht. Unvermitteltes Nasenbluten galt als erstes Anzeichen des Zauberrauschs.
Ohne ihre eiserne Selbstbeherrschung hätte sie sich auf der Stelle übergeben.
Bitte nicht.
Seit Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten, kam es immer wieder zu neuen Vorfällen dieser Art. Ohne Vorwarnung und ohne Erklärung. Betroffene klagten über Nasenbluten und furchtbare Kopfschmerzen, aber Berichten zufolge verhielten sie sich vor allem wie Süchtige, denen es nach ihrer Lieblingsdroge verlangte. Und irgendwann, wenn sie den Zustand nicht länger ertrugen, setzten sie ihrem Leben ein Ende. Keiner wusste, wie der Zauberrausch sich verbreitete oder was er überhaupt war. Man konnte lediglich die Betroffenen vom Rest der Bevölkerung fernhalten.
Das letzte Mal war der Rausch vor über einem Jahr aufgetaucht – einer der heftigsten Ausbrüche in der Geschichte von Chossya. Sascha hatte sich um die Bekämpfung gekümmert.
Eigentlich.
Mach dir keine Sorgen, Vasya, ich habe das erledigt.
Mach dir keine Sorgen, ich werde bald zurück sein.
Ich werde dich niemals allein lassen, kleine Schwester.
Lügner, dachte sie bitter. Du hast mich allein gelassen. Der unfehlbare...
Erscheint lt. Verlag | 25.7.2019 |
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Reihe/Serie | Der Kuss der Krähe | Der Kuss der Krähe |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Schlagworte | Attentäter • Bittersweet • bloody-marry-me • Bundle • christina-m-fischer • Devilish-Beauty • eBook • eBooks • Erbe • Fantasy • Fantasy-Abenteuer • fantasy-deutsch-kindle • Frauenroman • Für-Frauen • Für-junge-Erwachsene • Gefängnis • Identität • Impress • impressbundle • impress ebooks • Jugendbuch • Jugendbücher • july-winter • Justine-Pust • Karin-Kratt • Körpertausch • Krähe • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • liebesromane-ebooks-deutsch • Liebesromane-für-junge-Erwachsene • Magie • M.-D.-Hirt • Paranormale-Fantasyromane • Paranormal-Romance • Roman • Romance • romance-fantasy-deutsch • Romantasy • Romantik • romantisch • romantische-Fantasyromane • romantische-Literatur • Romanze • Schwester • Seday-Academy • sturmwanderer-verfolgt-von-sturm-und-macht • Thron • Übersinnlich • Übersinnliche-Liebesromane • Übersinnliches • Urban-Fanatasyromane • Vasilisa • wüstenruf • Young-Adult • Zarentochter • zeitgenössich • Zeitgenössische-Fantasyromane |
ISBN-10 | 3-646-30205-4 / 3646302054 |
ISBN-13 | 978-3-646-30205-9 / 9783646302059 |
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