Madita 1 (eBook)
176 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-96052-125-9 (ISBN)
Astrid Lindgren (1907?-?2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die 'wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten' (DIE ZEIT) wurde u.?a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. lon Wikland, 1930 in Estland geboren, studierte Kunst in Stockholm und London und arbeitet als freie Illustratorin. 1954 begann ihre Zusammenarbeit mit Astrid Lindgren, aus der mehr als dreißig Bücher hervorgegangen sind. Sie prägte über Generationen das Bild von Astrid Lindgrens Kindern aus Bullerbü, Karlsson vom Dach oder Ronja Räubertochter. Ilon Wikland wurde für ihr Gesamtwerk mit dem Elsa-Beskow-Preis ausgezeichnet und bereits mehrfach für den international bedeutenden 'Astrid Lindgren-Gedächtnispreis' nominiert.
Astrid Lindgren (1907 – 2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die "wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten" (DIE ZEIT) wurde u. a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. lon Wikland, 1930 in Estland geboren, studierte Kunst in Stockholm und London und arbeitet als freie Illustratorin. 1954 begann ihre Zusammenarbeit mit Astrid Lindgren, aus der mehr als dreißig Bücher hervorgegangen sind. Sie prägte über Generationen das Bild von Astrid Lindgrens Kindern aus Bullerbü, Karlsson vom Dach oder Ronja Räubertochter. Ilon Wikland wurde für ihr Gesamtwerk mit dem Elsa-Beskow-Preis ausgezeichnet und bereits mehrfach für den international bedeutenden "Astrid Lindgren-Gedächtnispreis" nominiert.
Ein Sommertag auf Birkenlund
In dem großen roten Haus unten am Fluss, da wohnt Madita. Dort wohnen auch Mama und Papa und die kleine Schwester Elisabet, ein schwarzer Pudel, der Sasso heißt, und das Kätzchen Gosan. Und dann noch Alva. Madita und Elisabet wohnen im Kinderzimmer, Alva in der Mädchenkammer, Sasso in einem Korb auf dem Flur und Gosan vor dem Herd in der Küche. Mama aber wohnt beinah überall im Haus und Papa auch, wenn er nicht gerade in der Stadt ist und für seine Zeitung schreibt, damit die Leute dort etwas zu lesen haben.
Madita heißt eigentlich Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selber Madita. Und obwohl sie jetzt schon groß ist, fast sieben Jahre alt, heißt sie noch immer so. Nur wenn sie etwas angestellt hat und gerügt werden muss, dann wird sie Margareta genannt. Und sie wird ziemlich oft so genannt. Elisabet darf immer Lisabet heißen, sie braucht nur selten gerügt zu werden. Madita aber hat so viele verdrehte Einfälle und sie überlegt nie – außer hinterher. Dann bedauert sie, was sie getan hat, und ist traurig. Sie möchte so gern lieb und brav sein, und es ist ein Jammer, dass ihr das nicht immer glücken will.
»Diesem Kind kommen die Einfälle so rasch, wie ’n Ferkel blinzelt«, sagt Linus-Ida. Und das stimmt.
Linus-Ida kommt jeden Freitag zum Waschen und Scheuern. Heute ist Freitag, und Madita sitzt auf dem Steg am Fluss und guckt zu, wie Linus-Ida Wäsche spült.
Madita ist froh. Sie hat die Schürzentasche voller süßer, gelber Pflaumen und ab und zu isst sie eine. Und dabei planscht sie mit den nackten Füßen im Wasser und singt Linus-Ida ein Lied vor.
»ABCD,
die Katze saß im Klee,
die Katze saß im Klee, oje,
Scheiden, ach, Scheiden tut weh.
EFGH,
sagte sie da,
sagte sie da, oje,
Scheiden, ach, Scheiden tut weh.«
Dieses Lied hat Madita ganz allein gemacht, jedenfalls beinah. Ein Teil stammt aus Mamas alter Fibel und ein anderer aus einem Lied, das Alva immer beim Abwaschen singt. Madita findet, es passt auch gut zum Wäschespülen und Pflaumenessen.
Aber Linus-Ida findet das nicht.
»Hu, was für ’n Gejaule!«, sagt sie. »Kannst du denn kein schöneres Lied, Madita?«
»Ich finde es schön«, sagt Madita. »Aber deine sind natürlich viel schöner. Sing doch mal das von Jesu Eisenbahn zum Himmel. Bitte, Ida!«
Aber das will Linus-Ida nicht, jedenfalls nicht beim Wä-schespülen. Und das ist ein wahrer Segen. Denn wenn Madita das Lied von Jesu Eisenbahn auch immer wieder gern hört, so muss sie doch jedes Mal dabei weinen. Ja, sie braucht nur daran zu denken wie jetzt, dann wird sie ganz still und bekommt feuchte Augen. Das Lied ist so traurig, es handelt von einem kleinen Mädchen, das glaubt, es könne mit der Eisenbahn zum Himmel hinauffahren und dort die tote Mutter wiedersehen – nein, Madita darf gar nicht daran denken. Alle Lieder, die Linus-Ida singt, sind traurig, eins wie das andere. Die Mütter sterben in einem fort, und die Väter sitzen nur immer im Wirtshaus und trinken so lange, bis die Kinder auch sterben. Dann gehen die Väter nach Hause und weinen und bereuen alles ganz schrecklich und schwören, nie wieder einen Tropfen zu trinken – aber das hätten sie sich lieber früher überlegen sollen.
Madita seufzt, dann angelt sie sich wieder eine Pflaume aus der Schürzentasche. Ach, sie ist so froh, dass ihre Mama lebt, dass sie dort in dem roten Haus ist. Jeden Abend, wenn Madita im Bett liegt und ihr »Müde bin ich, geh zur Ruh« aufgesagt hat, dann bittet sie den lieben Gott noch darum, dass Lisabet und sie selbst und Mama und Papa und Alva und Linus-Ida und Abbe Nilsson in den Himmel kommen, alle zusammen auf einmal. Am besten wäre es natürlich, wenn sie überhaupt nicht dahin zu kommen brauchten, meint Madita, sie haben es ja so gut zu Hause. Aber darum wagt sie den lieben Gott nicht zu bitten, er könnte sonst traurig werden.
Linus-Ida findet es ganz in Ordnung, dass man bei ihren Liedern weint.
»Da kannst du mal sehen, Madita«, sagt Ida, »da kannst du mal sehen, wie erbärmlich es Armeleutekindern geht. Dank du nur deinem Herrgott, dass du es hast wie der Spatz im Hanf.«
Freilich hat Madita es wie der Spatz im Hanf. Sie hat Mama und Papa und Lisabet und Alva und Linus-Ida und Abbe Nilsson und sie wohnt auf Birkenlund und ein schöneres Fleckchen kann es gar nicht geben.
Falls jemand Madita fragte, wie es da aussieht, dann würde sie vielleicht so antworten: »Och, das ist ein ganz gewöhnliches, rotes Haus. Eben ein Haus. Am schönsten ist es in der Küche. Da spielen Lisabet und ich in der Holzkiste und dann helfen wir Alva auch beim Backen. Ach nein, am schönsten ist es doch auf dem Dachboden, da spielen wir Verstecken, und manchmal verkleiden wir uns als Menschenfresser und spielen, dass wir die Leute auffressen. Aber auf der Veranda sein macht auch Spaß, da klettern wir durch die Fenster raus und rein und spielen Seeräuber, die auf einem Schiff rumturnen. Um das Haus herum stehen lauter Birken, da klettere ich auch drin herum, aber Lisabet nicht, denn dazu ist sie noch zu klein, sie ist ja erst fünf. Manchmal klettere ich auch auf das Dach vom Schuppen. Der ist rot gestrichen und steht ganz dicht bei Nilssons Zaun und darin ist der Holzstall und die Werkstatt und die Waschküche und die Mangelstube. Wenn man da oben auf dem Dach sitzt, dann kann man Nilssons in die Küche gucken. Das macht Spaß. Aber oben auf der Mangel zu sitzen und hin- und herzufahren, wenn Alva und Linus-Ida Wäsche rollen, macht auch Spaß. Am allerschönsten aber ist es am Fluss. Wir dürfen auf dem Steg spielen, denn da ist das Wasser nicht tief. Aber ein Stück weiter draußen, da wird es tief. Auf der anderen Seite vom Haus ist die Straße. Da haben wir eine Fliederhecke, damit uns niemand zugucken kann. Aber wir können hinter der Hecke liegen, und dann hören wir alles, was die Leute, die vorbeigehen, reden, und das ist doch famos, nicht?«
So ungefähr würde Madita erzählen, wenn man sie fragte, wie es auf Birkenlund aussieht.
Und es kommt tatsächlich vor, dass sie hinter der Hecke versteckt liegt und die Leute belauscht, die dort vorübergehen.
Dann hört sie manchmal, wie sie sagen:
»Nein, schau doch bloß mal, was für ein niedliches Kind!«
Dann weiß Madita, dass sie Lisabet entdeckt haben, die hoch oben auf der Gartenpforte thront und über das ganze Gesicht strahlt. Sich selbst hält Madita nicht für niedlich, aber sie hört mit großer Genugtuung, wenn die Leute es von Lisabet sagen. Alle finden Lisabet niedlich, auch Linus-Ida.
»Ich sag’s ja, ich sag’s ja, das Kind ist schön wie die Sünde«, sagt Linus-Ida.
»Zum Anbeißen ist sie«, sagt Madita und beißt Lisabet in den Arm, aber nur ein bisschen. Und dann lacht Lisabet, als ob Madita sie gekitzelt hätte.
Beinah alles an Lisabet ist weich und sanft und niedlich, aber sie hat kleine, scharfe Zähne, und damit beißt sie Madita so fest, wie sie sich traut, in die Backe.
»In dich kann man reinbeißen wie in ’ne Gurke«, sagt sie und lacht noch viel toller.
An Madita ist nichts weich und sanft und niedlich. Aber sie hat ein liebes, sonnengebräuntes Gesicht, blaue Augen und dichtes braunes Haar. Und rank und schlank ist sie und geschmeidig wie eine Katze.
»Dass du ein Mädchen geworden bist, das muss reineweg ’n Versehen sein«, sagt Linus-Ida. »Ich sag’s ja, ich sag’s ja, an dir ist ein Jung’ verloren gegangen, das ist gewisslich wahr.« Madita aber ist höchst zufrieden damit, dass sie so aussieht, wie sie aussieht.
»Ich bin Papa ähnlich«, sagt sie, »und das find ich famos. Denn dann krieg ich bestimmt mal einen Mann.«
Lisabet bekommt es sofort mit der Angst, denn ach je, wenn sie nun keinen Mann abkriegt, denn sie sieht ja aus wie Mama, das sagen doch alle. Eigentlich ist es ihr ziemlich egal, ob sie mal heiratet oder nicht, aber wenn Madita später mal einen Mann hat, dann will sie auch einen haben. Sie will immer haargenau das haben, was Madita hat.
»Um an so was zu denken, bist du noch viel zu klein«, sagt Madita und streichelt Lisabet den Kopf. »Wart’s ab, bis du groß bist und zur Schule gehst wie ich.«
Dass Madita schon zur Schule geht, stimmt zwar nicht ganz, aber sie ist doch angemeldet und bis zum Schulanfang dauert es nur noch eine Weile.
»Vielleicht heirate ich auch gar nicht«, sagt Madita, um Lisabet zu trösten. Was am Heiraten so Besonderes sein soll, kann sie sowieso nicht begreifen. Aber wenn es nun durchaus sein muss, dann heiratet sie Abbe Nilsson, das steht fest. Abbe freilich weiß noch gar nichts davon.
Jetzt hat Linus-Ida ihre Wäsche fertig gespült und Madita hat all ihre Pflaumen aufgegessen. Da kommt Lisabet zum Steg hinuntergestapft. Sie hat auf der Veranda mit Gosan gespielt, aber nun ist es ihr langweilig geworden, und sie will gucken, was Madita tut.
»Madita«, sagt Lisabet, »was machen wir jetzt?«
»Zuerst und zuletzt
nimm eine Katz,
mach eine Hatz«,
sagt Madita. So muss man antworten, so antwortet Abbe auch immer.
»Haha«, lacht Lisabet, »hab ich ja schon gemacht. Mit Gosan … eine Hatz auf der Veranda. Hab sie am Schwanz gepackt!«
»Dann hau ich dich«, sagt Madita. »Wenn du Gosan am Schwanz gezogen hast, dann hau ich dich, das weißt du genau.«
»Hab ich ja gar nicht«, ruft Lisabet. »Ich hab sie kein bisschen gezogen. Ich hab sie nur am Schwanz festgehalten. Sie selber hat ganz furchtbar doll gezogen.«
Sogar Linus-Ida sieht streng auf Lisabet hinab.
»Aber, Lisabet, du weißt...
Erscheint lt. Verlag | 16.5.2019 |
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Reihe/Serie | Madita |
Illustrationen | Ilon Wikland |
Übersetzer | Anna-Liese Kornitzky |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre |
Schlagworte | Abbe • Abenteuer • Astrid Lindgren • Ausflug • Birkenlund • Brunnen • Einfälle • Familie • Freundschaft • Geschwister • Kinderliteratur • Klassiker • Lisabet • Madita • Schneestrum • Temperament |
ISBN-10 | 3-96052-125-1 / 3960521251 |
ISBN-13 | 978-3-96052-125-9 / 9783960521259 |
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Größe: 12,3 MB
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