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Was ist mit uns -  Adam Silvera,  Becky Albertalli

Was ist mit uns (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
416 Seiten
Arctis Verlag
978-3-03880-130-6 (ISBN)
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Was ist, wenn das Leben kein Broadway-Stück ist? Und was, wenn doch? Ben und Arthur treffen zufällig vor einer Postfiliale aufeinander. Zufällig? Oder sind sie doch füreinander bestimmt? Ihr Kennenlernen und die ersten zarten Gefühle werden von ständigen Zweifeln überschattet. Mit 'Was ist mit uns', ihrem ersten gemeinsamen Roman, standen die beiden 'heiß begehrten Superstars der Jugendliteratur' (Pastemagazine) Becky Albertalli und Adam Silvera wochenlang auf der New York Times-Bestsellerliste.

Adam Silvera wurde in der Bronx, New York, geboren. Bevor er mit dem Schreiben begann, arbeitete er als Buchhändler und Rezensent für Kinderbücher. Sein Roman Am Ende sterben wir sowieso steht seit vielen Monaten auf Platz 1 der New York Times-Paperback-Bestsellerliste und hat auch in Deutschland die SPIEGEL-Bestsellerliste erreicht. Silvera lebt in Los Angeles und hat inzwischen eine riesige internationale Fangemeinde; sein Werk wurde bis dato in über 30 Sprachen übersetzt.

Adam Silvera wurde in der Bronx, New York, geboren. Bevor er mit dem Schreiben begann, arbeitete er als Buchhändler und Rezensent für Kinderbücher. Sein Roman Am Ende sterben wir sowieso steht seit vielen Monaten auf Platz 1 der New York Times-Paperback-Bestsellerliste und hat auch in Deutschland die SPIEGEL-Bestsellerliste erreicht. Silvera lebt in Los Angeles und hat inzwischen eine riesige internationale Fangemeinde; sein Werk wurde bis dato in über 30 Sprachen übersetzt. Becky Albertalli, geboren 1982, besitzt einen Doktor für Klinische Psychologie und widmet sich seit 2012 dem Schreiben von Jugendbüchern. Ihr Debütroman Nur Drei Worte wurde 2017 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und 2018 unter dem Titel Love, Simon verfilmt. Albertalli lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen in der Nähe von Atlanta.

Teil 1 Was wäre wenn?


1. Kapitel – Arthur


Montag, 9. Juli

Ich bin kein New Yorker und ich will nach Hause.

In New York gibt es so viele ungeschriebene Regeln: Niemals mitten auf dem Gehweg stehen bleiben zum Beispiel, niemals verträumt an einem Wolkenkratzer hochschauen und niemals in Ruhe ein Graffiti lesen. Straßenkarte, Bauchtasche, Blickkontakt – verboten. In der Öffentlichkeit vor sich hin singen, selbst wenn es was aus Dear Evan Hansen ist – verboten. Und unter gar keinen Umständen, selbst wenn dieser Hotdogstand vor den gelben Taxis ein fast schon unheimlich typisches New-York-Bild abgibt, darf man an einer Straßenecke Selfies schießen. Beiläufig wertschätzen – das ist erlaubt, aber dabei immer schön cool bleiben. Soweit ich es beurteilen kann, ist das sowieso am allerwichtigsten hier: Coolness.

Ich bin nicht cool.

Jetzt gerade, zum Beispiel. Jetzt gerade habe ich den Fehler gemacht, einen Blick in den Mittagshimmel zu werfen, und nun kann ich mich nicht mehr losreißen. Aus dieser Perspektive scheint die Welt nach innen zu kippen: schwindelerregende Hochhäuser, gleißende Feuerballsonne.

Wunderschön. Das muss ich New York zugutehalten. Es ist wunderschön, surreal und kein bisschen wie Georgia. Für ein schnelles Foto richte ich mein Handy nach oben. Ohne Hashtag, ohne Filter, ohne viel Aufhebens.

Nur ein einziges schnelles Foto.

Keine Millisekunde später trifft mich die geballte Wut des Passantenstroms: Oh Gott. Mach hin. AUS DEM WEG! Scheißtouristen. Ernsthaft – zwei Sekunden Fotografieren und schon bin ich die Ausgeburt der Störung im Betriebsablauf. Ich bin jede Bahnverspätung, jede Straßensperre, ja ich bin sogar der bloße Gegenwind.

Scheißtouristen.

Dabei bin ich nicht mal Tourist. Sondern wohne quasi hier, zumindest einen Sommer lang. Und gebe mich also mitten im geschäftigen Montagstreiben auch nicht etwa müßigem Sightseeing hin. Ich arbeite. Na ja, ich wurde zu Starbucks geschickt, aber das zählt.

Und ja, vielleicht nehme ich den extralangen Weg. Vielleicht brauche ich noch ein paar Minuten, bevor ich in Moms Büro zurückkehre. Meist ist das Praktikum ja eher langweilig als schlimm, aber heute lief’s einfach beschissen. Einer von diesen Tagen halt, an denen der Drucker neues Papier braucht und im Materialraum keins mehr ist, weswegen man welches aus dem Kopierer klauen will, dessen Schubfach aber nicht aufgeht und man dann den falschen Knopf drückt und das Ding wie wild zu piepen anfängt. Dann steht man da und denkt sich, dass, wer auch immer den Kopierer erfunden hat, eigentlich einen Arschtritt verdient. Verdient, getroffen zu werden von der rasenden Wut eines jüdischen Teenagers mit ADHS, der nicht weniger als einen Meter siebenundsechzig misst. Einer von diesen Tagen.

Schon seit ich losgegangen bin, will ich Ethan und Jessie mein Leid klagen, habe aber immer noch nicht den Dreh raus, wie ich Nachrichten schreiben soll, ohne stehen zu bleiben.

Deswegen steuere ich jetzt die Eingangstreppe eines Postamtes an und – wow. Postämter wie das hier gibt es in Milton nicht. Schneeweiße Fassade, steinerne Säulen, Messingverzierungen. Bei all dieser Eleganz komme ich mir fast schon underdressed vor. Dabei trage ich heute sogar eine Krawatte.

Ich schicke Ethan und Jessie das Sonne-und-Hochhäuser-Bild. Harter Tag im Büro!

Jessie schreibt augenblicklich zurück. Ich hasse dich und will du sein.

Die Sache ist die: Jessie und Ethan sind meine besten Freunde, seit ich denken kann. Mit ihnen war ich immer Echter-Arthur. Einsamer-Verpeilo-Arthur statt Stylo-Instagram-Arthur. Doch aus irgendeinem Grund muss ich sie glauben machen, dass mein Leben hier in New York megacool ist. Warum, weiß ich auch nicht. Deswegen schicke ich ihnen seit Wochen Stylo-Instagram-Nachrichten. Allerdings bin ich nicht sicher, ob sie mir das Ganze auch abnehmen.

Und du fehlst mir, schreibt Jessie, gefolgt von einer ganzen Zeile Küsschen-Emojis. Sie ist wie meine Oma im Körper einer Sechzehnjährigen. Wenn sie könnte, würde sie mir die roten Schmatzer direkt auf die Wange texten. Dermaßen zuckerwattig ist unsere Freundschaft jedoch erst seit Kurzem. Erst seit letztem Abschlussball. Auf dem ich ihr und Ethan erzählt habe, dass ich schwul bin.

Ich vermisse euch auch, Leute, gebe ich zu.

KOMM NACH HAUSE, ARTHUR.

Vier Wochen noch. Nicht dass ich zählen würde.

Ethan klinkt sich endlich auch ein. Mit dem mehrdeutigsten Vertreter der Emoji-Familie: dem Grimassen-Smiley. Ich meine, komm schon. Der Grimassen-Smiley? Während Jessie seit dem Abschlussball wie meine Oma textet, textet Ethan seitdem wie ein Pantomime. In der Gruppe geht’s ja meistens noch, aber was unseren Zweierchat angeht … Ich sage nur: Das Volumen eingehender Ethan-Nachrichten ging etwa fünf Sekunden nach meinem Coming-out merklich zurück. Und ich werde nicht lügen: Ein mieseres Gefühl ist mir nie untergekommen. Irgendwann stelle ich ihn zur Rede. Bald. Vielleicht schon heute. Vielleicht –

Schwungvoll wird die schwere Postamttür aufgestoßen und heraus treten – ohne Witz – zwei erwachsene Männer im Partnerlook-Jumpsuit. Zwillinge. Mit Zwirbelbart. Ethan würde vor Begeisterung auf die Knie gehen. Was mich ankotzt. So was passiert mir ständig mit ihm. Gerade noch wollte ich seinen mehrdeutigen Emoji-Arsch zum Mond schießen, jetzt will ich ihn einfach nur noch lachen hören. Emotionale Hundertachtzig-Grad-Wende in weniger als sechzig Sekunden.

Während die Zwillinge an mir vorbeischlendern, kann ich ihre identischen Männerdutts bewundern. Natürlich tragen sie Dutt. New York muss ein eigener Planet sein, denn – ich schwöre es – niemand sieht auch nur ein zweites Mal hin.

Außer.

Einem Jungen, der gerade mit einem Paket in den Händen auf den Eingang zusteuert. Buchstäblich wie angewurzelt bleibt er stehen, als die beiden an ihm vorbeilaufen. Er schaut so verdutzt drein, dass ich lachen muss.

Und da fällt sein Blick in meine Richtung.

Und er lächelt.

Und: heilige Scheiße.

Ich mein’s ernst. Heilige Scheiße im Himmel. Süßester Typ aller Zeiten. Sind’s die Haare, die Sommersprossen, die rosigen Wangen? Und das frage ich als jemand, dem noch nie zuvor die Wangen von jemandem aufgefallen sind. Doch seine sind es wert, bemerkt zu werden. Alles an ihm ist es wert. Perfekt zerzauste hellbraune Haare. Abgewetzte Turnschuhe, Jeans, graues Shirt mit einer Aufschrift, die fast vom Paket verdeckt ist: Dream & Bean Coffee. Der Junge ist, nun ja, wie die meisten größer als ich.

Und er sieht mich immer noch an.

Jetzt aber mal zwanzig Punkte für Gryffindor, denn ich schaffe es, zurückzulächeln. »Die beiden haben ihr Tandem mit Sicherheit vorm Barber-Shop geparkt.«

Er lacht überrascht, was mich glatt schwindlig vor Entzücken werden lässt. »Barber-Shop Schrägstrich Kunstgalerie Schrägstrich Mikrobrauerei«, ergänzt er.

Eine Weile grinsen wir uns bloß schweigend an.

»Ähm, willst du auch rein?«, fragt er schließlich.

Ich schaue zum Eingang. »Ja«, sage ich und folge ihm. Ohne überhaupt darüber nachzudenken. Oder falls doch, dann hat mein Körper mir die Entscheidung abgenommen. Dieser Junge hat etwas in mir ausgelöst. Ein Ziehen in der Brust. Die Sache scheint besiegelt: Ich muss ihn einfach kennenlernen.

Okay, ich werde es jetzt beichten, selbst wenn ich damit allgemeines Augenrollen ernte. Wahrscheinlich wurden eh schon einige Augen gerollt. Trotzdem:

Ich glaube an die Liebe auf den ersten Blick. An das Schicksal, die Macht des Universums, an all das. Nicht, wie ihr jetzt denkt. Nicht à la: Wir sind zwei Teile ein und derselben Seele, die auf ewig zusammengehören. Ich denke bloß, dass in unserem Leben einige Begegnungen vorherbestimmt sind. Dass uns das Universum bestimmte Menschen vor die Füße schiebt.

Selbst an einem x-beliebigen Montag im Juli. Selbst vor einem x-beliebigen Postamt.

Wobei zwischen einem x-beliebigen Postamt und diesem Laden hier dann doch ein Unterschied besteht. Denn wir betreten einen Raum, auf dessen glänzendem Fußboden mit Leichtigkeit ein Ball stattfinden und der wegen der klassischen Skulpturen vor den durchnummerierten Postfächern auch ein Museum sein könnte. Der Paketjunge nimmt sich an der Theke einen Adressaufkleber, stellt das Paket zwischen seine Füße und beginnt mit dem Ausfüllen.

Ich dagegen schnappe mir einen Expressumschlag vom Stapel und schlendere damit zum Platz neben ihm. Gaaanz locker. Das hier muss nicht schräg werden. Ich muss nur die richtigen Worte finden, um das Gespräch am Laufen zu halten. Tatsächlich bin ich normalerweise richtig gut im Small Talk mit Fremden. Keine Ahnung, ob das ein Georgia- oder ein Arthur-Ding ist, aber ehe ich mich’s versehe, vergleiche ich Pflaumensaftpreise für einen älteren Herrn im Supermarkt, und eine Schwangere im Flugzeug benennt noch vor der Landung ihr ungeborenes Kind nach mir. Das ist eines meiner Talente.

Oder war es, bis heute. Allem Anschein nach kann ich gerade nicht mal mehr Laute bilden. Meine Mundhöhle scheint in sich zusammenzufallen. Jetzt muss ich Kontakt zu meinem inneren New Yorker herstellen: cool sein, lässig. Ich taste mich mit einem Grinsen vor, hole tief Luft und zeige nach unten. »Ganz schön dickes Ding hast du da.«

Moment … Scheiße.

Hastig stolpern die nächsten Worte hinterher: »Ich meine nicht...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2019
Übersetzer Christel Kröning, Hanna Christine Fliedner
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Autorenduo • Beziehung • Broadway • Freundschaft • Instagram • Komödie • LGBT • New York • New York Times-Bestseller • Romantik
ISBN-10 3-03880-130-5 / 3038801305
ISBN-13 978-3-03880-130-6 / 9783038801306
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