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Glauben sie das wirklich? -  Reiner Jungnitsch

Glauben sie das wirklich? (eBook)

In Briefen mit Jugendlichen das Leben und den Glauben erkunden
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
112 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7448-5304-0 (ISBN)
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Viele Heranwachsende verfügen heute kaum mehr über ein grundlegendes Wissen in Sachen Glaube, Religion und Christentum. Das Anliegen der christlichen Religion verständlich darzustellen, verlangt heute andere Worte und Wege als früher. Dieses Buch greift zentrale Themen des Glaubens auf und versucht, deren Kern lebensnah zu entfalten.

Reiner Jungnitsch, Jahrgang 1954. Langjährige Tätigkeit als Religionslehrer. Lehrauftrag an der TU Darmstadt.

2. Was es so alles gibt

Wenn in einem Gespräch plötzlich das Stichwort „Glaube“ fällt, wirkt das auf manchen Zeitgenossen wie das lästige Gesumme einer Fliege. Sie bewaffnen sich dann sogleich mit einem schlagkräftigen Satz und gehen siegesgewiss zum Angriff über: „Glauben heißt nicht wissen!“ oder „Ich glaube nur, was ich sehe!“ oder „Dafür gibt es sowieso keine Beweise!“ oder ähnliche Geschosse. Die Schützen sind dabei immer sehr sicher, diesen Vertreter der Religion quasi mit einem Schuss niedergestreckt zu haben. Was soll denn nach einer solch vernichtenden Attacke noch übrigbleiben?

Auf den ersten Blick scheint man gegenüber so eingefleischten Skeptikern keine guten Karten zu haben. Aber das sieht nur so aus. Man muss sie nur am richtigen Ende packen.

Ein amerikanischer Theologe beschrieb einmal, mit welchem Trick er einen derartigen Scharfschützen drankriegte: „Der Skeptiker ist niemals überzeugend. Da steht er, ein Cocktailglas in der Hand, den linken Arm lässig auf dem Kaminsims postiert, und sagt, dass nichts gewiss sei, nicht mal seine eigene Existenz. Ich habe da eine geheime Methode, solch universalen Skeptizismus mit vier Worten zu demolieren. Ich flüstere ihm zu: 'Ihr Hosenschlitz ist offen'. Wenn er so bombensicher ist, dass es keine gültige Erkenntnis gibt - warum schaut er dann jedes Mal hin?“ (Robert F. Capon).

Nun, das ist sicher eine besonders coole und humorige Art zu reagieren. Jemanden, der gleich alles in Zweifel zieht und keinerlei Erkenntnis als sicher gelten lassen will, trifft man aber eher selten. Und wenn man es genau nimmt, ist die Behauptung dieses Skeptikers in sich unlogisch und widersprüchlich. Nichts hält er für sicher erkennbar. Aber was ist mit seiner Aussage selbst, die er als seine Erkenntnis vertritt? Ist die denn sicher, oder gehört sie ebenfalls in den Ordner „Zweifelhaft“? Was bleibt dann? Aber dies nur nebenbei.

Meistens werden dem angeblich schwankenden Boden der Religion die sicheren und tragenden Säulen der Wissenschaft entgegengestellt. Da weiß man, was man hat. Das lässt sich belegen, ist handfest und nützlich. So hört man.

Gleich darauf zu verweisen, dass auch die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse einem teils sehr raschen Wandel unterliegen, also manches heute verworfen wird, was gestern noch Gültigkeit hatte, wird einen Wissenschafts-Fan nicht gleich aus dem Sattel werfen. Der Knackpunkt des Missverständnisses zwischen dem Glauben und der Naturwissenschaft liegt auch ganz woanders.

Damit Du verstehst, was ich meine, will ich mit einer kleinen Aufgabe beginnen. Wenn Du also willst, nimm Dir mal eben einen Stift und mache ein paar Kreuzchen:

Gibt es das wirklich?

Ja Nein
1. dieses Buch
2. ein Wasserstoffatom
3. die Liebe
4. die Elektrizität
5. die Radioaktivität
6. die Treue
7. den Wind
8. das Gewissen
9. die Freundschaft
10. Gott
11. die Osterinseln
12. den Nordpol
13. die Luft
14. das Jenseits
15. den Äquator

Ist Dir dabei etwas aufgefallen? Wo kam Deine Antwort ganz schnell, wo musstest Du erst einen Moment überlegen? Vor allem: was ging Dir bei den einzelnen Positionen durch den Kopf, um eine klare Antwort zu finden?

Mich reizt es zwar zu erfahren, wo Du für Ja oder für Nein gestimmt hast, aber das ist gar nicht der ausschlaggebende Punkt. Viel wichtiger ist mir an dieser kleinen Übung die bewusste Wahrnehmung des jeweiligen Weges zu einem Ja oder Nein.

Ein Beispiel: du wirst vermutlich mit dem Kopf geschüttelt haben bei der ersten Position. Daran zu zweifeln, dass dieses Buch hier wirklich vorhanden ist, wäre ein logischer Widerspruch.

An der sinnlichen Wahrnehmung des Buches gibt es nichts zu rütteln. Wie ist es aber bei all den anderen Sachen? Eine unmittelbare und klare Bestätigung durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Tasten ist bei vielen der „Objekte“ nicht möglich. Es macht auch sicher noch einen Unterschied, wie Du herausfindest, ob es die Osterinseln, die Liebe oder ein Jenseits gibt. Das verlangt ganz verschiedene Wege zu gehen. Und die einzelnen Antworten liegen folglich auch nicht auf derselben Ebene. Klar?

Der Nachweis z. B. der Radioaktivität dürfte mit Hilfe eines Geigerzählers kein besonderes Problem darstellen. Selbst der bornierteste Skeptiker wird sich durch die Anzeige auf dem Gerät belehren lassen müssen. Die Beweislage ist hier eindeutig. Wie aber beweist Du einem anderen Menschen, dass Du ihn liebst? Welchen Beweis für die Liebe würdest Du umgekehrt selber akzeptieren?

Du merkst, jetzt wird es schon schwieriger mit Eindeutigkeit und Beweis. Meinerseits halte ich daran fest, dass es für Liebe keinen Beweis gibt und geben kann. Sie bleibt eine höchst subjektive Wahrnehmung, bei der Irrtum oder Missverständnis nie ganz ausgeschlossen werden können. Außerdem, was wäre das für eine Liebe, die man erst beweisen müsste?!

Die Art und Weise des Daseins ist beim Wasserstoffatom, bei der Freundschaft oder der Luft wohl etwas total anderes. So wie Du die Buchstaben auf dieser Seite siehst, vermagst du jedoch das Gewissen nicht zu sehen usw.

Kommst Du noch mit?

Wir müssen also zugeben, dass es so manches auf dieser Welt gibt, was es auf sehr verschiedene Weise „gibt“. Während das eine, weil materiell, unseren Sinnen direkt zugänglich ist, halten wir zugleich so immaterielle „Dinge“ wie die Liebe, das Gewissen, die Treue usw. normalerweise auch für ganz real. Bei Nordpol oder Äquator kann man sogar von rein gedachten Angelegenheiten sprechen. Würden wir nämlich nach Afrika reisen und mittels der Landkarte den Äquator suchen, fänden wir absolut nichts. Bestenfalls irgendwo eine Bronzetafel mit der Aufschrift: „Sie stehen jetzt direkt auf dem Äquator!“ So kann es einem ergehen.

Bei noch genauerem Hinsehen würden wir schließlich feststellen, dass die Übergänge zwischen „materiell“ und „geistig“ ziemlich fließend sind. Davon wissen beispielsweise die Atomphysiker ein Lied zu singen. Doch das will ich hier nicht weiter ausführen.

Was hast du übrigens bei der Nr. 10 angekreuzt? Wonach hast Du das entschieden? Welche Begründung hast Du für Deine Antwort?

Ich begnüge mich an dieser Stelle mit den Rückfragen, da wir auf dieses Thema noch zu sprechen kommen werden. Wenn wir unsere Überlegungen zu den unterschiedlichen Erkenntniswegen abschließend ein wenig sortieren und uns das Ergebnis nochmals vor Augen halten, dann könnte man es so gliedern, wie ich es hier versucht habe:

Wirklich ist ...

  1. was ich unmittelbar mit meinen Sinnen wahrnehme,
  2. was ich mittelbar durch Instrumente wahrnehmen kann,
  3. was mir durch andere überliefert wird,
  4. was ich durch Einfühlen und Nachdenken erkennen kann,
  5. was ich auf die Dauer durch meine Lebenspraxis erfahre.

Wenn Dir noch nicht ganz die Luft ausgegangen ist, kannst Du ja die einzelnen Positionen von vorhin diesen fünf Ebenen zuordnen.

Hier zeigt sich nun, wie kurzsichtig es ist, wenn man „nur glaubt, was man sieht“. Denn Sehen und Sehen ist offenbar nicht dasselbe. Wer stets auf handfeste Beweise pocht und im selben Augenblick meint, das ganze Kapitel „Religion“ damit vom Tisch zu fegen, der kann kaum als besonders gescheit und logisch gelten. Er manövriert sich vielmehr selber in die Sackgasse. Und die kann nicht das Ziel sein.

Was Dir dieser zweite Anlauf zeigen sollte, lässt sich vielleicht auf diesen Nenner bringen: Von den Dingen dieser Welt, der Wirklichkeit, der Realität (oder wie Du sonst sagen willst) zu reden, ist recht vielschichtig. Die beweiskräftigen Resultate der Naturwissenschaften sind nur ein Ast am großen Baum der Erkenntnis.

Es gibt Fragen, die auf solchem Weg nicht zu beantworten sind. Und es gibt Situationen und Probleme, die sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht bewältigen lassen. Immer wenn es an die Substanz unseres Lebens geht, um Themen wie Freiheit, Gerechtigkeit, Liebe, Glück, Schuld, Sinn, Leid, Tod usw., müssen wir auf anderen Ästen des Baumes entlangklettern, um Antworten zu finden. Da muss auch jeder selber ran.

Denn was ich mir auf diese Lebensfragen als Antworten zurechtlege, das soll ja auch wirklich eine brauchbare Antwort sein, zumindest für mich.

Ob andere beim Suchen auf den gleichen...

Erscheint lt. Verlag 26.3.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-7448-5304-7 / 3744853047
ISBN-13 978-3-7448-5304-0 / 9783744853040
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