Märchenmagie (Vier Märchen-Romane von Jennifer Alice Jager in einer E-Box!) (eBook)
1150 Seiten
Impress (Verlag)
978-3-646-60328-6 (ISBN)
Jennifer Alice Jager schrieb ihr erstes Buch während der Ausbildung zur Mediengestalterin. Schnell erlangte sie Bekanntheit durch ihre erfolgreichen Märchenadaptionen und Fantasyromane bei Carlsen Impress. Nachdem sie eine Zeit lang in Japan lebte, wohnt sie heute wieder in ihrer Heimat, dem Saarland. Dort widmet sie sich hauptberuflich dem Schreiben und verbringt ihre Freizeit am liebsten mit ihren Tieren in der Natur.
Jennifer Alice Jager schrieb ihr erstes Buch während der Ausbildung zur Mediengestalterin. Schnell erlangte sie Bekanntheit durch ihre erfolgreichen Märchenadaptionen und Fantasyromane bei Carlsen Impress. Nachdem sie eine Zeit lang in Japan lebte, wohnt sie heute wieder in ihrer Heimat, dem Saarland. Dort widmet sie sich hauptberuflich dem Schreiben und verbringt ihre Freizeit am liebsten mit ihren Tieren in der Natur.
Die Schönheit
Sanft fuhr die Bürste durch ihr rot glänzendes Haar. Wie jeden Abend saß Valeria im langen Nachtgewand am Schminktisch vor dem Spiegel. Hinter ihr stand ihre Mutter Alannah und vor sich sah sie ihr eigenes Antlitz, das sie sanft anlächelte.
»Perfekt«, flüsterte ihre Mutter und strich ihr ein weiteres Mal durchs Haar. »Jeder deiner Züge, dein Blick. Du bist wahrlich die Schönste.«
Valerias Lächeln wurde ein klein wenig breiter. Sie wusste, dass man ihr nachsagte, sie wäre das schönste Mädchen in ganz Monaghan, denn sie bekam es tagtäglich zu spüren.
Es war ein Segen wie eine Last zugleich und dass ihre Mutter in ihr nichts weiter sah als ein hübsches Gesicht, das glatte feuerrote Haar und die wohlgeformten Wölbungen ihres Körpers, machte es nicht leichter.
Dennoch lächelte sie und bedankte sich für die netten Worte. So hatte sie es gelernt. Immer höflich bleiben, freundlich und umsichtig. Das stand ihr gut zu Gesicht und gehörte sich für eine Dame von Stand.
»Morgen wird sich das alles auszahlen, mein Liebchen«, versprach ihre Mutter. »Du wirst vor den König treten, er wird einen Blick auf dich werfen und das wird genügen, um zu wissen, wo du hingehörst.«
»Ja Mutter, so wird es sein.«
Noch immer lächelte sie sanft und ließ sich nicht anmerken, wie aufgeregt sie tatsächlich war. Morgen war ihr sechzehnter Geburtstag und wie jedes Mädchen in diesem Alter würde sie sich dem König präsentieren, er würde sie fragen, ob sie noch frei und ungebunden wäre und natürlich würde sie mit Ja antworten. Dann käme der Moment, auf den sie ihr Leben lang hingearbeitet hatte. Für diesen einen Tag hatte sie stets auf alles verzichtet. Auf Naschereien, ungezügelte Spiele, Reiten und Sonnentage. Und endlich würde sich das alles bezahlt machen.
»Nun ab ins Bett!«, forderte ihre Mutter sie auf und Valeria erhob sich so hastig, dass die Haarbürste zu Boden fiel.
»Nicht so stürmisch«, ermahnte Alannah.
»Verzeih, Mutter. Ich bin nur so aufgeregt.«
Sie huschte zum Bett und schlüpfte unter die weiße Daunendecke.
»Das ist verständlich«, räumte ihre Mutter wohlwollend ein. »Schon bald wirst du nicht mehr von mir, sondern von einer Zofe zugedeckt werden.«
Sie strich die Decke glatt und gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn.
Alannah selbst war ebenfalls eine recht hübsche Frau. Sie sah jung aus für ihr Alter, hatte feines blondes Haar, blaue Augen und hohe Wangenknochen. Dennoch hatte sie wider Erwarten nicht über ihren Stand geheiratet. Ebenso wie ihre Tochter hatte sie eine arrangierte Ehe angestrebt und auf alles verzichtet. Doch es kam anders als gewünscht und so setzte sie nun alle Hoffnungen in ihre einzige Tochter.
»Und jetzt schlaf gut.«
Sie nahm die Kerze vom Nachttisch und löschte diese, als sie die Zimmertür erreichte.
Valeria blieb allein im Dunkeln zurück und natürlich bekam sie kein Auge zu. Die ganze Nacht über lag sie wach und spürte, wie ihr Nacken immer steifer wurde. Sie wagte es nicht sich hin und her zu wälzen. Nicht auszudenken, wenn ihr Haar am morgigen Tag verknotet wäre.
Als dann die Vögel vor ihrem Fenster zu zwitschern begannen und die Sonnenstrahlen des anbrechenden Tages ihre Nase kitzelten, richtete sie sich schwerfällig auf und reckte ihre steifen Glieder.
Ein Geräusch am Fenster zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie schlüpfte aus dem Bett, richtete ihre Decke und lief mit nackten Füßen durch das Zimmer. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass sie das alles bald hinter sich lassen würde. Sie kannte hier jeden Winkel, jede Ritze an der holzvertäfelten Wand, hatte tausende Male die Blumengirlanden auf der Tapete gezählt und wusste genau, welche der Dielen knarzte, wenn sie darüber hinweg lief. Es war ihr Zuhause, ihr Zimmer und bald wäre es nur noch eine Erinnerung.
»Valeria?«, rief eine ihr wohlvertraute Stimme von draußen.
Belltaine winkte von der Straße zu ihr herauf. In der Hand hielt sie ein paar Kieselsteine.
Es war ein nebliger Morgen, wie die meisten Tage zu dieser herbstlichen Jahreszeit. Dichte Schwaden lagen über den eng an eng gebauten Fachwerkhäusern und in den verwinkelten Gassen, durch die sich unzählige Kutschen, Karren und Reiter bewegten.
»Guten Morgen, Belltaine!«, rief Valeria hinunter.
Ihre Freundin hatte am selben Tag Geburtstag wie sie und dicke Augenringe zeugten davon, dass ihr dieser Tag eine ebenso schlaflose Nacht bereitet hatte wie Valeria.
»Schau mich an«, rief Belltaine. »Ich sehe aus wie eine Vogelscheuche!«
»Nein, gar nicht!«, widersprach Valeria. Dabei war der Vergleich gar nicht so weit hergeholt. Das kohlrabenschwarze Haar war struppig und zerzaust, am Leib trug sie ein bodenlanges Leinenhemd und ihre Haut war blass und von roten Tupfen übersät.
Die feinen Damen, die zur frühen Morgenstunde schon unterwegs waren, um frisches Brot vom Bäcker zu holen oder sonstigen Geschäften nachzugehen, sahen das Mädchen naserümpfend an. Wie lächerlich einige von ihnen mit ihren breiten Hüten und gestreiften Reifröcken aussahen, war ihnen offensichtlich nicht bewusst – man musste schließlich mit der Mode gehen, auch wenn das bedeutete sich wie exotische Vögel zu kleiden.
Valeria schmunzelte. Niemals würde sie sich erlauben schlecht über diese Frauen zu reden, doch was sie dachte, blieb im Verborgenen.
»Komm rauf, wir kriegen das schon hin.«
Das ließ Belltaine sich nicht zweimal sagen. Sie war die Tochter eines mittelständigen Kaufmanns und ihre Aussteuer somit bescheiden, aber sie war hübsch anzusehen, schlank und groß. Ihre Chancen auf eine gute Partie standen nicht schlecht.
Valerias Familie war von niederem Adel. Ihr Vater trug den Titel eines Junkers, was erst einmal nicht viel her machte. Allerdings besaß ihre Familie einen guten Ruf und war dem König stets treu ergeben.
Was Valeria aber eine Heirat in den Hochadel sichern sollte, war ihr Aussehen, und wenn sie den Stand der Sonne betrachtete, blieben nicht einmal fünf Stunden, um das Beste aus sich herauszuholen.
Es klopfte an der Tür.
»Zwiebeln, Bienenwachs und Pulverkalk«, verkündete ihre Mutter nach dem Eintreten. Sie trug ein Tablett bei sich, das über und über mit verschiedenen Behältnissen gefüllt war.
Sie hatte sich bereits schick gemacht, trug einen braun gestreiften Rock und darüber die passende Schoßjacke. Ihr Haar war hochgesteckt und gepudert und ihre Lippen glänzten in einem satten Rot.
Hinter Valerias Mutter trat Belltaine in die Tür und ihre Stresspusteln waren von der gleichen Farbe wie Alannahs Lippenstift.
»Jetzt aber schnell, schnell, Mädchen! Uns läuft die Zeit davon!«
***
Es war exakt fünfeinhalb Stunden später, als Valeria aus der Kutsche trat. Von Monaghan bis in die Hauptstadt war es nur ein Katzensprung. Oft war Valeria mit ihrer Mutter hier unterwegs, um Hüte und Schuhe zu kaufen, sich beim Schneider die neueste Mode zeigen zu lassen oder im Krämerladen zu schmökern. Sie kannte die Läden von Waterport wie ihre Westentasche und dennoch sah sie die Stadt heute mit ganz anderen Augen. Bald wäre sie vielleicht ihre Heimat. Viele Junggesellen aus gutem Hause lebten hier in großen Villen oder in Herrenhäusern nahe der Stadt. Womöglich würde bald schon einer von ihnen ihre Hand halten und dann hätte sie endlich die Gelegenheit auch mal andere Seiten von Waterport zu entdecken, durch Parks zu flanieren oder gar die Pferderennbahn zu besuchen. Orte, an die ihre Mutter sie nie im Leben lassen würde.
»Kindchen, beeil dich!«, rief Alannah und winkte ihr zu.
Die Kutsche hatte sie direkt bis vor die Tore des Schlosses gebracht. Zwei Palastwachen öffneten ihnen das gusseiserne Tor und Valeria folgte ihrer Mutter in den Innenhof. Staunend sah Belltaine sich um, während Valeria sich mühte die Fassung zu bewahren. Der Vorplatz selbst war ohnehin nicht sehr beeindruckend. Er war groß, geschottert und von einer mächtigen Mauer umgeben. Auf den Zinnen patrouillierten weitere Palastwachen und beäugten die drei Damen misstrauisch, als sie den Weg direkt zum Haupteingang nahmen.
»Nimm die Hände da weg«, zischte Alannah und schlug Valeria auf die Finger. Sie hatte ihren Rock etwas angehoben, um bequemer laufen zu können. Ihr Kleid war nicht dazu gedacht sich zu bewegen. Es hatte viel zu viele Rüschen und Schleifen, saß schmerzhaft eng um ihre Taille und hob ihren Busen so weit an, dass sie sich gleich drei Jahre älter fühlte. Der König würde Valeria tief in den Ausschnitt schauen können, wenn sie sich vor ihm verbeugte. Aber genau das hatte ihre Mutter wohl auch beabsichtigt, als sie den Schneider beauftragte dieses Kleid zu nähen.
Ein kirschroter Topas, der an einer Kette in ihrem Dekolleté hing, sorgte außerdem dafür, dass die Blicke aller auf das gezogen wurden, was Valeria vorzuzeigen hatte. Er war in derselben Farbe wie ihr Gewand und hatte Valerias Vater ein Jahresgehalt gekostet.
An der Treppe hinauf zum Schloss blieb den dreien dann doch nichts anderes übrig, als ihre Röcke anzuheben, um die Stufen zu erklimmen.
Alannah kündigte die beiden Debütantinnen bei den Männern an, die links und rechts der Tür standen und man bat sie einzutreten.
Sie waren heute nicht die einzigen Damen, die dem König ihre Aufwartung machen wollten. Zwar arrangierten viele Familien die Verbindungen ihrer Kinder untereinander und auch die Heirat aus Liebe wurde immer häufiger als Entscheidung akzeptiert, doch jeden Tag kamen sechzehnjährige Mädchen in die Hauptstadt,...
Erscheint lt. Verlag | 2.3.2017 |
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Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Kinder- / Jugendbuch ► Vorlesebücher / Märchen | |
Schlagworte | 1001 Kuss • Beauty and the Beast • Being Beastly • Brüderchen und Schwesterchen • Brüder Grimm • Bundle • Cindy-Rella • Der Fluch der Schönheit • Die Schöne und das Biest • Djinnfeuer • Djinnrache • ebook bundle • E-Box • Fantasy • Gebrüder Grimm • Impress • impressbundle • impress ebooks • Jugendbuch-Jugendbücher-Liebesgeschichte-Romantasy-Liebe-Buch • Luna-Chroniken • Märchen • Märchenadaption • Marie Menke • Rebecca Wild • Reh-Schleiereule • Sammelband • Schneeweiße Rose • Schuber • Secret Woods • Sinabell • Winteraugen • Wintermärchen • Witches of Norway • Zeit der Magie |
ISBN-10 | 3-646-60328-3 / 3646603283 |
ISBN-13 | 978-3-646-60328-6 / 9783646603286 |
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