Selection - Die Krone (eBook)

352 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0289-5 (ISBN)
Kiera Cass wurde in South Carolina, USA, geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Virginia. Mit ihren »Selection«-Romanen hat sie es weltweit auf die Bestseller-Listen geschafft. Wenn sie sich eine Krone wünschen dürfte, dann wäre sie »aus den (Freuden-)Tränen ihrer Leserinnen und Leser« gemacht.
Kiera Cass wurde in South Carolina, USA, geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Virginia. Mit ihren »Selection«-Romanen hat sie es weltweit auf die Bestseller-Listen geschafft. Wenn sie sich eine Krone wünschen dürfte, dann wäre sie »aus den (Freuden-)Tränen ihrer Leserinnen und Leser« gemacht.
1
»Es tut mir leid«, sagte ich und wappnete mich für die unvermeidliche Reaktion. Zu Beginn des Castings hatte ich mir dessen Ende genau so vorgestellt: dass der Großteil meiner Bewerber gleichzeitig den Palast verlassen musste und es viele von ihnen hart treffen würde, nicht länger im Rampenlicht zu stehen. Doch während der letzten paar Wochen hatte ich festgestellt, wie nett, klug und sympathisch die meisten Teilnehmer waren. Deshalb brach mir diese Massenentlassung fast das Herz.
Die Kandidaten hatten sich mir gegenüber immer fair verhalten, und jetzt musste ich sehr unfair zu ihnen sein.
Denn erst durch die Liveübertragung würde die Entlassung offiziell sein, daher durfte ich den Jungs jetzt noch nichts Konkretes sagen.
»Mir ist bewusst, dass es ein bisschen plötzlich kommt, aber angesichts des instabilen Gesundheitszustands meiner Mutter hat mein Vater mich gebeten, mehr Verantwortung zu übernehmen. Und um das leisten zu können, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Zahl der Teilnehmer im Wettbewerb deutlich zu reduzieren.«
»Wie geht es der Königin?«, fragte Hale leise.
Ich seufzte. »Es geht ihr … Es geht ihr ziemlich schlecht.«
Dad hatte mich nur widerwillig zu ihr gelassen, doch schließlich konnte ich ihn überreden. Als ich den Krankenflügel betrat, schlief Mom, und der Rhythmus ihres Herzschlags auf dem Monitor blieb im Takt. Sie war gerade aus dem OP gekommen, wo die Ärzte ihrem Bein eine Vene entnommen hatten, um die verschlissene Arterie in ihrer Brust zu ersetzen.
Einer der Ärzte erklärte, Moms Herz hätte für eine Minute aufgehört zu schlagen, doch es sei ihnen gelungen, sie zurückzuholen.
Ich setzte mich an ihr Bett und hielt ihre Hand. Und auch wenn es albern war: Ich ließ mich absichtlich in den Stuhl sacken, weil Mom dann garantiert wieder zu sich kommen und meine Haltung korrigieren würde. Vergebens.
»Aber sie lebt«, fuhr ich fort. »Und mein Vater … Er ist …«
Raoul legte mir tröstend die Hand auf die Schulter. »Schon in Ordnung, Eure Hoheit. Wir verstehen das.«
Mein Blick schweifte durch den Raum und blieb für einen Atemzug an jedem einzelnen Bewerber hängen.
»Fürs Protokoll: Zuerst habe ich mich vor Ihnen gefürchtet«, gestand ich. Im Raum war vereinzelt Lachen zu hören. »Ich bedanke mich sehr, dass Sie diese Chance ergriffen haben. Und für Ihre Liebenswürdigkeit bedanke ich mich auch.«
Ein Wachmann trat ein. Er räusperte sich, um sich bemerkbar zu machen. »Bitte entschuldigen Sie, Mylady. In Kürze beginnt die Sendung. Die Maskenbildner würden gern« – er machte eine verlegene Geste – »Ihre Haare und so überprüfen.«
Ich nickte. »Danke. Ich bin gleich so weit.«
Nachdem er verschwunden war, wandte ich mich wieder den Jungs zu. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir diese Gruppen-Verabschiedung. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute für die Zukunft.«
Beim Hinausgehen hörte ich einen Chor gemurmelter Abschiedsworte. Sobald sich die Türen des Männersalons hinter mir geschlossen hatten, holte ich tief Luft und bereitete mich auf die kommende Ansprache vor.
Ich bin Eadlyn Schreave, und niemand auf der Welt ist so mächtig wie ich.
Nun, da weder Mom und ihre Hofdamen auf den Fluren unterwegs waren, noch Ahrens Gelächter die Gänge erfüllte, war es im Palast gespenstisch still. Nichts machte einem die Gegenwart eines Menschen mehr bewusst als sein Verschwinden.
Auf meinem Weg hinunter zum Studio hielt ich mich so aufrecht wie möglich.
»Eure Hoheit«, begrüßten mich einige Leute, als ich durch die Tür kam. Sie knicksten oder verbeugten sich und traten zur Seite, wobei sie es vermieden, mich anzusehen. Es war schwer zu sagen, ob sie das aus Mitgefühl taten oder weil sie bereits wussten, was ich gleich verkünden würde.
»Oh«, sagte ich beim Blick in den Spiegel. »Mein Gesicht glänzt ein bisschen. Könnten Sie bitte …«
»Natürlich, Eure Hoheit.« Fachmännisch trug eine junge Maskenbildnerin Puder auf mein Gesicht auf.
Ich strich den hohen Spitzenkragen meines Kleids glatt. Schwarz war mir heute Morgen beim Anziehen in Anbetracht der Stimmung im Palast sehr passend erschienen. Doch jetzt kamen mir Zweifel.
»Ich wirke zu ernst«, sprach ich meine Bedenken laut aus. »Nicht auf seriöse Weise ernst, sondern auf besorgte Weise ernst. Und das ist das falsche Signal.«
»Sie sehen wunderschön aus, Mylady.« Die Maskenbildnerin schminkte meine Lippen nach. »Genau wie Ihre Mutter.«
»Nein, tue ich nicht«, klagte ich. »Ich habe weder ihre Haare noch ihre Haut, noch ihre Augen.«
»Das meine ich nicht.« Die freundliche, dralle junge Frau, der ein paar Locken in die Stirn fielen, stand neben mir und betrachtete mein Spiegelbild. »Schauen Sie«, sagte sie und deutete auf meine Augen. »Sie haben zwar nicht die gleiche Farbe, strahlen aber die gleiche Entschlossenheit aus. Und auf Ihren Lippen liegt das gleiche hoffnungsvolle Lächeln. Vom Typ her ähneln Sie Ihrer Großmutter, doch Sie sind durch und durch die Tochter Ihrer Mutter.«
Ich betrachtete mich im Spiegel und erkannte ungefähr, was sie meinte. Für einen ganz kurzen Moment fühlte ich mich weniger einsam.
»Danke. Das bedeutet mir sehr viel.«
»Wir alle beten für die Königin, Mylady. Sie ist eine Kämpfernatur.«
Trotz meiner düsteren Stimmung musste ich schmunzeln. »Das ist sie.«
»Noch zwei Minuten!«, rief der Regisseur. Ich stieg auf das mit Teppich ausgelegte Podium, richtete mein Kleid und zupfte an meinen Haaren. Im Studio war es kühler als gewöhnlich, selbst unter den Scheinwerfern, und ich bekam eine Gänsehaut, als ich hinter dem freistehenden Pult meinen Platz einnahm.
Gavril trat zu mir und lächelte mich mitfühlend an. Er trug schlichtere Kleidung als sonst, sah aber immer noch sehr elegant aus. »Wollen Sie das wirklich tun? Ich übernehme das gern für Sie.«
»Danke, aber ich glaube, das muss ich selbst machen.«
»Wie Sie meinen. Und, wie geht es der Königin?«
»Vor einer Stunde ging es ihr einigermaßen gut. Die Ärzte haben sie in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt, damit sie sich erholen kann. Doch sie sieht sehr mitgenommen aus.« Ein paar Sekunden lang schloss ich die Augen, um mich zu beruhigen. »Bitte entschuldigen Sie. Das nimmt mich ziemlich mit. Aber zumindest komme ich besser damit zurecht als mein Vater.«
Gavril schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemanden noch härter treffen könnte als ihn. Seit sie sich begegnet sind, hängt er mit jeder Faser seines Herzens an ihr.«
Ich dachte an den vergangenen Abend, an die Fotowand im Zimmer meiner Eltern und an all die Einzelheiten ihrer Liebesgeschichte, die sie mir erst kürzlich enthüllt hatten. Ich konnte mir noch immer keinen Reim darauf machen, warum man für die Liebe kämpfen und zahllose Hindernisse überwinden sollte, nur damit man dann am Ende trotzdem derart hilflos dastand.
»Sie waren doch dabei, Gavril. Sie haben das Casting meines Vaters miterlebt.« Ich schluckte; noch immer hatte ich meine Fassung nicht ganz zurückgewonnen. »Funktioniert es wirklich? Und wenn ja, wie?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ihr Casting ist jetzt das dritte, das ich verfolge, Hoheit, und dennoch kann ich Ihnen nicht erklären, wie es funktioniert – wie eine Art Lotterie einem Menschen den Seelengefährten bringen kann. Aber so viel kann ich Ihnen sagen: Ich habe Ihren Großvater nicht gerade bewundert, doch er hat Königin Amberly behandelt, als sei sie der wichtigste Mensch auf Erden. So übel er mit allen anderen umsprang, so großherzig war er ihr gegenüber. Sie bekam stets nur seine Schokoladenseite zu sehen, im Gegensatz zu … Jedenfalls, er hat die richtige Frau gefunden.«
Ich blinzelte und fragte mich, was er mir verschwieg. Ich wusste, dass Großvater ein strenger Herrscher gewesen war, aber wenn ich genau darüber nachdachte, war das auch so ziemlich das Einzige, was ich über ihn wusste. Dad redete nie darüber, wie er als Ehemann und Vater gewesen war, und ich selbst hatte mich immer mehr für meine Großmutter interessiert.
»Und Ihr Vater? Ich glaube, er hatte keine Ahnung, wonach genau er suchte. Genauso wenig wie Ihre Mutter – wenn mich nicht alles täuscht. Aber sie ergänzte ihn in jeder Hinsicht perfekt. Alle um sie herum erkannten das, lange, bevor die beiden selbst es bemerkten.«
»Wirklich?«, fragte ich. »Meine Eltern wussten es nicht?«
Er verzog das Gesicht. »Es war wohl eher so, dass Ihre Mutter es nicht wusste.« Er guckte mich bedeutungsvoll an. »Wie es scheint, liegt das in der Familie.«
»Gavril, Sie sind einer der wenigen Menschen, denen ich das anvertrauen kann. Es stimmt nicht, dass ich nicht weiß, nach was für einem Mann ich suche. Ich war nur überhaupt noch nicht für die Suche bereit.«
»Aha. Ich habe mich schon gewundert.«
»Trotzdem stehe ich jetzt hier.«
»Und dann auch noch allein, was mir aufrichtig leidtut. Doch wenn Sie sich entschließen, mit dem Casting weiterzumachen – und nach den gestrigen Ereignissen würde Ihnen niemand einen Vorwurf machen, wenn Sie es nicht täten –, können nur Sie eine so wichtige Entscheidung treffen.«
Ich nickte. »Das ist mir bewusst. Deshalb macht es mir auch so viel Angst.«
»Noch zehn Sekunden«, rief der Regisseur.
Gavril tätschelte mir die Schulter. »Ich bin für Sie da und stehe Ihnen auf jede erdenkliche Weise bei, Eure Hoheit.«
»Danke.«
Ich wandte mich zur Kamera und straffte die Schultern. Als das rote Lämpchen aufleuchtete, versuchte...
Erscheint lt. Verlag | 25.8.2016 |
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Reihe/Serie | Selection |
Selection | |
Übersetzer | Susann Friedrich, Marieke Heimburger |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Schlagworte | America • Aschenputtel • Band 5 • Bestseller-Serie • Bewerber • Casting • Cinderella • Eadlyn • EAN • Erik • Frauen • Große Gefühle • HALE • Henri • Herz • Herzschmerz • Hochzeit • Illeá • Illéa • junge Mädchen • kile • König • Königin • Kronprinzessin • Liebe • Maxon • Monarchie • Prinz • Prinzessin • Romantasy • Romantik • selection • Serie • Wettbewerb • Zukunft |
ISBN-10 | 3-7336-0289-7 / 3733602897 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0289-5 / 9783733602895 |
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