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Geist und Materie, Gott und die Welt - ein verborgener Gesamtzusammenhang / Spirit and Matter, God and the World - a Hidden Overall Context (eBook)

Ein kleiner Essay / A short Essay

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
111 Seiten
Carl-Auer Verlag
978-3-8497-9083-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geist und Materie, Gott und die Welt - ein verborgener Gesamtzusammenhang / Spirit and Matter, God and the World - a Hidden Overall Context -  Luc Ciompi
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... 'Wenn ich also das Ergebnis meiner Untersuchung in knappster Form zusammenfassen müsste, so ergäbe sich etwa Folgendes: Energie ist eine Urkraft unbekannter Herkunft mit einem ungeheuren Differenzierungspotenzial. 'Tote' wie lebende Materie ist zunehmend raffiniert organisierte Energie. Das organisierende Prinzip ist der Weltgeist, ein grenzenloses abstraktes Potenzial von Kombinationsmöglichkeiten, welche im Lauf der Evolution vom Big Bang bis heute immer differenzierter realisiert und materialisiert worden sind. Aspekte des Weltgeists werden von lebendigen Organismen sukzessive entdeckt und genutzt. Sowohl der Weltgeist wie auch die Energie können wahlweise als göttlichen oder natürlichen Ursprungs aufgefasst werden.' ... 'So if I had to summarize the result of my investigation in the briefest form, it would be something like the following: energy is a primal force of unknown origin with a tremendous potential for differentiation. 'Dead' and living matter is increasingly sophisticatedly organized energy. The organizing principle is the world spirit, a limitless abstract potential of possible combinations, which has been realized and materialized in an increasingly differentiated way in the course of evolution from the Big Bang to the present day. Aspects of the world spirit are successively discovered and utilized by living organisms. Both the world spirit and the energy can be understood to be either of divine or natural origin.' Der Autor: Luc Ciompi, Prof. em.; Studium der Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; psychoanalytische und systemisch-familientherapeutische Ausbildung; 1977-1994 Ordentlicher Professor an der medizinischen Fakultät der Universität Bern, Mit-Vorsteher des Departements der Universität Bern und ärztlicher Direktor der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik Bern; 1984-1998 Begründer und erster ärztlicher Leiter der therapeutischen Wohngemeinschaft 'Soteria Bern'; seit 1995 freier wissenschaftlicher Buchautor und Publizist; psychotherapeutische Beratungs- und Supervisionstätigkeit, Computerforschung zum Konzept der Affektlogik.

Luc Ciompi, Prof. em.; Studium der Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; psychoanalytische und systemisch-familientherapeutische Ausbildung; 1977-1994 Ordentlicher Professor an der medizinischen Fakultät der Universität Bern, Mit-Vorsteher des Departements der Universität Bern und ärztlicher Direktor der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik Bern; 1984-1998 Begründer und erster ärztlicher Leiter der therapeutischen Wohngemeinschaft 'Soteria Bern'; seit 1995 freier wissenschaftlicher Buchautor und Publizist; psychotherapeutische Beratungs- und Supervisionstätigkeit, Computerforschung zum Konzept der Affektlogik.

Luc Ciompi, Prof. em.; Studium der Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; psychoanalytische und systemisch-familientherapeutische Ausbildung; 1977–1994 Ordentlicher Professor an der medizinischen Fakultät der Universität Bern, Mit-Vorsteher des Departements der Universität Bern und ärztlicher Direktor der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik Bern; 1984–1998 Begründer und erster ärztlicher Leiter der therapeutischen Wohngemeinschaft "Soteria Bern"; seit 1995 freier wissenschaftlicher Buchautor und Publizist; psychotherapeutische Beratungs- und Supervisionstätigkeit, Computerforschung zum Konzept der Affektlogik.

Erstes Kapitel: Was ist der Geist?


Eine mögliche Definition, eine überraschende Implikation und ein gewichtiger Einwand


Geist sei, so habe ich in den genannten Reflexionen mehrfach behauptet, etwas Abstraktes und völlig Zeit- wie Raumloses: nämlich ein Dazwischen zwischen allen nur möglichen konkreten Fakten und Ereignissen3. Der Geist (oder auch „das Geistige”) ist, so gesehen, das unendliche Netzwerk von abstrakten Beziehungen und Verhältnissen, das obligat mit allem faktischen Geschehen einhergeht. Dazu gehören nicht nur alle Ideen über Zusammenhänge, Beziehungen und Kommunikationen, die man gewöhnlich als „geistig“ versteht, sondern ebenfalls eine unendliche Fülle von immateriellen abstrakten Beziehungen und Verhältnissen z. B. geometrischer, mathematischer oder sonst wie allgemeiner Art weit über den zwischenmenschlichen Bereich hinaus.

Was ist denn an dieser auf den ersten Blick vielleicht fast banalen und wohl auch einigermaßen einleuchtenden Definition so Besonderes und Aufregendes? – Sehr viel, wie wir nach und nach mit Überraschung und vielleicht sogar mit einem gewissen Staunen erkennen werden.

Vorab das Wichtigste: Wenn Geist tatsächlich, wie ich vorschlage, als das abstrakte Beziehungsnetz und „Dazwischen” verstanden wird, das obligat mit allem materiellen Geschehen einhergeht, so ist dieser Geist (zunächst, wie allerdings einzuräumen ist) von Menschen völlig unabhängig! Denn eine Fülle von Bezügen und Zusammenhängen ergibt sich ja unausweichlich, sobald auch nur irgendetwas da ist und geschieht – streng genommen also bereits mit dem Auftreten eines ersten Materieteilchens aus dem Nichts (oder auch, wie es heute meist heißt, aus einem „fluktuierenden energetischen Quantenfeld”) beim sogenannten Big Bang vor rund 13,8 Milliarden Jahren – unendlich lange also vor dem Auftauchen von ersten menschenähnlichen Wesen vor „nur” rund drei Millionen Jahren.

In der Tat ergibt sich schon mit dem Auftreten auch nur eines einzigen Elementarteilchens zwingend zumindest eine Relation zwischen ebendiesem Teilchen und dem Nichts. Mit der rasanten Entstehung von unzähligen weiteren solchen Teilchen nach dem „initialen Ereignis”, von dem uns die Astrophysiker berichten4, treten auch immer mehr solche Relationen „in Erscheinung” – ganz zu schweigen von der unendlichen Fülle von Bezügen und Zusammenhängen, die unausweichlich mit dem Auftauchen von immer komplexeren Atomen und Molekülen bis hin zu organischen Verbindungen5, zu ersten pflanzen- und tierartigen Lebewesen (vor rund 3,5 Milliarden Jahren) und endlich, nach weiteren ungeheuren Zeiträumen, von ersten Säugern, Primaten (vor rund 80 Millionen Jahren) und ersten Menschen einhergeht.

Aber ein solches Beziehungsnetz kann doch nur von eben diesem Menschen und seinem hoch entwickelten Gehirn erfasst werden, wird man sogleich einwenden. – Gewiss! Doch der menschliche Geist schafft ja diese Zusammenhänge keineswegs, sondern er entdeckt sie bloß – deckt sie dank seinen immer differenzierteren kognitiven Fähigkeiten nur Schritt um Schritt auf, könnte man auch sagen, von der ersten dunklen Ahnung von einem Zusammenhang etwa zwischen Blitz und Donner über früheste akustische und zeichenhafte Symbolisierungen (gemäß neueren Forschungen wohl bereits vor mindestens 500.000 Jahren6) über erste Mythenbildungen, Religionen und Philosophien bis zu den modernen Wissenschaften.

Was ist ein „abstraktes geistiges Beziehungsnetz”?


Bevor wie weitergehen, müssen wir uns fragen, was denn mit Abstraktion und einem „abstrakten geistigen Beziehungsnetz” genauer gemeint ist.

„Abstraktion” kommt vom lateinischen abstrahere = abziehen, ausziehen, wobei es auf verschiedensten Ebenen immer wieder um den „Auszug” von etwas Gemeinsamem aus einer zunächst scheinbar heterogenen Vielfalt geht: so auf einer sehr elementaren Ebene etwa um die Erkenntnis, dass Äpfel, Birnen und Pflaumen Früchte, oder dass Früchte, Gemüse und Fleisch Nahrungsmittel sind.

Jean Piaget (1896–1980), der schon genannte Erforscher der geistigen Entwicklung des Kindes, hat diesen für die Entfaltung des kindlichen wie menschlichen Geistes gleichermaßen zentralen Schritt aufgrund von unzähligen Beobachtungen und Experimenten als eine Folge von sogenannten majorisierenden Aequilibrationen beschrieben, das heißt als mehr oder weniger plötzliche Sprünge auf immer höhere Verstehensebenen, die zu einem neuen Gleichgewicht im involvierten mentalen System führen7. Interessant ist, dass solche Reäquilibrationen nach Piaget regelhaft drei emotional unterschiedliche Phasen durchlaufen von anfänglicher misstrauischer Ablehnung über ein ambivalentes Hin-und-her bis zu einer endlichen entspannenden Integration der neuen Sichtweise. Wesentliche derartige Entwicklungssprünge sind das frühe Erfassen von Gestalt und Funktion von „interessanten“ Objekten (wie z. B. einer Milchflasche), von einfachen räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen über die unmittelbare Umgebung, die Folge von Schlaf und Wachen oder Hunger und Sättigung. Etwas später folgen die schrittweise Abgrenzung einer eigenen Identität, die Sprachentwicklung, die ersten Keime von Empathie und Gerechtigkeitssinn und ab 4–5 Jahren auch bereits das Erfassen von einfachen mathematischen Zusammenhängen (wie insbesondere auch des – durchaus abstrakten – Wesens von ganzen Zahlen und von einfachen reziproken Wechselbeziehungen wie z. B. 2 mal 2 = 4 → 4 durch 2 = 2).

Alle diese Schritte gehen von konkreten materiellen Handlungen (in der Schule oft vom Umgang mit Äpfeln) aus, die stufenweise generalisiert, abstrahiert und damit auch „mentalisiert” oder „vergeistigt” werden. Jede Abstraktion geht mit einem erheblichen Energiegewinn durch Vereinfachung, aber auch mit Verlust an Detailinformation einher. Ein weiteres wesentliches Element einer jeden Abstraktion ist nach Piaget die sogenannte Dezentration, das heißt das stufenweise Absehen von der eigenen ego- bzw. anthropozentrischen Betrachtungsweise zugunsten einer zunehmend allozentrischeren Perspektive (besonders spektakulär etwa bei der kopernikianischen Erkenntnis, dass Erde und Mensch keineswegs, wie bisher angenommen, im Zentrum des Universums stehen).

Je abstrakter die Zusammenhänge sind, die der sich entwickelnde Menschengeist hinter der bunten Vielfalt von konkreten materiellen Fakten zu entdecken weiß, desto mehr nähert er sich einem rein Geistigen im Sinn der obigen Definition. Der vorliegende Versuch, „Geist” als eine abstrakte und vom Menschen prinzipiell unabhängige Beziehung zwischen den konkreten Dingen zu verstehen, entspricht nicht nur einer radikalen Abstraktion, sondern auch einer radikalen Dezentration im Sinn einer Abkehr von einem bloß anthropozentrischen Verständnis von „Geist”.

Frappante Beispiele einer zunehmender Dezentration durch Abstraktion liefert insbesondere auch die Entwicklung des geometrischen und mathematischen Denkens, so etwa der berühmte, aus Erfahrungen in der konkreten Landvermessung (= wörtlich Geo-metrie) abgeleitete Lehrsatz des Pythagoras von Samos (um 570–510 v. Chr.) über die Beziehungen zwischen den drei Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks: Pythagoras entdeckte und verallgemeinerte in der Formel a2 = b2 + c2 die Tatsache, dass das Quadrat über der Schrägseite a (das sog. Hypothenusenquadrat a2) eines jeden solchen Dreiecks genau gleich groß ist wie die Summe der Quadrate über seinen zwei rechtwinkligen Schenkeln (der sogenannten Kathetenquadrate b2 und c2). In der Folge konnte bekanntlich dieser von jedem konkreten Dreieck unabhängige und im hier gemeinten Sinn „rein geistige” Zusammenhang für beliebige Dreiecke generalisiert werden.

Andere mathematische Gleichungen abstrahieren noch viel komplexere Zusammenhänge, so etwa die bei der Berechnung von unzähligen physikalischen Vorgängen verwendete Formel i2 = -1 von Leonhard Euler8. Noch viel bedeutsamer ist im vorliegenden Kontext, wie wir noch sehen werden, die berühmte Gleichung e = mc2 von Albert Einstein (1879–1955), die erstmals die Äquivalenz von Materie und Energie präzise erfasste9.

Sind Naturgesetze „geistig”?


In diesem Zusammenhang erhebt sich die gewichtige Frage, ob denn tatsächlich auch so klar materiebezogene Naturgesetze wie die eben genannte Einstein‘sche Gleichung dem abstrakten zeit- und raumlosen Beziehungsnetz „zwischen” oder „hinter” allen konkreten Fakten zugeordnet werden dürfen, dessen Wesen wir als geistig postuliert haben. – Ich meine, dass diese Frage ganz klar zu bejahen ist. Denn gerade solche Naturgesetze verallgemeinern doch unendlich viele konkrete Fakten und Beziehungen auf einer höchsten Abstraktionsebene. So bestimmen zum Beispiel die Gravitationsgesetze nicht nur die Bahnen von Sternen und Planeten, sondern...

Erscheint lt. Verlag 22.11.2024
Reihe/Serie Verlag für systemische Forschung
Verlagsort Heidelberg
Sprache englisch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Schlagworte Anthropologie • Evolution • Geist und Materie • Philosophie • Psychologie • Religion
ISBN-10 3-8497-9083-5 / 3849790835
ISBN-13 978-3-8497-9083-7 / 9783849790837
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