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Wie überlebe ich schwierige Menschen? -  Jörg Berger

Wie überlebe ich schwierige Menschen? (eBook)

Stachlige Persönlichkeiten entwaffnen und die eigenen Stacheln entschärfen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
207 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-752-1 (ISBN)
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Sie meinen es nicht böse. Trotzdem verwickeln schwierige Menschen andere in Beziehungen, die Kraft rauben oder sogar bedrohlich werden. Kann man sich wirkungsvoll davor schützen? Und geht das, ohne sich selbst unfair zu verhalten? Es geht, weiß der Psychotherapeut Jörg Berger und stellt bewährte Strategien für den Umgang mit schwierigen Menschen vor. Manchmal geht es leichter, wenn man sich zuvor den eigenen Stacheln stellt. Zehn Jahre nach dem Erfolgstitel »Stachlige Persönlichkeiten« nun die kompakte Jubiläumsausgabe mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Analyse und zum Handeln.

Jörg Berger ist Psychologe und Psychotherapeut in eigener Praxis. Als gefragter Redner ist er mit Themen rund um schwierige und schöne Beziehungen unterwegs. www.stacheln.com

Einleitung

Warum haben schwierige Menschen so viel Einfluss? Müsste es nicht umgekehrt sein? Sollten nicht faire und liebevolle Menschen bestimmen, wie wir miteinander umgehen? Und müssten im Job nicht diejenigen führen, die teamfähig sind und an den gemeinsamen Erfolg denken? Leider sieht die Realität oft anders aus. Gerade weil sich schwierige Menschen nicht an Regeln halten, haben sie mehr Macht als andere. Weil sie Beziehungen an den Rand des Abgrunds führen, geben andere nach, auch wenn das ungerecht ist und Kraft kostet. Psychosomatische Kliniken und therapeutische Praxen sind voller feinfühliger, oft sozial eingestellter Personen, die eine schwierige Beziehung an den Rand des Nervenzusammenbruchs geführt hat. Berufliche Projekte fahren an die Wand, weil ein schwieriger Mensch in seiner Unvernunft nicht gestoppt wurde. Auch Umwege und Brüche in der Karriere sind meist auf schwierige Menschen zurückzuführen. Deshalb sollte jeder verstehen: Was gibt schwierigen Menschen so viel Macht? Wie kann man sich wehren und ein faires Miteinander möglich machen?

Schon als junger Psychotherapeut ist mir aufgefallen: Die psychologischen Werkzeuge, die ich habe, sind völlig ungeeignet, wenn wir es mit schwierigen Menschen zu tun haben. Was hilft es, gut zu kommunizieren, wenn sich ein anderer gar nicht verständigen, sondern durchsetzen will? Was nützen Selbstsicherheit und soziale Kompetenz, wenn ein anderer zu Machtmitteln greift? Was bringt es, wenn sich jemand seiner Würde und seiner persönlichen Grenzen gewahr wird, er dann aber am nächsten Tag im Büro gedemütigt wird? Schwierigen Menschen können wir nur mit Wachsamkeit und psychologischer Raffinesse begegnen. Dabei kommt es vor allem auf einen klugen Umgang mit Macht an. Unsere Menschlichkeit muss dabei nicht auf der Strecke bleiben. Es gibt auch faire Strategien, mit denen man unfairem Verhalten begegnen kann. Das schützt uns letztlich auch besser, als wenn wir in das gefährliche Spiel von Täuschung, Manipulation und Gemeinheiten einsteigen würden. Wir bewahren unsere Werte und Vertrauenswürdigkeit.

Wie wir den Menschen sehen

Mit diesem Buch richte ich mich besonders an sozial eingestellte und christlich geprägte Leserinnen und Leser. Sie machen in meiner Praxis den größten Teil meiner Patienten aus. Gleichzeitig sind sie die perfekten Opfer für schwierige Menschen. Denn sozial eingestellte und christlich geprägte Menschen verwechseln oft Liebe mit lieb sein. Sie sind auch dann noch verständnisvoll, großzügig und entgegenkommend, wenn sie längst ausgenutzt oder in eine gefährliche Situation manövriert werden. Doch weder eine soziale Einstellung noch die Nächstenliebe erfordern, dass man sich zum Opfer schwieriger Menschen macht. Wenn ich einmal aus Menschlichkeit oder Klugheit ein Opfer bringe, ist das etwas anderes, als wenn ich mich zum Opfer mache oder machen lasse. Es gibt auch eine starke Liebe, die sich wehren kann und zu einem guten Miteinander einlädt.

Ich hoffe, Sie haben vor dem Kauf des Buches diese Einleitung im Internet gelesen oder zumindest bemerkt, dass es in einem christlichen Verlag erschienen ist. Andernfalls werden Sie von Passagen überrascht, die den christlichen Glauben aufgreifen. Damit will ich niemanden bedrängen. Vielleicht kann Sie diese unerwartete Perspektive trotzdem bereichern. Schwierige Menschen konfrontieren uns mit existenziellen Fragen, für die es keine wissenschaftlichen Antworten gibt:

  • Was bedeutet Freiheit und wo sind wir anderen Menschen verpflichtet?
  • Was kann man vergeben?
  • Wie viel Wahrheit vertragen unsere Beziehungen?
  • Wann darf man einen Menschen aufgeben und seinem Unglück überlassen?

Im Umgang mit schwierigen Menschen brechen solche Fragen auf, wenn wir es am wenigsten brauchen. Idealerweise finden wir schon vorher unsere Antwort darauf. Dann haben wir bereits eine Haltung, die uns Orientierung gibt, wenn wir unter Druck kommen oder verunsichert werden.

Wann uns eine psychologische Brille hilft

In einer weltanschaulichen Frage brauchen wir Beweglichkeit. Sie betrifft unser Menschenbild. Sind Menschen einzigartig und damit stets überraschend? Oder lassen sich Menschen einordnen? Dann könnten wir im Fall schwieriger Menschen die Probleme voraussehen. Die meisten wollen andere nicht in Schubladen stecken. Das finde ich sympathisch. Trotzdem geschieht in diesem Buch genau das. Wir ordnen einen Menschen, unter dem wir leiden, einem Typen zu und entdecken in ihm einen Grenzüberschreiter, einen Blender oder einen anderen Typen. Wenn wir in Not sind, erleichtert es sehr, ein psychologisches Werkzeug an die Hand zu bekommen. Es führt uns von der Verwirrung zum Durchblick. Wir finden aus einer Hilflosigkeit heraus und entdecken Handlungsmöglichkeiten. Wenn wir dann mit einer Situation zurechtkommen, können wir das psychologische Werkzeug wieder aus der Hand legen. Wir dürfen andere dann wieder in ihrer Einzigartigkeit sehen und uns überraschen lassen, statt jemanden auf bestimmte Eigenschaften festzulegen.

Diesen Blickwechsel brauchen wir auch, wenn wir auf uns selbst sehen. Wenn wir uns selbst in Schubladen stecken, reduzieren wir uns. Damit geht uns der Blick für all das verloren, womit wir uns selbst und andere überraschen können. Gläubige Menschen rechnen außerdem damit, dass der Geist Gottes gute Möglichkeiten in ihre Persönlichkeit legt und diese entfalten hilft. Sie dürfen sich schon deshalb nicht auf das reduzieren, was ihre Geschichte und Veranlagung aus ihnen gemacht hat. Stattdessen rechnet der Glaube in jedem Augenblick mit dem Wunder, das uns zu mehr Vertrauen, Liebe und Mut befähigt, als wir Menschen zur Verfügung haben. Ab und zu gibt es allerdings Situationen, in denen es um Selbsterkenntnis geht. Hier kann eine psychologische Brille helfen. Sie lässt uns bestimmte Reaktionen klarer sehen und wir bekommen einen Blick für die Hintergründe und Folgen unserer Verhaltensmuster. Das hilft uns, Korrekturen in unserer Motivation und unseren Reaktionen vorzunehmen. Danach sollten wir die Selbstdiagnose wieder vergessen und uns als einzigartige Menschen sehen.

Schwierige Menschen erkennen

Rein statistisch ist die Chance groß, auf angenehme Menschen zu treffen. Bei der Frage, wie viele Menschen schwierig sind, können wir uns an der Häufigkeit von Persönlichkeitsstörungen orientieren. Wenn schwierige Persönlichkeitszüge so ausgeprägt sind, dass sie einem Menschen und seinen Bezugspersonen zu schaffen machen, spricht man von einer Persönlichkeitsstörung. Sie betreffen etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Das schätzen Studien zur Verbreitung psychischer Störungen.1 Die diagnostische Kategorie der Persönlichkeitsstörungen deckt sich allerdings nicht ganz mit den schwierigen Persönlichkeiten, die in diesem Buch beschrieben sind. Manche Menschen erfüllen die diagnostischen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung, sind aber trotzdem sehr angenehme Menschen. Andere erfüllen die Kriterien nicht, rauben einem aber viel Kraft und Nerven. Trotzdem erscheint mir eine Größenordnung von etwa zehn Prozent realistisch, wenn wir uns fragen, mit welcher Wahrscheinlichkeit uns die Charaktere dieses Buches begegnen. Es ist deshalb kaum möglich, schwierigen Menschen zu entgehen. Andererseits bleiben mehr als genügend Menschen, um angenehme Beziehungen zu pflegen.

Natürlich gibt es auch Konflikte zwischen Menschen, die nicht schwierig sind. Hier entschärft es Situationen oft schnell, wenn wir unsere eigenen Schwächen erkennen und korrigieren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir unterscheiden können: Haben wir es hier mit einem Menschen zu tun, der normal schwierig ist wie wir alle? Oder könnte mir jemand gefährlich werden, weil er uneinsichtig, unkorrigierbar und so selbstbezogen ist, dass man es kaum glauben kann. Im ersten Fall sollten wir unserer Intuition folgen: Erst mal selbstkritisch, ausgleichend und kompromissbereit sein. Im Fall schwieriger Menschen könnte uns genau das zur Falle werden. Hier müssen wir ganz an unserer eigenen Wahrnehmung festhalten, die Machtfrage in den Blick nehmen und jedes Entgegenkommen konsequent daran knüpfen, dass sich ein anderer fair verhält. Wie das in unterschiedlichen Konstellationen möglich ist, werden Sie in vielen Beispielen entdecken.

Auch wenn ich die Gefährlichkeit schwieriger Menschen ernst nehme, sehe ich sie doch auch mit Sympathie und Mitgefühl. Warum ich als Psychotherapeut gar nicht anders kann, möchte ich an einem ersten Fallbeispiel zeigen.

Magenschmerzen vor der Arbeit

Die Kollegen beobachten aufmerksam, wie sich Julian durch die Flure des Altenheims bewegt. So spüren sie, was heute auf sie zukommt. Mal eilt er mechanisch zu seinem Ziel, den Blick starr geradeaus, eine Zornesfalte über der Nasenwurzel, seinen Kaugummi malmend wie ein zähes Stück Fleisch. Besucher weichen Julian unwillkürlich aus. Kollegen grüßen ironisch oder gehen achselzuckend an ihm vorbei. In dieser Stimmung tritt Julian auf, als wären nur die Heimbewohner wichtig, die er betreut. Wer ihm entgegentritt und gleiche Rechte einfordert, riskiert einen Zornausbruch. Julian stößt dann Vorwürfe aus, die so unsachlich sind, dass die Kollegen kaum wissen, was sie darauf antworten sollen.

An anderen Tagen schlendert Julian durch das Altenheim, eine Hand in der Tasche seiner weißen Hose. Wenn er gedankenverloren am schwarzen Brett steht und die Aushänge studiert, wirkt es, als gelte der Zeitdruck nur für die anderen. Kollegen fällt auf, dass Julian von Zusatzaufgaben...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
ISBN-10 3-96362-752-2 / 3963627522
ISBN-13 978-3-96362-752-1 / 9783963627521
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