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Das eigene Selbstbild erkennen und entfalten (eBook)

Coaching mit dem Persönlichkeits-Panorama
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
144 Seiten
Junfermann (Verlag)
978-3-7495-0588-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das eigene Selbstbild erkennen und entfalten -  Daniela Blickhan
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»Wer bin ich nicht ... oder nicht mehr?« »Wer möchte ich sein oder werden?« Diese Fragen begleiten uns durchs Leben, beginnend mit der Entwicklung unseres Selbstkonzepts. Die erwachsene, reife Identität zeichnet sich durch Individualität und Unabhängigkeit aus. Wenn das Selbstbild Ähnlichkeiten mit biografischen Rollenvorbildern aufweist, sind diese harmonisch in die eigene Persönlichkeit integriert. Das Persönlichkeits-Panorama nimmt das eigene Selbstbild in den Blick und macht Fähigkeiten, Stärken, Überzeugungen und Werte sichtbar und erlebbar. Es ist gleichermaßen Diagnostik und Intervention. Daniela Blickhan stellt methodische Grundlagen und die praktische Gestaltung eines Coachingprozesses mit dem Persönlichkeits-Panorama vor. Sie zeigt, in welchen Bereichen es einsetzbar ist: im Einzelcoaching, in der Psychotherapie, in der Begleitung von Teams, Paaren oder Familien und in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Daniela Blickhan, Dr., Dipl.-Psychologin, MSc, Trainerin und Coach, leitet seit 1991 das Inntal Institut. Sie ist als Lehrtrainerin und Lehrcoach von verschiedenen Berufsverbänden akkreditiert (DCV, DACH-PP, DVNLP). Seit 2013 vertritt sie als erste Vorsitzende den Deutschsprachigen Dachverband für Positive Psychologie.

2. Was bringt die Arbeit mit dem Persönlichkeits-Panorama?


Bevor wir das Vorgehen im Coachingprozess genauer betrachten, braucht es den Blick auf die Indikation dieser Methode. Wozu ist das Persönlichkeits-Panorama nützlich? Was ist das Ziel, wenn du es einer Klientin, einem Klienten im Rahmen einer Coachingbegleitung anbietest? Welchen Nutzen hast du als Coach vom Einsatz der Methode und wann im Coachingprozess setzt du es am besten ein?

2.1 Nutzen für Klient*innen


Beginnen wir damit, welches Nutzenversprechen in Bezug auf das Persönlichkeits-Panorama du dem Menschen geben kannst, der als Coachee zu dir kommt: Wie erklärst du, was es bringt, wenn ihr euch für diese Arbeit mehrere Stunden Zeit nehmt? Einen wesentlichen Teil der Antwort hast du bereits kennengelernt, als ich beschrieben habe (siehe Kapitel 1, Seite 13 ff.), wie unser eigenes Selbstbild sich entwickelt, wie es normalerweise im Hintergrund „mitläuft“ und dennoch stark beeinflusst, wie wir uns verhalten, sowohl in Bezug auf unsere Werte und Ziele als auch anderen Menschen gegenüber. Dieses Selbstbild holen wir im Persönlichkeits-Panorama aus dem Hinter- in den Vordergrund und machen es sichtbar, greifbar und erlebbar.

Doch wie aktuell ist unser Selbstbild eigentlich? Für die Version, mit der viele Menschen durch ihr Leben laufen, müssten sie eigentlich die Meldung erhalten, dass ein Update verfügbar ist – wie beim Smartphone: „Bitte aktualisieren Sie Ihr System.“ Im Persönlichkeits-Panorama bekommen Klient*innen zunächst einen konkreten Zugang zu ihrem Selbstbild. Und sollten sie mit einer „veralteten Version“ leben, haben sie dann die Möglichkeit, sie aktualisieren. Aufgrund unserer „psychischen Werkseinstellung“, von der bereits die Rede war, ist die veraltete Version eher der Regelfall als die Ausnahme.

Hier eine Übersicht der Nutzenargumente für die Arbeit mit dem Persönlichkeits-Panorama, wie du sie als Coach Klient*innen vermitteln kannst:

  • Wer bin ich?
    In der Arbeit mit dem Persönlichkeits-Panorama kannst du dein Selbstbild aus dem Hintergrund der Aufmerksamkeit in den Vordergrund holen und dir bewusst machen, wer du bist – und vielleicht auch, wer du nicht (mehr) bist. Es ist eine Bestandsaufnahme für dich, in der es vorerst nicht um Ziele geht. Die können sich am Ende daraus entwickeln; im Mittelpunkt der Arbeit steht, was ist: „Wer bin ich, und wie bin ich?“
  • Was sind meine Themen?
    Du bist ins Coaching gekommen, weil du Veränderungsbedarf hast. Diese Themen werden im Persönlichkeits-Panorama sichtbar. Gemeinsam können wir sehen und entscheiden, welche Themen wir im Rahmen des Coachings betrachten wollen.
  • Welche Ressourcen tragen mich?
    Auch deine Ressourcen, Kraftquellen und Stärken werden sichtbar. Damit wird deutlich, was dir Rückenwind geben kann, um mit den eigenen Themen und Problemfeldern umzugehen.
  • Wie gehe ich weiter?
    Du kannst mithilfe des Persönlichkeits-Panoramas Themen benennen und einen neuen Zugang zu ihnen finden – und vielleicht kommst du bereits ein oder zwei Schritte bei diesen Themen weiter.

Anmerkung: Das Persönlichkeits-Panorama ist im Grunde ein diagnostisches Vorgehen, weil es Themen, Problemfelder und Ressourcen aufzeigt. Gleichzeitig ist es eine kraftvolle Intervention und bietet Impulse für Veränderung, Versöhnung und Integration.

  • Mein Bild begleitet mich.
    Aus meiner Sicht als Coach kann ich dazu sagen: Coachees, die länger im Coachingprozess sind oder nach längerer Zeit wiederkommen, sagen oft, wie stark und spürbar sie ihr Bild seitdem begleitet. Möglicherweise hat es sich inzwischen auch verändert, vielleicht aber auch nicht. Beides ist möglich, und in beiden Fällen hat der Coachee das Gefühl, von dem Bild in seiner weiteren Lebensreise gut „getragen“ zu werden.

2.2 Nutzen für Coaches


Welchen Nutzen bringt es dir als Coach, ein Persönlichkeits-Panorama durchzuführen? Wann kannst du es einsetzen, wann bringt es besonders viel?

  • Grundlage im Coachingprozess
    Mit dem Persönlichkeits-Panorama lernst du deine Klientin in kurzer Zeit sehr gut kennen. Der Informationsgewinn ist sehr hoch und du erfährst viel über diesen Menschen, und zwar nicht themengebunden wie sonst im Coaching üblich. Statt auf einzelne Situationen und Verhaltensweisen zu schauen, hilfst du der Klientin dabei, sich ihres Selbstbilds bewusst zu werden. Sie beschreibt dir nicht nur, welche Themen sie beschäftigen, wo Probleme liegen und welche Ziele sie erreichen möchte, sondern ihr schaut sozusagen gemeinsam hinter ihre Themen. „Wer bist du?“ „Was macht dich aus?“ Ein solches, ganzheitliches Wissen hilft dir, sie in eurer weiteren Zusammenarbeit gut zu begleiten.
  • Gemeinsame Planung der Coachingthemen
    Das Persönlichkeits-Panorama veranschaulicht das Selbstbild. So werden Ressourcen sichtbar, aber auch, bei welchen Themen Coaching- und Veränderungsbedarf besteht. Du kannst so in Absprache mit dem Coachee das Coaching planen. Als prozessorientierter Coach beschleicht einen ja manchmal ein Gefühl, als würde man von einem Thema zum nächsten springen, hier unterstützen, dort ein Feuer löschen – und manchmal hat man über die Zeit etwas Mühe, den roten Faden (wieder) zu entdecken. Mit dem Persönlichkeits-Panorama kannst du die Beratungsplanung gemeinsam mit deiner Klientin machen: Um welche Themen geht es ihr in der Zusammenarbeit? In welcher Reihenfolge wollen wir uns diese gemeinsam anschauen? Wie werden wir uns miteinander auf den Weg machen, damit die Klientin dort ankommt, wohin sie möchte und ihre Ziele erreichen kann?
    Natürlich sind dir als Coach diese Fragen aus der Auftragsklärung im Coaching bekannt und vermutlich auch vertraut. In der Arbeit mit dem Persönlichkeits-Panorama erreichen die Antworten aber eine andere Tiefe und Ganzheitlichkeit.
  • Lösungsorientiertes, anschauliches, intuitives Vorgehen
    Das Persönlichkeits-Panorama ist fest im ressourcen- und lösungsorientierten Coaching verankert. Das Vorgehen ist unmittelbar sichtbar, greifbar, spürbar. Die Klientin schreibt ihre Karten, sieht sie, kann sie berühren, verschieben, bearbeiten. Als Coach weißt du vermutlich, wie unglaublich hilfreich es ist, mit externen Ankern für interne Prozesse zu arbeiten. Indem wir etwas aus dem Hintergrund unserer Aufmerksamkeit nach vorne holen und externalisieren, können wir es betrachten, neu einordnen, vielleicht ergänzen oder verändern und dann wieder nach innen holen und integrieren. Das gibt Impulse für Veränderung und neue Erkenntnisse.

Diese Argumente sind nützlich, denn ein Persönlichkeits-Panorama braucht Zeit; man schließt es nicht mal eben innerhalb einer Coachingstunde ab. Im Seminarkontext verbringen wir zwei Tage damit, den Prozess kennenzulernen, etappenweise durchzuführen und auszuwerten. Im Einzelcoaching sind in der Regel zwei Doppelstunden anzusetzen, häufig auch mehr. Und deshalb ist es günstig zu erklären, warum es sich lohnt, diese Zeit und Energie gemeinsam zu investieren.

Abschließend möchte ich noch ein Nutzenargument nennen, das du als Coach vermutlich nicht explizit mit deinem Klienten besprichst, das aber implizit grundlegend wichtig ist für das Verständnis des Coachingprozesses im Persönlichkeits-Panorama. Wir haben bereits etabliert, dass das Selbstbild normalerweise im Hintergrund unserer Aufmerksamkeit bleibt, und dass das auch gut so ist. Wenn wir uns bei allem, was wir tun, fragen würden, wie unser Verhalten zu unserem Selbstbild passt, wären wir in kürzester Zeit im „Overload“ und nicht mehr handlungsfähig. Es stellt sich also die Frage: Wie bekommen wir im Coaching Zugang zu etwas, das normalerweise im Hintergrund bleibt, ohne den sogenannten Tausendfüßlereffekt auszulösen. Damit bezeichnet man Fehler, die sich einstellen, wenn wir etwas bewusst machen wollen, das automatisch im Hintergrund abläuft. Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man gebeten wird, etwas, das man völlig automatisch tut, zu erklären. Wie gehst du eine Treppe hinunter, ohne zu fallen? Wie ziehst du einen Pullover aus? Wie verhältst du dich in einem Videocall; worauf richtest du dort deine Aufmerksamkeit?

Kaum beginnen wir, einen automatisierten, eingeübten Prozess zu beschreiben, setzt der „Tausendfüßlereffekt“ ein und wir stolpern sprichwörtlich über unsere eigenen Beine. Dieses Risiko besteht theoretisch auch beim Betrachten des eigenen Selbstbilds und wir wirken ihm effektiv entgegen, indem wir ein spielerisches, intuitiv zugängliches Vorgehen nutzen. Die Klientin schiebt „Mosaiksteinchen“ (ihre Karten) hin und her und weil sie so damit beschäftigt ist, mit diesem Material zu arbeiten (bzw. zu spielen), verringert sich das „Stolperrisiko“. Daniel Kahneman spricht vom schnellen und langsamen Denken, und unser „schnelles Denken“ (System 1) ist mit den „Mosaiksteinchen“ gut beschäftigt. Zwischendurch kommt das „langsame Denken“ (System 2) immer mal wieder in den Vordergrund, um als Einsichtsinstanz zu erklären, was auf der spielerischen Ebene gerade geschehen ist. Und deshalb stolpern wir nicht, denn wir erklären nicht den Prozess des Gehens, sondern wir sprechen über den zurückgelegten Weg bzw. die Aussicht von dem Platz aus, an dem wir gerade stehen.

Um diesen Zusammenhang zwischen automatischem und bewusst...

Erscheint lt. Verlag 7.11.2024
Verlagsort Paderborn
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Coaching • Entwicklung • Fähigkeiten • Persönlichkeit • Persönlichkeitspanorama • Rollenbilder • Selbstbild • Selbstkonzept • Überzeugungen • Unabhängigkeit • Werte
ISBN-10 3-7495-0588-8 / 3749505888
ISBN-13 978-3-7495-0588-3 / 9783749505883
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