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Hans Döllgast 1891–1974

Licht und Schatten

(Autor)

Buch | Hardcover
280 Seiten
2024 | 1. Neuerscheinung
Schiermeier, Franz (Verlag)
978-3-948974-29-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hans Döllgast 1891–1974 - Franz Wimmer
CHF 47,60 inkl. MwSt
Im Fokus des Buches stehen schwerpunktmäßig öffentlich zugängliche Bauten des Architekten Hans Döllgast: u. a. drei Friedhöfe in München, die Alte Pinakothek in München und 18 Kirchenneubauten und -umbauten in Niederbayern und Franken.
Dabei soll vor allem die zeichnerische Handschrift von Hans Döllgast zum Tragen kommen: über 120 ausgewählte Skizzen,
Perspektiven, Entwurfsvarianten und Planzeichnungen von Hans Döllgast aus dem Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München geben Einblick in sein architektonisches Denken.
Vom detaillierten Handgriff bis zum Städtebau beherrscht Döllgast das ganze Spektrum der Architektentätigkeit, er hat alles in „analogen“ Handzeichnungen erfasst und festgehalten. Die Döllgast-Zeichnungen werden ergänzt durch zahlreiche dokumentarische und interpretierende Architekturfotografien des Architekten und Fotografen Franz Wimmer, der seit seinem Studium in den 1980er Jahren immer wieder Döllgast-Bauten fotografiert hat.

Hans Döllgast passt nicht in die gängigen Vorstellungen von moderner Architektur. Als Architekt ging er nie irgendwelchen Moden nach, eitle Selbstdarstellung war ihm völlig fremd. Er nahm sich selbst zurück, baute mit einfachen spar samen Mitteln, trotzdem mit höchster Präzision im Detail und stützte sich auf regionale Bautraditionen. Döllgast war aber nicht nur Architekt, sondern auch Schriftkünstler, Autor, Zeichner, Möbelgestalter und ein begnadeter Lehrer, den seine Schüler und Schülerinnen verehrten. Diese Eigenständigkeit im Ausdruck und die Vielfalt seines Werks fordern bis heute immer wieder zur Auseinandersetzung mit ihm auf. In seinen zahlreichen schriftlichen Veröffentlichungen erläuterte Döllgast nicht nur seine Bauten und Gedanken, sondern er legte auch die typografische Gestaltung genau fest. Das geschriebene Wort stand in enger Beziehung zu seinem künstlerischen Schaffen, historische Verweise streute er unablässig in seine Texte und Zeichnungen ein. Kultur und Geschichte standen ihm in enormer Breite und Vielfalt ganz selbstverständlich zur Verfügung. In seiner Autobiografie, dem dreibändigen Journal retour, gibt er, wenn auch nur bruchstückhaft und vielfach verklausuliert, Auskunft über sein Leben. Aus diesem literarischen Meisterwerk der Verschlüsselungskunst lässt sich einiges über ihn erfahren, noch mehr muss man allerdings zwischen den Zeilen lesen. Hans Döllgast wurde 1891 in Bergheim an der Donau geboren, der Vater war Dorfschullehrer, der sich 1900 nach Neuburg an der Donau versetzen ließ. Erinnerungen an Heimat und Kindheit bilden einen wichtigen Bezugspunkt für Döllgasts Arbeit als Architekt – ausführlich wird im Journal retour immer wieder auf die Herkunft Bezug genommen. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums studierte Döllgast von 1910 bis 1914 an der damaligen Technischen Hochschule in München Architektur. Von dem brillanten Lehrer für Zeichnen, Paul Pfann, lernte er das Skizzieren und von Friedrich von Thiersch, den Theodor Fischer als „Meister der Architekturzeichnung“ bezeichnete, das Aquarellieren. Diese Techniken entwickelte Döllgast virtuos zu einem persönlichen Ausdruck weiter. Theodor Fischer, der damals überragende Lehrer an der Hochschule, dessen Architektur aus regionalen Vorbildern schöpfte, war ohne Zweifel für ihn wichtig, das zeigen Döllgasts spätere Arbeiten. Im Journal retour wird Fischer etwas vernachlässigt – warum auch immer. Angeleitet von Joseph Bühlmann, dem Verfasser eines Standardwerkes zur Lehre historischer Bauformen, beschäftigte sich Döllgast intensiv mit antiker Baukunst und zeichnete eine preisgekrönte Diplomarbeit über die Rekonstruktion der Villa des Plinius. Nach Abschluss des Studiums und Einsatz im Ersten Weltkrieg waren der Augsburger Kirchenbauer Michael Kurz, der Münchner Jugendstilarchitekt Richard Riemerschmid und der Berliner Allround-Gestalter Peter Behrens seine wichtigsten Lehrmeister. 1927 machte sich Döllgast selbstständig und erregte mit moderat modernen Kirchenbauten und der Großsiedlung Neuhausen erstes Aufsehen. Ab 1929 übernahm er einen Lehrauftrag für Entwerfen von Möbeln und Innenausstattung an der TH München. Gefördert durch German Bestelmeyer, der dominierenden Persönlichkeit an der Architektenabteilung, konnte er seine Lehrtätigkeit im Laufe der Jahre schrittweise ausweiten, sodass er bereits in den 1930er-Jahren eine wichtige Lehrerpersönlichkeit an der Hochschule war. In der NS-Zeit stellte er sein Zeichentalent vielfach in offizielle Dienste, u. a. haben sich zahlreiche Zeichnungen für den Festzug zur Eröffnung des Hauses der Deutschen Kunst 1937 erhalten. Über die Jahre zwischen 1933 und 1945 äußerte sich Döllgast im Journal retour nur kryptisch: „Zehn Jahre [...] wären schadlos zu verschweigen, das Nebelloch für eine nirgends engagierte Kreatur. Zwielicht und Winterschlaf. Trotzdem Kreuzfahrten ohne Ende, nach Coburg, Thorn, Berlin, Stettin, wo eben je ein Baurat zum Heeresdienst beordert war.“ Seine Tätigkeit verschwindet buchstäblich im Zwielicht weniger Andeutungen. Wohl nicht von ungefähr erhielt er 1942/43 – wenn auch erst nach mehreren Anläufen – eine ordentliche Professur an der Technischen Hochschule für Freihandzeichnen und Raumkunst. Da Döllgast aber politisch nicht aktiv war, konnte er nach 1945 seine Karriere nahtlos fortsetzen. Er avancierte zur prägenden Lehrerpersönlichkeit und unterrichtete bis zu seiner Emeritierung 1957 alle darstellenden und gestalterischen Fächer. Als Architekt profilierte er sich in einzigartiger Weise durch die Rettung historischer Bauten im Münchner Wiederaufbau – die Basilika St. Bonifaz, die Aussegnungshalle am Ostfriedhof, der Alte Südliche und der Alte Nördliche Friedhof erhielten durch ihn ihre charakteristische Gestalt. Mit der Noteindeckung der Allerheiligen-Hofkirche der Münchner Residenz rettete er den damals ungeliebten Bau. Sein Meisterwerk ist die „schöpferische Wiederherstellung“ der Alten Pinakothek mit den durch Trümmersteine ablesbar gemachten Spuren der Kriegszerstörung. Erst nach Jahrzehnten wurde diese Leistung, die ihm heute ein internationales Renommee verschafft, anerkannt. Seinen Kirchenbauten, die eher im Schatten der Wiederaufbauleistungen stehen, wird in der vorliegenden Publikation besonderes Augenmerk geschenkt. An diesen sakralen Gebäuden wird die für Döllgasts Werk charakteristische Formfindung aus der werk- und materialgerechten Konstruktion und dem Spiel mit dem Licht offensichtlich deutlich. Die zahlreichen Zeichnungen im Buch, die sich im Archiv des Architekturmuseums befinden, vermitteln anschaulich die Bandbreite seiner zeichnerischen Möglichkeiten, von der schnellen Notierung einer Idee über die Kultivierung des Unfertigen bis zum sauber konstruierten Liniengerüst. Mit einer ersten Ausstellung, nur vier Monate nach Hans Döllgasts Tod 1974, gelangten Zeichnungen und weitere Unterlagen an die Sammlung des Architekturmuseums der TUM. Im Laufe der Jahre kamen vereinzelt Dokumente hinzu. Nach jahrelangen Bemühungen gelang es dann Winfried Nerdinger 2011 mit dem Neffen von Hans Döllgast, dem Architekten Franz Kießling, einen Vertrag zur Übernahme der in Familienbesitz verbliebenen Zeichnungen zu schließen. Nach dem Tod von Kießling konnte 2013 die Lücke im Nachlass geschlossen werden. Die Zeichnungen, Skizzen und schriftlichen Dokumente gehören zu den besonderen Schätzen des Architekturmuseums, allein das Konvolut zur Alten Pinakothek umfasst beispielsweise über 600 Zeichnungen, Fotografien und Archivalien. Die Zeichnungen sind Spiegel der enormen grafischen Fähigkeiten von Döllgast. Er suchte und dachte im Medium der Zeichnung, sie diente ihm als Ausdrucksmittel für alle Fragen des künstlerischen Gestaltens – von der Typografie bis zum Konstruktionsdetail, von der Perspektive bis zum Entwurf von Möbeln und Einrichtungen. Döllgasts charakteristische Zeichentechnik – manchmal als „Knochenstrich“ bezeichnet – wurde berühmt und beeinflusste Generationen von Architekten und Architektinnen. Die Bedeutung von Hans Döllgast fasste der Dokumentarfilmer Dieter Wieland 2024 anlässlich des 50. Todestags treffend zusammen: „Er belebt, er prägt, er öffnet die Augen. Er zeigt einem die höchste Kunst des Einfachen. Wer kann das besser?“ Dr.-Ing. Irene Meissner Leitung Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo Zahlreiche Zeichnungen von Hans Döllgast aus dem Bestand der Architektursammlung der Technischen Universität München. Fotografien von Franz Wimmer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Maße 230 x 245 mm
Gewicht 1550 g
Themenwelt Geisteswissenschaften
Technik Architektur
Schlagworte Alte Pinakothek • Döllgast • Franken • Kirchenbau • München • Stadtbaukunst • Städtebau
ISBN-10 3-948974-29-2 / 3948974292
ISBN-13 978-3-948974-29-9 / 9783948974299
Zustand Neuware
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