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Frau Phönix (eBook)

Muster narzisstischer Prägungen. Ein Lehrstück
eBook Download: EPUB
2024 | 2. Auflage
192 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3293-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frau Phönix -  Silke Krumbeck
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Selbstmordversuch und Panikattacken, Depressionen und Essstörungen, Angst, Vaterliebe und wilder Hass auf den Vater, mehrere Beziehungen mit "falschen" Männern - das sind typische Muster, die sich zeigen, wenn Kinder in dysfunktionalen Familienstrukturen aufwachsen mussten. Verstärkt werden solche Muster noch, wenn mindestens ein Elternteil narzisstische Anteile hat. Dieses Lehrstück zeigt exemplarisch und schonungslos die Mechanismen dieser Strukturen auf. Es zeigt aber auch, wie unbeirrt Frau Phönix an ihren Hoffnungen festhält, eine wunderbare Tochter großzieht, sich entwickelt, beruflich erfolgreich wird und ihren Frieden mit der Macht narzisstischer Prägungen schließt. Schmerzhaft zu lesen. Doch auch höchst hilfreich, um solch fatale Muster erkennen zu lernen.

Silke Krumbeck, Paar - und Familientherapeutin aus Niedersachsen, begleitet seit dreißig Jahren Menschen in unterschiedlichen Settings. Frei nach dem Motto "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" (Aristoteles) taucht sie mit Menschen in deren Lebensgeschichten ein, um dort die Schätze zu finden, die sich im oft unerschütterlichen Kern der Seele befinden.

Vorwort


Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“

Aus dem Roman „Anna Karenina“ von Leo Tolstoi

Seit etwa dreißig Jahren bin ich beruflich in verschiedenen Familiensystemen unterwegs und der Satz von Leo Tolstoi hat sich aus meiner Sicht bewahrheitet: Jede unglückliche Familie ist auf ihre ganz eigene Weise unglücklich.

Ob nun durch einen Schicksalsschlag, die psychische oder Sucht-Erkrankung eines Familienmitgliedes oder durch ein Trauma, das sich durch die Generationen trägt und sich auf wundersame Weise in den Folgegenerationen wiederfindet. Jede unglückliche Familie folgt einem eigenen Muster, lebt in einem eigenen System, das es in meiner Arbeit behutsam zu erforschen gilt. Und jede dieser Familien hat eine Art Sollbruchstelle, nämlich ein Familienmitglied, das auf die Not und die Vulnerabilität des Systems aufmerksam macht.

Mein Buch hat seinen Weg zu dir gefunden. Darüber freue ich mich sehr und hoffe, dass es dich inspiriert und dich auf deinem Weg unterstützt. Vielleicht bekommst du auch einfach neue Erkenntnisse oder tauchst gern in die Geschichte meiner Protagonistin ein. Ich freue mich über alles!

Ich bin Silke, 50 Jahre alt und arbeite als Paar- und Familientherapeutin im Norden Deutschlands.

Aufgewachsen auf dem Land, bin ich immer Landmensch geblieben und fühle mich in der Nähe von Bremen heimisch. Mein Herz schlägt für das Meer und ein paar Mal im Jahr besuche ich meine Lieblingsinsel Fehmarn in der Ostsee.

Beruflich fühle ich mich im sozialtherapeutischen Bereich zu Hause. Menschen und ihre Geschichten interessieren mich. Und es macht mich sehr glücklich, Menschen in ihren systemischen Zusammenhängen zu verstehen und zu unterstützen. Die systemische Therapie begreift die Familie als ein System, in dem die sozialen Interaktionen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern beleuchtet werden.

Wie viele meiner Berufskollegen, bin ich in einer Familie aufgewachsen, die ich aus heutiger Sicht als dysfunktional beschreiben würde.

Dysfunktionalität in einer Familie bedeutet, dass ein Elternteil oder beide Eltern, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage sind, ihrem Kind Liebe, Schutz und Unterstützung zu bieten.

Themen in solchen Familien sind stattdessen oft Hilflosigkeit, Erstarrung, Manipulation, Entwertung, Entwürdigung oder Selbsterhöhung durch Abwertung des anderen.

Opfer dieser Dynamik sind ausnahmslos alle Familienmitglieder. Kinder, die in diesen Familien aufwachsen, tragen dieses ungesunde Miteinander dann oft unreflektiert und ungeheilt in die nächste Generation.

In solchen Familien herrscht ein hohes Maß an Misstrauen gegen alle anderen Menschen und ein unverhältnismäßig großes Gefühl von Bedrohung und Störanfälligkeit durch Einflüsse der Außenwelt.

Das Aufwachsen in einem ungesunden Familiensystem hat, abhängig von seinem Ausmaß, Auswirkungen auf die weitere Entwicklung eines Kindes, zum Beispiel auf die Lebensthemen Beziehungsgestaltung, Interaktionsfähigkeit, Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Vertrauen in das Leben allgemein und auf die individuelle Selbstwirksamkeit.

Als ich vor über zwanzig Jahren schwanger mit meiner Tochter war, bewegte mich am meisten die Frage: Wie kann ich eine gute Mutter sein?

Ich wusste damals sehr genau, wie ich nicht sein wollte. Aber wie konnte ich meiner Tochter etwas liebevoll Mütterliches geben, von dem ich selbst nicht wusste, wie es sich anfühlte?

Ähnliche Unsicherheiten begleiten viele Mütter und Väter, die in einem toxischen, also in einer Art vergiftetem Familiensystem aufgewachsen sind. Diese Unsicherheit zieht sich im Grunde von der Geburt der Kinder über die Pubertät bis zum Eintritt in das Erwachsenenleben. Daher ist das Angebot einer „Nachbeelterung“, also das Nachnähren der elterlichen Liebe durch eine/n nicht bewertende/n, liebevolle/n Ansprechpartner/in aus meiner Sicht von sehr hoher Bedeutung.

Auch bei mir gab es zum Thema Beziehungsgestaltung und Beziehungsinteraktion ein Vakuum mit riesigen Fragezeichen.

Durch all die Erfahrungen meiner „Erziehung“ verknüpfte ich seelisches Leid und seelische Verletzungen mit Liebe. Und so, wie mein Vater keine Grenzen und Bedürfnisse von seiner Familie akzeptierte und über uns herrschte, so hatte ich nicht gelernt, gesunde Grenzen zu setzen.

Ehrlich gesagt, hatte ich Grenzen in Form von gekochten Spaghetti. Jeder konnte sie mühelos überschreiten.

Dysfunktionalität zieht sich meistens durch mehrere Generationen und wird oft ausgelöst durch ein Trauma. Oder mehrere traumatische Erlebnisse. Zum Beispiel das Erleben eines Krieges oder Entwicklungstraumata, wie etwa jahrelange psychische oder körperliche Gewalt oder Misshandlung.

In meiner Generation sind wir die Kinder der Kriegskinder des Zweiten Weltkrieges. Wir haben Zugang zu Therapien und wir arbeiten, stellvertretend für unsere Eltern, die schmerzhafte Vergangenheit auf. In sehr vielen Fällen ist es so, dass bereits die Eltern in einem Familiensystem oder in einer Lebenssituation aufgewachsen sind, die für ihre Entwicklung nicht immer zuträglich war.

Unsere Großeltern haben zwei Weltkriege mit all ihren Schrecken und schlimmen Folgen erlebt. Meine Großeltern waren im Ersten Weltkrieg Kinder und im Zweiten Weltkrieg Eltern.

Meine Eltern waren kleine Kinder, als die Welt das zweite Mal Krieg führte.

Sie sprachen nie über das, was sie erlebt hatten, zu schwer und zu groß waren die seelischen Überforderungen und emotionalen Verletzungen aus dieser Zeit. Sie fanden keine Worte, verpackten ihre Gefühle in eine Kiste und vergruben sie im hintersten Winkel ihrer Seele.

Nach den Kriegen gab es wenig bis keinen Zugang zu psychotherapeutischen Angeboten. Emotionaler Kummer galt als Schwäche und man redete nicht darüber. Nur sehr schwer psychisch erkrankte Menschen erhielten Hilfsangebot, wurden jedoch oft stigmatisiert. Die Medizin steckte in diesem Bereich noch ziemlich in den Kinderschuhen.

Also schleppten sich die Menschen mit ihren seelischen Verwundungen durch ihr Leben und versuchten die Herausforderungen auf ihre Art zu meistern. Keiner dieser Menschen sprach darüber, was geschehen war, sie sind einfach verstummt und machten weiter.

Es ist nur leider so, dass Verdrängung nur bedingt funktioniert. Man kann es sich so ähnlich vorstellen, als würde man sich mit seiner ganzen Kraft über ein Pulverfass legen und die ganze Zeit mit hoher Anstrengung verhindern, dass dieses Fass explodiert.

Viele Menschen greifen aus Angst vor dieser Explosion zu Kompensationsmustern, das heißt, sie versuchen, das, was da aus ihrer Seele hochploppt, zu betäuben oder sozial verträglich zu verbergen, etwa durch übermäßiges Essen, Alkohol, Drogen, Tabletten, exzessives Spielen am PC oder andere Abwehrmechanismen.

Mit meist mäßigem Erfolg. Denn Probleme, die wir verdrängen, holen ihre Freunde zur Verstärkung und machen sich noch heftiger bemerkbar als zuvor. Beispielsweise durch Konflikte, die sich in der Außenwelt zeigen oder durch chronische Erkrankungen.

Letztendlich tragen dann die weiteren Erlebnisse, unsere Persönlichkeit, unsere Erfahrungen und unser Wertesystem dazu bei, wie wir unser Leben entwickeln und gestalten. Auch die weiteren familiären Belastungen, Einflüsse von außen, unsere finanziellen Möglichkeiten und der Zugang zu therapeutischer Unterstützung spielen dabei eine große Rolle. Der ultimative Schlüssel heißt: Resilienz, also seelische Widerstandskraft.

Hin und wieder werden Kinder in Familien geboren, die alle Fähigkeiten besitzen, um ihr Familiensystem zu heilen. Sie zeichnet aus, dass sie irgendwann, wenn auch noch unbewusst, die Destruktivität des Systems bemerken und darauf aufmerksam machen. Sie fühlen sich fremd in ihrer eigenen Familie, weil sie eine ganz andere Entwicklung anstreben und auch eine andere Persönlichkeit mitbringen. Ihre Kompetenzen sind anders als die in ihrer Familie, weshalb die anderen Mitglieder nicht selten mit Hohn und Spott darauf reagieren. Je mehr sie das System verstehen und Widerstand leisten, umso schwieriger wird es für sie in ihrer eigenen Familie.

Für den Rest der Familie sind sie Störenfriede. Denn die Dysfunktionalität in einem gewachsenen Verbund über mehrere Generationen hinweg bietet auch Sicherheit und Orientierung.

Es ist ähnlich wie beim Mobbing: Das Ausstoßen und Verurteilen einer Person schafft einen Zusammenhalt unter den übrigen Mitgliedern der Familie und stärkt die schon bestehenden Strukturen. Denn meistens möchte der Rest der Familie keine Veränderung oder gar Heilung. Derjenige, der das System bedroht, soll sich anpassen, unterwerfen oder verschwinden. Und, das ist auch wie beim Mobbing: schlechtes Verhalten und Gewalt wird gegenseitig legitimiert – man erlaubt es sich.

Dysfunktionale Prägung beginnt also in deinem ersten Beziehungs- und Lebensumfeld: in der Familie. Sie zieht sich aber im späteren Verlauf durch alle Bereiche deines Lebens. Du bekommst es so lange immer...

Erscheint lt. Verlag 17.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
Schlagworte dysfunktional • Familie • Familientherapie • Narzissmus • Prägungen der KIndheit
ISBN-10 3-7597-3293-3 / 3759732933
ISBN-13 978-3-7597-3293-4 / 9783759732934
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