Metaphern (eBook)
288 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-6403-4 (ISBN)
Michael Lapp ist Gründer der Unternehmensberatung memecon®. Er lebt heute in Neustadt als Bedeutungsgestalter, Blogger, Bildermacher, Berater, Coach und Trainer.
Die Macht der Gedanken
Es gibt nichts wirkmächtigeres als unsere Imagination. Wir erfassen damit die Wirklichkeit, erschaffen fantastische Welten und werden damit in unserem Tun gesteuert – ob wir es wollen oder nicht. Wir handeln unseren Gedanken nur dann zuwider, wenn wir dazu gezwungen werden. Der Zugang zu den Vorstellungen in uns ist schwierig – zu den eigenen und denen der Anderen. Die einzigen Hinweise auf die Ansichten liefern die wahrnehmbaren Äußerungen und Verhalten. Wenn wir es schaffen, Zugang zu den Annahmen zu erhalten, können wir einen Rahmen erzeugen, der die Kraft der Gedanken in die gewünschte Richtung leitet.
Ausgehend vom eigenen Erleben haben wir Einblicke ins Denken und nehmen an, dass unsere Nächsten ähnlich funktionieren. Allerdings wissen wir weder bei uns noch bei anderen, wie das Bewusstsein arbeitet. Technische Werkzeuge wie die funktionelle Magnetresonanztomographie zeigen wiederkehrende neuronale Aktivitäten in bestimmten Hirnregionen, die Denkvorgängen zugeordnet werden. Neuere Erkenntnisse der linken und rechten Hemisphären haben ergeben, dass die beiden nicht getrennt arbeiten, sondern sich ergänzen. Die Metapher ist hierbei ein Vermittler zwischen den linksseitigen Feinheiten der Beschreibungen und dem rechtsseitigen übergreifenden Zusammenhang. 12
Auch wenn wir meinen, dass wir das (un)bewusste Denken lokalisieren können, bleibt es eine Blackbox.
Abbildung 4: Blackbox
Das Innenleben der Blackbox bleibt unbekannt. Das Anstupsen von außen triggert zwar ein Verhalten, aber warum und wie die jeweiligen Ergebnisse entstehen, ist unbekannt. Wiederholt sich ein Effekt weniger oder mehr, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Nudge und dem Ergebnis gibt.
Aus den Reaktionen der anderen auf einen Auslöser leiten wir ab, dass sie bestimmte Rollen, Überzeugungen, Fähigkeiten, Tätigkeiten, Umweltbedingungen, Bedürfnisse und Wünsche haben. Den gefundenen „Schalter“ betätigen wir im Alltag, um die gewünschte Reaktion auszulösen – Interesse, Zustimmung und positive Rückmeldungen. Unser Ziel ist es, die Macht der Gedanken auszulösen, Überlegungen anzustoßen und am Ende eines wechselseitigen Austauschs eine Lösung zu finden.
Der Weg von (1) der sinnlichen Wahrnehmung, die interpretiert wird, (2) über das Denken, bei dem das Wahrgenommene mit bestehenden mentalen Modellen verknüpft wird, (3) bis zu einer Rückmeldung und (4) Handlung, deren Wirkung wiederum wahrnehmbar ist und den Zyklus erneut startet nennen wir Bewusstseins-Kreislauf13.
Abbildung 5: Bewusstseins-Kreislauf
Im einfachsten Fall nutzen wir (Körper)Sprache. Im Zuge der Digitalisierung werden vernetzte multimediale Inhalte ausgetauscht. Unsere Absicht reicht vom Finden einer Win-Win-Lösung, über einen Kompromiss bis hin zum Überzeugen der Anderen.
Die Macht der Gedanken entsteht aus dem (un)-bewussten Vorwissen der Menschen, den verinnerlichten mentalen Modellen bezüglich Welt, Menschen, Dingen, Abläufen, Konzepten und Systemen. Die Gedanken sind so mächtig, weil sie unterbewusst wirken. Sie ergeben sich aus kognitiven Schemata, Erwartungen, unbewussten Bias und Heuristiken sowie Befindlichkeiten. Unsere Überlegungen steuern unmerklich den Bewusstseins-Kreislauf - Wahrnehmen, Denken, Kommunizieren und Handeln.
KOGNITIVE SCHEMATA
Psychologen nutzen Schemata, um geistige Strukturen zu erklären, mit denen wir externe Reize mental verarbeiten. Kognitive Schemata bestehen aus:
- strukturierten Zusammenhängen der Wirklichkeit,
- variablen Platzhaltern, die mit bestimmten Inhalten oder Standards gefüllt werden,
- hierarchischen Verschachtelungen,
- generischem und episodischem Struktur- und Prozesswissen und
- persönlichen Inhalten.
Die Metapher nutzt diese Schemata zur Übertragung der Bedeutung von Strukturen und Verläufen. Beispiel:
Beim Kino denken wir an die Filmposter, die Kinokasse, die Eintrittskarte, die Popcornmaschine, den Zuschauerraum, die große Leinwand, den Vor- und den Hauptfilm. Der Kinobesuch läuft ungefähr so ab: Übersicht der Filme im Foyer betrachten, Ticket, Knabber und Getränke kaufen, Treppe hoch in den Kinosaal gehen, Platz suchen, Vorfilm anschauen, Eis im Saal kaufen, in den Hauptfilm eintauchen, während dem Abspann das Nachwirken des Films spüren, Saal verlassen.
Die damit verknüpften Bilder können wir auf Veranstaltungen übertragen: das Veranstaltungsposter, die Rezeption, die Einladung, die Kuchentheke, die Räumlichkeiten, die Projektionsflächen, das Vor-, Rahmen- und Hauptprogramm. Entsprechend läuft die Veranstaltung ab: Präsentationsübersichten im Vorraum betrachten, sich registrieren, Snack am Eingang genießen, Konferenzraum betreten, Platz suchen, die Aufmerksamkeit auf die Bühne richten, Einführung verfolgen, sich von der Keynote mitreißen lassen, dem Programm folgen, die Veranstaltung resümieren und sich verabschieden.
Unsere Erwartungen, Werte, Verhaltensmuster, Sprachmuster und Annahmen werden von unserem Umfeld mitgeprägt. Sie reichern die mentalen Modelle an und sind schwer änderbar – wer ein Leben lang die Welt ganzheitlich betrachtet, hat Schwierigkeiten, die Welt in Einzelteilen zu analysieren. Die Anpassung einer Metapher an die kulturellen Gegebenheiten der Zielgruppe erleichtert das Verstehen.
Besonders geprägt werden wir durch unser soziales Milieu. Die Interaktionen der Menschen werden beeinflusst durch die gesellschaftlichen und kulturellen Normen und Umgangsformen sowie Erwartungen der Leute. Werden soziale Routinen in Frage gestellt, führt das zu Widerständen, die offen und leider auch verdeckt die Zusammenarbeit belasten - wer sich ein Leben lang teamorientiert engagiert, tut sich schwer, solistisch mit anderen in Wettbewerb zu treten. Die Metapher eines Libero kann es den Beteiligten erleichtern, im Einklang mit ihrer sozialen Erfahrungswelt aus der Gruppe herauszutreten und neue Verhalten zu testen.
Nicht zu vergessen die Ausbildung und das angehäufte Know-how, die technischen Spezialisierungen, die einen persönlichen Schatz an Wissen und Fertigkeiten bilden. Die Metaphern sollten die Vielfalt der bestehenden fachlichen Blickwinkel einbauen und erklären. Kommen die Beteiligten aus einem „Fachgebiet“, bietet es sich an, die Metapher daran auszurichten. Handelt es sich um ein diverses Umfeld, sollten die Beispiele dessen Vielfalt ansprechen und die Integration der verschiedenen Sichten erleichtern.
Vorbilder und Idole, die die angestrebten Grundannahmen verkörpern, erweitern den Vorrat an Denk- und Handlungsmöglichkeiten der Einzelnen. Durch ihr Beispiel beeinflussen diese Leitfiguren unterschwellig und lösen Handlungen aus, die sonst nicht in Betracht gezogen werden.
ERWARTUNGEN
Eine besondere Form der Denkstrukturen sind die unbeschriebenen, sich im Unterbewusstsein versteckenden Erwartungen, die aus quantitativen und qualitativen Mutmaßungen bezüglich zukünftiger Handlungen, Ergebnissen und Folgen bestehen. Sie beinhalten generelle und situative Voraussagen, was zu tun ist, was erzeugt werden soll und welche Folgen sich ergeben. Sie erscheinen nicht komplett in den druckbaren Anforderungen und Plänen – wenn Entscheidende eine Reorganisation beauftragen und eigentlich nur den aktuellen Chef loswerden wollen, erfüllt die geplante Umstrukturierung nicht deren Erwartungen, solange die unerwünschte Person weiterhin in Amt und Würden bleibt.
Diese Erwartungen zu antizipieren und in Metaphern zu vermitteln, führt zu einem positiven Klima.
KOGNITIVE VERZERRUNGEN
Unsere Wahrnehmung wird durch unmerklich konditionierte Bias14 beeinflusst. Diese Denkmuster verzerren unbewusst das Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Das erklärt unsere Denkfehler. Die Stringenz einer Metapher kann angenommenen Bias entgegenwirken. Zum Beispiel:
- Bei der Überzeugungsverzerrung glauben wir an Sachverhalte, die mit unserer Meinung im Einklang sind.
- Beim Dunning-Krüger-Effekt überschätzen wir uns und unterschätzen Andere.
- Bei der Truthahn-Illusion neigen wir dazu, Vergangenes in die Zukunft zu extrapolieren.
- Beim Unterlassungseffekt überschätzen wir Risiken und unterschätzen die Konsequenzen des Nichtstuns.
- Beim Bestätigungsfehler werden Verfügbarkeiten oder Muster angenommen, wo gar keine sind.15
Störende Bias können in einer Metapher vermieden und neutralisiert werden. Hilfreiche können wir nutzen und verstärken, um die gewünschte Wirkung zu erreichen, z.B. positive Business Cases, Vorbilder und Erfolgsstorys. Bias sind Denkautomatismen ähnlich den unwillkürlichen Heuristiken.
HEURISTIKEN
Für diese schnellen Lösungswege, die im Falle von Zeitoder Informationsmangel zu einer Entscheidung führen, haben sich zwei Denkmodi16 herausgebildet:
- System 1 arbeitet unterbewusst und ist...
Erscheint lt. Verlag | 13.6.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
ISBN-10 | 3-7597-6403-7 / 3759764037 |
ISBN-13 | 978-3-7597-6403-4 / 9783759764034 |
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