Aufwachsen in unsicheren Zeiten (eBook)
224 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12263-3 (ISBN)
Beate Priewasser, Dr.in, Leiterin des Forschungsinstituts für Early Life Care an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin; beschäftigt sich mit Themen der sozio-kognitiven und sozio-emotionalen Entwicklung von Kindern im Alter zwischen 0 und 4 Jahren. Karl Heinz Brisch, Univ.-Prof., Dr. med. habil., ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Neurologie; Psychoanalytiker für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Gruppen; Ausbildung in spezieller Psychotraumatologie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er war bis 2020 Vorstand des weltweit ersten Lehrstuhls für Early Life Care und leitete das gleichnamige Forschungsinstitut an der PMU in Salzburg. Seine klinische Tätigkeit und sein Forschungsschwerpunkt umfassen den Bereich der frühkindlichen Entwicklung und der Psychotherapie von bindungstraumatisierten Menschen in allen Altersgruppen. Brisch leitete über viele Jahre die Abteilung für Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München und entwickelte dort das MOSES®-Therapiemodell zur erfolgreichen Intensiv-Psychotherapie von früh traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Er entwickelte die Präventionsprogramme »SAFE® - Sichere Ausbildung für Eltern« und »B.A.S.E® - Babywatching«, die inzwischen in vielen Ländern Europas, aber etwa auch in Australien, Neuseeland und Russland Verbreitung gefunden haben. Brisch ist Gründungsmitglied der »Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der Frühen Kindheit« (GAIMH e. V. - German-Speaking Association for Infant Mental Health) und war dort viele Jahre lang im Vorstand. Die GAIMH ist eine Tochtergesellschaft der WAIMH - World Association for Infant Mental Health. Bis 2022 organisierte er die jährlich stattfindende renommierte Internationale Bindungskonferenz (www.bindungskonferenz.de) so wie von 2018 bis 2021 die Internationale Early Life Care Konferenz in Salzburg (www.earlylifecare.at). Brisch verbreitet die Inhalte und Ergebnisse der Bindungs- und Traumaforschung und -psychotherapie auch durch viele Publikationen, Vorträge und die Teilnahme an zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen (www.khbrisch.de). Maria Teresa Diez Grieser, Dr. phil., Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Psychoanalytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin EFPP. Nach langjähriger Tätigkeit im klinischen Bereich und in der Präventionsforschung ist sie als psychoanalytische Psychotherapeutin und Supervisorin in eigener Praxis in Zürich tätig. Seit 2016 leitet sie den Forschungsbereich und die Angebotsentwicklung in den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten St. Gallen.
Beate Priewasser, Dr.in, Leiterin des Forschungsinstituts für Early Life Care an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin; beschäftigt sich mit Themen der sozio-kognitiven und sozio-emotionalen Entwicklung von Kindern im Alter zwischen 0 und 4 Jahren. Karl Heinz Brisch, Univ.-Prof., Dr. med. habil., ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Neurologie; Psychoanalytiker für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Gruppen; Ausbildung in spezieller Psychotraumatologie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er war bis 2020 Vorstand des weltweit ersten Lehrstuhls für Early Life Care und leitete das gleichnamige Forschungsinstitut an der PMU in Salzburg. Seine klinische Tätigkeit und sein Forschungsschwerpunkt umfassen den Bereich der frühkindlichen Entwicklung und der Psychotherapie von bindungstraumatisierten Menschen in allen Altersgruppen. Brisch leitete über viele Jahre die Abteilung für Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München und entwickelte dort das MOSES®-Therapiemodell zur erfolgreichen Intensiv-Psychotherapie von früh traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Er entwickelte die Präventionsprogramme »SAFE® – Sichere Ausbildung für Eltern« und »B.A.S.E® – Babywatching«, die inzwischen in vielen Ländern Europas, aber etwa auch in Australien, Neuseeland und Russland Verbreitung gefunden haben. Brisch ist Gründungsmitglied der »Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der Frühen Kindheit« (GAIMH e. V. – German-Speaking Association for Infant Mental Health) und war dort viele Jahre lang im Vorstand. Die GAIMH ist eine Tochtergesellschaft der WAIMH – World Association for Infant Mental Health. Bis 2022 organisierte er die jährlich stattfindende renommierte Internationale Bindungskonferenz (www.bindungskonferenz.de) so wie von 2018 bis 2021 die Internationale Early Life Care Konferenz in Salzburg (www.earlylifecare.at). Brisch verbreitet die Inhalte und Ergebnisse der Bindungs- und Traumaforschung und -psychotherapie auch durch viele Publikationen, Vorträge und die Teilnahme an zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen (www.khbrisch.de). Maria Teresa Diez Grieser, Dr. phil., Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Psychoanalytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin EFPP. Nach langjähriger Tätigkeit im klinischen Bereich und in der Präventionsforschung ist sie als psychoanalytische Psychotherapeutin und Supervisorin in eigener Praxis in Zürich tätig. Seit 2016 leitet sie den Forschungsbereich und die Angebotsentwicklung in den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten St. Gallen.
Carmen Hoppe und Tobias Hoppe
Gesundheitsversorgung rund um die Geburt in der Klimakrise
Der Klimawandel gilt als die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit. Folgen des Klimawandels umfassen Extremwettereignisse wie Dürre und Starkregen sowie Veränderungen in den lokalen Schadstoffkonzentrationen in der Luft. Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder zählen zu den besonders gefährdeten Gruppen in der Bevölkerung. Gesundheitsschutz setzt voraus, dass die Angehörigen der Gesundheitsberufe die vielfältigen Folgen verstehen, die der Klimawandel für diese Menschen mit sich bringt, und Strategien nutzen, um negative Auswirkungen zu verringern. Um die gesamtgesellschaftlichen Folgen des Klimawandels einzudämmen, erfordert die Bewältigung der Klimakrise gleichzeitig eine sozial-ökologische Transformation der gesamten Lebens- und Arbeitswelt. Hebammen spielen als Gesundheitsexpert:innen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung eines sozial nachhaltigen Wandels. Der Beitrag fokussiert darauf, wie insbesondere Hebammen, aber auch andere in der Gesundheitsversorgung und -förderung tätige Personen im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und früher Kindheit auf die Folgen des Klimawandels reagieren und klimafreundliches Verhalten unterstützen können. Gleichzeitig wird deutlich, dass in diesem Feld noch erhebliche Forschungs- und Handlungsbedarfe bestehen, um angemessen auf die Herausforderungen reagieren zu können, welche der Klimawandel für die Gesundheitsversorgung rund um die Geburt mit sich bringt.
Der Klimawandel als Gesundheitskrise
Grundlagen des Klimawandels
Seit der Industrialisierung ist eine extreme Erderhitzung zu beobachten. Und sie geht mit einem durch menschliche Aktivitäten verursachten, massiven CO2-Anstieg einher (Wessel 2022). Die Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen sind vor allem zurückzuführen auf Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Haushalte (Umweltbundesamt 2022b). Dabei setzt auch der Gesundheitssektor einen wesentlichen Anteil aller Treibhausgase frei (Clement 2023). In den letzten Jahrzehnten ist der Klimawandel unter anderem durch ein Zunehmen von heißen Temperaturextremen, einen stetigen Anstieg des Meeresspiegels und an manchen Orten eine Veränderung in der Häufigkeit von extremen Niederschlägen sichtbar. Diese Klimaveränderungen sind auch in Mitteleuropa deutlich spürbar. In Deutschland ist das Jahresmittel der Lufttemperatur in den Jahren von 1881 bis 2021 statistisch gesichert um 1,6 °C angestiegen (Deutscher Wetterdienst, DWD 2023). Seit 1881 liegen hier die acht wärmsten Jahre alle im 21. Jahrhundert (Umweltbundesamt 2023). Damit sind die Temperaturen in Deutschland wesentlich stärker gestiegen als im weltweiten Durchschnitt von etwa 1 °C (DWD 2023). Die Anzahl von »heißen Tagen« hat sich seit den 1950er-Jahren verdreifacht, von ungefähr drei Tagen pro Jahr auf aktuell durchschnittlich neun Tage pro Jahr – gemittelt über ganz Deutschland. »Heiße Tage« sind gekennzeichnet durch ein Tagesmaximum der Lufttemperatur von mindestens 30° C. Seit den 1950er-Jahren kommen auch markante Hitzeperioden häufiger vor und haben an Intensität zugenommen. Änderungen des Niederschlags unterscheiden sich im Gegensatz zur Temperaturentwicklung deutlich in ihrer jahreszeitlichen und räumlichen Verteilung. Während insbesondere die Winter deutlich feuchter geworden sind, blieben die mittleren Regenmengen im Sommer in der Tendenz unverändert. Allerdings hat die Anzahl von aufeinanderfolgenden Trockentagen im Sommer zugenommen, wodurch sich die Häufigkeit von Trockenphasen erhöht hat (DWD 2023). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) warnt entsprechend vor immer häufiger häufigeren und längeren Dürren (BMBF 2022a). Auch Extremwetterereignisse wie Starkregen, Überschwemmungen und Sturzfluten gibt es immer häufiger, und ihre Intensität nimmt zu (BMBF 2022b). Der Klimawandel hat auch Einfluss auf die lokale Schadstoffkonzentration (Umweltbundesamt 2022a). Beispielsweise weist das Umweltbundesamt darauf hin, dass sich mit der Zunahme heißer Tage und der damit verbundenen geringeren Luftzirkulation in den Innenstädten die Belastung mit Luftschadstoffen erhöhen könnte.
Der Klimawandel als Herausforderung für die globale Gesundheit
Angesichts der beschriebenen Veränderungen in den klimatischen Bedingungen ist es wenig überraschend, dass der Klimawandel von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als »die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit« (WHO 2021) bezeichnet wird, zumal der Klimawandel in anderen Weltregionen bereits deutlich massiver zu spüren ist als in Mitteleuropa (Europäische Kommission 2023). Der Klimawandel beeinflusst auf vielen Wegen die menschliche Gesundheit (RKI 2023). Dazu zählt auch, dass durch Extremwetterereignisse der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen eingeschränkt sein kann.
Extremwetterereignisse wie Dürren und Hitzewellen führen dazu, dass die gesundheitlichen Herausforderungen durch Hitze in Deutschland besonders im Fokus stehen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze betreffen vor allem das Herz-Kreislauf-System. Hier kann es sowohl zu einer erhöhten Anzahl von Erkrankungen als auch zu einer erhöhten Sterblichkeit kommen. Insbesondere ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Personen, die schwanger sind, gelten als besonders gefährdet durch extreme Hitze (Winklmayr und der Heiden 2022). Zudem leiden insbesondere marginalisierte Personen sowie Menschen mit geringem sozioökonomischen Status an den Hitzefolgen (Hess 2023). Erhöhte Temperaturen können auch zu einem höheren Vorkommen von vektorübertragenen Erkrankungen wie dem Dengue-Fieber führen. Als Vektoren werden Krankheitserreger übertragende Gliedertiere bezeichnet (z. B. Zecken und Stechmücken). Deren Verbreitung hängt maßgeblich von klimatischen Faktoren wie z. B. Temperaturen oder Niederschlägen ab. Beispielsweise hat sich die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) in Deutschland, Österreich und der Schweiz an mehreren Orten bereits etablieren können (Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs 2023; Rutishauser 2023; Umweltbundesamt 2022c). Asiatische Tigermücken können Krankheitserreger wie das Chikungunya-, Dengue- oder Zika-Virus auf den Menschen übertragen (Frank et al. 2023).
Der Klimawandel kann indirekt auch Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen. In einer Stellungnahme durch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (2019) wird darauf hingewiesen, dass die Effekte des Klimawandels auf die Psyche noch viel zu wenig Beachtung finden. Beispielsweise kann die direkte und indirekte Erfahrung von Katastrophen, welche in einem Zusammenhang mit Klimaveränderungen und Wetterextremen stehen, bei vielen Menschen Ängste und Stress verursachen und damit zu psychischen Störungen beitragen. Auch viele langfristige Auswirkungen des Klimawandels wie z. B. Luftverschmutzung, Nahrungsmittelknappheit und klimabedingte Bevölkerungsmigration bringen negative Folgen für die psychische Gesundheit mit sich. Hayes et al. (2018) weisen darauf hin, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die mentale Gesundheit von Menschen rapide ansteigen und auch in diesem Zusammenhang marginalisierte Personen überproportional betroffen sind. Zudem gelten Menschen mit bereits bestehenden psychischen Erkrankungen als besonders vulnerabel für die Folgen des Klimawandels (DGPPN 2019).
Besondere Gefährdungen in der Lebensphase rund um die Geburt
Schwangere sowie ungeborene und neugeborene Kinder werden als besonders gefährdet hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels eingestuft (z. B. Niebuhr und Grewe 2021). Im Allgemeinen ist der Bereich Klimawandel und Kindesgesundheit ein relativ neues Forschungsfeld (Helldén et al. 2021). Bisher durchgeführte systematische Reviews weisen aber deutlich darauf hin, dass sich insbesondere Hitzeextreme negativ auswirken können auf die Gesundheit von ungeborenen und neugeborenen Kindern (Niebuhr und Grewe 2021). Die bisher veröffentlichten Belege für ein höheres Risiko von Schwangerschaftskomplikationen bei Hitzestress stammen aus geographischen Gebieten mit hohen Umgebungstemperaturen (Chersich et al. 2020). Studien aus Regionen mit eher gemäßigtem Klima sind selten (Yüzen et al. 2023b). Eine Forschendengruppe rund um die Professorinnen Petra Arck und Anke Diemert adressierte diese Wissenslücke indem sie Angaben zur Geburt im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bei über 40000 Schwangerschaften zwischen 1999 und 2021 auswertete. Die Angaben wurden mit Klimadaten der wärmeren Jahreszeit (März bis September) abgeglichen, um das Risiko von hitzebedingten Frühgeburten zu berechnen. Hitzeereignisse wurden durch aufsteigende Temperaturen zusammen mit hoher Luftfeuchtigkeit über Zeiträume von bis zu fünf Tagen definiert. Um pathophysiologische Ursachen für hitzebedingte Frühgeburten zu ermitteln, wurden außerdem Ultraschalldaten verwendet, die seit 2012 gesammelt wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl extreme Hitze als auch längere Zeiträume der Hitzeeinwirkung das Risiko von Frühgeburten erhöhen. Die Schwangerschaftswochen 34 bis 37 scheinen eine kritische Phase darzustellen, in der Hitzeeinwirkung zu einem erhöhten Risiko einer...
Erscheint lt. Verlag | 7.9.2024 |
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Co-Autor | Karl Heinz Brisch, Carmen Hoppe, Karin J. Lebersorger, Esther Ingerle, Maria Becker, Johannes Huber, Julia Berkič, Katharina Hager, Maria Teresa Diez Grieser, Gabriele Koch, Diana Drude, Ina Schmidt, Nina Gawehn, Nadine Hong, Tanja Besier, Anne Katrin Künster, Elisabeth Denzl, Charlotte Laule, Daniela Mayer, Tobias Hoppe |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Bindung • Bindungstheorie • Early Life Care • Eltern-Kind-Beziehung • Entwicklungspsychologie • Frühe Hilfen • Frühe Traumatisierungen • GAIMH • Krisenbewältigung • Krisenhafte Zeiten • Pandemie • Psychologie |
ISBN-10 | 3-608-12263-X / 360812263X |
ISBN-13 | 978-3-608-12263-3 / 9783608122633 |
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