Der KI-Therapeut (eBook)
272 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-32393-6 (ISBN)
Ängste, Depressionen und Burnout sind zu Volkskrankheiten geworden. Die Zahl der Betroffenen übersteigt die der Therapeuten bei Weitem. Was können Erkrankte tun, wenn niemand Zeit für sie hat?
Nach ausgiebigen Tests und Recherchen ist Klaus Bernhardt der festen Überzeugung, dass sich künstliche Intelligenz - allen voran ChatGPT - hervorragend als erste Anlaufstation für Menschen mit psychischen Problemen eignet. Vorausgesetzt, man kennt die blinden Flecken der KI und umschifft diese gekonnt.
Wie das geht, erklärt Ihnen der renommierte Leiter des Instituts für moderne Psychotherapie in Berlin anhand vieler Beispiele und eines großen Praxisteils. Erfahren Sie, wie passgenaue Soforthilfe per KI möglich wird und in welchen Fällen sie nicht umhinkommen, einen menschlichen Therapeuten aufzusuchen.
- Wenn Maschinen Leben retten: Mit KI gegen den Therapie-Notstand
- Soforthilfe bei seelischen Beschwerden - von Therapeut und Bestsellerautor Klaus Bernhardt
- Mit zahlreichen Fallbeispielen und sofort anwendbaren Tipps, mit denen sich Ratsuchende von ChatGPT helfen lassen können - inklusive ChatGPT 4o
Klaus Bernhardt arbeitete viele Jahre als Wissenschafts- und Medizinjournalist, bevor er selbst therapeutisch tätig wurde. Heute leitet er in Berlin das Institut für moderne Psychotherapie und bildet jährlich Hunderte von Ärzten und Therapeuten weiter. Er ist Mitglied der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement (AFNB) und Autor der beiden Spiegel-Bestseller »Panikattacken und andere Angststörungen loswerden« sowie »Depression und Burnout loswerden«.
Kapitel 2:
Blinde Flecken
Nicht nur Menschen haben blinde Flecken. Auch künstliche Intelligenz nimmt die Welt nur eingeschränkt wahr. So wie Psychotherapeuten bevorzugt die Techniken bei ihren Patienten anwenden, die sie während ihrer Ausbildung oder späteren Weiterbildungen erlernt haben, so greifen auch KI-Systeme nur darauf zurück, was im Internet am weitesten verbreitet ist.
Dabei gelingt es den Chatbots mittlerweile hervorragend, dieses Mainstream-Internetwissen so zu verarbeiten und zu präsentieren, dass im Gespräch das Gefühl entsteht, mit einer gut informierten Person zu sprechen. Für den Fall, dass man kritisch nachfragt, wurden diese Systeme jedoch so programmiert, dass sie möglichst wenig polarisieren oder gar Stellung beziehen. Entsprechend schwammig werden dann auch die Antworten.
Hierzu ein Beispiel: Wer eines meiner anderen Bücher kennt, weiß, wie wenig ich vom Einsatz von Antidepressiva bei Depressionen und Angststörungen halte. Während ich 2016 mit meiner Kritik noch recht allein auf weiter Flur stand, finden sich mittlerweile in zahlreichen Berichten seriöser Medienhäuser exakt dieselben Kritikpunkte wieder, die ich schon damals formuliert habe.
Kurz zusammengefasst geht es um Folgendes: Eine Vielzahl von Studien belegt, dass Antidepressiva bei leichten und mittelschweren Depressionen nicht besser helfen als Placebos, also Scheinmedikamente ohne jeglichen Wirkstoff. Bei Angststörungen sieht es ähnlich aus. Wegen der Gefahr der teils schwerwiegenden Nebenwirkungen sollten diese Medikamente deshalb nur bei schweren Depressionen eingesetzt werden und auch da nur wenige Monate lang. Denn nur in diesen Fällen stellen Antidepressiva eine Hilfe dar, die über einen reinen Placeboeffekt hinausgeht. Sobald Betroffene damit so weit stabilisiert wurden, dass sie aktiv an psychotherapeutischen Maßnahmen teilnehmen können, sollten die Medikamente sofort wieder behutsam ausgeschlichen werden. Jeder gut informierte Psychiater oder Psychotherapeut weiß das mittlerweile und wird seine Patienten entsprechend aufklären.
Doch ChatGPT lebt diesbezüglich noch etwas hinter dem Mond.
Obwohl er auch auf neueste Daten aus dem Internet zugreifen kann, scheint er lieber der Masse der veralteten Berichterstattungen zu vertrauen als den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft. Lassen Sie uns diesbezüglich einen weiteren Test machen:
2.1 Ist ein KI-Therapeut automatisch up to date?
Für diesen Test stellen wir unserem KI-Therapeuten eine Frage, die auch Therapeuten aus Fleisch und Blut regelmäßig beantworten müssen. Sie lautet:
Helfen Antidepressiva bei Depressionen und Angststörungen?
ChatGPT 4:
Antidepressiva sind Medikamente, die häufig zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen eingesetzt werden. Sie können bei vielen Menschen wirksam sein, aber ihre Wirksamkeit kann je nach der spezifischen Art der Störung, der Schwere der Symptome und der individuellen Reaktion des Einzelnen variieren.
Für Depressionen können Antidepressiva helfen, die Symptome wie tiefe Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Energielosigkeit und den Verlust des Interesses an Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, zu lindern. Es gibt verschiedene Klassen von Antidepressiva, darunter selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) und trizyklische Antidepressiva (TCAs), die auf unterschiedliche Weise wirken, um das chemische Gleichgewicht im Gehirn zu beeinflussen.
Bei Angststörungen, einschließlich Panikstörung, sozialer Angststörung und generalisierter Angststörung, können Antidepressiva ebenfalls helfen, indem sie Angstgefühle, Anspannung und übermäßige Sorgen reduzieren.
Die Wirksamkeit von Antidepressiva ist jedoch ein komplexes Thema:
- Ansprechrate: Nicht jeder reagiert gleich auf Antidepressiva. Einige Menschen erleben eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome, während andere möglicherweise verschiedene Medikamente ausprobieren müssen, um eines zu finden, das für sie wirkt.
- Nebenwirkungen: Antidepressiva können Nebenwirkungen haben, die bei einigen Menschen schwerwiegend sein können. Die Entscheidung, sie zu verwenden, erfordert oft eine Abwägung der potenziellen Vorteile gegenüber den Risiken.
- Langzeitwirkung: Antidepressiva sind in der Regel am wirksamsten in Kombination mit Psychotherapie oder anderen unterstützenden Behandlungen. Langfristig kann dies den Menschen helfen, besser mit ihren Bedingungen umzugehen und Rückfälle zu verhindern.
Es ist wichtig, dass die Verwendung von Antidepressiva unter der Aufsicht eines qualifizierten Gesundheitsdienstleisters erfolgt, der eine geeignete Diagnose stellen und den Verlauf der Behandlung überwachen kann. Die Entscheidung, Antidepressiva zu verwenden, sollte individuell auf der Grundlage der spezifischen Bedürfnisse und Umstände der Person getroffen werden.
Stellen wir der KI nun eine tiefergehende Nachfrage mit Bezug auf die bereits erwähnte Studienlage:
Was sagst du zu den neuesten Studien, in denen steht, dass Antidepressiva bei leichten und mittelschweren Depressionen nicht besser helfen als Placebos?
ChatGPT 4:
Die Diskussion über die Wirksamkeit von Antidepressiva, insbesondere bei leichten bis mittelschweren Depressionen, ist komplex und wird durch neue Studien und Analysen ständig weiterentwickelt. Einige neuere Studien und systematische Reviews haben Fragen bezüglich der Überlegenheit von Antidepressiva im Vergleich zu Placebos bei der Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen aufgeworfen. Diese Studien legen nahe, dass der Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Antidepressiva und Placebos für diese Gruppen möglicherweise geringer ist als bisher angenommen.
Die Hauptpunkte in dieser Debatte umfassen:
- Wirksamkeitsschwelle: Einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Antidepressiva vor allem bei schweren Depressionen signifikant wirksamer als Placebos sind. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen könnte der therapeutische Nutzen geringer sein, und der beobachtete Effekt könnte teilweise auf Placeboeffekte zurückzuführen sein.
- Placeboeffekt: Der Placeboeffekt ist eine starke Kraft in der medizinischen Behandlung und kann bei der Behandlung von Depressionen eine bedeutende Rolle spielen. Patienten, die glauben, dass sie eine wirksame Behandlung erhalten, können eine Verbesserung der Symptome erfahren, selbst wenn die Behandlung keinen aktiven Wirkstoff enthält.
- Individualisierte Behandlung: Die Reaktion auf Antidepressiva ist individuell sehr unterschiedlich. Einige Personen mit leichten bis mittelschweren Depressionen können erhebliche Vorteile aus der Einnahme von Antidepressiva ziehen, während andere möglicherweise keinen Unterschied bemerken. Die Entscheidung, Antidepressiva zu verschreiben, sollte immer auf einer individuellen Bewertung basieren, die die spezifischen Bedürfnisse und Umstände des Patienten berücksichtigt.
- Bedeutung von Zusatztherapien: Es besteht breite Übereinstimmung darüber, dass die Kombination von Medikamenten mit Psychotherapie, Lebensstiländerungen und anderen unterstützenden Maßnahmen oft die effektivste Behandlungsstrategie für Depressionen darstellt, insbesondere bei leichten bis mittelschweren Fällen.
Es ist wichtig zu betonen, dass, obwohl einige Studien die Wirksamkeit von Antidepressiva bei leichten bis mittelschweren Depressionen infrage stellen, dies nicht bedeutet, dass sie für alle Patienten in diesen Kategorien unwirksam sind. Die Entscheidung über die Verwendung von Antidepressiva sollte immer in Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Gesundheitsdienstleister getroffen werden, der eine umfassende Bewertung der individuellen Situation vornimmt.
Für die neuesten spezifischen Studienergebnisse und detaillierte Analysen ist es ratsam, aktuelle Übersichtsarbeiten und Metaanalysen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu konsultieren, da diese eine umfassende Bewertung der verfügbaren Evidenz bieten.
2.2 Wenn Chatbots plötzlich wie Politiker reden
Ist Ihnen etwas aufgefallen? Die Antwort des Chatbots klingt eher wie ein Schulaufsatz. Das liegt daran, dass ich mich selbst als Person nicht mit ins Spiel gebracht habe. Zudem agiert die KI sehr vorsichtig. Ein Konjunktiv jagt den nächsten, um nur nicht zu konkret antworten zu müssen.
Bedenklich finde ich zudem, dass die KI kein Wort über das Absetzsyndrom verliert. Bei diesem häufig beobachteten Phänomen durchleben Patienten, die Antidepressiva absetzen, meist mehrere Wochen lang ganz ähnliche Symptome wie die, deretwegen sie die Medikamente überhaupt erst genommen haben. Das liegt aber nicht daran, dass diese Psychopharmaka so gut helfen würden und ohne den Wirkstoff die Probleme zurückkehren. Es handelt sich dabei schlicht um Entzugserscheinungen, die in der Regel nach zwei bis sechs Wochen ganz von selbst verschwinden.
Da viele Betroffene darüber jedoch nicht ausreichend aufgeklärt werden, greifen etliche wieder panisch auf die Medikamente zurück. Die langfristige Einnahme von Antidepressiva, vor allem der weitverbreiteten SSRI-Klasse, sorgt jedoch dafür, dass unerwünschte Nebenwirkungen immer wahrscheinlicher werden. So berichtet zum Beispiel das Deutsche Ärzteblatt,1 dass 60 Prozent der Anwender über sexuelle...
Erscheint lt. Verlag | 11.9.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | 2024 • angststörung und panikattacken • Burnout • Chat GPT • Depression • eBooks • Gesundheitssystem • Künstliche Intelligenz • Neuerscheinung • Pflegenotstand • Psychologie • Psychotherapeut • Psychotherapie • Selbstmord • Suizidgedanken • Therapienotstand • Zwänge • Zwangsgedanken |
ISBN-10 | 3-641-32393-2 / 3641323932 |
ISBN-13 | 978-3-641-32393-6 / 9783641323936 |
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