Ausgeschlafen und mental stark! (eBook)
Um unsere Nachtruhe ist es schlecht bestellt. Doch die Schlafexpertin Prof. Dr. Kneginja Richter verspricht: gegen Schlafstörungen können wir etwas tun, wenn wir sie ganzheitlich angehen. Sie beantwortet 99 Fragen über die Geheimnisse des Schlafs und gibt profunde Einblicke in das Wechselspiel von Schlaf, Psyche und Körper. Dabei zeigt sie, wie man schlechtem Schlaf auf die Schliche kommt und wie man auch in stressigen Zeiten optimale Voraussetzungen für guten Schlaf schafft. Beleuchtet werden Aspekte wie die Abklärung psychosomatischer Ursachen, die Nützlichkeit von Schlaftherapie und Schlafhelfern und vieles mehr zu den Themen:
• Was gesunden Schlaf fördert - und was nicht
• Schlaf und Krankheiten - wie beides zusammenhängt
• Schlafhelfer - wirksam oder nicht?
Mit zahlreichen wertvollen Tipps, um Schlafproblemen auf den Grund zu gehen und wieder entspannte Nächte zu verbringen sowie zufriedener zu leben.
Prof. Dr. med. Kneginja Richter ist eine der führenden Schlafexpertinnen in Deutschland: Sie leitet das wissenschaftliche Komitee der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und behandelt als Chefärztin in der auf Psychosomatik und Schlafstörungen spezialisierten CuraMed Tagesklinik Nürnberg. Sie hat die psychiatrische Schlafambulanz der Uniklinik für Psychiatrie an der Paracelsus Medizinischer Privatuniversität aufgebaut und geleitet, ist dort als Gastwissenschaftlerin tätig und leitet die Kompetenzgruppe Schlafberatung Online der TU Nürnberg. Frau Prof. Richter ist Autorin von über 200 Veröffentlichungen und beliebte Rednerin bei Veranstaltungen zum Thema Schlaf und psychische Gesundheit. Seit 2019 steht sie jedes Jahr als Topmedizinerin auf der Focus-Topmediziner-Liste.
Einleitung
Schlaf und Psyche gehören zusammen. Wie Schwarz und Weiß, Plus und Minus, Yin und Yang bilden sie eine Einheit. Denn ist der Schlaf unruhig, macht das die Psyche instabil. Ist die Psyche aufgewühlt, stört das den Schlaf. Umgekehrt ist guter Schlaf nur möglich, wenn die Psyche zufrieden ist. Und erholsamer Schlaf wiederum stabilisiert die Psyche. Sie sehen schon: Die beiden gibt es nur im Doppelpack. Aus diesem Grund habe ich mich sowohl mit dem Schlaf als auch der Psyche sehr intensiv auseinandergesetzt und die Wechselwirkungen zwischen ihnen eingehend erforscht. Als Psychiaterin und Schlafmedizinerin begegne ich täglich Menschen, die den Kampf zwischen ihrer Psyche und ihrem Schlaf nicht mehr aushalten. Einen Kampf, in dem es leider keine Gewinner gibt – der Mensch verliert, weil seine Gesundheit leidet. Wie bei der Frau, die einmal in meine Sprechstunde kam.
Sie war im mittleren Alter, sympathisch, freundlich und gepflegt. Bisher hatte sie ihr Leben voller positiver Energie gut gemeistert. Sie hatte einen Ehemann, zwei Kinder, ein Haus – nach außen wirkte alles perfekt. Doch seit einigen Monaten litt die Frau unter schweren Schlafstörungen. Sie tat nachts kein Auge mehr zu und fühlte sich tagsüber kraftlos und erschöpft.
Bei unserer ersten Begegnung erzählte sie mir, dass sie nie eine richtig gute Schläferin gewesen war, aber dass es zu ihren Schlafstörungen erst kam, als ihr Mann sie überraschend verlassen hatte. Er sagte ihr, er hätte sich in eine andere Frau verliebt und wolle sich trennen. Sie hätten sich als Paar entfremdet. Für meine Patientin brach eine Welt zusammen. Sie fühlte sich verlassen und sah keine Perspektive mehr.
Was ihren ohnehin schon unruhigen Schlaf betraf, begann mit der Trennung ein Teufelskreis. Die Frau schlief noch schlechter, grübelte im Bett stundenlang und kämpfte in der Nacht sogar mit Suizidgedanken. Tagsüber litt sie unter schmerzhaften Rückenverspannungen und zunehmender Erschöpfung. Weil sie es musste, schleppte sie sich jeden Tag zur Arbeit, doch dort begann sie aufgrund der Müdigkeit Fehler zu machen. Sie kam zu spät, war leicht reizbar und vergaß Termine. Ihr Chef sprach sie auf die Fehler an, und sie machte Überstunden, um diese auszubügeln, ließ dafür ihre Kinder warten.
Die Angst, vor lauter Müdigkeit nicht mehr arbeitsfähig zu sein oder ihre Kinder nicht mehr versorgen zu können, machte ihre Nächte noch schlimmer. Nach Monaten der Schlaflosigkeit schleppte sich die Frau mit letzter Kraft durch den Tag. Doch ihre Fassade erhielt sie lange aufrecht. Bis der Chef sie erneut ansprach und sie förmlich zusammenbrach. So kam sie zu mir.
Die Geschichte dieser Frau ist nur ein Beispiel von vielen. 2022 gaben 43 Prozent der Menschen in einer deutschlandweiten Umfrage an, in den vergangenen zwölf Monaten unter Schlafproblemen gelitten zu haben. Sie konnten schlecht ein- oder nicht durchschlafen, manche lagen nächtelang wach. 20 Prozent der 18- bis 31-Jährigen haben laut Robert Koch-Institut Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten. Sogar 22 Prozent der 11- bis 17-jährigen Jugendlichen berichten von Schlafschwierigkeiten. Mit dem Älterwerden verschlechtert sich der Schlaf eher noch: Während etwa 20 Prozent der Menschen in ihren Dreißigern schlecht schlafen, sind es im mittleren Lebensalter zwischen 40 und 49 Jahren schon 25 Prozent. Ab 50 Jahren schläft statistisch jeder Dritte schlecht.
Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie berichtet, dass die meisten nur von Zeit zu Zeit schlecht schlafen – und zwar immer dann, wenn das Leben schwierig ist.1 Wenn es Probleme in der Familie gibt oder Stress bei der Arbeit, wenn eine nahestehende Person gestorben oder jemand arbeitslos geworden ist. Auch die Trennung vom Partner, wie sie meine Patientin erlebt hat, kann der Auslöser für Schlafstörungen sein.
Was viele nicht wissen: Psychische Belastungen und Schlafstörungen beeinflussen sich gegenseitig. Einerseits können Lebenskrisen, Stress und psychische Erkrankungen die Ursachen für Schlafstörungen sein. Andererseits kann es passieren, dass schlechter Schlaf psychische Probleme auslöst oder verstärkt. Natürlich gibt es medizinische Ursachen für Schlafstörungen. Schnarchen zum Beispiel oder bestimmte Medikamente und deren Nebenwirkungen. Sind jedoch psychische Faktoren wie Stress oder Depressionen der Grund für schlechten Schlaf, ist das ein psychosomatischer Fall.
Was ist Psychosomatik?
Das erklärt die Übersetzung der zwei Begriffe, die in diesem Wort stecken: »Psyche« ist das griechische Wort für »Seele«. »Soma« ist altgriechisch und bedeutet »Körper« oder »Leib«. Die Lehre der Psychosomatik beschäftigt sich als Teilgebiet der Medizin damit, wie körperliche Störungen die Seele beeinflussen – und umgekehrt. Denn heute ist klar, was früher eher belächelt wurde: dass Körper und Seele nicht trennbar sind. Dass körperliche Beschwerden die seelische Verfassung beeinträchtigen und die Psyche die physische Gesundheit beeinflusst. So sehr, dass sie sogar manches Krankheitsbild hervorrufen kann. Stress, Ängste oder Traumata haben körperliche Folgen, die sich mit medizinischen Ursachen nicht erklären lassen. Sie können Rückenschmerzen, Kopfweh, Tinnitus, Verdauungsbeschwerden und Herzprobleme verursachen. Oder eben Schlafstörungen.
Die Erkenntnis, dass Körper und Seele einander beeinflussen, verdanken wir unter anderem einem Kollegen von mir: dem US-amerikanischen Psychiater und Internisten George Engel, der 1977 das sogenannte biopsychosoziale Modell von Krankheit und Gesundheit entwickelte. Es ergänzte das bis dahin vorherrschende biomedizinische Modell und vertrat die Idee, dass nicht nur biologische Prozesse über Krankheit und Gesundheit entscheiden, sondern psychologische und soziale Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen. Zu den biologischen zählen etwa die Gene oder das Immunsystem. Zu den psychologischen Faktoren, die unsere Gesundheit beeinflussen, gehören die Lebensgeschichte und zum Beispiel die Fähigkeit zur Stressbewältigung sowie psychische Erkrankungen. Soziale Faktoren wiederum können Umwelteinflüsse, die Bildung, das soziale Umfeld und der sozioökonomische Status sein.
Alle Faktoren zusammen bestimmen, wie gut es um unsere Gesundheit bestellt ist. Entsprechend sollten alle drei Bereiche bei einer Diagnose und der Behandlung von Krankheiten berücksichtigt werden, indem man sich beispielsweise fragt: Könnte Stress der Grund für die Bauchschmerzen sein? Tragen neben Medikamenten möglicherweise Entspannungstechniken zum Gesundwerden bei? Ist die Person zu Hause gut versorgt?
Das biopsychosoziale Modell ermöglicht ein ganzheitliches Verständnis von Krankheit und Gesundheit und hat auch den Blick auf Schlafstörungen verändert.
Mit dem Wissen, dass alles miteinander zusammenhängt, wurde klar: Die psychische Verfassung beeinflusst den Schlaf maßgeblich. Oder können Sie gut schlafen, wenn Sie gerade Sorgen quälen? Eben. Umgekehrt hat die Schlafqualität massive Auswirkungen auf die Psyche: Wer ist nach mehreren schlechten Nächten hintereinander nicht mies gelaunt?
Schlafstörungen haben in vielen Fällen keine biologische, sondern eine psychische Ursache. Die sogenannte Insomnie beispielsweise – »somnus« ist das lateinische Wort für Schlaf – ist oft psychosomatisch bedingt. Gleichzeitig handelt es sich um die am häufigsten diagnostizierte Schlafstörung: Fast sechs Prozent der Bevölkerung leiden darunter, Frauen doppelt so häufig wie Männer.2 Ursächlich sind oft Sorgen, Stress, Angst und Depressionen. Vier Prozent der Erwachsenen haben eine sogenannte Parasomnie, eine Schlafstörung, die mit Schlafwandeln oder Albträumen zusammenhängt. In stressigen Zeiten werden die Symptome schlimmer. Genauso wie beim Bruxismus, dem nächtlichen Zähneknirschen, durch das Betroffene unbewusst Spannungen und Stress abbauen. Die Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GFZA) schätzt, dass jeder Dritte mit den Zähnen knirscht, Frauen häufiger als Männer.3 Wie es unserer Seele geht, beeinflusst also maßgeblich unsere Schlafqualität. Oder andersherum: Je besser unsere psychische Verfassung ist, desto entspannter schlafen wir.
Sind wir gestresst oder haben Albträume und schlafen deshalb schlecht, ist die Schlafstörung die Folge eines psychischen Problems. Sie kann aber auch das Symptom einer psychischen Erkrankung sein: Depressionen, Angsterkrankungen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen gehen fast immer mit Schlafstörungen einher. Ganze 80 Prozent aller psychischen Erkrankungen hängen mit Schlafstörungen zusammen.
Dass hier ein Zusammenhang besteht, ist wichtig zu wissen, macht es meist aber nicht einfacher, den Ursachen wirklich auf den Grund zu gehen. Denn auf den ersten Blick ist oft nicht klar, was zuerst da war: die Schlafstörung oder das psychische Problem. Die Gründe für eine gestörte Nachtruhe sind nicht immer leicht zu finden. Vielleicht haben auch Sie sich schon gefragt, was da Henne und Ei bei Ihren Schlafproblemen ist. Zusätzlich erschwert wird diese Ursachensuche dadurch, dass oft nicht klar ist, ob es sich nun tatsächlich um eine Henne oder doch eher um eine Ente handelt. Will sagen: Oft stellt sich heraus, dass die Gründe für den schlechten Schlaf gar nicht dort liegen, wo man sie zuerst vermutet hätte, sondern ganz woanders. Ich kann Ihnen aber versprechen: Sie finden sich immer. Man muss nur manchmal etwas intensiver danach suchen. So war es auch bei meiner eingangs erwähnten Patientin – und...
Erscheint lt. Verlag | 28.8.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | 2024 • Achtsamkeit • achtsamkeit buch • Angststörung • Bruxismus • Depression • durchschlafen • eBooks • Einschlafen • Entspannung • Ganzheitlich • Gesundheit • Grübeln • Kopfschmerzen • Krise • Lebenskrise • long covid • Medizin • Neuerscheinung • Perfektionismus • Pressen • Psychisch • Psychologie • Psychosomatik • Psychosomatisch • Ratgeber • Rückenschmerzen • Schlaf • Schlafberatung • schlafexpertin • Schlafforschung • schlafhelfer • Schlaflabor • Schlaflosigkeit • Schlafmangel • Schlafstörungen • Schlaftherapie • Schlafwissenschaft • seelisch • Stress • Tinnitus • Trauma • Übermüdung • Verspannungen • Zähneknirschen |
ISBN-10 | 3-641-32008-9 / 3641320089 |
ISBN-13 | 978-3-641-32008-9 / 9783641320089 |
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