Supercommunicators (eBook)
400 Seiten
Berlin Verlag
978-3-8270-8098-1 (ISBN)
Charles Duhigg ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Investigativreporter und Autor. Seine Werke wurden in über 45 Sprachen übersetzt, und er tritt regelmäßig im Fernsehen und Radio auf. Er ist Absolvent der Harvard Business School und des Yale College und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Er lebt in Kalifornien.
Charles Duhigg ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Investigativreporter und Autor. Seine Werke wurden in über 45 Sprachen übersetzt, und er tritt regelmäßig im Fernsehen und Radio auf. Er ist Absolvent der Harvard Business School und des Yale College und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Er lebt in Kalifornien.
Einleitung
Was Felix Sigala anging, waren sich alle einig: Mit ihm kam man leicht ins Gespräch. Außergewöhnlich leicht. Sich mit ihm zu unterhalten war eine reine Freude, weil man jedes Mal mit dem Gefühl von ihm schied, etwas Neues erfahren zu haben, ein wenig humorvoller geworden zu sein, interessanter sogar.[1] Selbst wenn man mit Felix nichts gemein hatte – was selten vorkam, denn jede Unterhaltung mit ihm förderte unweigerlich alle möglichen gemeinsamen Auffassungen, Erfahrungen oder Freunde zutage –, schien es einem, als ob er einen verstünde, ja, als ob ein tiefes Einverständnis herrschte zwischen ihm und seinem Gegenüber.
So wurde die Wissenschaft auf ihn aufmerksam.
Felix war zwei Jahrzehnte lang beim FBI gewesen. Nach dem Studium und einer Stellung beim Militär hatte er dort angeheuert und anschließend einige Jahre als Agent im Außeneinsatz verbracht. Damals war seinen Vorgesetzten erstmals aufgefallen, wie leicht er sich im Umgang mit anderen tat. Nach mehreren rasch aufeinanderfolgenden Beförderungen erhielt er schließlich ein gehobenes Amt mit der Dienstbeschreibung eines universell einsetzbaren Verhandlungsführers. Er war es, der zaudernden Zeugen die entscheidende Aussage zu entlocken vermochte, der entflohene Sträflinge dazu überredete, sich zu stellen, oder der trauernde Familien zu trösten verstand. Einmal gelang es ihm, einen Mann, der sich mit sechs Kobras, 19 Klapperschlangen und einem Leguan in einem Zimmer verbarrikadiert hatte, dazu zu bewegen, freiwillig herauszukommen und sämtliche Komplizen seines Tierschmugglerrings zu verraten. »Die Lösung bestand darin, ihn dazu zu bringen, die Lage aus der Sicht der Schlangen zu betrachten«, erzählte mir Felix. »Ein wenig seltsam war er schon, aber ein echter Tierfreund.«
Für Geiselnahmen unterhielt das FBI eine eigene Einheit für Krisenverhandlungen. Wurde die Angelegenheit ungewöhnlich brenzlig, musste jemand wie Felix ran.
Wenn jüngere Agenten Felix um Rat baten, gab er ihnen gerne ein paar nützliche Tipps mit auf den Weg: Niemals so tun, als wäre man etwas anderes als ein Polizist. Niemals manipulieren, niemals drohen. Viele Fragen stellen und, falls das Gegenüber Gefühle zeigt, mit ihm weinen, lachen, klagen oder jubeln. Doch was letztlich das Geheimnis seines Erfolgs war, durchschauten selbst seine Kollegen nie so richtig.
Als schließlich im Jahr 2014 eine Arbeitsgruppe aus Psychologen, Soziologen und anderen Forschern vom Verteidigungsministerium beauftragt wurde, neue Methoden zu erkunden, um Offizieren die Kunst der Überredung und Verhandlung beizubringen – genau genommen: zu erforschen, wie man Menschen in besserer Kommunikation schult –, kamen die Wissenschaftler auf Felix zu. Sie hatten etliche Beamte gebeten, ihnen die besten Verhandlungsführer zu nennen, mit denen sie je zusammengearbeitet hatten, und wieder und wieder war sein Name gefallen.
Viele jener Wissenschaftler hatten sich Felix als hochgewachsenen, gut aussehenden Mann vorgestellt, mit warmem Blick und sonorem Bariton. Doch zum Interview erschien ein väterlicher Typ mittleren Alters mit Schnauzer, Bäuchlein und einer weichen, belegten Stimme. Er wirkte … unscheinbar.
Nachdem sich alle vorgestellt hatten und Höflichkeiten ausgetauscht worden waren, erklärte einer der Wissenschaftler Felix – wie er mir berichtete – die Grundzüge ihres Projekts und stellte schließlich eine weit gefasste Frage: »Können Sie uns sagen, wie Sie über Kommunikation denken?«
»Vielleicht ist es einfacher, wenn ich mit einem Beispiel beginne«, antwortete Felix. »Gibt es etwas, woran Sie besonders gerne zurückdenken?«
Der Wissenschaftler, mit dem Felix sich unterhielt, hatte sich als Leiter eines großen Forschungslabors vorgestellt. Er trug Verantwortung für Fördergelder in Millionenhöhe und Dutzende von Mitarbeitern. Er wirkte nicht wie jemand, der zur Mittagsstunde in müßigen Erinnerungen schwelgte.
Der Forscher hielt inne. »Wahrscheinlich die Hochzeit meiner Tochter«, antwortete er schließlich. »Die ganze Familie war zusammen, und nur wenige Monate darauf ist meine Mutter gestorben.«
Felix stellte ein paar Anschlussfragen und steuerte einige eigene Erinnerungen bei. »Meine Schwester hat 2010 geheiratet«, erklärte Felix dem Mann. »Sie ist inzwischen verstorben, an Krebs. Das war hart, aber an diesem Hochzeitstag war sie so wunderschön. Genau so will ich sie in Erinnerung behalten.«
So ging es die nächste Dreiviertelstunde weiter: Felix stellte den Wissenschaftlern Fragen und erzählte gelegentlich über sich. Wenn jemand etwas Persönliches preisgab, antwortete Felix mit einer Episode aus seinem eigenen Leben. Ein Wissenschaftler erwähnte Schwierigkeiten, die er mit seiner halbwüchsigen Tochter durchmachte, und Felix beschrieb daraufhin eine Tante, mit der er anscheinend selbst nicht zurechtkam, so redlich er sich auch mühte. Als ein anderer Forscher Felix nach seiner Kindheit fragte, erklärte dieser, er sei damals entsetzlich schüchtern gewesen – doch sein Vater sei Verkäufer gewesen (und sein Großvater ein Trickbetrüger), und indem er diese Vorbilder nachahmte, habe er allmählich gelernt, wie man zu anderen einen Draht aufbaut.
Als sich der Termin seinem Ende zuneigte, schaltete sich eine Psychologieprofessorin ein. »Verzeihen Sie«, sagte sie, »so nett dieses Treffen war, aber Ihre Arbeitsweise verstehe ich immer noch nicht. Warum, glauben Sie, haben so viele Leute uns an Sie verwiesen?«
»Berechtigte Frage«, erwiderte Felix. »Bevor ich antworte, möchte ich selbst etwas fragen: Sie haben erwähnt, dass Sie alleinerziehende Mutter sind, und ich stelle mir vor, es ist nicht einfach, Mutterschaft und Karriere unter einen Hut zu bringen. Das mag jetzt unerwartet klingen, aber ich frage mich: Was würden Sie jemandem raten, der eine Scheidung vor sich hat?«
Die Frau stutzte kurz. »Gut, meinetwegen«, sagte sie. »Tipps hätte ich da mehr als genug. Als ich mich von meinem Mann getrennt habe …«
Felix fiel ihr sanft ins Wort.
»Auf die Antwort kommt es gar nicht so an«, sagte er. »Ich weise nur darauf hin, dass Sie jetzt, nach einem Gespräch von nicht einmal einer Stunde, in einem Raum voller Fachkollegen, bereit wären, über einen der intimsten Bereiche Ihres Lebens zu sprechen.« Einer der Gründe für diese Unbefangenheit, erklärte er, war vermutlich die Umgebung, die sie gemeinsam hergestellt hatten – indem Felix genau zugehört und Fragen gestellt hatte, die seine Gesprächspartner in ihren empfindlichsten Bereichen aus der Reserve gelockt und dazu gebracht hatten, einander Hochpersönliches anzuvertrauen. Felix hatte die Wissenschaftler dazu ermuntert, ihre Sicht auf die Dinge zu erklären, und ihnen dann bewiesen, dass er sie verstanden hatte. Jedes Mal, wenn jemand etwas emotional Berührendes vorgebracht hatte – selbst dann, wenn den Sprechern gar nicht klar gewesen war, dass ihre Emotionen sichtbar geworden waren –, hatte Felix eigene Gefühle zum Ausdruck gebracht. Alle diese kleinen Entscheidungen, die sie getroffen hatten, hatten dazu beigetragen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen.
»Es ist ein Bündel von Techniken«, erklärte er den Wissenschaftlern. »Kein bisschen Magie im Spiel.« Mit anderen Worten: Jeder kann lernen, ein Superkommunikator zu werden.
***
Wen würden Sie anrufen, wenn Ihr Tag aus dem Ruder gelaufen wäre? Wenn Sie in der Arbeit einen Geschäftsabschluss vermasselt oder sich mit dem Ehepartner gestritten hätten, oder sich frustriert fühlten und alles einfach satthätten: Mit wem würden Sie dann sprechen wollen? Vermutlich gibt es da jemanden, der Sie garantiert aufmuntern wird, die mit Ihnen gemeinsam eine heikle Frage erörtern kann, sich mit Ihnen freut oder ärgert.
Und nun fragen Sie sich: Handelt es sich dabei um den lustigsten Menschen in Ihrem Umfeld? (Vermutlich nicht, aber hätten Sie darauf geachtet, wäre Ihnen aufgefallen, dass er oder sie mehr lacht als andere.) Handelt es sich um den interessantesten, den gescheitesten Menschen, den Sie kennen? (Wahrscheinlicher ist: Sie ahnen, dass selbst dann, wenn diese Person nichts besonders Kluges von sich gibt, Sie sich nach dem Gespräch mit ihr klüger fühlen werden.) Handelt es sich um Ihren unterhaltsamsten Freund, Ihre selbstsicherste Freundin? Mit den besten Ratschlägen? (Die Antwort lautet ...
Erscheint lt. Verlag | 27.6.2024 |
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Übersetzer | Nina Frey |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | business • Die Kunst der Rede • Gewohnheit • Kommunikation • Kommunikationsstrategie • Macht der Gewohnheit • Ratgeber • Redekunst • Reden • Sprechen lernen • Überzeugungskraft • Überzeugungskunst |
ISBN-10 | 3-8270-8098-3 / 3827080983 |
ISBN-13 | 978-3-8270-8098-1 / 9783827080981 |
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