Maria Geisenhof: Füssen in und nach den Kriegstagen 1943 bis 1950 (eBook)
88 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-4722-1 (ISBN)
Kriegsjahr 1943
Januar
1.1.: | Bei strahlender Sonne schreiten wir in das neue Jahr ein. Möge Gott auch weiterhin seinen Sonnenstrahl der Güte über uns scheinen lassen. |
3.1.: | Großes Schneetreiben setzt ein, wie es eben als Abwechslung für diese Jahreszeit gehört. In der Pfarrkirche wurde ein Krippenspiel aufgeführt, das sich eines guten Besuches erfreute. |
6.1.: | Das Fest der Hl. 3 Könige durfte nicht mehr als Feiertag gehalten werden! |
7.1: | Für meine 5 Neffen [Scheibel], welche die 2. Kriegsweihnacht in Rußland erleben, schickte ich kleine Päckchen mit Pfefferminztee und Süßstoff, auf die sie immer warteten und sich darüber freuten. |
18.1.: | Fliegeralarm von nachts 11 ½– 12 ¼ h trieb uns in den kalten Keller. |
21.1.: | Einer meiner Neffen schrieb mir aus Rußland. „Am hl. Tag Weihnachten mußten wir marschieren bis zu den Knien im Dreck, über Pferdekadaver und toten Russen.“ – Wer denkt da nicht an den sinnlosen Feldzug Napoleons nach Rußland? Wie wird dieser Feldzug enden? |
24.1.: | Bei uns ist das Wetter wärmer. Am Wasserfall holte ich die ersten Erika. Schickte ein paar Blümlein nach Rußland, als Vorfrühlingsgruß aus der Heimat. |
26.1.: | Wieder Fliegeralarm von früh ½ 2 – 3 h. Furchtbare Tage unserer Soldaten um Stalingrad. |
Februar
2.2.: | Lichtmeß sehr stürmisches Wetter, wie man es nach alter Bauernregel gerne sieht. |
15.2.: | Fliegeralarm von ¾ 11 –½ 2 h. Schönes Winterwetter, viel Schneefall. |
20.2.: | Fliegeralarm von ½ 11 – 12 und von ¾ 3 – 3 ¼ h. |
Wie es Vorschrift ist, suchten wir den unteren Raum des Hauses auf, unsere Waschküche mit einer Mauerstärke von 1.20 m, die Stärke der einstigen Stadtmauer. |
März
2.3.: | Begann mit schönem Wetter. |
Fliegeralarm von ½ 1 – 1 ¼ mittags, von 12 – 2 h nachts. Feindliche Flieger haben München, Nürnberg und Stuttgart angegriffen, großen Schaden angerichtet. |
Von München und Stuttgart ist öfters der Einschlag zu hören. |
15.3.: | 33Fliegeralarm von ½ 12 – 1 ¼ h mittags. |
21.3.: | Heldengedenktag für die Gefallenen. |
9 h am Schulhausplatz, jetzt Adolf Hitlerplatz, war Heldenehrung. Die Musikkapelle der Marineschule von Hohenschwangau verschönerte die Feier. |
April
4.4.: | Tag der deutschen Wehrmacht. Mit klingendem Spiel zog in der Frühe die „Gebirgsmarine“ durch die Stadt. Im Zuge marschierten Soldaten und Matrosen von Hohenschwangau. |
6.4.: | Mein Neffe R. (Anm. 2) kam in Urlaub. Aus der großen Schlacht bei Orel (Anm. 3) kam er glücklich in die Heimat. |
7.4.: | Aus Polen kam Neffe T. (Anm. 4) in Urlaub. In der Stadtpfarrkirche war Osterbeichte der Soldaten. Acht Beichtväter fertigten den großen Haufen von Soldaten schnell ab. Wildes Wetter, viel Sturm und Regen. |
16.4.: | Fliegeralarm v. 1 – 3 h nachts. Angriff auf Neuburg an der Donau. |
17.4.: | Frühlingswetter setzt ein. Heiß scheint die Sonne. |
23.4.: | Karfreitag. Zur Feier dieses Tages wurden bei St. Mang die „Sieben Worte Jesu“ gesungen. |
25.4.: | Hl. Osterfest! In der Stadtpfarrkirche erklang die ewig schöne Theresienmesse v. Haydn. Wie erhebend wirkt solche Musik! Hoffentlich bleibt unser Kirchenchor dieser herrlichen Musik für immer treu. Im Garten konnte man den ersten Rhabarber schneiden. Nach 26 Monaten kam Neffe A. (Anm. 5) das erstemal von Rußland in Urlaub nach Hause. |
Mai
1.5.: | Nationaler Feiertag. Zum erstenmal hörte man den Ruf des Kuckucks, der immer Freude in uns weckt. |
2.5.: | In der Nacht um 3 ¼ h war wieder leichtes Erdbeben zu verspüren. |
10.5.: | Auf dem Kalvarienberg wurde das Fest der Schutzfrau Bayerns feierlich begangen. Auch die Soldaten unserer Kaserne umstanden in 3 großen Gruppen aufgestellt den Platz auf der Hirschwiese. (Abb. 2 und Anm. 6) Nachmittags schneite es wie mitten im Winter. |
15.5.: | Von ¾ 2 – 2 mittags war Fliegeralarm. |
18.5.: | Von ½ 1 –½ 2 nachts durch Fliegeralarm wieder aufgeweckt. Es war kein schöner Posten als Blockwart (Anm. 7) für mich, in solchen Nächten Kontrolle zu stehen. Die Leute sind teilweise betreff Nicht-Verdunkeln- Wollen sehr unvernünftig. Sind böse wenn sie aufmerksam gemacht werden, daß da und dort der Lichtschein aus den Fenstern dringt. Und ist doch wirklich ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Bei nächtlichem Fliegeralarm auf den Sonntag darf von jetzt ab erst um 10 h Gottesdienst gehalten werden. Die Kirchen bleiben geschlossen. |
20.5.: | Fliegeralarm v. 2 – 3 ½ nachmittags. |
25.5: | Neuschnee auf den Bergen. |
28.5.: | In der Nacht um ¾ 3 h abermals Erdstöße. |
30.5.: | Sonntag! Letzte Maiandacht. Zum Schlusse hörten wir auf Schallplatten das schöne Geläute unserer Glocken, die 1942 vom Turm abgenommen wurden. |
31.5.: | Mit der Zuweisung von Lebensmitteln wird es immer schlechter. Ab heute trifft es pro Person pro Woche 250 gr. Fleisch, Kinder 100 gr., zuvor 350 gr. und 200 gr. pro Monat: 8000 gr. Schwarzbrot, 2800 gr. Weißbrot oder 2100 gr. Mehl. 1 Pfd. Butter, 130 gr. Käse, 125 gr. Topfen, 100 gr. Speiseöl, 300 gr. Margarine, für Juli 6 Stck. Eier und pro Kopf 900 gr. Zucker. Bittwoche: Die öffentlichen Bittgänge durften nicht abgehalten werden. Nur in der Feldkirche, Gottesackerkirche und Frau am Berg-Kirche war eine hl. Messe. Eine kleine Schar von Buben verschönerten mit Singen den Bittgottesdienst. |
Juni
Abb. 2: Soldaten auf dem Kalvarienberg im Kriegsjahr 1943 (Anm. 6)
4.6.: | Es regnet jeden Tag in Strömen. |
13.6.: | Pfingstfest: ebenfalls schlechtes Wetter. Trotzdem ließen sich die Wallfahrer von der Wildsteig nicht abhalten, zum hl. Magnus zu kommen. Sie blieben bis jetzt ihrem Gelübde treu. |
21.6.: | Fliegeralarm von ½ 3 – 4 h früh. Angriff auf Friedrichshafen. |
24.6.: | Heilig Fronleichnam kein Festtag mehr. Sogar die Abendmesse war verboten. Die zur Zeit in unserer Kaserne untergebrachten österreichischen Gebirgs jäger sind ein lustiges Völkchen. Singen und Jodeln den ganzen Tag. Es sind lauter junge Burschen. |
27.6.: | Fronleichnam am Sonntag gefeiert. Prozession durch die Stadt. Weder an den Häusern noch in der Kirche durften zum Schmucke keine Birken verwendet werden. |
Juli
9.7.: | In den Bergen großer Schneefall, im Tal Regen. Großer Fliegerangriff auf Köln. |
13.7.: | Fliegerangriff auf Aachen. Auch der Dom soll bombardiert worden sein. |
16.7.: | Von ½ 3 – 3 ¼ h früh bei uns Fliegeralarm. |
17.7.: | Von ¼ 2 – 3 ¼ bei uns Fliegeralarm. Am Samstag früh sammeln sich die H.J. vor dem Heim an der Huterhalde. Die Kirchen jedoch dürfen vor 10 h nicht geöffnet werden. |
18.7.: | Zum erstenmale wurde Rom bombardiert, eine der ältesten Kirchen Roms (St. Laurente) wie das Elterngrab Papst Pius XII. zerstört. |
26.7.: | Das faschistische Italien ist heute Nacht gestürzt worden. Mussolini dankte ab. Der König übernahm die Regierung. Der Krieg geht weiter. |
29.7.: | Durch Füssen gingen in der Nacht große Truppentransporte nach Italien. |
30.7.: | Mittags ½ 1 –½ 2 h... |
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geschichte ► Allgemeine Geschichte ► 1918 bis 1945 |
Schlagworte | Alltag • Füssen • Nachkriegszeit • Tagebuch • Zweiter Weltkrieg |
ISBN-10 | 3-7583-4722-X / 375834722X |
ISBN-13 | 978-3-7583-4722-1 / 9783758347221 |
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