Never Finished (eBook)
304 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-1785-5 (ISBN)
David Goggins ist ein ehemaliger Navy SEAL und der erste Mensch, der darüber hinaus das Elitetraining zum U. S. Army Ranger und Air Force Tactical Air Controller bestand. Als Extremsportler nahm er bereits an mehr als 70 Ultradistanz-Wettbewerben teil, wobei er regelmäßig unter die fünf Erstplatzierten kam und neue Streckenrekorde aufstellte. Zwischenzeitlich hielt er zudem den Guinness-Weltrekord für 4030 Klimmzüge in 17 Stunden. »The Fittest (Real) Man in America« (so das Magazin »Outside«) ist mittlerweile ein gefragter Keynotespeaker und arbeitet als Rettungssanitäter und Feuerwehrmann.
David Goggins ist ein ehemaliger Navy SEAL und der erste Mensch, der darüber hinaus das Elitetraining zum U. S. Army Ranger und Air Force Tactical Air Controller bestand. Als Extremsportler nahm er bereits an mehr als 70 Ultradistanz-Wettbewerben teil, wobei er regelmäßig unter die fünf Erstplatzierten kam und neue Streckenrekorde aufstellte. Zwischenzeitlich hielt er zudem den Guinness-Weltrekord für 4030 Klimmzüge in 17 Stunden. »The Fittest (Real) Man in America« (so das Magazin »Outside«) ist mittlerweile ein gefragter Keynotespeaker und arbeitet als Rettungssanitäter und Feuerwehrmann.
Kapitel 1
Minimales Potenzial maximieren
Unter Tausenden von Veteranen saß ich für den Nationalkongress der Veterans of Foreign Wars (VFW) 2018 im überfüllten Kansas City Convention Center. Ich war nicht nur ein aktives Mitglied; ich war ihr Gast. Ich war eingeflogen worden, um den prestigeträchtigen Americanism Award der VFW entgegenzunehmen – eine jährliche Auszeichnung für diejenigen, die sich in besonderem Maße für den Militärdienst, für Patriotismus, für die Verbesserung der amerikanischen Gesellschaft und für die Unterstützung anderer Veteranen einsetzen. Zu den früheren Empfängern zählte US-Senator John McCain, einer meiner persönlichen Helden. Er hatte fünfeinhalb Jahre als Kriegsgefangener im Vietnamkrieg überlebt. Ich habe immer bewundert, welchen Mut er damals an den Tag gelegt hatte, und während seines gesamten Lebens, das sich in weiten Teilen unter den Blicken der Öffentlichkeit abspielte, war sein Verhalten prägend dafür, wie sich Männer in schwierigen Zeiten meiner Ansicht nach verhalten sollten. Und nun würde neben seinem Namen auch mein eigener mit dieser Auszeichnung in Verbindung stehen.
Ich würde an diesem Tag die bisher größte Ehre meines Lebens erhalten. Ich hätte höllisch stolz sein sollen – stattdessen war ich verdammt verwirrt. Über eine Stunde lang saß ich im Publikum, zwischen meiner Mutter Jackie und meinem Onkel John Gardner. Das ist viel Zeit, um sich die Bedeutung des Augenblicks bewusst zu machen, aber alles, woran ich denken konnte, waren Gründe, weshalb ich nicht dort hätte sein sollen. Niemandem, so dachte ich, sollte der Name David Goggins ein Begriff sein, und erst recht sollte man mich nicht in einem Atemzug mit Senator McCain nennen. Nicht etwa, weil ich meinen Platz hier nicht verdient hätte, sondern weil mein Leben mich niemals hierher hätte führen dürfen – nicht mit dem Blatt, das mir ausgehändigt worden war.
Gewiss, heute bin ich ein Siegertyp, aber ich war als Verlierer zur Welt gekommen. Es gibt viele geborene Verlierer da draußen. Jeden verdammten Tag werden Babys in Armut und in zerrüttete Familien hinein geboren, so wie ich. Manche verlieren ihre Eltern durch einen Unfall. Andere werden misshandelt und vernachlässigt. Viele von uns tragen von Geburt an Behinderungen mit sich, manchmal körperlich, manchmal geistig oder seelisch.
Es ist, als würde jedem Menschen seine ganz persönliche Wundertüte geschenkt, kaum dass er es lebend aus dem Mutterleib geschafft hat. Niemand weiß, was in dieser Wundertüte steckt, aber was auch immer es ist, es wird prägend für das sein, was uns erwartet. Manche Menschen reißen das Ding auf und finden darin nichts als köstliche Süßigkeiten. Das sind diejenigen, die es im Leben relativ leicht haben werden – anfangs zumindest. Bei anderen ist die Tüte gänzlich leer. Und wieder andere trifft es noch schlimmer: Deren Wundertüten sind voller Albträume, und kaum, dass diese Menschen ihren ersten Atemzug gemacht haben, geht der Spuk auch schon los. Ich war einer von diesen Menschen. Ich wurde in ein Haus des Schreckens hineingeboren.
Während die Redner nacheinander ans Mikro traten, befand ich mich gedanklich tief in meiner eigenen dunklen Höhle und erlebte noch einmal die unzähligen blutigen Prügel, mit denen mein Vater meine Mutter, meinen Bruder und mich überzogen hatte. Ich erinnerte mich daran, wie wir nach Brazil, Indiana, geflohen waren, nur um uns dort in gerade einmal 15 Kilometer Entfernung von einer aktiven Gruppe des Ku-Klux-Klans niederzulassen. Und raten Sie mal, wer mit den Kindern dieser Wichser gemeinsam auf eine Schule ging? Ich erinnerte mich an die ständigen rassistischen Drohungen einiger meiner Klassenkameraden; ich erinnerte mich daran, wie ich mich durch die Schulzeit gemogelt hatte, ohne dabei irgendetwas zu lernen.
Ich dachte an den Verlobten meiner Mutter, Wilmoth, der so etwas wie ein Ersatzvater für mich hätte werden sollen, aber ermordet wurde, bevor er meine Mutter heiraten konnte. Ich erinnerte mich an meine wiederholten Versuche, den Armed Services Vocational Aptitude Battery (ASVAB) zu bestehen – ein standardisierter Eignungstest, der für alle Militärrekruten erforderlich ist und den ich absolvieren musste, um mir meinen Traum zu erfüllen, Rettungsfallschirmspringer zu werden. Nachdem ich die gefürchtete Prüfung endlich bestanden und die Ausbildung zum Pararescue angetreten hatte, gab ich jedoch auf, als die water evolutions – also das Training im Wasser – zu hart wurde. Diese brillante Entscheidung führte schließlich dazu, dass ich als Kammerjäger im Nachtdienst bei der Firma Ecolab arbeitete und mit 24 Jahren rund 1000 Dollar im Monat verdiente.
Zu diesem Zeitpunkt war ich nur noch der Schatten eines Mannes, ohne Selbstbewusstsein oder Selbstachtung. Ich wurde immer noch von denselben alten Dämonen heimgesucht, die mich seit meiner Geburt verfolgt hatten, und die bittere Realität war, dass es mir an allem fehlte, was es brauchte, um mich der Mann werden zu lassen, der ich sein wollte.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Über all das habe ich nicht etwa nachgedacht, um mich selbst zu kasteien. Ich durchforstete im Geiste meine Akte und suchte nach einem Auslöser, nach jenem Moment, der das Feuer in mir neu entfacht und eine Art Urkraft zum Vorschein gebracht hatte. Ich musste mir genau in Erinnerung rufen, wie und wann ich es geschafft hatte, mein Leben umzukrempeln, um zu einem ehrenhaften Menschen zu werden, zu jemandem, der anderen diente, doch es gelang mir einfach nicht. Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal hörte, wie sie mich auf die Bühne riefen. Ich hätte überhaupt nicht reagiert, wenn meine Mutter mich nicht angestupst hätte. Bis heute kann ich mich nicht daran erinnern, mit ihr die kleine Treppe zur Bühne hinaufgegangen zu sein, so sehr trieb ich gedanklich zwischen meiner Vergangenheit und meiner verwirrenden Gegenwart.
Ich hörte sie meinen Werdegang vortragen, wie viel Geld ich für Veteranenzwecke gesammelt hatte und welche Ziele ich im Laufe meiner Karriere erreicht hatte. Ehe ich mich versah, hatten sie mir eine Medaille um den Hals gelegt und das Publikum gab mir Standing Ovations. Das war das bisher deutlichste Zeichen dafür, dass dieser geborene Verlierer irgendwo auf seinem Weg eine Art Wiedergeburt erlebt hatte. Dass es einen Moment gegeben hatte, der meine Metamorphose auslöste.
Als ich schließlich selbst ans Mikrofon trat, blickte ich in all die unbekannten Gesichter. Mitglieder einer Bruder- und Schwesternschaft, der ich auf ewig angehören werde. Die Tatsache, dass sie mir diese Anerkennung zuteilwerden ließen, war für mich die größtmögliche Ehre, aber ich wusste nicht, wie ich ihnen dafür danken konnte. Ich war damals ein gefragter Redner, der sich vor großen wie kleinen Menschenmengen sicher fühlte. Wenn man meine Arbeit als Recruiter für das Militär berücksichtigt, hatte ich mich seit mehr als zehn Jahren als professioneller Redner bewährt. Ich hatte kaum je Lampenfieber, aber an jenem Sommertag in Kansas City war ich höllisch nervös und mein Verstand war immer noch wie benebelt. Ich versuchte all das abzuschütteln und bedankte mich zunächst bei meinem Großvater, Sergeant Jack.
»Er wäre der stolzeste Mensch der Welt, wenn er mich jetzt hier oben sehen könnte«, sagte ich. Meine Stimme versagte; ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und setzte erneut an: »Ich möchte meiner Mutter danken, die …« Ich wandte mich an meine Mutter, und als sich unsere Blicke trafen, wurde mir schließlich schlagartig bewusst, welcher Moment es gewesen war, der mein Leben für immer verändert hatte. Die Kraft dieser Erkenntnis war überwältigend. »Ich möchte meiner Mutter danken, die …«
Mit einem Gefühl der Überwältigung verstand ich plötzlich, was es mich gekostet hatte, es bis hierhin zu schaffen.
Meine Stimme versagte erneut. Ich konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Ich schloss meine Augen und schluchzte. Wie ein Traum, der nur Sekunden dauert, sich aber wie Stunden anfühlt, dehnte sich die Zeit, und Bilder jenes endgültigen Wendepunkts in meinem Leben schossen mir in den Kopf – Bilder von der allerletzten Begegnung mit meinem Vater. Hätte ich diese Reise nicht unternommen, dann hätten Sie nie von mir gehört.
***
Ich war vierundzwanzig Jahre alt, als mir bewusst wurde, dass ich innerlich gebrochen war. Etwas in meiner Seele war abgestumpft, und diese Stumpfheit, dieser Mangel an tiefem Gefühl, war bestimmend für das, was aus meinem Leben geworden war. Es war der Grund, weshalb ich immer dann, wenn es schwierig wurde, aufhörte, meine Ziele, meine größten Träume zu verfolgen. Aufzugeben war nichts weiter als ein Umweg von vielen. Es hat mich nie sonderlich gestört, denn wenn man abgestumpft ist, kann man nicht verarbeiten, was mit oder in einem geschieht. Ich wusste noch nichts von der Kraft des Geistes, und deshalb hatte ich mich zu einem fetten Mistkerl aufgebläht und einen Job angenommen, bei dem ich in Restaurants gegen Kakerlaken in den Kampf zog.
Natürlich war ich um Ausreden nicht verlegen. Meine Stumpfheit war ein Überlebensmechanismus. Sie war mir von meinem Vater eingeprügelt worden. Bereits mit sieben Jahren hatte ich eine Kriegsgefangenenmentalität entwickelt. Dank meiner abgestumpften Haltung konnte ich die Prügel ertragen und ein gewisses Maß an Selbstachtung wahren. Selbst nachdem meine Mutter und ich die Flucht ergriffen hatten, wurde ich weiterhin von Tragödien und Misserfolgen heimgesucht, und stumpfsinnig ertrug ich die Tatsache, dass ich nur verlieren konnte.
Als geborener Verlierer hat man das Ziel zu überleben – und nicht etwa wirklich zu leben. Man lernt zu lügen und zu betrügen, zu tun, was nötig...
Erscheint lt. Verlag | 19.5.2024 |
---|---|
Übersetzer | Peter Peschke, Mark Bergmann |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | Ausdauersport • Can't Hurt Me • David Goggins deutsch • Erfolg • Erfolgsgeschichte • Ironman • Marathon • Mindset • Never Finished deutsch • Resilienz • Selbstoptimierung • Triathlon • Ultra Marathon |
ISBN-10 | 3-7453-1785-8 / 3745317858 |
ISBN-13 | 978-3-7453-1785-5 / 9783745317855 |
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