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Stark durch krisenhafte Zeiten (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Resilienz fördern bei sich selbst und anderen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
240 Seiten
Schattauer (Verlag)
978-3-608-12227-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Stark durch krisenhafte Zeiten -  Johanna Gerngroß
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Wie uns das Wissen über Krisen stärkt - Basiswissen: Menschen in Krisen sinnvoll unterstützen und dabei gut auf sich selbst achten - Praxis: Typische Fälle, Fallen und Übungen Wissen Sie, was Empathie-Stress ist? Warum Opfern von Gewalttaten oft die Schuld an dem, was ihnen zugestoßen ist, gegeben wird? Warum Menschen oft lieber gaffen als helfen? Was ein Amygdala-Hijack ist oder warum existenzielle Einsichten unsere Resilienz fördern? Krisenkompetenz ist heute so gefragt wie nie. Neben persönlichen Krisen oder Schicksalsschlägen, die das Leben mit sich bringt, erleben wir Erschütterungen durch kollektive Krisen wie die Klimaerwärmung, die Corona-Pandemie und den Angriffskrieg auf die Ukraine. Wir fühlen uns verwundbar - und sind es auch. Wie können wir uns selbst und Betroffene in Krisen unterstützen? Was brauchen Menschen in Krisen? Was ist überhaupt sinnvolle Hilfe? Und nicht zuletzt: Wie kann ich als helfende Person gesund und stabil bleiben? Ausgehend von Wissenswertem über psychosoziale Krisen, Trauma und Traumabewältigung stellt dieses Buch wirksame Unterstützungsmöglichkeiten vor. Übungen und Fallbeispiele verdeutlichen, wie Fachkräfte, aber auch Betroffene und Angehörige stark durch krisenhafte Zeiten gehen.

Johanna Gerngroß, Mag. phil. Dr. phil., Universitätslektorin Fakultät für Psychologie, Sigmund Freud Privatuniversität Wien, Leiterin von Universitätslehrgängen zur Notfall- und Traumapsychologie, Traumapädagogik und Suizidprävention. Klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte: Notfall- und Traumapsychologie, Krisenintervention, Suizidprävention, psychologisches Krisenmanagement.

Johanna Gerngroß, Mag. phil. Dr. phil., Universitätslektorin Fakultät für Psychologie, Sigmund Freud Privatuniversität Wien, Leiterin von Universitätslehrgängen zur Notfall- und Traumapsychologie, Traumapädagogik und Suizidprävention. Klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte: Notfall- und Traumapsychologie, Krisenintervention, Suizidprävention, psychologisches Krisenmanagement.

1 Wissen über Krisen


1.1 Was sind psychosoziale Krisen?


»Es gibt kein Paradies auf Erden«, so formulierte es der Psychoanalytiker und Gründungsrektor der Sigmund Freud Privatuniversität Wien Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Alfred Pritz im Mai 2022 im Interview mit einer großen österreichischen Tageszeitung über eine Gesellschaft im Krisenmodus. Der Ausnahmezustand und die Veränderung seien das »neue Normal«.

Ja, Krisen gehören zum Leben und können jeden treffen. Dennoch kommen sie häufig überraschend und werden als bedrohlich erlebt. Sie sind typischerweise vorübergehend und bergen eine Chance zu Entwicklung und Wachstum. Dennoch sind sie meist mit Verlusten oder Kränkungen verbunden, stellen die bisherigen Werte und (Lebens-)Ziele infrage, erzeugen Angst und Hilflosigkeit und erfordern rasche Entscheidungen. Der betroffene Mensch erlebt sich als orientierungslos, ohnmächtig, hilflos, ohne Kontrolle, unter Druck. Die Erkenntnis, dass man sich in einer Krise befindet, lässt die Betroffenen Ressourcen aktivieren und verschiedene Wege der Bewältigung ausprobieren. Nicht immer mit Erfolg. Dabei sind die Anlässe, die uns in Krisen stürzen, individuell sehr unterschiedlich – so wie auch die Wege, die aus der Krise führen.

Der Begriff der Krise ist nicht erst seit der Coronakrise, Energiekrise oder Klimakrise in aller Munde und löst die verschiedensten Assoziationen aus. Ob in Wirtschaft, Politik, Medizin oder Psychologie, überall begegnen uns Krisen. Auch in die Alltagssprache haben die Begriffe Krise und Trauma Einzug gehalten. Das Wort Krise ist dem Altgriechischen κρίσις, Krisis, entlehnt und bedeutet Scheidung, Auswahl, Entscheidung (Gemoll 2006). Diese Bedeutung führt hin zum heutigen Gebrauch: Krise als schwierige Lage, Situation, Zeit (die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt), als Schwierigkeit, kritische Situation oder Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins (Duden online 2022). Schon in den Anfängen der Medizin, im sogenannten »Corpus Hippocraticum« (einer Sammlung von antiken medizinischen Texten), wird mit Krisis der Zeitpunkt benannt, an dem sich die Krankheiten verstärken, nachlassen, in eine andere Krankheit umschlagen oder aufhören. Krisen wohnt somit sowohl ein Gefahrenpotenzial als auch ein Wachstumspotenzial inne. So können durch psychosoziale Krisen psychische Erkrankungen bis hin zu Suiziden ausgelöst werden, aber es ist ebenso Wachstum möglich, wenn beispielsweise Menschen nach einer überstandenen schweren Erkrankung ihre Prioritäten ändern, gestärkt aus Krisen hervorgehen oder für sich einen neuen Lebenssinn finden. Krisen sind wichtiger Bestandteil von starkem Wachstum und großer Veränderung und zugleich Phasen hoher Vulnerabilität.

DEFINITION VON PSYCHOSOZIALEN KRISEN

Psychosoziale Krisen werden als Verlust des seelischen Gleichgewichts definiert, wenn wichtige Ereignisse oder Lebensumstände nicht bewältigt werden können, wenn Ressourcen und früher erworbene Fähigkeiten zur Bewältigung nicht mehr ausreichen. Psychosoziale Krisen können in vielen Schattierungen auftreten, von leichten Krisen, die nur wenige Tage bestehen, bis hin zu schweren Verläufen, die zu körperlichen und/oder psychischen Erkrankungen führen können.

1.2 Arten von psychosozialen Krisen – Krise ist nicht gleich Krise


Psychosoziale Krisen können durch die verschiedensten Ursachen ausgelöst werden. Das können kollektive Ereignisse wie Naturkatastrophen, Unwetter, Kriege oder die Coronapandemie sein oder individuelle Schicksalsschläge wie Todesfälle, Erkrankungen oder Trennungen, aber auch Entwicklungskrisen wie die Pubertät. Beispiele für verschiedene Arten von Krisen sind:

  • Entwicklungskrisen junger Erwachsener

  • Trennungs- und Verlustkrisen – Partner*innenverlust, Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder Arbeitslosigkeit, Auswanderung bis Flüchtlingsstatus, Inhaftierung, finanzieller Abstieg in Armut

  • soziale Krisen, eskalierende Konflikte meist im nahen sozialen Umfeld

  • Krisen im Rahmen psychischer Erkrankungen (zum Beispiel krisenhafte Verläufe im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen, …)

  • chronifizierte Krisen (chronische somatische Erkrankungen und Behinderungen)

  • Veränderungskrisen (zum Beispiel durch Pubertät, Verlassen des Elternhauses, Schwangerschaft, Pensionierung etc.)

  • suizidale Krisen (kann sich aus anderen Formen heraus entwickeln)

  • krisenhafte Reaktionen nach traumatischen Erlebnissen, sogenannte »traumatische Krisen«

Wenn man versucht, eine Einteilung zu treffen, so lassen sich verschiedene Arten von Krisen unterscheiden. Neben der Unterscheidung zwischen kollektiven und individuellen Krisen sind psychosoziale Krisen abzugrenzen von einem psychiatrischen Notfall. Unter Letzterem wird ein krankheitsbedingter Zustand verstanden, der zu unmittelbarem Handeln zwingt. Darunter fallen Zustände wie Erregung, Wahn, starke Angst, Verwirrung, Verlust der Impulskontrolle, Fremd- oder Selbstdestruktivität. Diese Unterscheidung ist allerdings in der Praxis nicht immer einfach zu treffen, weil die Reaktionen nach einem furchtbaren Schicksalsschlag sehr heftig ausfallen und an psychiatrische Notfälle erinnern können (Aggression, Verwirrung, Selbst- oder Fremdgefährdung). Umso wichtiger ist es, Helfer*innen entsprechend zu schulen, um normale Reaktionen auf ein unnormales Ereignis von einem psychiatrischen Notfall abgrenzen und die richtige Form der Unterstützung anbieten zu können.

FALLBEISPIEL

Nachdem eine Mutter ihr Baby durch den plötzlichen Kindstod verloren hat, lässt sich die junge Frau durch nichts beruhigen. Die Helfer*innen sind ratlos. Es werden ihr Beruhigungsmittel verabreicht und sie wird – da eine Selbstgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann – auf eine psychiatrische Station eines Krankenhauses gebracht. Rückblickend gibt die Frau an, dies als traumatisch erlebt zu haben – aus der vertrauten Umgebung und weg von den vertrauten Personen gerissen zu werden, vor allem weg von ihrem (toten) Baby und dessen persönlichen Dingen (Bettchen, Decke, Kuscheltiere). Sie wurde dadurch in ihrem Trauer- und Verarbeitungsprozess empfindlich gestört.

Während kollektive Krisen häufig geprägt sind durch geteiltes Leid, gegenseitige Unterstützung und Sinnstiftung durch eine kollektive Identität, stellt sich bei individuellen Krisen wie Unfällen, Gewalttaten oder sogenannten »Off-time«-Ereignissen (Tod des Partners vor der Zeit, plötzlicher Kindstod, Krebserkrankung u. Ä.) die Frage nach dem Warum: »Warum ich?« »Warum mein (unschuldiges) Kind?« Darin findet die schmerzhafte Ungerechtigkeit Ausdruck, das Unerklärliche, dass manche Menschen derartiges Leid ertragen müssen, während andere scheinbar unbesorgt dahinleben. Eine individuelle Antwort auf diese Frage zu finden, ist eine große Herausforderung und ein wichtiger Schritt in der Bewältigung.

Eine weitere Möglichkeit, Krisen einzuteilen, ist die Unterscheidung zwischen normativen und nicht-normativen Krisen (Erikson 1973). Während unter normativen Krisen etwa Entwicklungskrisen, Geburt, Alter oder Tod verstanden werden, also Ereignisse, die als zum Leben gehörend gesehen werden können, die mehr oder weniger jeder Mensch durchlebt, fallen nicht-normative Krisen aus dem »Normalen« heraus. Dazu zählen traumatische Ereignisse, die die physische Existenz und Unversehrtheit beschädigen, wie (sexualisierte) Gewalt, Unfälle, Naturkatastrophen, plötzliche Todesfälle, Krieg, Flucht oder Vertreibung. Diese Ereignisse sind unvorhersehbar, plötzlich, sogenannte Schicksalsschläge und verändern das Leben von einer Sekunde auf die andere. Diese Ereignisse werden auch als kritische Lebensereignisse bezeichnet.

Eine ähnliche Unterscheidung ist jene in Veränderungskrisen (Caplan 1964) und traumatische Krisen (Cullberg 1978)....

Erscheint lt. Verlag 19.8.2023
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Angst • an Krisen wachsen • ausgebrannte Helfer • Gesprächsführung in Krisen • gesunde Helfer • Helfersyndrom • Hilfe in akuten Krisen • Kollektive Krisen • kollektives Trauma • Krisenhafte Zeiten • Krisenhilfe • Krisenintervention • Krisenverläufe • Menschen in Krisen unterstützen • Panik • Posttraumatisches Wachstum • Resilienz • Resilienzfaktoren • Sekundäre Traumatisierung • Traumatische Ereignisse
ISBN-10 3-608-12227-3 / 3608122273
ISBN-13 978-3-608-12227-5 / 9783608122275
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