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Der Hund als Spiegel des Menschen (eBook)

Spiegel-Bestseller
Behutsame Wege zur Traumaheilung
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
416 Seiten
Mosaik bei Goldmann (Verlag)
978-3-641-30211-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Hund als Spiegel des Menschen -  Maike Maja Nowak
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Das neue Buch von Maike Maja Nowak
»Für mich sind Hunde deshalb so wunderbare Lehrer, weil sie sich bei einem traumatisierten Artgenossen auf die Ressourcen beziehen, die evolutionär angelegt sind, um ein Trauma zu verarbeiten. Viele Menschen wissen nicht, dass sie diese unversehrte Kraft in ihrem Wesenskern ebenfalls in sich tragen. Sie damit wieder in Berührung und Verbindung zu bringen, ist mein Weg zur Heilung.«
Maike Maja Nowak

Bestseller-Autorin Maike Maja Nowak eröffnet uns in diesem Buch auf eine vollkommen neue Weise die Innenwelt von Menschen und Hunden. Mitreißend und fesselnd beschreibt sie ihren persönlichen Weg zur Traumaheilung, der vor dreißig Jahren begann und in dem auch ihre tiefe Verbindung zu Hunden begründet ist.

Aus zwanzig Jahren Seminararbeit erzählt sie uns von Carla, die bisher jede Therapie abbrach, von Carmen, die in einer spirituellen Blase gefangen schien, von Helen, bei der jede Emotion sofort überschwappte und vielen anderen Menschen, die nach Unterstützung suchten, um zu heilen. Sie erklärt die Innenwelt des Menschen in einer so einfachen Weise, das spürbar ist, wie tief sie diese durchdrungen hat.

Ein besonderer Schatz sind die vielen Heil- und Erkundungswerkzeuge - die Maja Nowak zur Selbstbegleitung wie auch für therapeutisch tätige Menschen zur Verfügung stellt.
Der Trailer zum Begleitkurs ist auf Maja Nowaks YouTube-Kanal hier zu finden.

Maike Maja Nowak, geboren 1961 in Leipzig, ist Autorin zahlreicher SPIEGEL-Bestseller zur Mensch-Hund-Kommunikation sowie zahlreicher Fachartikel und arbeitet als Trauma-Expertin, ist staatlich zugelassene Heilpraktikerin für Psychotherapie und zertifizierte Tiertherapeutin. Sie ist einem breiten Publikum durch die ZDF-Serie »Die Hundeflüsterin« bekannt. Maike Maja Nowak lebt in der Prignitz und in Schweden.
Weitere Infos auf: www.maike-maja-nowak.de

Entwurzelt


Ein Baum, der teilweise entwurzelt ist, wird instabil, und seine losgelösten Wurzeln können keine Nährstoffe mehr beziehen.

Mit einem Trauma verhält es sich ähnlich. Etwas in uns wird entwurzelt und ist nicht mehr mit der Seele verbunden. Diese isolierten Anteile sind dadurch auch nicht weiter von Lebensfreude, Vertrauen, Mitgefühl, Mut, Willen, Liebe und Zuversicht beseelt. Ihnen fehlt diese Versorgung, und eine schmerzhafte Leere entsteht. Auch wenn es keinen Wirkstoff gibt, der diesen (teilweisen) Seelenverlust ersetzen könnte, versuchen wir uns dennoch mit unzähligen Suchtmitteln zu (er)füllen. Essen, TV, Computer- und Smartphone, Alkohol und Drogen sind nur einige davon.

Ich selbst habe zweiundzwanzig Jahre lang den Rauch von Zigaretten inhaliert, um mich zu beruhigen, anzuregen, zu funktionieren und für einen Moment innerlich zu beheimaten. Dazu brauchte ich in diesen zweihundertvierundsechzig Monaten im Durchschnitt täglich dreißig Zigaretten, also 237.600 insgesamt. Die besänftigende Wirkung des Nikotins, die nach nur sieben Sekunden das Gehirn erreicht, ermöglichte es mir, nett zu bleiben, Dinge auszuhalten und mir etwas vorzumachen. Alles, was mir zu viel wurde, mich traurig machte, schmerzte, ängstigte, wütend stimmte und zutiefst beschämte, versuchte ich wegzurauchen.

Bereits als Kind fällt mir auf, dass ich häufig Worte sage, die das Gegenteil von dem ausdrücken, was ich fühle. So kann ich aussprechen: »Ja, es hat Spaß gemacht«, obwohl mein Körper starr vor Angst ist. Oder: »Du bist die liebste Mama der Welt!« – und eine bleierne Schwere liegt auf meiner Brust. Besonders im Umgang mit meiner Mutter beginne ich, Details auszulassen, die ihr vielleicht Angst, Wut, Scham oder Trauer bereiten könnten, weil die Folgen, die sich daraus ergeben, selten angenehm sind. Ihre Angst lähmt auch mich, ihre Wut reißt mich in einen Abgrund, ihre Scham beschämt mich, und ihre Trauer erfüllt mich mit Verzweiflung. Jede alarmierende Regung in ihrem Gesicht, jedes winzige, irritierte Blinzeln genügt, und ich wechsele die Erzählrichtung.

»Heute im Wald habe ich einen Eichenbaum mit einem Gesicht gesehen. Er steht hinter den vielen kleinen Birken …« Die Augen meiner Mutter weiten sich, denn ich verrate durch den Standort der Birken, dass ich unerlaubterweise tief im Unterholz gewesen bin. »… und man sieht ihn schon von Weitem, man muss gar nicht den Weg verlassen«, wandele ich meinen Bericht ab.

Mutter hasst es, wenn ich nicht die Wahrheit sage. In einer beängstigenden Verbissenheit verfolgt sie jede meiner Lügen, bis sie bloßgestellt ist. In diesem Fall geht sie mit mir noch am selben Tag zu der beschriebenen Stelle, weist vom Wegrand aus wortlos auf die dichten Sträucher, die sogar die Sicht auf die weit entfernten Birken versperren, geschweige denn einen Blick auf den Großvaterbaum ermöglichen, der noch dahinter steht. Den restlichen Tag über schweigt Mutter in einer Weise, als habe ich ihr eine weitere Lebenslast aufgebürdet. Es erzeugt ein Gefühl von Ausweglosigkeit in mir, die Abenteuer, die ich liebe, für ein Vergehen halten zu müssen. Mein Bedürfnis, Mutter zu schonen, kollidiert immer wieder mit dem Wunsch, mich ganz spontan auszudrücken.

Meine damals sehr junge Großmutter empfing Mutter 1938 unehelich. Zu dieser Zeit wurden Frauen dafür aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Zudem hinkte Großmutter wegen einer nicht ausgeheilten Kinderlähmung und wurde bereits dafür gehänselt. Auch meine Urgroßeltern drängten auf die Abgabe des Kindes, das meine Mutter war. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion übergab Großmutter ihr Baby der jüngeren Schwester meines Großvaters. Dessen Familie lebte auf dem Land in der Altmark. Mein Großvater fiel kurz darauf im Krieg.

Mutter wuchs auf dem Land auf, wissend, dass sie weggegeben worden war. »Ich war immer das fünfte Rad am Wagen« ist einer ihrer Standardsätze. Aus diesen Erfahrungen heraus entstammt vielleicht ihre Schlussfolgerung, sie müsse sich stets unglaubliche Mühe geben, um nach außen hin in allem perfekt zu wirken und sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Es ist, als bezahle sie damit die Eintrittskarte in eine Welt, zu der sie sich sonst nicht zugehörig fühlt. Doch Mutter bezahlt sie jeden Tag neu, mit unermüdlichem Fleiß und großer Aufopferung. Es bleibt selten Raum für Muße, für entspannte Freude oder Genuss.

Im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht Mutter alles, um mir eine gute Kindheit zu geben. Ich glaube, sie ist selbst bestürzt über ihre impulsiven Ausbrüche, die sich oft wie ein Abgrund unter ihr und mir auftun. Wenn sie mich als Kind schlägt, ist es, als schlüge sie auf etwas ein, das sie einfach nicht ertragen kann. Besonders versetzt es sie in Angst, wenn ich etwas tue, das aus der Reihe fällt und worüber andere negativ sprechen könnten. Für Mutter bedeutet, in der Masse unterzugehen, ein Gefühl von Sicherheit. So berühre ich als Kind offenbar viele Ängste in ihr mit meinen spontanen Ideen, die im Minutentakt aus mir herauskommen.

Mutter klagt häufig darüber, dass Vater das wenige Geld stets für teure Klamotten durchbringt, mit denen er zu glänzen sucht. Aus diesem Grund leben wir in meinen ersten Lebensjahren mit Möbeln vom Sperrmüll, für die sich Mutter so schämt, dass uns niemand besuchen darf. Mutter kümmert sich um den Haushalt, geht arbeiten, versorgt mich, versorgt meinen Vater und malert oft zusätzlich an den Wochenenden bei fremden Leuten, um uns über Wasser zu halten.

In dem Wunsch, sie zu unterstützen, will ich dem Beispiel eines Jungen aus einem gerade gesehenen Film folgen. Er hielt darin seine arme Familie mit Schuheputzen über Wasser. Mit meinen sechs Jahren kann ich nicht wissen, dass diese Tätigkeit nicht unbedingt übertragbar auf den sozialistischen Alltag ist. Ich spüre einfach eine tiefe Begeisterung, putze ich doch bereits die Schuhe für die ganze Familie und bin sozusagen Profi. Ich trage einen Stuhl, einen Hocker und unser gesamtes Schuhputzzeug die Treppen des Mietshauses hinunter und baue alles im Hinterhof auf. Mutter ist noch nicht von der Arbeit zurückgekehrt, und ich hoffe, sie käme auch nicht auf die Idee, mich im Hof zu suchen, weil ich sonst immer im Wald bin. Mit großem Stolz stelle ich ein handgemaltes Schild vor meine Schuhputzstation: Schuhputzen für 1 Mark. Dann setze ich mich auf den Hocker, der zum Abstellen der Füße vorgesehen ist, und warte. Lange geschieht nichts, und ich vertreibe mir die Zeit mit dem Beobachten zweier Spatzeneltern, die laut tschilpend aus einem breiten Spalt der maroden Häuserfassade fliegen, um nach kurzer Zeit wieder zurückzukehren. Zwischendurch fällt mein Blick immer wieder sehnsüchtig auf die Haustür, durch die sicher gleich ein Bewohner kommen wird, um seinen Müll wegzutragen oder etwas in den hinteren Garagen zu erledigen. Mein Herz klopft vor Freude und Begeisterung bis zum Hals bei der Vorstellung, Mutter am Abend Geld geben zu können, damit sie sich keine Sorgen mehr machen muss.

Eine Gardine im Hochparterre schiebt sich zur Seite, und das Gesicht eines Mannes taucht auf. Er öffnet das Fenster und fragt mit argwöhnisch zusammengekniffenen Augen: »Was treibst du denn hier?«

Ich recke meine magere Brust heraus und sage mit stolz erhobenem Kopf: »Ich putze Schuhe. Und es kostet nur eine Mark.« Dabei weise ich einladend auf den Stuhl hinter mir.

Der Mann schließt das Fenster, zieht die Gardine zurück, und ich mache mich bereit in der Annahme, er käme jetzt zu mir und ich könne seine Schuhe putzen. Ich habe den Lappen bereits in der Hand und wedele ihn ungeduldig durch die Luft. Warum dauert es so lange? Sucht er vielleicht ganz viele Schuhe zusammen? Das wäre toll. Ich würde dann mehrere Mark auf einmal verdienen! Wie würde Mutter überrascht sein!

Vor Schreck und Erstaunen fahre ich jäh zusammen, als sich die Haustür öffnet und der Mann gefolgt von meiner Mutter in den Hof kommt, die mit heller, aufgeregter Stimme seine Beschimpfungen zu beschwichtigen sucht. »Sie ist doch noch ein Kind …«

Maja, 6 Jahre

»Eben, Kinderarbeit. Sind wir hier im Kapitalismus?! Wo leben wir denn. Ich werde Sie der Partei melden!«

»Aber ich habe es doch gar nicht gewusst …« Ein Flehen ist in die Stimme meiner Mutter getreten.

»Sie sind die Erziehungsberechtigte, Sie müssen Bescheid wissen und das unterbinden! So etwas darf nicht passieren!«

Instinktiv kauere ich mich zusammen und halte die Luft an, wie um mich unsichtbar zu machen. Es ist mir unbegreiflich, dass meine gut gemeinte Idee für eine solche Reaktion sorgt, und ich hoffte auf den Wider- und Beistand meiner Mutter. Diese reißt mich mit hochrotem Gesicht vom Hocker hoch, weist mit einem auffordernden Nicken darauf und schnappt sich überhastet und fahrig den Stuhl und das Schuhputzzeug. Ich folge ihr mit dem Hocker in unsere Wohnung. Dort versucht sie, sich zu beruhigen. Ihre zitternden Hände umkrampfen den Stuhl, ihr Blick irrt hilflos umher, und ihre Todesangst, ausgelöst durch den Tadel und die harsche Beurteilung des Mannes, steht wie eine flirrende Säule zwischen ihr und mir. Es ist offenbar lebensgefährlich, etwas zu tun, das anderen nicht gefällt.

Bei einem Ereignis in der Schule wird diese Annahme für mich zur Gewissheit. Man kann andere mit dem eigenen Verhalten nicht nur verärgern, sondern auch abstoßen und Gefahr laufen, nicht mehr dazuzugehören.

In einer Pause erzähle ich meinen Mitschülern und Mitschülerinnen von einer Filmszene aus einem Indianerfilm3 und reite dazu auf einem imaginären Pferd durch das Klassenzimmer. Begeistert schwinge ich...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2023
Zusatzinfo Mit zahlreichen s/w-Abbildungen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte 2023 • Bestseller • Beziehung • Das Kind in dir muss Heimat finden • eBooks • Einsamkeit • Familie • Familienaufstellung • Frühkindliche Prägung • Inneres Kind • Kindheitstrauma • Konfliktlösung • Neuerscheinung • Partnerschaft • Problemlösung • Psyche • Schicksalsschläge • Selbstheilung • Spiegel Bestseller Autorin • Stefanie Stahl • Tiergestützte Therapie • Traumatherapie • Vergangenheitsbewältigung
ISBN-10 3-641-30211-0 / 3641302110
ISBN-13 978-3-641-30211-5 / 9783641302115
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