Der Mensch - Humanistische Moralphilosophie (eBook)
328 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-6465-0 (ISBN)
Humanistische Philosophie – Ethik und Moral (von Augusto Guzzo) 1
I. Vorwort zur ersten Auflage von 1950
[V] Aus Anlass der Drucklegung dieses zweiten Bandes von "L'uomo" verspüren wir vornehmlich den Wunsch, jedem geneigten Leser unseren Dank auszusprechen, der seine Aufmerksamkeit dem ersten Band "L'io e la ragione" hat zukommen lassen. Darunter befinden sich auch gelehrte und erfahrene, kluge Leute, die in manchen Zeitschriften darüber berichtet haben – fast ausschliesslich nur in Italien, aber auch in einigen ausländischen Fachzeitschriften –, während andere, jüngere und bescheidenere Leute die Schrift, das sie meist in Bibliotheken gefunden haben, einfach nur gelesen und unter Freunden darüber gesprochen haben. Aber von seiten dieser zweiten Leser ist uns kein geringerer Trost zuteil geworden, als von den Kritikern, die verbreitetere Beachtung gefunden haben, und aus diesem Leserkreis haben wir diejenigen aufrichtig reservierten Rückmeldungen am meisten gemocht und geschätzt, die ihren Vorbehalt dadurch geäussert haben, dass sie sich noch nicht darüber aussprechen könnten und die offen erklärt haben, dass sie erst einmal die folgenden Bände des Gesamtwerks abwarten wollten.
Damit liegt er nun aber vor, der zweite Band dieses Grundlagenwerks, der aber aufgrund des darin enthaltenen umfänglichen Materials nicht wie schon der erste Band beim Verlag Morcelliana in Brescia hat erscheinen können. Aber auch die beiden nunmehr vorliegenden Bände vermögen den wichtigsten und bedeutendsten Hauptteil des Gesamtwerks nicht annähernd zu erschöpfen, da die weiteren vier Bände alles andere als ergänzende oder vertiefende Aspekte enthalten.2 Immerhin könnte die unseres Erachtens unhaltbare althergekommene Überlieferungstradition, die viele philosophischen Denker dazu geführt hat, ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Theorie und Praxis, sowie auf ihr Verhältnis zu richten, in den nunmehr vorliegenden beiden Bänden erste Antworten, Lösungsansätze finden, die ihrer Ansicht nach schon ausreichen erachtet werden.
Unsere Auffassung in dieser Frage fällt jedoch anders aus. In unserem Entwurf des Gesamtwerks, im Band "L'io e la ragione", findet sich eine präliminarische Kritik dieser Sichtweise, die nun im ersten Teil des zweiten Bandes über "La moralità" fortgeführt, erklärt und vertieft wird, indem sie andere Gesichtspunkte in den Vordergrund rückt. Erst in den weiteren Teilen des nun vorliegenden Bandes über "Ethik und Moral" hebt eine analytische Untersuchung der menschlichen Aktivitäten an – vorausgesetzt dass der Mensch ohne die Grundoption für Ethik und Moral garkeine eigentlich wesensgemäss menschlichen Aktivitäten zu entwickeln und zu entfalten vermag, da dieses schöpferische Werkschaffen seine Form und Gestalt, aber auch seine Gegenstände, seine Inhalte und Gehalte erst durch diese Aktivitäten des Menschen zugewiesen erhält –, dies ausgehend von den Strukturen der menschlichen Gemeinschaft, die das menschliche Zusammenleben in einem Kollektiv betreffen (die "Gerechtigkeit"), und im Hinblick auf diejenigen Ordnungsstrukturen, von denen eine Transzendierung dieses organisierten Gemeinschaftslebens ausgeht, und die auf eine reine Innerlichkeit hinauslaufen können, da sie jedenfalls den Eigenwert dieses Innenlebens geltend machen und diesen innersten Wesenskern des Menschen über die äusserliche Gesellschaft, über das öffentliche Kollektiv stellen (die "karitative Liebe").
Aber auch wenn das öffentliche Leben in Gemeinschaft und der Rückzug des individuellen Lebens in die Innerlichkeit die beiden bezeichnendsten Züge ausmachen und unter den menschlichen Strebungen die auffallendsten sind, darf man die weiteren Aspekte nicht als sekundär erachten (so die Argumentation in den ausstehenden weiteren vier Bänden), denn wenn man bedenkt, welche Stellung der Wissenschaft zukommt, die sich nicht erschöpft in der praktischen Lebensführung, im sittlichen, ethisch-moralisch geprägten Leben, das im vorliegenden Band untersucht wird. Auch die Künste leisten nicht einfach nur eine Erhebung des Menschen (und das allein wäre schon eine bedeutsame Leistung), vielmehr hat sich der kunstschaffende Mensch all das, was er in der Folge ins Werk setzen gedenkt, zunächst einmal "vorzustellen", hat das von seinen Aktivitäten ins Werk Gesetzte zuerst "auszudenken", sodass die ästhetische Urteilskraft als ein Vorstellungsvermögen tief im Innersten der vordem studierten Aktivitäten verankert liegt, und deshalb auch gesondert in einem eigenen Band eigens untersucht zu werden verdient. Es bedarf schliesslich nicht ausführlicher Worte, um zu herauszustellen, dass auch wenn Ethik und Moral dazu neigen, sich auf unterschiedlichen Wegen zur Religion, zur Religiosität zu erheben, der religiöse Glaube einer gebührenden Behandlung bedarf, die nicht nur kurz und bündig, oder nur episodisch auszufallen hat. Und endlich ist auch das philosophische Denken selber, die Philosophie, wie sie in all diesen Bänden ins Werk gesetzt worden ist und noch werden wird, im Recht, aber auch in die Pflicht genommen, sich selber ex professo zum Untersuchungsgegenstand zu erheben.
Auf diese Weise erweisen sich die weiteren, später folgenden Bände des Fortsetzungswerks als unerlässlich, unverzichtbar, als ebenso dringlich für das Gesamtwerk, wie es schon die beiden ersten Bände sind, auch wenn diese schon viel mehr als einen bloss oberflächlichen Eindruck davon zu vermitteln vermögen, insbesondere wenn man für die Beurteilung den zugrundeliegenden Entwurf des Ganzen im Auge behält, und so gewahr wird, dass die Gegenstände der nachfolgenden Bände teils bereits angedeutet werden, teils darauf voraus verwiesen wird, ganz besonders etwa in den Kapiteln über die "Vermögen, Ausprägungen und Aktivitäten des menschlichen Geisteslebens" – die aufgrund ihrer Komplexität des Gegenstands, aber auch infolge der einzunehmenden Aufgabe innerhalb der Denkökonomie des Gesamtwerks, [VI] und nicht einfach nur im Sinn einer Horizonterweiterung – als Grundlage für die noch ausstehenden, restlichen Teile des Ganzen fungieren.
Auch der zweite Band "La moralità" ist in zwei Teile untergliedert, wie schon der erste Band "L'io e la ragione", die aber diesmal sehr unausgeglichen ausgefallen sind, nämlich in eine fortlaufende Theorie und in eine Zusammenführung der Diskussion und Begründung, wobei die letzteren in diesem Fall anders als beim ersten Band in der Absicht verfasst worden sind, einen Bezug zu schaffen, eine Brücke zu schlagen zu Systemen der Philosophie, zu philosophischen Theoriebildungen, die verbreitet bekannt sind, um die Standpunkte zu diskutieren und mittels kritischer Argumentation dahin zu gelangen, die von uns vorgeschlagenen Propositionen eingehender zu begründen. Dabei handelt es sich viel eher schon um besondere weiterführende Argumente, oder aber um den geistesgeschichtlichen Hintergrund einer bekannten Fragestellung, so bei "Form und Materie von Ethik und Moral", oder auch um grundlegende "Debatten", die dazu dienen mögen, die Vorstellung von "Formen" und "Ausprägungen", beziehungsweise von "Stufen" des Geisteslebens, wie sie zur Wesensnatur des menschlichen Geistes dazugehören sollen, zu ersetzen durch eine Konzeption von Aktivitäten, die vom menschlichen Geist schöpferisch hervorgebracht werden, und diesen Perspektivenwechsel einlässlicher zu begründen.
Wenn wir im vorliegenden Band die Unterscheidung treffen zwischen einem grundlegenden Teil, der die Grundlegung der ethisch-moralischen konzeptuellen Begriffsbildung enthält, und mehreren Teilen, worin die phänomenologisch verfahrende, analytische Untersuchung der Grundstruktur des kollektiven menschlichen Zusammenlebens und des Rückzugs der einzelnen Menschenseele in die "Innerlichkeit" von Ethik und Moral enthalten sind, so ist für uns die Darstellung der Grundlagen durchaus nicht neu ausgefallen. Da sind die folgenden Texte zu erwähnen: einmal eine Skizze aus dem Jahr 1914, die durchdacht, aber nur im Geist abgefasst worden ist, bis zu einer Vorlesungsreihe über Ethik und Moralphilosophie im akademischen Jahr 1921;3 ausgehend von dem, was sich im Einzelnen auf die Ethiken in den Schriften von BARUCH DE SPINOZA, von IMMANUEL KANT, von PLATON, sowie von AURELIUS AUGUSTINUS bezieht, bis zu den eigentlichen moralphilosophischen Problemstellungen, wie sie von uns in der Schrift über die "Apologia dell'idealismo" und über "Giudizio e azione" dargelegt worden sind; von den gesammelten Abhandlungen der Jahre zwischen 1930 und 1935, die in der Folge in den beiden Sammelbänden unter dem Titel "Idealismo e Cristianiesimo" erschienen sind, bis zur systematisch geschlosseneren Darstellung in den beiden Bänden von "Sic vos non vobis"; ausgehend von einem Kapitel über die ethisch-moralische Erfahrung in einem Band über "Filosofia e esperienza", bis hin zu Textstellen in "La filosofia domani"; zusammenfassend können wir dazu behaupten, dass die moralphilosophischen Fragen uns seit Jahrzehnten immer klar und deutlich vor Augen gestanden hat, und so ist es...
Erscheint lt. Verlag | 27.2.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Geschichte der Philosophie |
ISBN-10 | 3-7562-6465-3 / 3756264653 |
ISBN-13 | 978-3-7562-6465-0 / 9783756264650 |
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