Demokratie
marix Verlag
978-3-7374-1213-1 (ISBN)
Volker Eichener, geboren 1959, ist Sozialwissenschaftler, promovierte 1988 und habilitierte sich 1997. Er arbeitet seit 1999 als Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule Düsseldorf. Er war Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, hielt Gastvorträge u. a. am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, an der University of California Los Angeles, an der Kanagawa-Universität Yokohama. Seine Bibliographie umfasst ca. 300 wissenschaftliche Veröffentlichungen.
1. »Es gab niemals eine Demokratie, die nicht Selbstmord begangen hätte«; 2. Die Erzählung der Demokratie; 2.1 Formen der Willensbildung in politischen Gemeinschaften; 2.2 Naturwüchsige Formen der politischen Willensbildung in Urgemeinschaften; 2.3 Die Geburt der Demokratie in der Antike¸2.4 Die Theorie der komplexen Demokratie in der griechischen Antike; 2.5 Der Tod der Demokratie und ihre Wiedergeburt in den mittelalterlichen Städten und Reichen Europa; 3. Mehr als Wählen: Die Grundelemente der Demokratie; 3.1 Der Gesellschaftsvertrag: Die Produktion des Gemeinwohls; 3.2 Wider die Tyrannei der Mehrheit: Die Menschenrechte; 3.3 Die Gedanken sind frei: Freiheit von Meinung, Kunst und Wissenschaft; 3.4 Gegen Machtkonzentration und Machtmissbrauch: Die mehrdimensionale Gewaltenteilung; 3.5 Repräsentative Demokratie und beschränktes Mehrheitsprinzip; 3.6 Bollwerk gegen populistische Politik: Der Beitrag des Berufsbeamtentums zur Teilung der Gewalten; 3.7 Lobbyismus oder Pluralismus? Organisierte Interessen als Kanal der Interessenvertretung; 3.8 Die Bausteine der komplexen Demokratie; 4. Wie Demokratien sterben; 4.1 Mord oder Selbstmord?; 4.2 Demokratiemüdigkeit als Nährboden für Populismus; 4.3 Charismatiker und Psychopathen: Die Faszination der autokratischen Persönlichkeit; 4.4 Verlockende Autokratie: Warum Menschen immer wieder auf Autokraten hereinfallen; 4.5 Die Logik der Autokratie. Oder: Wie man ein Autokrat wird und es (eine Zeit lang) bleibt; 5. Herausforderung Globalisierung: Die Demokratisierung der Welt; 5.1 Der »political lag«; 5.2 Ernüchterung und Realismus; 5.3 Trotz allem: Chancen für eine globale Demokratisierung; 6. Die Digitalisierung beim Schopfe packen: Demokratische Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter; 6.1 Brauchen wir eine öffentliche »Deliberation«?; 6.2 Digitale Filterblasen und Echokammern?; 6.3 Die Kultur des Lügens; 7. Die Weiterentwicklung der Demokratie im 21. Jahrhundert; 7.1 Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Ungeeignete Rezepte; 7.2 Dem Kontrollverlust in einer komplexen Welt entgegenwirken: Foren bürgerschaftlicher Partizipation; 7.3 Die Demokratie verteidigen; 7.4 Die Demokratie leben
Es gibt Menschen, die glauben nicht daran, dass ein neues Virus namens severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) eine schwere, lebensgefährliche Krankheit verursachen kann. Es gibt Menschen, die bezweifeln wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Impfungen gegen schwere Krankheitsverläufe schützen können. Es gibt Menschen, die glauben daran, dass die Kondensstreifen von Flugzeugen Chemikalien enthalten, mit denen die Menschheit vergiftet werden soll (»Chemtrails«). Es gibt Menschen, die glauben, dass hochrangige Spitzenpolitiker:innen einen Kinderhändlerring betreiben und dass Illuminati die Welt regieren (»QAnon«). Es gibt Menschen, die glauben, dass Spitzenpolitiker:innen in aller Welt in Wirklichkeit Reptiloide seien oder von Reptiloiden aus dem Weltraum (Aldebaran) ferngesteuert würden. Es gibt Menschen, die glauben, dass die Mainstream-Medien grundsätzlich die Unwahrheit verbreiten (»Lügenpresse«), dass alle offiziellen Statistiken gefälscht seien und dass in der Öffentlichkeit bekannte Wissenschaftler:innen gekauft seien, um die Bevölkerung zu manipulieren. Diese Menschen glauben, dass unsere Demokratie keine wirkliche Demokratie sei, weil es keine Meinungsfreiheit gebe. Und es gebe keine Meinungsfreiheit, weil Mainstream-Medien einseitig seien und alternative Expert:innen nicht zu Wort kommen ließen, weil die Medien die Verschwörungstheoretiker:innen und Querdenker:innen diffamierend und verzerrend darstellten, weil Medien und Regierung Ängste schürten und weil bestimmte Soziale Medien wie Youtube, Twitter oder Facebook ihre Posts und ihre Kanäle sperren, sodass sie sich alternative Medien wie Telegram suchen müssen (Frei/Nachtwey 2021: 19 ff.). Verschwörungstheoretiker:innen und Querdenker:innen gelten als demokratiegefährdend, weil ihr Vertrauen in das politische System und in staatliche Institutionen verlorengegangen ist, weil sie antidemokratische, populistische Parteien wählen, weil sie mitunter zivilen Ungehorsam leisten und weil sie möglicherweise sogar gewalttätig werden könnten (wie sich bei einzelnen Demonstrationen andeutet). Die Schuldigen für das Aufkommen von Verschwörungstheorien und Querdenkertum sind schnell ausgemacht. Für Jürgen Habermas, den prominenten Staatsphilosophen, ist es ein »erneuter Strukturwandel der politischen Öffentlichkeit«, weil einerseits die traditionellen Zeitungsverlage ihre Leserschaft verlieren und sich andererseits »bei exklusiven Nutzern Sozialer Medien eine Weise der halböffentlichen, fragmentierten und in sich kreisenden Kommunikation« verbreitet, »die deren Wahrnehmung von politischer Öffentlichkeit als solcher deformiert« (Habermas 2021: 471). Es ist also die Digitalisierung, die die Demokratie gefährdet! Das klingt ein bisschen nostalgisch. Wie war das denn in der Frühzeit der Demokratie? Haben im alten Athen nicht die Männer auf dem Pnyx-Hügel miteinander diskutiert, bis sich eine Mehrheit für eine Lösung fand? Und in den mittelalterlichen Städten, gab es da nicht einen Austausch von Meinungen auf dem Markt, der die Beschlüsse der Ratsversammlung vorbereitet hat? Und war nicht die moderne Demokratie des 20. Jahrhunderts geprägt von der veröffentlichten Meinung, die in Tageszeitungen und Wochenzeitschriften zum Ausdruck gebracht wurde? Für Habermas sind diese Arten von Öffentlichkeit so wichtig gewesen, weil er nicht die Demokratie analysiert, wie sie real stattfindet, sondern weil er ein normatives Idealbild der Demokratie konstruiert, das eine maximale Legitimation aufweisen soll (Habermas 2021: 476). Er nennt dieses Idealbild »deliberative Demokratie«, nach dem altrömischen Rechsbegriff deliberatio, der »Beratung« bedeutet, und beschreibt die deliberativ-demokratische Willensbildung mit folgenden Worten:
Erscheinungsdatum | 23.03.2023 |
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Reihe/Serie | Neue Reihe Sachbuch ; 8 |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Maße | 140 x 210 mm |
Gewicht | 566 g |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Allgemeine Geschichte | |
Schlagworte | Antike • Aristoteles • Aufklärung • Autokratie • Gesellschaftsvertrag • Gewaltenteilung • Globalisierung • Immanuel Kant • Jean-Jacques Rousseau • John Locke • Lobbyismus • Mehrheitsprinzip • Menschenrechte • Mittelalter • Monarchie • Montesquieu • Parlament • Pluralismus • Populismus • Renaissance • Repräsentation • Staat • Thomas Hobbes • Tyrannei • Verfassungsgeschichte • Wahlen • Willensbildung • William von Ockham |
ISBN-10 | 3-7374-1213-8 / 3737412138 |
ISBN-13 | 978-3-7374-1213-1 / 9783737412131 |
Zustand | Neuware |
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