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Die Lehren des Talmud (eBook)

Rabbinische Weisheit für Alltag und Leben
eBook Download: EPUB
2023
224 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
978-3-641-29527-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Lehren des Talmud - Jehoschua Ahrens
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Jüdische Weisheit für ein wacheres Leben
Für das Leben klare Regeln, aber auch eine große Vielstimmigkeit an Meinungen und eine plurale religiöse Praxis, die immer wieder undogmatisch auf die einzelnen Menschen und ihre Lebenssituationen Bezug nimmt - das ist es, was jüdische Lebensweisheit so anziehend macht. Zusammengefasst ist sie im Talmud, dem Buch, in dem die jüdischen Weisen die 613 Gebote, die Gott den Menschen gab, für den Alltag auslegten, um ein erfülltes und zufriedenes Leben führen zu können. Wie das aussieht und heute noch aussehen kann, zeigen die Texte dieses Buches. Ob es um Essen oder Trinken, Partnerschaft und Familie, Geld, Gesundheit oder die Frage, wie man weise wird, geht: Stets zeigen die Texte, wie man dem Leben etwas wacher, etwas tiefsinniger und mit heiterer Erwartung begegnen kann. Und nebenbei erfährt man jede Menge über jüdische Religion und Kultur.

Jehoschua Ahrens, Dr. phil., geb. 1978, Studium der Judaistik in Ramat Gan, Budapest und Cambridge. Promotion und Habilitation (Verfahren eröffnet) in Luzern, Ordination zum orthodoxen Rabbiner in Israel; Research Fellow an der Universität Salzburg und Director Central Europe des Center for Jewish-Christian Understanding and Cooperation; davor Gemeinderabbiner in Sofia, Zürich, Düsseldorf und Darmstadt; Päpstliche Medaille von Papst Franziskus, R.-Chaim-Kossowsky Award for Academic Excellence, Bar Ilan; Mitinitiator und Autor der Orthodoxen Rabbinischen Erklärung zum Christentum 2015; zahlreiche Veröffentlichungen und regelmäßiger Gast in Radio und Fernsehen.

FEIERTAGE

Der fünfte Becher am Sederabend: Woher der Brauch des Kos Elijahu kommt

Jehoschua Ahrens

Für uns ist es heute ganz selbstverständlich, dass wir am Sederabend einen zusätzlichen, fünften Becher Wein auf unserem Pessachtisch haben, den Kos Elijahu, den Becher für Elijahu, den Propheten. Woher kommt dieser Brauch, und was machen wir eigentlich mit diesem Becher und dem Wein darin?

Tatsächlich lesen wir dazu nichts in der Mischna. Dort heißt es im Talmud-Traktat Pessachim 117b: »Man schenke ihm den dritten Becher ein, und er spricht den Segen über das Mahl, alsdann den vierten, und er liest das Loblied zu Ende und spricht den Segen über das Lied. Zwischen jenen Bechern darf man, wenn man will, (noch außerdem) trinken, nicht aber zwischen dem dritten und dem vierten (Becher).« In der Mischna wird also kein fünfter Becher erwähnt. In der talmudischen Diskussion heißt es allerdings wenig später: »Die Rabbanan lehrten: Mit dem fünften Becher beendet man das Große Loblied, so Rabbi Tarphon. Manche sagen, man sagt stattdessen den Psalm 23 ›der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln‹.«

Anschließend diskutieren die Rabbiner, was genau das Große Loblied (Hallel Hagadol) sei – niemand widerspricht allerdings, dass es einen fünften Becher geben soll. Es ist interessant, dass üblicherweise in den Talmud-Übersetzungen die genannte Barajta anders wiedergegeben wird: Der fünfte Becher fehlt. Bei den meisten Rischonim wird er jedoch zitiert. Liegt dem ein Fehler oder vielleicht eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Tannaim zugrunde? So sehen es manche mittelalterlichen Kommentatoren. Der Ra’awad zum Beispiel meint, dass Rabbi Tarphon die vier Becher in der Mischna ablehne und für einen fünften spreche. Trotzdem gibt es nur vier Becher, denn die Halacha ist eben gemäß der Mischna.

Dem widerspricht der Ramban. Er sieht keinen Disput zwischen den beiden Meinungen. Für ihn ergänzt Rabbi Tarphon lediglich die Mischna um die Möglichkeit eines fünften Bechers, wenn das Große Loblied gesagt wird. Wenn jemand mehr als vier Becher Wein trinke, so der Ramban, sähe es so aus, als begänne er einen zweiten Seder – es sei denn, er sage das Große Loblied und zeige damit an, dass er den Seder einfach erweitere.

Aber darf ich den Seder einfach so um einen fünften Becher Wein und das Hallel Hagadol erweitern? Der Rosch ist ganz klar dagegen. Er verbietet mehr als vier Becher Wein, weil man in der Pessachnacht verpflichtet sei, die Geschichte vom Auszug aus Ägypten zu erzählen und über Pessach zu lernen. Wenn wir nun zu viel trinken, dann könnten wir müde werden und schlafen. Der Ran sieht dies ganz anders: Wer möchte, könne mehr Wein trinken. Es sei sogar eine Mizwa min hamuwchar, d.h. die Ausführung des Gebotes in der bestmöglichen Art und Weise, einen fünften Becher Wein zu trinken und das Große Loblied zu rezitieren. Die Frage ist natürlich, ob der fünfte Becher Wein überhaupt zum Trinken gedacht ist. Tatsächlich haben das alle Rischonim so verstanden. Der Rambam zum Beispiel setzt »einschenken« automatisch mit »trinken« gleich. So wie der vierte Becher eingeschenkt und danach auch getrunken wird, so soll – optional – der fünfte Becher getrunken werden. Die Achronim aber sehen das anders. Rabbiner Jacob Joseph Reischer erwähnt zum ersten Mal in seinem Kommentar zum Schulchan Aruch, Chok Ja’akov, dass ein zusätzlicher Becher eingeschenkt, aber nicht getrunken werden solle – und er heißt Kos Elijahu. Einige zeitgenössische Rabbiner, wie Menachem Mendel Kasher, meinen, man solle den fünften Becher während des Seders trinken, so wie es auch im Schulchan Aruch stehe. Andere, wie Rabbiner Dow Lior, empfehlen hingegen, den Wein des fünften Bechers am Ende des Seders wieder zurück in die Flasche zu gießen oder für den Kiddusch des nächsten Tages zu verwenden.

Die erste Konvertitin: Warum wir an Schawuot das Buch Ruth lesen

Jehoschua Ahrens

Der Talmud gibt wieder, wie die Rabbiner und ihre Schüler in den ersten fünf Jahrhunderten unserer Zeitrechnung über die Tora diskutierten. Entsprechend selten kommen Frauen darin vor. Manchmal sind es aber gerade Frauen, die wichtige Grundlagen der religiösen Praxis mitgestalten. Das können zeitgenössische Frauen sein wie die Haushälterin von Rabbi Jehuda HaNassi, die uns einen wichtigen Grundsatz der Medizinethik lehrt, und manchmal sind es biblische Figuren. Dazu zählen Hannah, die das theoretische Fundament unserer heutigen Gebetspraxis legt, aber auch eine der Hauptpersonen von Schawuot: Ruth.

Schawuot ist unter anderem das Fest von Matan Tora, der Übergabe der Tora an die Israeliten. Das Buch Ruth lesen wir auch deshalb an Schawuot, weil so, wie wir als jüdisches Volk die Tora akzeptiert haben, auch Ruth die Tora und ihre Gebote annimmt. Ruth schafft damit einen wichtigen Präzedenzfall für den Übertritt zum Judentum. In Talmud-Traktat Jewamot 47a lesen wir über den Giur, die Konversion: »Die Rabbanan lehrten: Wenn jemand in der Jetztzeit Proselyt werden will, so spreche man zu ihm: ›Was veranlasst dich, Proselyt zu werden? Weißt du denn nicht, dass die Israeliten in der Jetztzeit gequält, gestoßen, gedemütigt und gerupft werden und Leiden über sie kommen?‹ Wenn er sagt, er wisse das und sei dessen gar nicht würdig, so nehme man ihn sofort auf.« Anschließend soll man ihn noch einige leichte und schwere Gebote lehren und darauf hinweisen, dass man bei Einhaltung der Gebote seinen Lohn und bei Übertretung der Gesetze seine Strafe erhält. Der Talmud fährt fort: »Jedoch (rede man) auf ihn nicht zu viel ein und nehme es mit ihm nicht allzu genau. Ist er einverstanden, so beschneide man ihn sofort … Und gleich nach seiner Genesung lasse man ihn (in einer Mikwe) untertauchen.« Eine Frau müsse nur in die Mikwe, erklärt der Talmud später.

Es stellt sich die Frage, warum man einem Übertrittskandidaten nicht besonders viel über das Judentum erklären muss und es auch sonst keine größeren Anforderungen an ihn gibt. Rabbi Elasar fragte spezifisch nach einem Schriftvers, der dieses Prozedere untermauere. Der Talmud bringt nun ein Gespräch zwischen Ruth und ihrer Schwiegermutter Naomi als Präzedenzfall. Nachdem ihr Mann und ihre Söhne gestorben sind, kehrt Naomi wieder zurück nach Israel. Sie fordert ihre beiden Schwiegertöchter auf, in ihrer Heimat Moab zu bleiben. Doch während die eine der Aufforderung nachkommt, bleibt Ruth bei ihrer Schwiegermutter und hält eine der beeindruckendsten Ansprachen des gesamten Tanach: »Wo du hingehst, da will auch ich hingehen; wo du übernachtest, da übernachte ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will auch ich begraben werden«. Überraschenderweise heißt es darauf im Buch Ruth: »Als sie (Naomi) nun sah, dass sie (Ruth) fest darauf beharrte, mit ihr zu gehen, hörte sie auf, mit ihr zu reden.«

Naomi bleibt sprachlos? Für die Rabbiner ein klarer Hinweis, dass hier mehr dahintersteckt, eine weitere Ebene des Textverständnisses. Für sie war Ruths Rede kein Monolog, sondern ein Dialog mit Naomi: »Sie (Naomi) hatte zu ihr (Ruth) gesagt: ›Uns ist eine Schabbatgrenze (bezüglich des Laufens) gesetzt.‹ – ›Wo du hingehst, da will ich auch hingehen.‹ – ›Uns ist das Beisammensein (mit einem einzelnen Mann) verboten.‹ – ›Wo du übernachtest, da übernachte ich auch. – ›Uns sind 613 Gebote auferlegt.‹ – ›Dein Volk ist mein Volk.‹ – ›Uns ist der Götzendienst verboten.‹ – ›Dein Gott ist mein Gott.‹ – ›Vier Todesarten sind dem Gericht überwiesen worden.‹ – ›Wo du stirbst, da sterbe ich auch.‹ – ›Zwei Grabstätten sind dem Gericht überwiesen worden. – ›Da will ich auch begraben werden.‹«

Dieses Bekenntnis zum Judentum und seinen Geboten ist nicht nur für Übertritte relevant. Mit ihrer Hingabe zu unserer Tradition ist Ruth ein Beispiel für uns alle.

Der Schall der Trompete: Von lauten Klängen im Tempel zu Rosch Haschana

Netanel Olhoeft

»An Rosch Haschana spielt das Schofar länger als die Trompeten, da das Gebot des Tages das des Schofars ist. An Fasttagen aber wird das Schofar kürzer geblasen als die Trompeten, da das Gebot des Tages das der Trompeten ist.« So lesen wir im Talmud-Traktat Rosch Haschana 26b.

Den Reue erzeugenden Stoßtönen des Schofars, dem archaischen Instrument des Widderhorns, lauschen wir von Jahr zu Jahr aufs Neue. Doch den metallenen Trompeten, hebräisch »Chazozerot«, von denen in den Quellen der Tradition ausführlich berichtet wird, begegnet man seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem nicht mehr. Tatsächlich nehmen die aus Silber gefertigten Trompeten des Stiftszelts in der Tora aber einen nicht unbedeutenden Platz ein: »Und der Ewige sprach zu Mosche: Mache dir zwei silberne Trompeten, gehämmert mache sie, und sie seien dir, um die Gemeinschaft zusammenzurufen und um die Lager in Bewegung zu setzen.«

Neben dieser eher logistischen Funktion gibt die Tora auch noch einen weiteren, vielleicht bedeutsameren Gebrauchsgrund der Trompeten vor: Die silbernen Chazozerot dienen dem »Sikaron«, dem Erinnert- und Bedachtwerden vor Gott. So stellt die Tora in Aussicht, dass, wenn das jüdische Volk diese Trompeten in Notsituationen und über ihren Tempelopfern erklingen lasse, ihre Gebete wirkmächtiger erhört würden. Doch wie ist dies gemeint?

Das Prinzip des Sikaron begegnet uns auch anderswo in einem ähnlichen Kontext. Über den Hohepriester heißt es, dass er an seinem »Me’il«, einem seiner acht Kleidungsstücke, Glocken anbringen musste, »auf dass...

Erscheint lt. Verlag 29.3.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
Schlagworte 2023 • Der Talmud • eBooks • Gott • Jesus • Jom Kippur • Judenlehre • Judentum • jüdische Festtage • Jüdische Kultur • jüdische Lebensregeln • jüdische Schriften • Jüdisches Denken • Jüdisches Leben • Jüdische Spiritualität • Kabbalah • Neuerscheinung • Rabbi Jakob • Seelen • Sein Leben ordnen • Talmud • Talmudtexte • Tora • Torah
ISBN-10 3-641-29527-0 / 3641295270
ISBN-13 978-3-641-29527-1 / 9783641295271
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