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Wer sind wir? Ein philosophisches Lesebuch. Die abendländische Philosophie von Aristoteles bis Wittgenstein (eBook)

eBook Download: EPUB
2022
704 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-29758-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer sind wir? Ein philosophisches Lesebuch. Die abendländische Philosophie von Aristoteles bis Wittgenstein - Daniela Zimmermann
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Wer eintauchen möchte in den Kosmos der abendländischen Philosophie, steht vor den immer gleichen Fragen: Was soll ich lesen? Welche Autoren und Werke sind wichtig? Dieses Lesebuch präsentiert die einflussreichsten Denker und ihre bedeutendsten Texte in einer Auswahl, die ein getreues Bild von der Kraft des menschlichen Geistes zeichnet: von den Vorsokratikern über die Denker des Mittelalters bis hin zu den philosophischen Theorien des 20. Jahrhunderts. Ein einleitender Überblick und ausführliche Porträts zu allen 30 Philosophen schaffen zusätzlich Orientierung.

Daniela Zimmermann ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Philosophin. Sie arbeitete viele Jahre am Institute of Germanic Studies an der Universität London und unterrichtete deutsche Sprache und Literatur. Jetzt lebt sie als freie Autorin mit ihrer Familie in der Schweiz am Genfer See.

Einleitung

»Denn dies ist in erster Linie die Leidenschaft des Philosophen, sich zu wundern. Es gibt keinen anderen Anfang und Grundsatz der Philosophie als diesen.«

Mit diesen wenigen Worten hat Platon in seinem Dialog Theaitetos seinen Lehrer Sokrates definieren lassen, was einen Philosophen ausmacht: Er ist jemand, der noch Staunen kann.

Jeder große Philosoph zeichnet sich dadurch aus, daß er seine eigene Sicht auf die Welt hat und an ihr etwas Unvermutetes, noch nie Gesehenes entdeckt.

Dieses Lesebuch stellt 30 Philosophen vor, die einen ganz neuen Aspekt in die Geschichte des abendländischen Denkens gebracht und deren Verlauf entscheidend beeinflußt haben.

Es richtet sich an einen interessierten Leserkreis, der einen Zugang zur Philosophie finden möchte. Dazu gehört nicht nur, jeden Philosophen durch eine kurze Beschreibung seines Lebens, seines Werks und seiner Stellung innerhalb der Philosophiegeschichte einzuführen, sondern vor allem, ihn selbst zu Wort kommen zu lassen.

Die Texte, die für diese Sammlung ausgewählt wurden, repräsentieren Denken und Werk des jeweiligen Philosophen und nehmen eine Schlüsselstellung in der Philosophiegeschichte ein. Sie sollen eine persönliche Begegnung zwischen ihm und dem Leser herstellen und zeigen, daß vieles, was die Philosophen in der Vergangenheit zu sagen hatten, nicht nur für die Geisteswissenschaft, sondern auch für unser heutiges Leben von Bedeutung ist.

Die hierfür ausgesuchten Beispiele sollen den Leser durch die reiche philosophische Landschaft des Abendlandes führen. Ziel ist, nicht nur die einzelnen Philosophen vorzustellen, sondern auch Verbindungen zwischen den Denkern und deren Ideen sichtbar zu machen. Denn kein Philosoph steht in seinem Denken für sich allein, sondern er ist Teil einer Entwicklung, in der er Bezug auf Vorausgegangenes nimmt und gleichzeitig nach vorne weist.

Es besteht ein ständiger Dialog zwischen dem Neugedachten und dem Vorhergedachten, oft auch zwischen den philosophischen Persönlichkeiten selbst. Es entstehen Sympathien und Antipathien, man beobachtet das Weiterentwickeln von Ideen, aber auch deren Ablehnung. So war Platon z. B. ein bewundernder Schüler von Sokrates und hat dessen Philosophie in die seine aufgenommen. Aristoteles wiederum studierte bei Platon, lehnte aber zentrale Aspekte seiner Lehre ab. Seine Philosophie wurde im Mittelalter für viele christliche Philosophen wichtig. Die Denker der beginnenden Neuzeit hingegen versuchten, sich ganz von seinem Einfluß zu befreien, und entdeckten andere antike Schriftsteller und Philosophen für sich. Für Petrarca symbolisierten die Schriften des Augustinus den Anbruch eines neuen Zeitalters, Augustinus selbst hatte sein Denken auch an Cicero und Plotin geschult. Im 19. Jahrhundert berief sich Marx auf Hegel, während sich Hegel in seinen zentralen Gedanken an den Vorsokratiker Heraklit anlehnte. Diesen hatte auch Nietzsche neben der klassischen Antike für sein Werk fruchtbar gemacht und neu interpretiert. Letzterer war stark von Schopenhauer beeinflußt, der wiederum Wesentliches von Kant übernahm, aber Hegel verachtete. Kant las Hume, dieser war mit Rousseau befreundet. In unserer Gegenwart wurde Nietzsche für Foucault zur Offenbarung. Und so weiter und so fort.

Die Geschichte der Philosophie ist auch eine Geschichte der Vernetzungen und Verflechtungen und gleicht einem sich bis heute unaufhaltsam weiterspinnenden Gewebe von Gedanken und Ideen. Dennoch treten einzelne Philosophen mit ihrem Denken hervor, weil sie in eine neue Richtung weisen. Mit einigen von ihnen beginnt sogar eine neue Epoche, weil ihre Philosophie Ausdruck tiefgreifender geschichtlicher und gesellschaftlicher Wandlungen ist. Ihnen ist es gelungen, diesen Veränderungen durch ihr Denken Gestalt zu geben und mit ihrer Sprache das in Worte zu fassen, was bisher noch nicht formuliert werden konnte.

Oft stellen die Schriften großer Philosophen auch im literarischen Sinne Kunstwerke dar, die dem Neuen, das aus ihnen spricht, eine besondere Sprache und Form geben. Deswegen ist es lohnend, die Werke der Philosophen selbst zu lesen und es nicht allein bei Einführungen oder Zusammenfassungen zu belassen.

Dieses Buch nimmt eine Einteilung der Philosophiegeschichte in sieben Epochen vor. Innerhalb dieser wurden die Philosophen so ausgewählt, daß sie ein breites Spektrum an Fragestellungen und Aspekten repräsentieren. Trotz der Verschiedenartigkeit der philosophischen Perspektiven kann ein roter Faden, eine übergeordnete Tendenz innerhalb der einzelnen Epochen verfolgt werden.

Die Anfänge der abendländischen Philosophie, für die beispielhaft Parmenides und Heraklit ausgewählt wurden, sind dadurch charakterisiert, daß die sogenannten Vorsokratiker die Frage nach dem Sein zum ersten Mal mit dem Blick auf ein Ganzes stellen. Obwohl ihre Denkweisen sehr unterschiedlich sind, formulierten sie ein Grundthema, das wesentlich für die gesamte westliche Philosophiegeschichte geworden ist.

Die klassische Philosophie Athens, die ihre Höhepunkte in Platon und Aristoteles findet, zeichnet sich dadurch aus, daß aus ihr erstmals große philosophische Systeme hervorgehen. Beide Denker hinterließen umfangreiche Werke, die zu den gedanklichen Säulen des Gebäudes der westlichen Philosophie wurden. Sie schufen die Begrifflichkeiten, mit denen die Philosophie seither operiert. Im Zentrum stehen die elementaren Fragen nach der Wahrheit und dem menschlichen Wissen.

Die Philosophie im Zeitalter des Hellenismus beschäftigt sich tendenziell mit den konkreten Fragen der Lebensführung. Nun rückt der Einzelne in das Blickfeld philosophischer Betrachtungen. Die diese Epoche repräsentierenden Denker Epikur, Seneca, Plotin und Boethius beantworten sie in unterschiedlicher Weise. Für Epikur ist es die sinnliche Lust, die ein erfüllendes Leben verspricht, Seneca verweist auf die Tugenden der Moral und der Pflichterfüllung, Plotin sucht das Heil in der Hinwendung zum Geistigen, und Boethius findet es in der Philosophie selbst.

Die Philosophie des Mittelalters ist durchweg von der Thematik des Glaubens geprägt. Der erste große Denker des Christentums, Augustinus, sucht auf ergreifende Weise in seinem tiefsten Inneren danach. Averroes, der bedeutende islamische Denker, will den Glauben mit der Philosophie in Einklang bringen. Und Thomas von Aquin errichtet dem Glauben auf dem Höhepunkt des christlichen Mittelalters eine großartige und kunstvolle Denkkathedrale.

Die Philosophie der Neuzeit stellt den umfassendsten Abschnitt dieses Buches dar. Er vereint so unterschiedliche Denker wie Petrarca, Machiavelli, Montaigne, Bacon, Descartes, Leibniz, Hobbes, Hume, Rousseau, Kant und Hegel. Einige dieser Philosophen stehen mit ihrem Denken an der Grenze zur Literatur (Petrarca, Montaigne), andere richten es auf die Politik (Machiavelli, Hobbes), wieder andere verbinden es mit der strengen Wissenschaft (Descartes, Leibniz) oder leiten es aus der Erfahrung ab (Bacon, Hume), mancher macht es für die Verbesserung der Gesellschaft fruchtbar (Rousseau) oder verfolgt die Entwicklung des Denkens in der Geschichte (Hegel). Die Philosophie der Neuzeit ist breit gefächert. Und doch zeichnet sie sich durch ein besonderes, alle philosophischen Facetten vereinigendes Charakteristikum aus: Im Zentrum des Interesses steht das selbstbestimmte Individuum. Daraus ergibt sich auch die maßgebliche Fragestellung der neuzeitlichen Philosophie: der nach den Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Erkenntnis. Hier läuft alles im Denken Kants zusammen, er hat in bezug auf diese Frage das vorläufige Schlußwort gesprochen.

Ein fundamentaler Umbruch der Systeme setzt in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen und das endgültige Verschwinden des großen Schutzmantels der Religion führte auch die Philosophie dazu, ehemals vertretene Werte radikal über Bord zu werfen. Das Denken wendete sich der menschlichen Existenz zu, die nun ohne metaphysische Hilfskonstruktionen auskommen mußte. Marx wehrte sich und rief zum Kampf für eine neue Gesellschaft auf, Kierkegaard analysierte das existentielle Grundempfinden des modernen Menschen, Schopenhauer vertrat einen tiefen Pessimismus gegenüber dem gesamten Menschengeschlecht, und Nietzsche brachte auf den Punkt, was als große Leerstelle bis heute klafft: der Tod Gottes.

Einzig Die Philosophie der Gegenwart muß ohne roten Faden auskommen. Sie strebt in verschiedene Richtungen. Für dieses Buch wurden beispielhaft vier Philosophen herausgegriffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch wichtige Strömungen der Gegenwartsphilosophie vertreten. Wittgenstein wendet sich der Sprache als einzig möglichem philosophischen Thema zu; Arendt entwickelt philosophisch-politische Prämissen angesichts einer neuen Herausforderung des 20. Jahrhunderts, der des Entstehens von totalitärer Herrschaft; Foucault sucht nach unsichtbaren Strukturen in der Gesellschaft, die unser Wissen und unsere Vernunft bestimmen, und Nagel geht vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Entwicklungen unserer Zeit den alten philosophischen Fragen nach dem menschlichen Bewußtsein, dem Sinn des Lebens und dem Tod nach.

›Philosophie‹ heißt in der ursprünglichen, griechischen Wortbedeutung nichts anderes als ›Liebe zur Weisheit‹. Liebe strebt in ihrem wahren Wesen bekanntlich nicht nach Nutzen und Gewinn. Sie besteht nur um ihrer selbst willen. Ähnlich verhält es sich mit dem Denken an sich. Es ist, wie das Staunen als dem Beginn der Philosophie, ein...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Allgemeines / Lexika
Schlagworte 2022 • Also sprach Zarathustra • Aristoteles • Chinesische Philosophie • Der tägliche Stoiker • eBooks • griechische Philosophie • Griechische Philosophie • Hegel • Heidegger • Kant • Neuerscheinung • Nietzsche • Philosophen • Philosophie • Philosophie für Anfänger • Philosophie Geschichte • philosophisch • Philosophische Hintertreppe • Philosophisches Lesebuch • Platon • Precht • Stoa • wer bin ich
ISBN-10 3-641-29758-3 / 3641297583
ISBN-13 978-3-641-29758-9 / 9783641297589
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